Der Faire Handel beruht auf Dialog, Transparenz und Respekt und strebt nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel. Es geht nicht nur um den Verkauf von Fair Trade Produkten, sondern auch um Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. In den Weltläden wird nach diesen Prinzipien gearbeitet.
von Heinrich Zoderer
Im Jahre 1981, also vor mehr als 40 Jahren, entstand in Brixen der erste Weltladen und 1985 der zweite in Bozen. Damals nannte man diese neuen Geschäfte noch „Dritte Welt Läden“. Vor allem Kaffee und Schokolade aus den sogenannten „Entwicklungsländern“, wurden anfangs verkauft, später weitere Lebensmittel wie Tee, Kakao, Zucker, Nüsse, Gewürze und Reis. Mit der Zeit wurden die Angebote erweitert und auch Kleider, Spielzeug und unterschiedliche Geschenkartikel angeboten. Vor allem der soziale Gedanke spielte anfangs eine große Rolle. Durch den Verkauf sollte aber auch ein kleines Zeichen der Solidarität mit den Ländern in der südlichen Hemisphäre gesetzt werden. 1967 wurde bereits in den Niederlanden die erste Faire Handelsorganisation (Fair Trade Organisation oder auch FTO) gegründet. Der gesamten Fair Trade Bewegung ging es nicht nur um den Verkauf, sondern auch um eine Bewusstseinsbildung. In der Namensänderung von „Dritte Welt Läden“ in „Weltläden“ sollte der neue Ansatz und die neue Sichtweise zum Ausdruck kommen. Es geht um eine Partnerschaft auf Augenhöhe, Kostendeckung statt Gewinnmaximierung, um eine unterstützende Zusammenarbeit, gerechte Preise für Produzenten und Konsumenten, den Austausch zwischen den Kulturen, um gegenseitigen Respekt, um den Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Produzent:innen. Rudi Dalvai aus Bozen, der 1985 den ersten Weltladen in Bozen eröffnete, war 1988 auch einer der Gründer von CTM Altromercato und damit ein wichtiger Förderer bei der Entstehung von weiteren Weltläden in Südtirol und der ersten italienischen Importorganisation von Fair-Trade-Produkten. Von 2011 bis Herbst 2019 war Dalvai Präsident der WFTO (World Fair Trade Organization). Die internationale Dachorganisation vereint 412 Produzentenorganisationen, Importeure und Einzelhändler des Fairen Handels in 76 Ländern der Erde. Von einem Südtiroler Online Magazin wurde er deshalb auch „Mister Fair Trade“ genannt, außerdem erhielt er für seine Arbeiten das Verdienstkreuz des Landes Tirol. In den letzten Jahrzehnten entstanden in mehreren Länder Europas, jedoch auch in Japan und Nordamerika mehrere Fair Trade Label Initiativen (Z. B Transfair Italien, TF Österreich und TF Deutschland), die sich im Jahre 1997 in den weltweiten Dachverband „Fair Trade Labeling Interlnational“, kurz FLO, zusammenschlossen. Allein in Südtirol gibt es derzeit 13 voneinander unabhängige Weltläden. 2013 haben sie sich zum Netzwerk der Südtiroler Weltläden zusammengeschlossen (https://www.weltladen.bz.it/), um den Fairen Handel in Südtirol zu fördern. Man findet sie in folgenden Städten und Ortschaften: Bozen, Meran, Lana, Neumarkt, Brixen, Sterzing, Klausen, Gröden, Kastelruth, Bruneck, Sand in Taufers, Toblach und Latsch.
Weltladen Latsch seit 2015 – der einzige Weltladen im Vinschgau
Im Juni 2015 wurde in Latsch die Sozialgenossenschaft Weltladen Latsch gegründet und am 10. September 2015 der erste Weltladen im Vinschgau eröffnet. Treibende Kraft und Obmann der Sozialgenossenschaft ist der ehemalige Landesrat und Landeshauptmannstellvertreter Richard Theiner, die Geschäftsführerin Dolores Stecher. Wie Theiner in einem Gespräch mitteilte, war er immer schon von der Entwicklungszusammenarbeit fasziniert und am Schicksal von Kindern in der ganzen Welt, besonders von Straßenkindern, interessiert. Zusammen mit rund 15 Freiwillige wird der Weltladen betrieben und seit einigen Jahren auch ein buntes Rahmenprogramm mit Vorträgen, Konzerten, Aktionen und Benefizveranstaltungen durchgeführt. Großes Echo hat die Vortragsreihe „Anders leben – anders reisen“ erfahren. In den letzten zwei Jahren musste coronabedingt vieles abgesagt bzw. verschoben werden, seit April dieses Jahres wird die Veranstaltungsreihe fortgeführt. (weltladen-latsch.com). Neben Produkten aus Lateinamerika, Afrika und Asien, gibt es auch verschiedene regionale Produkte von Bauern, Handwerkern, der Lebenshilfe und der Behindertenwerkstätte Prad. Sowohl die internationale Vernetzung, als auch die regionale Verankerung sind für Theiner wichtig. Neben dem Trend zu mehr regionalen und biologischen Produkten, gibt es heute auch einen verstärkten Trend zum Online Einkauf über internationale Plattformen wie Amazon. Dass dabei in erster Linie der Preis ausschlaggebend ist und soziale oder ökologische Fragen untergeordnet beachtet werden, ist wahrscheinlich nicht allen bewusst. Eine weitere Folge des Onlinehandels bzw. E-Commerce ist, dass dadurch auch die lokale Wertschöpfung und heimische Arbeitsplätze verloren gehen. Die Weltläden, Bauernläden, die vielen Dorfgeschäfte und lokale Genossenschaften sind ein Gegenmodell zu den globalen Billiganbietern. Um die Produkte aus den anderen Kontinenten anbieten zu können, gibt es Partnerschaften mit italienischen, deutschen und österreichischen Organisationen, welche den Handel mit Fair Trade Produkten organisieren. Neben CTM Altromercato, der größten alternativen Handelsorganisation Italiens, sind dies GEPA – The Fair Trade Company, der größte europäische Importeur fair gehandelter Lebensmittel und Handwerksprodukte aus den südlichen Ländern der Welt, WeltPartner eG mit Sitz in Ravensburg, GLOBO, ein deutscher Fair Trade Partner, Contigo, eine Faire Handelsorganisation, Fairkauf, eine Genossenschaft in München und Fairer Handel EZA, die Pionierin des Fairen Handels in Österreich. Regionale Produzenten, die ihre Erzeugnisse im Weltladen zum Verkauf anbieten sind: Bio Hofbäckerei Folie, Vinschger Ölmühle, Aussererbhof (Ulten), die Kräuterrebellen, Fasui Bio-Kräuter (Latsch), Bio Dorfsennerei (Prad), Gandhof (Martell), Tälerhof: Palabirne & Apfelsidro (Schluderns), Fisolgut (Schlanders), Luggin Kandlhof (Laas), die Hausbrennerei von Kuppelwieser Richard aus Tarsch, Kofler Thomas Imkerei (Latsch), Niedermairhof (Trumsberg), Niederwieshof aus Martell, Bio-Hofkäserei Oberkaser aus St. Martin am Kofl, Spezialitätenkäserei Patscheider aus dem Obervinschgau, Weingut Rebhof (Kastelbell), Fruchtschokoladen Venustis (Laas) und Weingut Falkenstein (Naturns). Theiner meint, dass das alles langsam aufgebaut wurde und man jeden Tag neu dazulernt und das Netz an Kooperationspartnern immer größer wird. Um auf die Vielfalt der lokalen Produkte aufmerksam zu machen und zu einer stärkeren Vernetzung zu kommen, hat der Weltladen Latsch und die Bürgergenossenschaft Obervinschgau „da“ im April dieses Jahres zu einem Frühstücksbuffet im Kloster Marienberg geladen.
„Juanita“, das Kaffeeprojekt und „Malaya“, der Apfel-Mango-Saft
Mit großem Stolz erzählte Richard Theiner von zwei besonderen Projekten, die der Weltladen in enger Zusammenarbeit mit indigenen Völkern in Südamerika und Asien und Kooperationspartnern im Vinschgau durchgeführt hat. Einmal ist es das Projekt „Juanita“, ein Kaffee aus Honduras vom indigenen Volk der Pech und andererseits der Apfel-Mango-Saft „Malaya“, eine Mischung aus Latscher Bio-Äpfeln und Bio-Mangos vom Urvolk der Aeta auf den Philippinen. Zusammen mit Peter Schreyögg, dem Seniorchef der Kaffeerösterei Alps Coffee/Schreyögg aus Rabland und dem indigenen Volk der Pech aus Honduras wurde das Projekt vor zwei Jahren gestartet. Richard Theiner und Patrick Linser von Alps Coffee besuchten die Indios im Biospährenreservat Rio Platano in Honduras und vereinbarten zusammen mit einem NGO Entwicklungsdienst mit den Idios, dass regelmäßig chemie- und pestizidfreie Arabicabohnen geliefert werden. Geröstet und verpackt wird der Kaffee in der Kaffeerösterei in Rabland. Um die Qualität des Kaffees zu steigern, baute Alps Coffee zehn Solartrockner im niederschlagsreichen Indio Dorf. Nicht nur in den Weltläden, sondern auch in einigen Geschäften des Vinschgaus wird „Juanita“, der Kaffee aus Honduras verkauft. Das Projekt „Malaya“ ist ebenfalls ein Gemeinschaftsprojekt von drei Partnern. Neben den indigenen Völkern der Aeta, die in isolierten Bergregionen der Insel Luzon auf den Philippinen leben und dem Weltladen Latsch sind es Irmi und Klaus Oberhofer vom Burghof (EVA bio Apfelsaft), einem biologisch-dynamischen Bauernhof aus Latsch. Mit dem Verkauf des schmackhaften Fruchtsaftes wird die Kinderrechtsorganisation Preda, die sich für missbrauchte Kinder auf den Philippinen einsetzt, unterstützt. Zum Abschluss des Gespräches meinte Richard Theiner, dass der Weltladen nicht nur eine Verkaufsstelle lokaler und internationaler Produkte ist, sondern auch ein Ort der Begegnung, zum Reden und Diskutieren über lokale und globale Themen, die uns alle berühren.
Dialogo, trasparenza, rispetto
Solo in Alto Adige ci sono attualmente 13 botteghe del mondo indipendenti. Nel 2013 hanno unito le forze per formare la Rete delle Botteghe del Mondo dell‘Alto Adige (https://www.weltladen.bz.it/) al fine di promuovere il commercio equo e solidale in Alto Adige a bocca aperta.
www.weltladen.bz.it/
www.weltladen-latsch.com