Franz-Tumler-Literaturpreis: die Nominierungen Teil 5 - Die Geister der Vergangenheit quälen Filbert, einen jungen Mann, der im Berlin unserer Zeit lebt. Träume und Alpträume halten die verstorbenen Vorfahren in ihm wach, die viel zu erzählen gehabt hätten, doch so manches ist im Unklaren geblieben. Um seinen Großvater Stanis ranken sich die Legenden, er soll in einem Dorf im Osten Gefangene aus einem Lasters befreit und vor der Deportation bewahrt haben, ist dann aber verraten und abgeholt worden. Dass ihm dabei die Flucht vor den Nazis gelungen ist, war seiner Familie nicht bekannt, denn er hat sich gegen ein Wiedersehen entschieden und in Kanada ein neues Leben begonnen. Stanis kommt mit seiner Lebenslüge nicht mehr zurecht und wendet sich in seinen alten Tagen an Aureliusz Karkoche, einen „Wahrheitssucher“. Diese märchenhafte und animalische Figur hält die Erzählfäden in der Hand und plant, die Familiengeschichte und Erinnerung mit einem waghalsigen Projekt umzuschreiben. Dafür braucht er aber Filberts Hilfe – und Leser, die sich auf eine besondere Erzählsituation einlassen können. Gekonnt wechseln die Erzählperspektiven, die Räume, Figuren, Zeiten und Geschichten. Aus Reue, Rache oder aus Sehnsucht nach Ruhe gibt sich Filbert dem Spuk und den Rätseln der Vergangenheit hin, manchmal ohne zu wissen, was sich in seinem Kopf abspielt, und was für real gehalten werden kann. Gesa Olkusz hat es mit ihrem ersten Roman LEGENDEN in die Finalrunde des Franz-Tumler-Literaturpreises geschafft, der am 18.9.15 in Laas ausgetragen wird.
Maria Raffeiner
{jcomments on}