Bauplatz: Das Kraftwerk am Rambach

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Die Fassung in Puntweil mit Fischtreppe und direkt an der Schweizer Grenze, das Krafthaus am Laatscher Sportplatz und die Turbine mit dem Generator: das Kraftwerk am Rambach ist mit 2,99 Megawatt mittlerer Nennleistung das größte nach den Großkraftwerken im Tal Die Fassung in Puntweil mit Fischtreppe und direkt an der Schweizer Grenze, das Krafthaus am Laatscher Sportplatz und die Turbine mit dem Generator: das Kraftwerk am Rambach ist mit 2,99 Megawatt mittlerer Nennleistung das größte nach den Großkraftwerken im Tal

Das Kraftwerk am Rambach ist seit 18. Juli 2020 im Probebetrieb. Der ehemalige Präsident der Rambach-Konsortial GmbH und Ingenieur mit Spezialgebiet Wasserbau Walter Gostner blickt im Interview auf die Geschichte, auf den Bauverlauf und auf die Zukunft des Rambachwerkes.

 

Vinschgerwind:  Sie haben sich seit mehr als 10 Jahren dafür eingesetzt, dass ein E-Werk am Rambach gebaut werden soll. Nun stehen Sie vor der Maschine des Rambachwerkes, welches im Probebetrieb ist. Was ist das für ein Gefühl?
s48 2964Walter Gostner: (lacht) Was ist das für ein Gefühl? Ich nehme mit großer Genugtuung zur Kenntnis, dass wir das geschafft haben. Die Idee, den Rambach elektrisch zu nutzen, ist ja mehr als dreißig Jahre alt und diese Idee ist nun umgesetzt. Mir war die Umsetzung eines Rambachwerkes immer eine Herzensangelegenheit. Deshalb bin ich froh, dass nun mit der Anlage rund 21 Milionen Kilowattstunden erneuerbare Energie im Jahr erzeugt werden können.
Vinschgerwind: Als Präsident der Rambach Konsortial GmbH haben Sie den Bau begleitet. Ist das Rambachwerk eines der größten Kraftwerksbauten im Vinschgau seit langem?
Walter Gostner: Nach den Großkraftwerken in Schluderns, Laas und Kastelbell dürfte das Rambachwerk das größte E-Werk im Vinschgau sein.
Vinschgerwind: Sie sagen, dass 21 Millionen Kilowattstunden elektrischer Strom erzeugt werden können. Wie kann man sich diese unglaubliche Zahl anders vorstellen?
Walter Gostner: 21 Millionen Kilowattstunden sind ungefähr der Strombedarf von 6000 bis 7000 Haushalte in einem Jahr. Das ist ungefähr ein Zehntel von dem, was im Großkraftwerk in Glurns erzeugt wird. Die Kraftwerke, die wir Vinschger bauen, sind im Verhältnis zu den großen Kraftwerken Kleinkraftwerke.
Vinschgerwind: Die Entscheidung auf der Ebene der Gemeinden und auch auf Landesebene war so, dass am Rambach, der viel Wasser führt, höchstens ein mittleres Kraftwerk gebaut werden darf.
Walter Gostner: Die Landesregierung hat die Entscheidung gefällt, dass der Rambach so unter Schutz gestellt ist, dass man kein Großkraftwerk bauen kann. Von der Wasserverfügbarkeit könnte man ein Werk bauen, welches doppelt so groß ist, also rund 40 Millionen Kilowattstunden erzeugen könnte. So wie wir gebaut haben, kann das Kraftwerk mit sehr hohen Restwassermengen betrieben werden, weil das Potenzial des Baches bei weitem nicht ausgenutzt wird. Es ist sogar so, dass die Nutzung des Rambaches voraussichtlich zu einem besserer Lebensraum für die Fische führen wird. Der Rambach ist in ein Korsett gezwängt, im Bereich zwischen Rifair und Laatsch ist eine Sperrenstaffel vorhanden. Wenn weniger Wasser durch diese Sperren fließt, sollten die Lebensräume für die Fische besser werden. Das hat eine ökologische Studie festgestellt.
Vinschgerwind: Das klingt unglaublich. Im Normalfall führt eine Wasserableitung zu einer Verschlechterung der limnologischen Situation.
Walter Gostner: Eine Verbesserung sollte möglich sein. Voraussetzung ist, dass die Fassung des Rambaches gut betrieben wird und dass keine intensiven Spülungen an der Fassung durchgeführt werden. Wenn große Geschiebemengen in kurzer Zeit in den Bach gelangen, schädigt das den Lebensraum der Fische. Es geht also um einen vernünftigen Betrieb des Kraftwerkes. Mit dem Fischereiverein Taufers und mit dem Fischereiverein Meran ist bislang noch keine Einigung gefunden worden, über die Höhe der jährlich zu bezahlenden Ausgleichsbeträge. Wir haben ein sehr detailliertes und wissenschaftlich fundiertes Gutachten ausarbeiten lassen, in dem alle Aspekte einbezogen worden sind. Die Fischer selbst haben eine andere Vergütungsvorstellung. Ich wünsche mir, dass die Fischer mit dem künftigen Betreiber der Anlage eine gute Einigung erzielen. Die Ufergemeinden erhalten ja zum Wohle der Allgemeinheit jährlich rund 100.000 Euro, sprich 60.000 Euro die Gemeinde Taufers und 40.000 Euro die Gemeinde Mals. Mit diesen Geldern könnte man am Bach Maßnahmen planen und umsetzen, um den Lebensraum für die Fische weiter aufzuwerten.
Vinschgerwind: Das Projekt am Rambach berücksichtigt bereits bei der Fassung ökologische Gedanken. Welche?
Walter Gostner: Das ist Standard. Eine Fassung unterbindet die Durchgängigkeit eines Fließgewässers und da gehört es dazu, dass eine Fischaufstiegshilfe gebaut wird, damit Fische zum Laichen flussaufwärts kommen. Es werden vermehrt Gedanken verfolgt, dass die Fische auch flussabwärts gelangen sollen. Ein Fischabstieg ist aber für dieses Projekt nicht vorgeschrieben gewesen.
Vinschgerwind: Ironisch gesehen kommen die Fische in die Schweiz aber nicht mehr heraus.
Walter Gostner: Sie kommen sicher wieder heraus. Wir haben die Fassung mit dem Rechen so angelegt, dass keine Fische da hineinkommen. Wir können schon gewährleisten, dass die Fische nach oben kommen um zu laichen, wir können auch gewährleisten, dass Jungfische wieder flussabwärts gelangen.
Vinschgerwind: Gehen wir von der Fassung in die Druckleitung. Die Druckleitung hat enorme Dimensionen. Kann man in den Rohren stehen?
Walter Gostner: (lacht) Ein kleiner Mensch schon. Die Druckleitung hat einen Durchmesser von 1,2 Metern.
Vinschgerwind: Wann war der Baubeginn?
Walter Gostner: Der Baubeginn war im September 2019. Wir sind im September 2018 als Verwaltungsräte der Rambach Konsortial GmbH eingesetzt worden und wir haben uns ein sehr ambitioniertes Programm bis zur Fertigstellung zurechtgelegt. Ziel war es, bis Mai 2020 den Probebetrieb aufnehmen zu können. Rund ein Jahr lang waren wir mit dem Konzessionserwerb beschäftigt.

Parallel dazu musste die Finanzierung seitens der Gesellschafter auf Schiene gebracht werden und parallel dazu haben wir die Ausführungsplanung, dann die Ausschreibung und die Vergabe der Arbeiten durchgeführt. Ende August 2019 haben wir die Konzession erhalten und zwei Wochen später mit dem Bau begonnen. Im November 2019 gab es einen gewaltigen Wintereinbruch. Aber sämtliche am Bau beteiligte Firmen haben sehr gut gearbeitet. Dann kam Corona. Nach kurzem Stillstand haben die Firmen diese Zeit wieder aufgeholt wund wir wären am 6. Juni 2020 betriebsbereit gewesen. Mit einer Woche Verspätung gegenüber unseren Zeitvorgaben und trotz Widrigkeiten. Dies alles ist gelungen, weil ein hervorragendes Team auf der Bauherrenseite (Berater und Dienstleister) gewirkt hat und die beteiligten Firmen ihre Leistungen zuverlässig und hochprofessionell erbracht haben. Allen Beteiligten ist zu danken, dass der sehr ambitionierte Zeitplan hat eingehalten werden können.
Vinschgerwind: Anfang Juni gab es ein Missgeschick beim Füllen der Druckleitung.
Walter Gostner: Da hat es ein Missgeschick gegeben. Die Leitung hat 6 „Mannlöcher“, das sind Einstiegsmöglichkeiten für Inspektionen in die Druckleitung. Ein Mannloch unterhalb von Rifair ist während der Füllung geborsten.
Vinschgerwind: Wie das?
Walter Gostner: Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es auf einen Herstellungsfehler zurückzuführen. Weil uns von der Lieferfirma zu wenig Sicherheit geboten worden ist, haben wir dann gemeinsam mit den Firmen beschlossen, alle 6 Mannlöcher auszubauen und durch gerade Rohre zu ersetzen. Das ist bis Anfang Juli geschehen und die Leitung ist nun sicher.
Vinschgerwind: Wir stehen im Krafthaus vor der Turbine. Die Leitungen sind gefüllt.
Walter Gostner: Wir haben am Samstag, den 18. Juli das erste Mal Strom ins Netz eingespeist. Wir sind mittlerweile bereits einmal auf die Höchstleistung von 5 Megawatt hochgefahren.
Vinschgerwind: Wieso 5 Megawatt? Die Anlage soll ja unter drei Megawatt Leistung bleiben.
Walter Gostner: Knapp unter 3 Megawatt ist die mittlere konzessionierte Nennleistung. Im Jahresverlauf ist die Leistung variabel: Im Winter haben wir weniger und im Sommer mehr Wasser. Im Winter wird also weniger Strom produziert und im Sommer mehr.
Vinschgerwind: Als Präsident der Rambach Konsortial GmbH übergeben Sie der künftigen Führung ein funktionierendes Werk. Stolz auf Geleistetes?
Walter Gostner: Nein, stolz nicht. Ich bin dankbar, dass ich an der Umsetzung dieses ehrgeizigen Projekts habe mitwirken dürfen. Gemeinsam mit den Mitgliedern vom Verwaltungsrat haben wir die an uns gestellte Aufgabe erfüllt. Es ist gelungen, dass alle, vom Verwaltungsrat über die rechtlichen und technischen Berater, von den Dienstleistern und den Firmen, an einem Strang gezogen haben. Die Gemeinden bzw. die Gesellschafter haben uns den Rücken freigehalten und bei der Bevölkerung geholfen. Ich habe selten eine Baustelle gehabt, bei der bei den vielen Grundbesitzern so wenige Reklamationen gekommen sind. Generell stehen die Leute, auch die Grundbesitzer, hinter dem Projekt. Wir hatten auch das Glück, die richtigen Firmen ausgesucht zu haben. Die meisten Firmen kommen aus der Umgebung. Von daher hab ich eine große Freude, dass alles gut gegangen ist, abgesehen von diesem Zwischenfall mit dem Rohrbruch.
Vinschgerwind: Das Rambachwerk ist das jüngste Mitglied in der Krafwerksfamilie im Vinschgau. Wagen Sie einen Ausblick. Was ist die Perspektive für neue E-Werksbauten im Vinschgau?
Walter Gostner: Man muss offen sagen, dass der Bau von Wasserkraftwerken mit wenigen Ausnahmen ausgeschöpft ist. Beim Suldenbach kann man noch die Sperrenstaffel zwischen Unterthurn und Gomagoi nutzen. Das hängt vom Parkplan ab. Damit dürfte es mit größeren Kraftwerken im Vinschgau vorbei sein. In Schluderns gibt es die Möglichkeit, ein Kraftwerk gemeinsam mit der Beregnung zu realisieren. Die Finanzierung für die Beregnung ist da. Am Schlandraunbach gibt es Bestrebungen für einen Kraftwerksneubau. Die Konzessionen sind da, aber die sind teilweise nicht zufriedenstellend. Geforderte Restwassermengen greifen nämlich in bestehende Rechte der Landwirtschaft ein. Das ist ein bürokratischer Spießrutenlauf. Es gibt vielleicht noch kleinere Möglichkeiten für Kraftwerke, an Trinkwasserleitungen oder an Beregnungsleitungen.
Vinschgerwind: Durchlaufkraftwerke direkt an der Etsch?
Walter Gostner: Die sind vom Gewässerschutzplan verboten. Unser Land hat auf Innovationen in diesem Bereich keine Lust. Innovative Kraftwerke mit niedrigen Fallhöhen sind bei uns per Gesetz verboten.
Vinschgerwind: Zurück zum Rambachwerk. Was wünschen Sie dem Rambachwerk bzw. den künftigen Betreibern?
Walter Gostner: Das Rambachwerk gehört der Bevölkerung. Die Gemeinden als Gesellschafter vertreten ja die Bevölkerung von Taufers, Mals, Glurns, Schluderns und die Fraktion Laatsch. Ich wünsche mir, dass die Leute den Wert dieser Anlage verstehen. Die Leute beklagen sich oft über den hohen Strompreis. Ich bin der Meinung, dass der Strompreis nicht zu hoch ist. Der Strom kostet für eine Familie in etwa einen Macchiato pro Tag.
Vinschgerwind: Mit Ihrer Sichtweise des reinen Strompreises kann man noch einverstanden sein. Aber die Steuern auf den Strompreis?
Walter Gostner: Eine Familie zahlt in etwa 600 Euro pro Jahr. Da ist alles inbegriffen. Also rund einen Macchiato pro Tag. Strom ist in ausreichender Menge und jederzeit verfügbar. Die Bevölkerung soll verstehen, dass das Rambachwerk auch einen anderen Wert hat. Zum einen wird erneuerbare Energie erzeugt. Das ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz. Zweitens ist der Wert der, dass der Strom vom Vinschgauer Energiekonsortium über den Südtiroler Energieverband vermarktet wird. Ein Abnehmer bei uns kauft also auch diesen Strom aus dem Rambachwerk. Lokale Kreisläufe schließen sich damit. Das Dritte ist auch wichtig: Die Gesellschafter, die überwiegend öffentliche Körperschaften sind, werden früher oder später über das E-Werk Wertschöpfung generieren. Heute schon direkt über die Uferzinsgelder und die Ausgleichsgelder, die Gelder für die Allgemeinheit sind. Von dieser Wertschöpfung hat die Bevölkerung unmittelbar etwas davon. Dass dieser Wert anerkannt wird, das wünsche ich mir.

Interview: Erwin Bernhart

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