Südtirol-Unterausschuss des Österreichischen Nationalrats im Landtag. Gespräche über doppelte Staatsbürgerschaft, Europa, Autonomie, Mehrsprachigkeit und grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Der Südtirol-Unterausschuss im Österreichischen Nationalrat fand sich heute wieder im Plenarsaal zu einem Informationsaustausch mit den Fraktionsvorsitzenden und dem Präsidium des Landtags ein. Vizepräsident Josef Noggler, der Präsidentin Rita Mattei vertrat, unterstrich die Bedeutung dieses Besuchs. Österreich sei ein verlässlicher Partner in Autonomiefragen.
Hermann Gahr, Obmann des Ausschusses, in dem fünf Parlamentsklubs vertreten sind, freute sich über den neuerlichen Austausch mit dem Südtiroler Landtag in diesem Jubiläumsjahr des 2. Autonomiestatuts und der Streitbeilegungserklärung und lud zum Gegenbesuch nach Wien ein.
Bei dem Treffen wurde eine Reihe von Südtiroler Themen besprochen, von der doppelten Staatsbürgerschaft, den Begnadigungen und dem Verlust von Zuständigkeiten bis zu Mehrsprachigkeit, grenzüberschreitende Lösungen und Europa. Von Südtiroler Seite habe an der Aussprache die Fraktionsvorsitzenden Andreas Leiter Reber, Brigitte Foppa, Magdalena Amhof, Paul Köllensperger, Sven Knoll, Josef Unterholzner, Carlo Vettori und Sandro Repetto sowie die Präsidiumsmitglieder Helmut Renzler, Maria Elisabeth Rieder und Franz Locher teilgenommen. Die Delegation aus dem Nationalrat wurde vom österreichischen Generalkonsul in Mailand Clemens Mantl begleitet.
Franz Locher (SVP) sah die doppelte Staatsbürgerschaft als Anliegen, Magdalena Amhof (SVP) dankte für den Einsatz für die Begnadigungen und unterstrich den Wert der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, auch in der Euregio, Selma Yildirim (SPÖ) zeigte sich skeptisch gegenüber der Doppelstaatsbürgerschaft, die durch das Zusammenwachsen Europas in den Hintergrund trete, und zeigte sich hingegen besorgt über höchstgerichtliche Einschnitte in die Autonomie nach der italienischen Verfassungsreform von 2001, für Brigitte Foppa (Grüne) bedeute Autonomie nicht nur Minderheitenschutz, sondern auch Frieden mit der eigenen Geschichte und Mehrsprachigkeit, für Reinhold Lopatka (ÖVP), der den Wert der Mehrsprachigkeit unterstrich, hat die österreichische Regierung höhere Prioritäten als die doppelte Staatsbürgerschaft, während diese für Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) den Hauptgrund für die Autonomie verdeutlichen würde. Harald Troch (SPÖ) bezeichnete die Autonomie als Erfolgsmodell, im föderalistischen Österreich sei es selbstverständlich, dass lokale Probleme besser vor Ort gelöst werden. Paul Köllensperger (Team K), der sich bedingungslos zu Autonomie, Föderalismus und Europa bekannte, forderte eine Stärkung der Europaregion und sah die Mehrsprachigkeit als wichtiger als den Doppelpass, Johannes Margreiter (NEOS) bezeichnete Südtirol als gutes Beispiel, wie vieles auch in einem schwierigen Umfeld gelingen könne, während Pandemie und Ukrainekrise zeigten, dass man mehr über die EU angehen sollte. Ein Ausbau der Autonomie, die derzeit immer mehr ausgehöhlt werde, sei nur mit der Hilfe Österreichs möglich, meinte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche), der die Doppelstaatsbürgerschaft als Verdeutlichung der eigenen Identität bezeichnete. Petra Oberrauner (SPÖ) berichtete von der guten Zusammenarbeit zwischen Kärnten, Friaul und Venetien und sah in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Regionen die Zukunft Europas. Sandro Repetto (Demokratische Partei - Bürgerlisten) wies auf die Hürden für die Mehrsprachigkeit in der Schule hin sowie auf die Notwendigkeit, große Probleme wie Verkehr und Klima grenzüberschreitend anzugehen, und plädierte für eine europäische Verankerung der Autonomie. Hermann Weratschnig (Grüne) plädierte für eine Stärkung der Europaregion, die in der Pandemie ihre Grenzen gezeigt habe, Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) für eine grenzüberschreitende Lösung zum Transitverkehr, ohne aber die Wirtschaft zu gefährden. Die doppelte Staatsbürgerschaft dürfe nicht als Problem gesehen, sondern vom Südtirol-Ausschuss unterstützt werden, meinte Peter Wurm (FPÖ) und wies auf die vielen Schwierigkeiten innerhalb des historischen Tirols hin, die von der Pandemie aufgezeigt wurden. Die Anliegen der Südtiroler sollten mehr unterstützt werden.
Obmann Hermann Gahr kündigte an, dass der Ausschuss bestimmte heute besprochene Fragen vorantreiben werde, dazu gehörten etwa die Begnadigungen, das Ehrenamt oder die Studientitelanerkennungen. Die Europaregion sehe er nun in eine Phase der Konkretheit eintreten, gewisse Dinge ließen sich nur grenzüberschreitend lösen.