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Freitag, 19 April 2024 06:22

BasismedizinerInnen leisten Knochenjob

Breite Rückendeckung vom Team K für die Südtiroler Hausärztinnen und Hausärzte: Sie trifft ganz sicher keine Schuld an den heillos überlasteten Notaufnahmen an Südtirols Krankenhäusern, wie in den vergangenen Tagen über die Presse kolportiert wurde. “Ganz im Gegenteil. Unsere Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte befinden sich aufgrund der galoppierenden Pensionierungswelle, der vakanten Stellen und der überbordenden Bürokratie am Anschlag”, stellt der Team-K-Landtagsabgeordnete und emeritierte Primar Franz Ploner dezidiert fest.

“Unsere BasismedizinerInnen im Lande versehen ihren Dienst mit vollem Einsatz, engagiert und gewissenhaft. Der Großteil von ihnen empfinden ihr Arzt-Dasein nicht nur als Beruf, sondern leben es als Berufung, selbst nach vielen Dienstjahren. Das weiß unser Landesrat für Gesundheit, Hubert Messner, als ehemaliger Kinderarzt Gott sei Dank auch. Und er kennt auch von Grund auf die Problematik der überfüllten Triagen an unseren Krankenhäusern und weiß sehr wohl, dass hinsichtlich dieser Thematik einer effizienten Therapie penible Ursachenforschung vorausgehen muss. Unsere Hausärztinnen und Hausärzte und frei niedergelassenen PädiaterInnen schicken ihre PatientInnen nicht leichtfertig in die Notaufnahme und wägen die Dringlichkeit einer Behandlung, sprich den roten, gelben, grünen oder blauen Kodex genau ab.Die Menschen, die am Wochenende beziehungsweise nach 18.00 Uhr die Notaufnahme stürmen, suchen  erst gar nicht ihren Hausarzt auf”, weiß Franz Ploner.  


“Oberstes Ziel der Politik muss es vielmehr sein, die Versprechungen einer personellen und technologischen Unterstützung der Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte endlich umzusetzen, um sie bei ihrer Tätigkeit zu entlasten und den BürgerInnen vor Ort diese kostbare wohnortnahe Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Auch die angedachte Möglichkeit, BasismedizinerInnen in der Notaufnahme zu haben, ist angesichts des Mangels an Hausärztinnen und Hausärzten vor Ort ein Nonsens und keine ernstzunehmende Maßnahme zur Entlastung der Notaufnahmen”, präzisiert der Team-K-Abgeordnete. Genauso wenig werde eine Erhöhung der Eigenbeteiligung an der Leistung dem Problem Abhilfe verschaffen. “Damit verwehren wir nur jenen Menschen den Zugang zu medizinischer Grundversorgung, die sich diese nicht leisten können, RenterInnen mit Mindesteinkommen zum Beispiel. Und das dürfen wir als politisch Verantwortliche niemals zulassen”, stellt Franz Ploner klar. In einer an Landesrat Hubert Messner gerichteten Anfrage will er zunächst einmal genaue Fakten und Zahlen zu den Triagen an Südtirols Spitälern in Erfahrung bringen. Erst dann könne und müsse man zeitnah, konkret und grundlegend an der Behebung des Problems arbeiten.

Überparteiliche Einigkeit über die Schutzfunktion Österreichs

Wien (PK) - Südtirol und seine Autonomie als mögliches Modell für die Lösung von Minderheitenfragen auf der ganzen Welt standen gestern Abend im Zentrum von zwei Buchpräsentationen und einer Podiumsdiskussion im Parlament. Nach Eröffnungsworten von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und dem Initiator der Veranstaltung, Hermann Gahr (ÖVP), präsentierte der langjährige Abgeordnete zum Südtiroler Landtag und zum italienischen Parlament, Oskar Peterlini, sein Buch "Autonomie als Friedenslösung", in dem er den Vorbildcharakter Südtirols für viele Minderheiten in der Welt herausstreicht. Die Frage einer möglichen Eigenstaatlichkeit der autonomen Provinz beleuchtet das von insgesamt 16 Autoren verfasste Buchprojekt "Kann Südtirol Staat?", das von zwei der Autoren - Harald Mair, Präsident des Vereins Noiland Südtirol-Sudtirolo und dem Anwalt Marco Manfrini - vorgestellt wurde.

In einer anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich die Südtirol-Sprecher:innen der Parlamentsfraktionen über Zukunftsperspektiven für Südtirol - insbesondere im Rahmen eines vereinten Europas - aus. Das Weiterbestehen der Schutzfunktion Österreichs wurde dabei von allen Teilnehmer:innen betont. Abschließend stellte der Südtiroler Künstler Clemens Cervenka seine Skulptur "Floating Chains" vor. Fünf aus einem Stück Holz herausgearbeitete und zusammenhängende Glieder symbolisieren den Zusammenhalt unterschiedlicher Völker und die notwenige Annäherung verschiedener Weltanschauungen. Durch den Abend führte Journalist Wolfgang Mayr.

Sobotka und Gahr: Schutzfunktion Österreichs "selbstverständlich"

In seinen Eröffnungsworten hob Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die Einzigartigkeit des historischen Prozesses hervor, in dem Südtirol seine Autonomie erlangt habe. Auch wenn diese immer wieder von Aushöhlung bedroht sei, hätten es die Südtirolerinnen und Südtiroler verstanden, "mit großer Ernsthaftigkeit" ihre kulturellen Eigenheiten zu bewahren. Insbesondere durch den europäischen Einigungsprozess habe sich das Verhältnis der Nationalstaaten zueinander und damit auch die Lage Südtirols entscheidend verbessert. Das Südtiroler Beispiel könne heute als "Role Model" für viele weitere Regionen Europas fungieren, wie Sobotka in Hinblick auf den Westbalkan und die dortigen ethnischen Konfliktkonstellationen ausführte. Österreichs Schutzfunktion für die autonome Provinz sah er als "selbstverständlich" an und sicherte zu, dass Südtirol immer "einen Platz im österreichischen Parlament" haben werde.

Auch Hermann Gahr, Südtirol-Sprecher der ÖVP und Initiator der Veranstaltung, sah die Schutzfunktion als "klaren Auftrag" für Österreich an und lieferte einen Rückblick auf die Südtiroler Geschichte. Das von der dortigen Bevölkerung erlittene Unrecht, das mit der Abtrennung von Österreich nach dem Ersten Weltkrieg begonnen habe, bleibe auch heute noch Unrecht. Wie Gahr ebenfalls festhielt, habe die EU-Integration zahlreiche Verbesserungen für die Lage der Südtiroler:innen mit sich gebracht. Gemeinsame europäische Herausforderungen, etwa in den Bereichen Verkehr, Wirtschaft oder Migration, könnten nun auch gemeinsam bewältigt werden. Nichtsdestotrotz brauche es auch für die Zukunft eine "starke Achse" zwischen Österreich und Südtirol.

Peterlini über die Bedeutung einer wirksamen politischen Vertretung von Minderheiten

Unter dem Titel "Autonomie als Friedenslösung" unterzog Oskar Peterlini, langjähriger Senator und Dozent an der Universität Bozen, Südtirols Autonomie einer eingehenden Analyse. Im Parlament legte er einen historischen Abriss über deren wechselhafte Entwicklung hin zu immer mehr Eigenständigkeit dar. So habe sich die mangelhafte inhaltliche Ausgestaltung der Autonomie Südtirols im Gruber-De-Gasperi-Abkommen von 1946 zunächst als Nachteil dargestellt, erweise sich aber nun als Vorteil, da ihr praktisch kaum Grenzen gesetzt seien. Peterlini unterstrich die Bedeutung des Minderheitenschutzes nicht nur im kulturellen Bereich - es gehe nicht darum, "Reservate" zu schaffen. Er betonte vielmehr die Notwendigkeit einer wirksamen politischen Vertretung, um die eigenen Interessen auch verteidigen zu können.

In dieser Hinsicht wies Peterlini auch auf die Gefahren autoritärer Tendenzen in der Gesamtgesellschaft hin, die etwa der einst weit fortgeschrittenen Autonomie Hongkongs zum Verhängnis geworden seien. Schließlich äußerte er die Hoffnung, dass nationalstaatliche Grenzen in einem vereinten Europa als solche überwunden werden können, und Minderheiten sich die Autonomie-Frage in dieser Form nicht mehr stellen müssen.

Mair und Manfrini beleuchten Idee der Eigenstaatlichkeit Südtirols

Trotz des "provokanten" Titels des Buchprojekts "Kann Südtirol Staat?" sei es dem 16-köpfigen Autorenkollektiv um eine Versachlichung der Diskussion um ein stark emotionalisiertes Thema gegangen, erklärte Autor Marco Manfrini. Es handle sich auch um "kein Handbuch für eine Sezession", wie sein Co-Autor und Präsident des Vereins Noiland Südtirol-Sudtirolo Harald Mair ergänzte. Vielmehr sei es vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitsbestrebungen in Schottland und Katalonien das Ziel gewesen, die Vor- und Nachteile sowie die Chancen und Risiken einer Eigenstaatlichkeit Südtirols aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Für Mair biete eine Selbstständigkeit der Region klare Vorteile und auch circa ein Viertel der italienischsprachigen Südtiroler:innen würde sich laut Umfragen dafür aussprechen. Dies biete die Grundlage dafür, einen demokratischen Diskurs darüber anzustoßen. Aus Mairs Sicht erlaube ein starkes Europa auch die Eigenständigkeit kleiner Staaten, da die EU bereits viele Aufgaben übernehme.

Aufgrund der heterogenen Verfasstheit Südtirols regte Manfrini das Konzept einer "Willensnation" nach Schweizer Vorbild an, das es allen Menschen unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund erlaube, an einem solchen "Neustart" teilzuhaben. Aus diesem Grund hielt auch er eine "Demokratisierung der Grenzen" im Sinne der Selbstbestimmung von Minderheiten für "überfällig".

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240417_OTS0054/vorbild-suedtirol-buchpraesentationen-und-podiumsdiskussion-im-parlament-zu-fragen-der-autonomie-und-des-minderheitenschutzes

Das Nationale Olympische Komitee (CONI) hat bei seiner heutigen (17. April) Sitzung die beiden Südtiroler Dachverbände im Sport VSS und USSA als Sportförderungsorganisationen anerkannt.

Bei seiner Sitzung hat das Nationale Olympischen Komitee CONI am heutigen Mittwoch (17. April) die zwei Südtiroler Dachverbände im Sportsektor, den Verband der Sportvereine Südtirols (VSS) und die Unione Società Sportive Altoatesine (USSA), als regionale Organisationen zur Förderung des Sports anerkannt. Damit ist die Durchführungsbestimmung für die Sportautonomie, die der Ministerrat in Rom im September 2023 verabschiedet hat, umgesetzt.

Zufrieden über diese "gute Nachricht" aus Rom zeigt sich Landeshauptmann Arno Kompatscher: "Die Verabschiedung der Durchführungsbestimmungen zur Autonomie im Sportbereich trägt mit der heutigen Anerkennung von USSA und VSS als Organisationen zur Sportförderung durch das CONI konkrete Früchte – ein historisches Ergebnis, das dank der harten Arbeit in den vergangenen Jahren und der fruchtbaren und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den Vereinigungen und dem CONI erreicht wurde", sagt Kompatscher.

mdg/san

Mit der Genehmigung der Rahmenrichtlinie und den darin enthaltenen Bildungszielen für die unterschiedlichen Schulstufen wird der nächste Schritt zur Einführung des Ethikunterrichts gesetzt. 

In den deutschsprachigen und den ladinischen Schulen des Landes kann im nächsten Bildungsjahr 2024/25 schrittweise der Ethikunterricht eingeführt werden. Dieser ist ein verpflichtendes, alternatives Bildungsangebot für jene Schülerinnen und Schüler, die sich vom katholischen Religionsunterricht abgemeldet haben. Mitte März hatte die Landesregierung bereits die entsprechende Durchführungsverordnung genehmigt (LPA hat berichtet), heute (15. April) erfolgte, auf Vorschlag der beiden Landesräte Philipp Achammer und Daniel Alfreider, die Genehmigung der Rahmenrichtlinien für die deutschsprachigen und für die ladinischen Schulen.

Festgelegt werden darin vor allem die kompetenzorientierten Bildungsziele der jeweiligen Schulstufen. In Grund-, Mittel- und Oberschulen sowie in der Berufsbildung geht es darum, Kompetenzen in den Bereichen "Menschsein: sich selbst begegnen", "Zusammenleben: mit anderen leben", "Mensch, Natur und Technik: der Welt begegnen" sowie "Kultur und Religion: dem Leben begegnen“ zu erwerben. Als Grundlagenwissenschaft dient dabei die Philosophie; wichtige Impulse werden jedoch auch aus anderen Wissenschaften, die das menschliche Handeln erforschen, bezogen.

"Mit der schrittweisen Einführung des Ethikunterrichts in Südtirols Schulen schaffen wir ein wichtiges, im Staatgebiet einzigartiges Angebot der Wertevermittlung, das dazu beitragen soll, die Schülerinnen und Schüler als aktive Mitglieder unserer Gesellschaft zu fördern", betont Landesrat Philipp Achammer. Auch Landesrat Daniel Alfreider begrüßt die Einführung und Umsetzung des Ethikunterrichts in den ladinischen Schulen: "Unsere Welt ist eine schnelllebige und vielfältige. Die Auseinandersetzung damit, wie wir gut miteinander leben können, wie wir Mensch und Natur wertschätzen können, wie man anderen und sich selbst begegnet, ist sinnvoll und trägt dazu bei, sich aktiv in das gesellschaftliche Leben einzubringen." "Die Einführung des Ethikunterrichts ist willkommen zu heißen, weil allen Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit geboten werden soll, mit ethischen Grundsätzen und Werten in Berührung zu kommen", betont auch die ladinischen Bildungsdirektorin Edith Ploner. 

ck

Lasst uns Sterne trinken!

Das Sparkling Festival im Mai 2023 war zweifellos mondäner Höhepunkt des Jahres. Ein rundum gelungener, frühsommerlicher Event-Abend in Marling, bei dem die Kellerei Meran, gemeinsam mit der Vereinigung Südtiroler Sekterzeuger nach dem klassischen Verfahren und Weinkultur Marling - Prickelndes Dorf, eine erlesene Auswahl Südtiroler Schaumweine präsentierte.

Das Highlight am Südtiroler Sternenhimmel im April

Am Samstag, 27. April 2024 ist in der Kellerei Meran in Marling eine spezielle Ausgabe – die Sparkling Festival Special Edition – geplant. Ein Termin, den sich Sektliebhaber nicht entgehen lassen sollten. Freuen Sie sich auf einen besonderen Abend mit einem erlesenen musikalisch-kulinarischen Rahmenprogramm und einer raffinierten Auswahl Südtiroler Sekte „metodo classico“.

 

Tickets und weitere Informationen unter www.sparklingfestival.it

Im Rahmen des Projekts der Stiftung FAI (Fondo Ambiente Italiano) „Ein Wasserweg, der die Völker verbindet. Die Etsch und ihre Nebenflüsse“ empfing Alperia die Besucher im Wasserkraftwerk Marling zu Führungen über Technik und Kunst.

 

Das Fachpersonal von Alperia erklärte den Besuchern die technischen Aspekte des Kraftwerks, während der Präsident des FAI Südtirol, Carlo Trentini, die Besucher über die architektonischen Elemente des Kraftwerks und die kürzlich restaurierten Fresken aufklärte. Die dargestellten Themen symbolisieren metaphorisch die vom Menschen beherrschte Energie.

Das Kraftwerk Marling zählt zu den größten Wasserkraftwerken in Südtirol. Es produziert 250 Millionen kWh grünen Strom. Das Laufwasserkraftwerk entnimmt Wasser aus dem Kraftwerk Töll und leitet es in die Etsch zurück. Es wurde zwischen 2002 und 2004 komplett renoviert.

Galileo Chini, ein florentinischer Künstler und Vertreter des Jugendstils, wurde während der Bauarbeiten – das Kraftwerk wurde 1925 in Betrieb genommen – beauftragt, das Kraftwerk zu verschönern. Heute können noch Teile des ursprünglichen Fußbodens, der Leuchten und der Gemälde bewundert werden. Sehr auffallend sind die Gemälde: Das eine zeigt eine unaufhaltsame Herde galoppierender Pferde, eine Allegorie für die Kraft des Wassers, das Motoren antreibt und Energie erzeugt, während das andere eine strahlende Sonne zeigt, die ihre Energie ausstrahlt.

Das Projekt des FAI Südtirol bot die Gelegenheit, mehr über die geschichtlichen Aspekte, die Artenvielfalt der Etsch und die Bedeutung des Wassers als Ressource für das Leben und für die Erzeugung sauberer Energie zu erfahren - grundlegende Themen für Alperia, die Energie unter effizienter und bewusster Nutzung der Wasserressourcen erzeugt, um stets das beste Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und Umweltschutz zu erreichen.

Kastelbell-Tschars - Gustav Tappeiner ist seit 2010 Bürgermeister der Gemeinde Kastelbell-Tschars. Nach der Tunneleröffnung 2025 wird die Wohnqualität dort zunehmen. Das haben Investoren längst erkannt und Umbauten in die Wege geleitet. Die Bürger:innen werden die Früchte ernten können, die gemeinsam mit den Verwaltern gesät worden ist, sagt Gustav Tappeiner unter anderem im Interview.

Vinschgerwind: Sie regieren als BM in einer Gemeinde voller Alleinstellungsmerkmale. Mit dem Kuppelrain ist das einzige Sternerestaurant im Vinschgau in Kastelbell beheimatet, mit Reinhold Messner wohnt der bekanntesten Südtiroler in Ihrer Gemeinde. Haben wir etwas vergessen?
Gustav Tappeiner: Wir haben sicherlich viel mehr. Sie haben zwei Eckpfeiler unserer Gemeinde genannt. Generell haben wir eine sehr gute Gastronomie in der Gemeinde Kastelbell-Tschars, von Hofschänken bis zum Sternelokal. Das funktioniert bereits über Jahrzehnte. Natürlich ist es eine Ehre, dass Reinhold Messner Bürger der Gemeinde Kastelbell-Tschars ist. Was haben wir vergessen? Beim Wein sind wir in Kastelbell-Tschars jene Gemeinde, die am meisten Rebfläche im Vinschgau hat und mittlerweile haben wir zu den Lieferanten in die Weinkellerei Meran 12 Weingüter bzw. Kellereien, die als eigenständige Winzer mit ihren Weinen in den Verkauf gehen.

Vinschgerwind: Kürzlich war Tunneldurchstich und damit Ende einer Durststrecke mit dem Ausgleich der Baufirma E.MA.PRI.CE SPA.
Gustav Tappeiner: Am 28. März ist der effektive Durchbruch gelungen. Für uns als Bürger:innen und für uns als Gemeindeverwalter war das ein großer Freudentag. Vor allem deshalb, weil seit dem Tunnelanstich 2019 endlich dieser Durchstich gemacht worden ist. Zwei Jahre wurden die Bautätigkeiten ja ausgesetzt. Der Einstieg der PAC SPA in die Bietergemeinschaft mit Passeirer Bau war für uns und dem Bauherrn Autonome Provinz Bozen Abteilung Tiefbau ein großer Glücksfall. Gleichzeitig müssen aber auch Maßnahmen an der SS 38 für die Ortschaft Tschars gesetzt werden.

Vinschgerwind: Die Attraktivität in den Orten Kastelbell und Galsaun steigt. Bemerken Sie bereits einen Zuzug in Ihre Gemeinde Kastelbell-Tschars?
Gustav Tappeiner: Wir schauen natürlich auf die gesamte Gemeinde. Natürlich gibt es positive Entwicklungen, auch im Tourismus. Das Hotel AMARIL wurde von einem Investor neu gebaut. Zum anderen wurden beim Wohnbau von Investoren Objekte angekauft, die zum Teil realisiert sind und zum Teil noch umgebaut werden. Die Lebensqualität durch die Umfahrung wird steigen und Investoren haben diese morgige Situati0n positiv erkannt.

Vinschgerwind: Vor Jahren hat man sich schon auf die Tunnelfertigstellung vorbereitet. Muss sich die Gemeinde, vor allem die Ortschaften Kastelbell und Galsaun nun nochmals neu aufstellen?
Gustav Tappeiner: Nein, nicht unbedingt. Wir haben mit Eurac-Research eine Studie erarbeiten lassen, wie sich die Umfahrung auf die Dörfer, auf das Leben dort und auf die Wirtschaft auswirken wird. Besonders in Kastelbell und Galsaun. Nun kommt das Gemeindeentwicklungsprogram hinzu, das seit vorigen Herbst gestartet ist und von kommunaldialog betreut wird. Das wird eine Herausforderung für die Gemeindeverwalter und auch für die Bevölkerung. Es liegt an uns alle diese Herausforderung anzunehmen.

Vinschgerwind: Sie sind mandatsbeschränkt und können nächstes Jahr nicht mehr als BM-Kandidat antreten. Ist es ein bitterer Gedanke, die Früchte der eigenen Arbeit, zum Beispiel die Fertigstellung der Umfahrung oder auch die Steinschlagschutzgalerien in der Latschander, nicht mehr ernten zu können?
Gustav Tappeiner: Nein, absolut nicht. Als Bürgermeister hat man die Verantwortung für die Zeit, für die man gewählt worden ist. Und in dieser Zeit so gut und verantwortungsvoll gemeinsam mit dem Gemeinderat und dem Gemeindeausschuss für die Bevölkerung zu arbeiten. Für die Umfahrung etwa haben auch die vorhergehenden Gemeindeverwaltungen ihren Beitrag geleistet und die entsprechenden Weichen gestellt. Man kann nur dankbar sein, dass man einen Beitrag dazu geleistet hat und die Früchte kann die Gemeinde insgesamt ernten, dann, wenn die Umfahrung eröffnet wird und die Lebensqualität steigen wird.

Vinschgerwind: Wir möchten noch ein Alleinstellungsmerkmal der Gemeinde Kastelbell-Tschars ansprechen. Mit den Frigelequellen gibt es eine der größten Quellschüttungen des Landes. Das Trinkwasser geht nach Meran, Algund und Marling. Bei Bedarf kann auch die Gemeinde Kastelbell-Tschars, so ist es vertraglich festgelegt, einen kleinen Anteil der Schüttung nutzen. Ist das bereits ein Thema?
Gustav Tappeiner: Die Gemeindeverwaltung hat sich auch aufgrund der klimatischen Veränderungen Gedanken gemacht, wie die Trinkwasserversorgnung auch für die kommenden Jahrzehnte gesichert werden kann. Nun soll eine Machbarkeitsstudie folgen, in der auch jene 5 Sekundenliter enthalten sind, die vertraglich mit dem Konsortium bestehend aus den Gemeinden Meran, Algund und Marling festgelegt worden sind. Die Überlegungen gehen auch dahin, dass man für Spitzenzeiten zusätzliche Speicherbecken vorsehen wird müssen. Zum anderen haben wir die Absicht, das Wasser, welches im Tunnel zum Vorschein gekommen ist und das eine gute Schüttung aufweist, aufzufangen und in unser Trinkwassersystem einzuspeisen. Die Untersuchungen sind gemacht worden und das Wasser ist einwandfrei.

Vinschgerwind: Thermalwasser, wie es im Tunnel von Staben austritt?
Gustav Tappeiner: (lacht) Nein Thermalwasser ist es leider keines. Das bleibt wohl exklusiv in Staben.

Vinschgerwind: Auf Schloss Kastelbell sind jedes Jahr bemerkenswerte Ausstellungen namhafter Künstler zu sehen, organisiert vom Kuratorium Schloss Kastelbell. Einheimischen Vereinen ist aber der Zugang für Ausstellungen verwehrt. Wie geht das zusammen?
Gustav Tappeiner: Die Gemeindeverwaltung hat mit dem Land einen Konzessionsvertrag. Die Gemeinderverwalter haben es bereits vor 25 Jahren für sinnvoll erachtet, die Schlossverwaltung einem Kuratorium zu übertragen. Meinerseits wurde 1999 das Kuratorium Schloss Kastelbell gegründet, mit der Absicht, das Schloss mit verschiedenen kulturellen Säulen zu beleben. Eine davon ist die Kunstausstellung, andere sind Konzerte und die Räumlichkeiten werden für Führungen zugänglich gemacht und auch vermietet. Dieses Konzept wurde perfektioniert und ausgebaut. Es hat letzthin Diskussion über die Zulassung für eine Ausstellung eines Vereines gegeben...

Vinschgerwind: Dem Krampusverein „Pfoffegonder Tuifl“...
Gustav Tappeiner: Die Zustimmung des Kuratoriums wurde verweigert. Es hat zwei Ausstellungen gegeben und dann hat das Kuratorium eine Absage erteilt. Die Gemeindeverwaltung ihrerseits ist bemüht, das Schloss für ehrenamtliche Vereine aus dem Gemeindegebiet in Absprache mit dem Kuratorium und dessen Zielsetzungen und im Einklang mit dem Kulturobjekt Schloss Kastelbell zugänglich zu machen.

Vinschgerwind: Politische Lösung hat es für die „Pfoffegonder“ keine gegeben?
Gustav Tappeiner: Nein. Aber ich unterstreiche, dass die Gemeinde mit dem Kuratorium eine auch vom Gemeinderat abgesegnete Vereinbarung getroffen hat. Mit dieser Vereinbarung ist die Führung des Schlosses auf das Kuratorium übertragen worden.

Vinschgerwind: Sie waren langen Jahre selbst Präsident des Kuratoriums und heute ist dies wie zufällig ihr Bruder.
Gustav Tappeiner: Die Verwandschaft hat da nichts zu tun. Denn der Präsident wird vom Verwaltungsrat gewählt, der seinerseits von der Vollversammlung bestellt wird. Der Bürgermeister wird auf der anderen Seite direkt vom Volk gewählt.

Vinschgerwind: Trotzdem ist die Causa zum Politikum geworden...
Gustav Tappeiner: Es ist schade, dass dies zum Politikum geworden ist, das möchte ich schon präzisieren. Das bringt weder dem Kuratorium noch der Gemeinde noch dem antragstellenden Verein etwas.

Vinschgerwind: Sie haben eine starke Opposition von jungen Leuten im Gemeinderat. Wie wichtig ist - grundsätzlich - Opposition?
Gustav Tappeiner: In jeder Gemeinde ist Opposition eine Partei oder eine Bewegung, die Mitglieder im Gemeinderat sein können, die ihre Aufgabe wahrnehmen, um der Mehrheitspartei oder der regierenden Partei andere Sichtweisen darzulegen, die ihre Kontrollfunktion, die ihr im Sinne des Regionalgesetzes der öffentlichen Körperschaften zustehen, ausführt. Ich sehe das im positiven Sinne einer funktionierenden Demokratie in einer Gemeinde. Im Bezug auf „jung“ stelle ich fest, dass es nicht nur in der Opposition junge Leute gibt, sondern auch in der Regierungspartei. Ich wünsche mir, dass vermehrt junge, engagierte Leute in die Politik einsteigen sollen.

Vinschgerwind: Sie haben sich in ihrer politischen Laufbahn immer wieder für die SVP als „Parteisoldat“ geäußert und eingebracht. Wie sehen Sie die Entwicklung Ihrer Partei?
Gustav Tappeiner: Es braucht Personen, die sich für die Gesellschaft in der Mitte einsetzen. In der Gesellschaft hat ein Wandel stattgefunden und dem müssen politische Parteien Rechnung tragen. Mein Einsatz war, das Wohlergehen der Gesamtbevölkerung im Auge zu behalten. Extreme linke und extreme rechte Positionen lehne ich ab.

Vinschgerwind: Sie sind Vertreter der Vinschger Gemeinden im Rat der Gemeinden. Welche Vinschger Anliegen vertreten Sie da?
Gustav Tappeiner: Seit zwei Legislaturen haben ich das Vertrauen von den Bürgermeistern, im Rat der Gemeinden vertreten zu sein. Die Hauptaufgabe des Rates der Gemeinden besteht in der Begutachtung der Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen, welche für die Gemeinden von Interesse sind, bevor sie vom Landtag bzw. von der Landesregierung verabschiedet werden. Die Interessen der Gemeinden sollen von den 17 Vertretern gewahrt werden. Wir geben da ein nicht bindendes Gutachten ab. Der Rat der Gemeinden, das muss ich feststellen, wird gehört. z.B. gerade beim Landesraumordnungsgesetz etwa, da es ja direkt die Gemeinden betrifft.

Vinschgerwind: Auf was werden Sie nach 15 Jahren BM in der Gemeinde zurückblicken?
Gustav Tappeiner: Ich blicke auf diese Jahre so zurück, dass wir, also der Gemeideausschuss und der Gemeinderat Programme und Projekte nach besten Wissen und Gewissen umgesetzt haben. Gemessen wird man vor allem an sichtbaren Bauten. Als große Projekte sind der Kindergarten, die Kita und die Schützenstube von Tschars zu nennen. In Tschars ist der Schutzdamm von Bedeutung, der für künftige Bauten positive Auswirkungen haben wird, weil die rote Zone dort nicht mehr ist. Die Begleitung für die Umfahrung Kastelbell Galsaun war wichtig und gelungen ist, dass die gesamte Talsohle mit dem Glasfasernetz erschlossen ist. Dieses Jahr wird noch die Sanierung der Grundschule in Tschars kommen und der Mehrzwecksaal in Galsaun. Vorbereiten werden wir noch das Parkdeck in Tschars und den Bau der FF-Halle in Kastelbell.

Interview: Erwin Bernhart

Dienstag, 16 April 2024 16:10

„Parkplätze sind wichtig“

Vinschgerwind: Frau Gluderer, Sie sind hds-Ortsobfrau von Schlanders und gleichzeitig im Ausschuss des hds-Bezirkes. Gelingt die Nahversorgung?
Karin Gluderer: Das Thema ist nicht einfach. Im Großteil der vinschger Dörfer gelingt die Nahversorgung. Die Entwicklung der Betriebe ist wegen der großen Konkurrenz - online wie offline - nicht leicht. Die hds-Ortsausschüsse und der hds-Bezirk versuchen immer wieder, mit Aktionen die Leute zu sensibilisieren, vor Ort lokal einzukaufen. Wir in Schlanders begreifen Nahversorgung als großes Angebot verschiedener Sparten. Die Leute wandern in die großen Kaufhäuser ab. Aber was ist ein Kaufhaus? Ein Kaufhaus bietet auf kleiner Fläche viel an. Das machen wir, indem wir ganz Schlanders als großes Kaufhaus sehen.

Vinschgerwind: In Schlanders gibt es im Zentrum leere Schaufenster. Was ist da los?
Karin Gluderer: Es ist ein europaweites Problem, dass kleine Läden aufgrund der großen Konkurrenz schließen. Es liegt nicht nur an den Mieten, die Verpächter haben oft auch nicht die Mittel, die Immobilien entsprechend herzurichten. Da bräuchte es Unterstützung von Seiten der Gemeinde.

Vinschgerwind: Unterstützung, wie es sie in den Gemeinden Mals, Latsch und Schluderns gibt?
Karin Gluderer: In Schlanders gibt es eine solche Unterstützung leider nicht.

Vinschgerwind: Mit der angedachten Umgestaltung des Areals rund um das Restaurant Maria Theresia könnte dort ein weiterer Lebensmittelhändler angesiedelt werden. Werden so die Zentren ausgetrocknet?
Karin Gluderer: Ja, das ist das beste Beispiel. Eigentlich ist dies eine Gewerbezone und daher ist man gesetzlich nicht in Ordnung, wenn in dieser Zone Geschäfte entstehen würden. Sicher, der Kunde will offensichtlich mit dem Auto direkt vor den Geschäften halten und einkaufen. Das scheint der große Pluspunkt für die Kaufhäuser auf der Wiese zu sein. Aber so werden Dörfer und Zentren auseinandergerissen. Diesen Pluspunkt haben wir in den Zentren, in der Fußgängerzone nicht. Wir benötigen in Schlanders Parkplätze, weil wir einen großen Mangel in Schlanders haben.

Vinschgerwind: Es sind Diskussionen über eine Tiefgarage im Kapuzineranger im Gange. Wie ist die Haltung der Kaufleute?
Karin Gluderer: Alle Kaufleute sind dafür, dass eine solche Tiefgarage sehr wichtig für die Zukunft ist. Auf der Oberfläche könnte eine Ruheoase, eine Liegewiese oder was auch immer gewünscht wird, entstehen. Die Parkplätze werden dringend benötigt, für die Mitarbeiter und für die Kunden. Denn es ist jeden Vormittag ein Chaos, einen Parkplatz zu finden. Nicht nur am Donnerstag, wenn der Wochenmarkt stattfindet. Angedacht ist eine zweistöckige Tiefgarage, ein Teil öffentlich zugänglich und ein Teil für Private. Auch die Anrainer bräuchten Parkplätze. Es gibt viele Gründe, die dafür sprechen. Die Fußgängerzone würde noch mehr belebt werden, wenn man im Zentrum parken und direkt in die Fußgängerzone gelangen könnte, z.B. die Kapuziner-Tiefgarage in Lana. Der Verkehr würde dadurch minimiert. Denn viele zirkulieren vormittags zwischen Damml und Stainerparkpatz, bis sie endlich einen Parkplatz gefunden haben.

Vinschgerwind: Auch der Hotelier- und Gastwirteverband fordert die Tiefgarage.
Karin Gluderer: Mittlerweile gibt es eine Arbeitsgruppe, in die sich alle Verbände einbringen. Neben den Kaufleuten und den Gastwirten auch der LVH, sowie Vertreter der Landwirtschaft. Auch die Vorstände aus den Fraktionen unterstützen das Ansinnen einer Tiefgarage. Die Bürger von Kortsch, Göflan, … kommen fast täglich für Ämtergänge und Einkaufe nach Schlanders und benötigen ebenso die Parkplätze. Wir haben alle einen recht getakteten Alltag und da sind wir im ländlichen Bereich auf das Auto angewiesen.

Vinschgerwind: Welche Voraussetzungen sollen sein, damit die von den Kaufleuten, von der Politik und auch von vielen Leuten gewünschte Nahversorgung auch auf längere Sicht gewährleistet ist?
Karin Gluderer: Für das Entwickeln und Überleben eines Ortes. Der Ortskern soll die Wohnstube der Bürger sein, wo man gerne seine Zeit verbringt zum Bummeln und Einkaufen. Wenn es von Seiten der Politik Unterstützung geben kann, wie in Mals, Schluderns oder in Latsch, so ist das sehr willkommen. Auch damit die nächste Generation motiviert wird, Neues zu wagen oder bestehende Betriebe weiterzuführen, muss die Attraktivität der Fußgängerzone erhalten bleiben. Die Dorfzentren dürfen nicht für die Einkaufzentren, auf der grünen Wiese außerhalb der Orte, geopfert werden. Es ist die Kombination aus Vielfalt, Unterstützung und Parkplätzen, die für die Zukunft eines lebendigen Ortskerns notwendig sind.
Interview: Erwin Bernhart

Dienstag, 16 April 2024 08:46

Kurzberichte über die Europäische Union

Wahl des Europäischen Parlaments am 8. und 9. Juni 2024 - Alle fünf Jahre wählen die Bürger:innen der Europäischen Union die Mitglieder des Europäischen Parlaments. Die Europawahl 2024 wird die zehnte Direktwahl. Sie findet vom 6. bis 9. Juni 2024 in den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union statt. Gewählt werden 720 Abgeordnete, davon 96 aus Deutschland, 76 aus Italien und 21 aus Österreich. Die Wahl des Europäischen Parlaments wird neben den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten am 5. November 2024 die wichtigste Wahl in diesem Jahr. In beiden Wahlen werden wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Für uns ist Europa oft weit weg, doch die Entscheidungen im Europäischen Parlament, im Europäischen Rat, in der EU-Kommission, in der Europäischen Zentralbank und am Europäischen Gerichtshof bestimmen auch über unsere Zukunft in einer zunehmend globalisierten und vernetzten Welt. Die EU ist mehr als ein gemeinsamer Markt ohne Grenzen, mehr als der Euro (gemeinsame Währung in 19-EU Staaten) und mehr als die EU-Förderprojekte. Bis zu den Parlamentswahlen im Juni wollen wir kurz über die Geschichte, die Aufgaben, die Gremien und die Herausforderungen der Europäischen Union berichten.

Teil 1: Die Vision Europa

Die Friedenssicherung und eine dauerhafte Friedensordnung standen am Beginn der europäischen Einigung nach dem Zweiten Weltkrieg im Vordergrund. Europa ist deshalb ein Friedensprojekt. Das Streben nach wirtschaftlichem Wohlstand ist ein weiteres Ziel und viele sehen Europa vor allem als Wirtschaftsprojekt mit einem gemeinsamen Binnenmarkt für rund 450 Millionen Menschen. Strukturschwächere EU-Staaten und Regionen erhalten in vielfältiger Weise Unterstützung aus Brüssel. Auch Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Einzelpersonen können von den EU-Förderprogrammen profitieren. Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und damit eine Stärkung der Rolle in der Weltpolitik sind ein weiteres Ziel. Es geht auch um gemeinsame Initiativen und Lösungen bei grenzüberschreitenden Probleme: Umweltpolitik, Gesundheitspolitik, Terrorbekämpfung und Forschung. Von Anfang an war die europäische Einigung aber nicht nur auf wirtschaftliche Ziele begrenzt. Die Verträge zur Gründung der Europäischen Union enthalten die Verpflichtung auf die grundlegenden gemeinsamen Werte der Mitgliedstaaten. Europa versteht sich als Wertegemeinschaft. Die Wahrung demokratischer Freiheiten, die Achtung der Menschenwürde und soziale Solidarität stehen dabei im Vordergrund. Unter dem Motto „In Vielfalt geeint“ versuchen die 27 Mitgliedsstaaten mit 24 Amtssprachen die kulturelle, sprachliche und religiöse Vielfalt zu bewahren und trotzdem geeint für Frieden, Wohlstand, Solidarität und Umweltschutz zu arbeiten und allen eine menschenwürdige Zukunft in Freiheit und Sicherheit zu garantieren. Am 25. März 1957 gründeten bei den Römischen Verträgen sechs Staaten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Aus der EWG entstanden die EG und die EU, aus sechs Gründerstaaten kam es zu Erweiterungen auf 28 Mitglieder. 2016 kam es zum Brexit, dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Die weitere Entwicklung ist offen. Bleibt die EU ein Staatenverbund mit begrenzten Zuständigkeiten, wird sie ein Bundesstaat: die Vereinigten Staaten von Europa oder zur Republik Europa mit starken Regionen?
Heinrich Zoderer


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