Im Frühjahr 2013 hat es sie dann nach Kastelbell verschlagen, mit kaum Vorkenntnissen und keiner Erfahrung im Bereich Viehhaltung, Landwirtschaft oder Milchproduktion. Kritische Blicke und so manches Vorurteil begleiteten sie durchs Dorf. „Wer die sind, woher die kommen?“, „Ob die es wohl schaffen?“, „Aussteiger?“, „vielleicht Abenteurer?“ oder sogar „Spinner?“. Nun, entgegen vieler kritischer Stimmen, scheinen sie es geschafft zu haben. Seit vier Jahren leben und arbeiten sie auf dem Hof, haben bereits Teile der Hofstelle renoviert und ziehen gemeinsam vier Kinder groß. Arbeit, Selbstversorgung, Sicherheit, den Kindern ein Reich bieten, in dem sie sich frei bewegen können; das waren die Antreiber diesen doch einschneidenden Schritt zu wagen. Hansjörg ist nun der neue Bauer auf dem Ortlhof. Mit den besuchten Kursen für Junglandwirte an der Fachschule in Tisens kann er den Bergbauernhof mit Viehhaltung und Milchproduktion führen, seine Frau Xenia ist die unterstützende Kraft dabei. Gemeinsam haben sie ein Ziel vor Augen, einen Hofschank aufzubauen, die biologische Landwirtschaft auf dem Hof zu forcieren, sich ein Reich zu schaffen, das ihnen Sicherheit und Freude bereitet. Sie tauschten ein recht bequemes Leben in Lana, gegen ein arbeitsintensives auf dem Bergbauernhof. Dies bedeutete eine Umstellung in allen Lebensbereichen, Tagesstruktur, Arbeitsaufwand, Einkauf, Mobilität, doch wie es scheint, ist ihr Gewinn hoch. Die Eigenständigkeit, Sicherheit, Selbstversorgung, Lockerheit und ungezwungenerer Lebensstil, sind neu gewonnen Ressourcen und Lebensqualität für sie.
An einigen Stellen sieht man noch Baustelle, es wird gearbeitet und gewerkelt, der Hof ist im Umbau und lässt erahnen mit welchem handwerklichen Geschick ein Zuhause und ein Arbeitsplatz entstehen soll. Die Nachbarschaftshilfe wird hier oben groß geschrieben, mit viel Respekt sprechen Hansjörg und Xenia von ihren Nachbarn, die nicht gerade Tür an Tür wohnen. Es wurde ihnen viel Hilfe entgegen gebracht, die Kühe konnten sie vom benachbarten Bauern beziehen, wenn es Fragen zur Tierhaltung oder eventuellen Schweineaufzucht gab, fanden sie bei allen ein offenes Ohr. Und vielleicht sind es gerade diese Freundschaften, die so manches leichter machen, über so einige Fehler lachen und das Lernen einfacher gestalten lässt.
Hoch oben, auf rund 1.577Metern bietet sich eine unglaubliche Aussicht, der Blick schweift vom Ifinger über die Kette der Nörderseite bis hinein ins hintere Martelltal, wo die Zufallspitze sich noch sehen lässt. Der Blick fällt dabei nicht oft ins Tal und Xenia meint dabei „Guat gflichtet sein mer ollemoll do auer“, mit einem zufriedenen Lächeln auf den Mundwinkeln. Wenn man sich vorstellt, dass beiden keine Kenntnisse von Landwirtschaft überhaupt hatten, er Handwerker und sie Kellnerin, und sich in dieses Abenteurer mit 3 Kindern im Gepäck stützten, braucht es doch eine Portion Mut. Umso schöner zu sehen, dass die Schweine wachsen, ein eigenes Freigehege haben, die Milch mit Bioqualität geliefert wird und nach und nach auch Gemüse folgen wird. Für die Kinder Florian, Lisa und Mathies war es ein nicht geringeres Abenteuer, der Umzug in eine neue Umgebung eine große Herausforderung. Die kleine Beatrix kam später dazu und tapst ihren Geschwistern heute über die Wiese hinterher. Hier kann auf der Wiese, im Hof oder sogar auf der Straße gespielt werden, ohne dass der Straßenverkehr gestört wird; hier fahren kaum Autos vorbei. Eine fast vergessene Qualität, doch trotz all der Idylle bringt das Leben am Hof viel harte Arbeit mit sich, der sich die beiden Jungbauern gemeinsam stellen wollen. Vision für den Ortlhof soll der Hofschank sein, der sich in großen Zügen autark führen lässt. Fleisch vom eigenen Vieh, Gemüse vom Hof, Eier, Milch und vielleicht auch ein bisschen Obst das sich auf dieser Höhe kultivieren lässt. Wer weiß was die beiden noch versuchen. Vieles haben sie schon investiert und erreicht, was man ihnen nicht zugetraut hätte. Die Felder wurden übers Jahr hinweg eingezäunt, die Heuernte für dieses Jahr eingebracht, die Schweine wachsen prächtig, der Acker gepflegt und fast geerntet, die neun Milchkühe bringen ihren Ertrag. Der Winter kann kommen, damit im nächsten Jahr der Traum vom Hofschank noch näher rücken kann.
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