Schiedsrichter zu sein, ist wahrlich kein einfacher Job: Läuft alles perfekt, spricht keiner darüber. Unterlaufen einem Unparteiischen jedoch Fehler, so sorgt dies oft für Diskussionen und negative Kritik. Dennoch steht Lukas Fleischmann das halbe Jahr über als Schiedsrichter an jedem Wochenende irgendwo in Italien oder auch im Ausland auf dem Eis. Denn er ist aus Leidenschaft Eishockey-Schiedsrichter.
Von Sarah Mitterer
Lukas Fleischmann kennt das Eishockey aus zwei Perspektiven: als Spieler und als Schiedsrichter. Zehn Jahre lang jagte er als Verteidiger in verschiedenen Nachwuchsabteilungen dem Puck hinterher, darunter in Prad, Latsch, Lana und Meran. Während seiner aktiven Spielerzeit entdeckte er das Interesse, ein Match als Spielleiter zu führen und so kam ihm die Idee des Rollentauschs. Heute dient ihm seine Karriere vor der Karriere als hilfreicher Erfahrungsschatz auf dem Eis. „Zu Beginn hatte ich im Heimatverein Prad bei diversen Turnieren der Kleinkinder mitgeholfen. Besser gesagt, es gab hin und wieder Ausfälle, bei denen ich dann eingesprungen bin. Ganz schnell konnte diese Leidenschaft ausgebaut werden, bis hin zum ersten offiziellen Meisterschaftsspiel“, so Fleischmann. Dass er überhaupt das Eishockey für sich entdeckte, hat er vor allem seinem Bruder Elias zu verdanken, der heute aktiver Spieler bei den Vinschger Eisfix ist. Auch seine Familie unterstützte ihn sowohl bei seinem Weg als Spieler, als auch bei seiner Entscheidung, auf dem Eis die Seiten zu wechseln.
Sein offizielles Debüt mit der Pfeife in der Hand gab er bereits im zarten Alter von 17 Jahren, damals bei einem Jugendspiel. Sieben Jahre später hat der nun 24-Jährige nicht nur in der Alps Hockey League und in der ICE, jener Liga in der der HC Bozen und der HC Pustertal auflaufen, Erfahrung sammeln können, sondern er durfte auch auf internationalem Parkett als Unparteiischer dabei sein. So stand er unterem anderem bei den U18-Weltmeisterschaften in Estland auf dem Eis: „Es war eine Mega- Erfahrung, bei der man mit Top-Schiedsrichtern aus aller Welt zusammenarbeitet und nur eine Aufgabe hat: Den schönsten Sport zu präsentieren.“ Auch beim traditionellen Dolomiten-Cup in Neumarkt, einem Vorbereitungsturnier mit namhaften internationalen Teams, stand er schon im Einsatz.
Der (Trainings)-Alltag eines Schiedsrichters
Fleischmann trainiert hart, um weiterhin auf hohem Niveau pfeifen zu dürfen. So stehen Laufen, Wandern, Fahrradfahren, Tennis aber auch Schwimmen auf dem Programm. Hinzu kommen spezielle Einheiten für Ausdauer, Schnelligkeit und Geschicklichkeit. „Man muss ja schließlich die gesamte Spielzeit am Eis stehen und hat keine Möglichkeit für eine Auswechslung“, so der Prader schmunzelnd. Doch nicht nur körperlich, sondern auch im Kopf muss ein Unparteiischer fit sein. „Die mentale Vorbereitung beginnt oft bereits im Auto. Dort tritt man meist mit Kollegen in Kontakt, bespricht Situationen vom vorherigen Spieltag und tauscht wichtige Infos aus.“ Nach der Ankunft am Spielort erfolgt ein kurzes Teammeeting, anschließend beginnt die Einwärmphase – zunächst individuell, anschließend in der Gruppe. 30 Minuten vor Spielanpfiff wird es schließlich ruhig in der Schiedsrichterkabine und jeder fokussiert sich auf die nächsten zwei Stunden. „Auch wir wünschen uns ein gutes Spiel und klatschen uns ab, bevor wir das Eis betreten“, berichtet der junge Vinschger. Er erklärt zudem, dass die Unparteiischen während des Spiels sich nur bei wichtigen Ereignissen oder strittigen Szenen unterhalten, ansonsten lese man die Körpersprache seiner Kollegen und achte auf Signale. Nach der Partie findet ein erneutes Meeting statt, bei dem sie vom Spielbeobachter wichtige Tipps für die darauffolgenden Einsätze erhalten. Diese Ratschläge nimmt Fleischmann gerne an und sieht darin auch die Chance, sich zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Wunsch nach mehr Anerkennung
Bekannterweise sind Schiedsrichter oftmals heftiger Kritik ausgesetzt. Es allen recht zu machen, ist bei ihrem Job quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Es gibt nur sehr wenige Berufssparten, in denen nur ansatzweise so viel von außen auf einen einprasselt. Viele sehen in den Referees den Grund für die Niederlage ihres Teams und lassen an ihnen ihren vollen Frust aus. Immer wieder gehen die Rufe von den Rängen dabei tief unter die Gürtellinie. Doch Fleischmann kann jeglicher Meinung – sowohl im positiven als im negativen Sinne - etwas Gutes abgewinnen: „Häufig kennen die Kritiker das Regelwerk schlichtweg nicht oder zu wenig, verstehen gewisse Entscheidungen schwer oder wollen sich einfach nur für ihren Lieblingsklub einsetzen.“ Weiters erklärt er: „Jeder Schiedsrichter merkt, wenn eine Entscheidung zweifelhaft oder fehlerhaft sein könnte. Die Reaktionen dahinter blende ich persönlich aus. In jenem Moment und in jener Position habe ich mein bestmögliches gegeben und musste in Sekundenschnelle entscheiden. Die Einschätzungen hängen häufig auch vom Blickwinkel ab.“ Aus diesem Grund ist es für ihn wichtig, sich auch durch Videoanalysen zu verbessern. Gleichzeitig sei es „umso schöner, wenn nach ausführlicher Analyse der Entscheid bestätigt wird, obwohl in der Halle alle lautstark reklamierten.“ Mit einem Augenzwinkern fügt er noch hinzu: „Ein richtiger Schiedsrichter hat gute Augen und ein schlechtes Gehör!“
„Seid respektvoll miteinander“
Ein Grund, weshalb Fleischmann anfing Spiele zu leiten, war unter anderem der Wunsch, nach mehr Anerkennung für die Schiedsrichter, für deren Qualität und Persönlichkeit, die sie in strittigen Momenten zeigen. Denn bei all der Kritik sollte man folgendes nie vergessen: „Jeder der am Platz steht, ist dort, weil es ihm Spaß macht und er eine unheimliche Leidenschaft mitbringt.“
Angesprochen auf seine persönlichen Ziele, so hat er diese klar vor Augen: Fleischmann möchte weiterhin in höheren Ligen als Unparteiischer auf dem Eis stehen, spannende Spiele leiten und an Weltmeisterschaften sowie verschiedenen Turnieren teilnehmen. Eine wichtige Botschaft liegt Fleischmann am Ende noch auf dem Herzen: „Respekt ist das Allerwichtigste, denn wenn morgen kein Schiedsrichter zum Spiel kommt, dann gibt es schlichtweg keine Spiele mehr, ganz nach dem Motto ‘no ref, no game‘. Deswegen feiert den Sport, feiert das Team und seid respektvoll miteinander!“