Sie erinnert sich an ihre Hochzeit, die Kinder und die Reisen. Doch die Gegenwart ist weg. Meine Großmutter leidet an Demenz.
Text: Ida Geyr, Sophie Trafoier | erschienen in der FF Wochenmagazin am 20.05.2020
Wir finden ein gefrorenes Durcheinander vor, als wir die Kühltruhe öffnen. Das Brot ist durchnässt, die restlichen Lebensmittel kaum vom Boden der Truhe zu lösen. Auf die Frage, warum sie einen Eimer Wasser in die Kühltruhe gekippt hat, antwortet meine Großmutter: „Dort muss doch Eis sein. Ich habe Eis gemacht.“
Regina, von allen in der Familie Mutti genannt, ist meine Großmutter*, 83 Jahre alt. Sie trägt noch ihren Morgenmantel, als sie mir an einem Samstagnachmittag die Tür öffnet. Sie wirkt müde, ein wenig kränklich, doch ihr Gesicht leuchtet auf, als sie mich sieht.
Besuch hatte sie schon immer gern -auch wenn sie sich nur mehr schwer an die Namen erinnern kann. Regina ist eine von 12.000 Südtirolern, die von Demenz betroffen sind. Regina sagt, dass sie manchmal bloß etwas wirr im Kopf ist.
Sie strahlt mich an, als ich sie um einen Kaffee bitte. Sie dreht sich zum Schrank um, nur um mir im nächsten Moment eine Packung Taschentücher in die Hand zu drücken. Der Kaffee ist vergessen.
Meine Großmutter bekam ihre Diagnose vor drei Jahren, das Vergessen begann schon früher. Der Familie erschien ihr Verhalten damals bloß etwas wunderlich, ihre Aktionen seltsam. Sie brachte erst Termine, dann ihre Kinder durcheinander. Sie verlegte ihren Schmuck. Videokassetten fanden wir im Ofen wieder. Wir schoben das auf das Alter. Nur, dass es dann doch etwas mehr war. Ihr Zustand bekam einen Namen. Aber in der Familie hatte sich Ungewissheit ausgebreitet.
Es folgte bewusstes Beobachten, dann, mit der Diagnose Demenz, Verstehen. Demenz bezeichnet keine bestimmte Krankheit, sondern das gemeinsame Auftreten von Symptomen.
Sie umfasst über 50 Krankheitsformen, darunter Alzheimer oder vaskuläre Demenz. Symptome können Probleme beim Zuhören, Sprechen und bei der Orientierung sein. Dazu kommt der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses.
Wir entwickelten eine gewisse Akzeptanz gegenüber Mutti und ihren Seltsamkeiten. Das forderte Geduld. Geduld, wenn sie jeden Tag aufs Neue einkaufen gehen will, obwohl der Kühlschrank gefüllt ist. Geduld, wenn sie jeden Tag darauf drängt, in die Stadt zu gehen. Jeden Tag in die Bank zu rennen. Jeden Tag die kleine Wohnung zu verlassen, obwohl draußen nichts auf sie wartet.
Großmutter hat keine Verpflichtungen mehr. Ihre Kinder kümmern sich um ihre Rechnungen und ihr Vermögen. Ihr Tag besteht aus kurzen Besuchen in der Stadt, einem gelegentlichen Kaffee, ihren Büchern. Kleinigkeiten, und doch legt sie noch immer Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Der nächste Friseurtermin steht bereits fest, ohne ihre Perlenkette verlässt sie nicht das Haus.
Als wir uns im Wohnzimmer setzen, fragt mich meine Großmutter, ob ich Hunger habe. Ich verneine, ihre Pflegerin Jana bringt uns eine Tasse Tee. Dann wird sie von Regina wieder aus dem Raum geschickt. Sie will sie nicht dauernd sehen müssen.
Meine Familie hatte, als meine Großmutter die ersten Zeichen einer Demenz zeigte, eine freundliche Südtiroler Pflegerin gefunden, die halbtags kam und stets höflich und nett war. Doch Regina akzeptierte sie nicht. Nach einem halben Jahr brauchte es eine Vollzeitbetreuung. Über eine Agentur fand meine Familie eine Pflegerin; nur stellte sich diese als gänzlich ungeeignet heraus. Sie leistete Großmutter bloß Gesellschaft, der Haushalt war ihr egal.
Mittlerweile haben wir Jana gefunden. Jana wechselt sich ab mit Erika, beide kommen aus der Slowakei. Alle drei Wochen kehren sie zu ihrer Familie zurück. Bei Jana und Erika bleibt die Wohnung sauber, der Kühlschrank ist gefüllt, für Regina wird frisch gekocht. Regina aber nimmt sich kein Blatt vor den Mund, um über ihre Betreuung zu schimpfen. Sie will keine Fremden in der Wohnung. Sie braucht keine Hilfe.
Meine Großmutter erzählt mir von ihrem Tag, während wir unseren Tee trinken. Zuerst hat sie Freunde in Brixen getroffen, sie sind zusammen Mittagessen gegangen. Am Nachmittag ist sie mit ihrem kleinen Malteser Lucy, der jetzt neben ihr auf dem Sofa schläft, spazieren gewesen.
Sie erzählt am liebsten von ihrer Kindheit in Kaltern, ihren vier Schwestern, ihrem jung verstorbenen Bruder. Von ihrer Ausbildung in Mailand, wo sie Italienisch lernte. Von ihrer Vergangenheit, die ist ihr im Gegensatz zu dem, was täglich hinzukommt, noch nicht entfallen. Regina weiß noch, wie mühsam es damals war, jeden Tag mit dem Zug von Kaltern nach Bozen zur Schule zu fahren. Ich erzähle ihr, dass ich meinen Schulweg genauso anstrengend finde. Großmutter fragt, wo ich zur Schule gehe. In Meran, und das seit vier Jahren. Sie reagiert überrascht. „Vier Jahre? Das, nun das, wusste ich nicht.“
Sie kommt auf den heutigen Tag zurück. Zuerst hat sie ihre Enkel von der Grundschule abgeholt, dann ist sie mit dem Auto nach Bozen gefahren. Einfach mal ein gemütlicher Tag allein.
Doch die Enkel studieren längst im Ausland, und Regina hat weder Auto noch Führerschein. Unsere Tassen sind mittlerweile leer.
Ein Lächeln breitet sich auf Großmutters vom Alter geprägten Gesicht aus, als sie anfängt, von ihrem Mann zu sprechen. 1961, auf einer der zahlreichen Feiern, die ihr Freund Hans immer gab. Da lernte sie Conny kennen. Er war damals in der Bäckerei eines Freundes angestellt, in Kaltern. Ihre erste große Liebe und ihre einzige. Es folgte die Hochzeit und der Umzug nach Sterzing, dann die Eröffnung ihres Hotels. Nach einigen Schwierigkeiten schließlich drei langersehnte Kinder, darunter mein Vater. Regina nennt mir eine Jahreszahl nach der anderen, lässt kein Detail über diese Zeit aus.
Sie holt ein schweres Fotoalbum aus einer Schublade. Die Seiten sind gefüllt mit ihren Reisen nach Palm Springs, Kalifornien. Das Ehepaar mit Freunden beim Essen, Regina allein auf einem Schiff. Großmutter lächelt. „Da war ich glücklich.“ Dann verstummt sie. Ihr Lächeln verschwindet.
Conny ist vor zehn Jahren verstorben. Nur mehr zwei ihrer fünf Geschwister sind am Leben, weit von ihr entfernt in Kaltern. Den Kontakt zu vielen Freunden hat sie verloren, andere sind bereits tot. Regina zuckt mit den Schultern, ihr Blick schweift aus dem Fenster ins Nichts. „Alt werden ist keine Freude.“
Jana kommt aus dem Gästezimmer, als Großmutter kurz ins Bad geht. Sie erzählt, dass Regina diese Nacht nur dreimal aufgestanden ist. Großmutter kommt zurück und ist wütend. Sie will nicht, dass man hinter ihrem Rücken über sie redet. Besonders nicht Jana. Meine Familie hatte anfangs gehofft, Großmutter würde sich an die Hilfe im Haus gewöhnen, sie irgendwann akzeptieren. Das ist noch immer nicht der Fall. Ihr Neurologe gab ihr ein Buch, in das sie schreiben soll. Ein einzelner Satz am Tag genügt, um die Finger zu bewegen und das Denken zu fördern. Zuerst öffnete sie es immer wieder, doch mittlerweile hat Regina es in eine Schublade verbannt. Aus Angst, kontrolliert zu werden.
Meine Familie hat Glück, dass wir Jana gefunden haben und uns diese Unterstützung leisten können. So kann Großmutter zu Hause bleiben. Für andere Senioren in Reginas Zustand muss oft ein Platz in einem Heim gefunden werden; eine Option, die für Regina nicht infrage kommt. Einen Umzug ins Seniorenwohnheim würde sie nicht tolerieren.
Eines davon ist das Annenbergheim in Latsch im Vinschgau, eines von 78 Seniorenheimen in Südtirol mit 4.200 Betten. Die Stimmung dort scheint entspannt. Es ist Nikolaustag, es wird gelacht und gefeiert. Ein Nikolaus verteilt kleine Schokoladen, mit einem Tannenzweig geschmückt.
Traditionen sind wichtig für Demenzkranke, um Emotionen zu wecken und eine zeitliche und räumliche Orientierung zu finden, erklärt Iris Cagalli, Direktorin des Seniorenwohnheims. „Selbstbestimmt leben im Alter“ - unter diesem Motto wird dort versucht, den Bewohnern ein gemeinsames und doch selbstständiges Wohnen zu ermöglichen. Man will den Alltag der Senioren erleichtern, ohne sie einzuschränken. Deshalb wird niemand isoliert, individuelle Bedürfnisse und die Freiheit des Einzelnen werden respektiert. Die Bewohner können töpfern, singen oder eine Klangschalentherapie machen. Menschen mit Demenz sind häufig unruhig und verspüren einen enormen Laufdrang: Solche Aktivitäten helfen zu entspannen. Cagalli zählt Anzeichen auf, die auf Demenz hinweisen. Unterschiedliche Socken an den Füßen. Im Ofen vergessenes Essen. Ein Hut im Kühlschrank. Aggressives Verhalten, besonders als Reaktion auf Schuldzuweisung.
Erkennen Angehörige solche Anzeichen, ist es wichtig, rechtzeitig Unterstützung zu holen. Sonst ist man schnell überfordert, und der Betroffene merkt das. Demente Personen sind besonders sensibel, spüren vieles, was man ihnen oft nicht zutrauen würde. Sie merken, wenn sie angelogen werden. Deshalb ist vor allem ein ehrlicher, einfühlsamer Umgang mit ihnen wichtig.
Es kann für Angehörige schwierig sein, richtig mit der Diagnose Demenz umzugehen. Die richtigen Fragen zu stellen, um den Betroffenen nicht zu überfordern. Geduldig zu sein, wenn dieselben Worte immer wieder wiederholt werden. Eben deshalb ist eine frühe Erkennung wichtig. Sowohl die Angehörigen als auch die Betroffenen stehen mit der Diagnose einer Herausforderung gegenüber, die sie allein nicht bewältigen können.
Für demente Menschen ist es wichtig, Stress zu vermeiden. Dabei hilft schon, verschiedene Begriffe zu wiederholen. Bewusst alle Sinne des Menschen anzusprechen. Dinge erleben, um bekannte Bilder und damit verbundene Gefühle hervorzurufen. Meine Großmutter Regina löst Kreuzworträtsel, wenn man ihr die gesuchten Begriffe vorliest.
Direkte Fragen wie „Was hast du heute gemacht?“ sollte man vermeiden. Der Betroffene ist frustriert, wenn er sich nicht daran erinnert. Besser im Hier und Jetzt bleiben. Besser ein Gefühl von Sicherheit im Gespräch schaffen. Es sind oft die einfachen Dinge, die helfen.
Eine Pflegerin im Annenbergheim meint: „Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, ein bisschen mehr Liebe und ein bisschen mehr Empathie, dann funktioniert der Umgang gut.“
Als ich Großmutter am Sonntag besuche, grüßt sie mich mit ihrem Hund auf dem Arm. Sie trägt noch ihren Mantel, die Stiefel ebenfalls. Sie war gerade mit Jana in der Stadt. Heute geht es ihr besser. Sie strahlt. Besuch hatte sie schon immer gern.
Heute sitzt Jana mit uns im Wohnzimmer. Sie erzählt von ihrer Familie, ihren Kindern. Mutti hört zu und stellt Fragen. Sie wirkt interessiert. Ihr Misstrauen gegenüber der Pflegerin scheint weit entfernt.
In klaren Momenten gesteht Regina sich ihre Vergesslichkeit ein. Nicht ihre Krankheit, nein, in ihren Augen ist sie gesund alt. Bloße Ausrutscher, ein entfallener Name, ein Nachmittag, an den sie sich nicht erinnern kann.
In klaren Momenten weiß Regina, dass ich seit vier Jahren in Meran zur Schule gehe. Sie kann ihre drei Kinder unterscheiden. Und erinnert sich an das heutige Mittagessen.
In klaren Momenten ist Regina Herrin ihrer Erinnerungen. Und das ist so viel wertvoller als jedes Schmuckstück, das sie verlegt hat.
Nach einem langen Tag stand ich auf der Mebo im Stau, und meine müden Augen fielen auf eine der ersten Ausgaben des Vinschgerwinds, die auf meinen Beifahrersitz lag. Um mir die Wartezeit im Stau zu vertreiben blätterte ich darin und fand auf der vorletzten Seite ein Inserat, aus dem hervorging, dass der Vinschgerwind freie Mitarbeiter sucht. Da sich der Stau nicht auflösen wollte, griff ich spontan zum Handy und rief sogleich an. Das Telefonat mit Chefredakteur Erwin endete mit einem Termin zum Vorstellungsgespräch und kurz darauf reichte ich meine ersten Artikel ein.
Von Anfang an fühlte ich mich in diesem, für mich neuem, Umfeld wohl und angenommen. Viel Neues lernte ich kennen und schätzen, auch indem ich Veranstaltungen besuchte und mich mit Themen auseinandersetzte, denen ich ansonsten kaum Beachtung geschenkt hätte. Das Schreiben der Porträts für die Rubrik „Menschen“ nahm einen nicht minderen Teil meiner Tätigkeit ein, den ich nicht missen möchte. Dadurch lernte ich besondere Lebenswege und Ansichten, sowie Einblicke in die Welt von gestern kennen.
Stau sei Dank, ist alles so gekommen wie es gekommen ist, und so hoffe ich, auch in den nächsten fünfzehn Jahren Teil des Vinschgerwind-Teams zu sein.
Obervinschgau - Die Imker haben während des Corona Lock Downs ihre Bienenvölker genauso weiter gepflegt wie die Obstbauern ihre Bäume. Beide brauchen einander, das ist unbestritten. Allerdings bezahlen Bienen ihren Bestäubungseinsatz öfters auch mit dem Tod, vor allem wenn unsachgemäß ausgebrachte Pestizid-Keulen während der Blüte zuschlagen. Über tote Bienen klagte kürzlich der Obmannstellvertreter im Südtiroler Imkerbund Thomas Vonmetz aus Andrian in einem Fernsehinterview. Das verärgerte den Obmann Engelbert Pohl so sehr, dass er sich von seinem Stellvertreter Vonmetz distanzierte und ihn sprichwörtlich im Regen stehen ließ. (siehe salto.bz „Gestochener Obmann“ vom 8. Mai 2020). Daraufhin forderten mehrere Imker im Land Pohls Kopf. Auch im Vinschgau stieß das Ganze auf Unverständnis. So schreibt Ludwig Thoma, der Obmann der Ortsgruppe Mals, in seinem Kommentar im Nachrichtenportal Salto: „Sehr geehrter Herr Bundesobmann Engelbert Pohl, wenn sich der Imkerbund bei Meldungen von Spritzschäden nicht hinter den oder die betroffenen Imker stellt, sondern sich „distanziert“, dann frage ich mich, wessen Interessen der Imkerbund eigentlich vertritt. Jedenfalls weise ich bereits jetzt darauf hin, dass ich, sollte so etwas erneut vorkommen, auf eine solche Interessensvertretung gerne verzichten kann, weil ich schlicht nicht mehr wüsste, warum ich beim Imkerbund Mitglied bin. In der Ortsgruppe Mals wird dann eine andere Person (falls sich eine finden lässt!) den Mitgliedern wegen Mitgliedsbeiträgen, Medikamenten und Zettel nachlaufen müssen.“ Auch der Obmann der Ortgruppe Taufers im Münster, Christian Hörtnagl zeigt sich verärgert und schreibt: „Nach einer kurzen Telefonabsprache in unseren Ortsauschuss haben wir beschlossen, Ihnen als Herrn Bundesobmann zu schreiben. Laut mir und als Ortsverein ist es uns schon sehr wichtig, dass sich der Südtiroler Imkerbund zu hundert Prozent hinter die Imker mit Spritzschäden stellen sollte. Es darf keine Distanzierung von Seiten des Südtiroler Imkerbundes bei Spritzmittelschäden geben.“
Es rumort also im Imkerbund, und man darf gespannt sein, wie sich die Sache weiter entwickelt. (mds)
Prad/Stilfs - Mit Mundschutz kommen die acht Kinder zum Grundschulgebäude in Prad. Sie sind in zwei Gruppen zu je vier SchülerInnen aufgeteilt und halten untereinander Abstand. Vier Schüler warten am Haupteingang und vier am Hintereingang. Die zwei Gruppen dürfen sich nicht begegnen. Dann wird Fieber gemessen, Hände werden desinfiziert und ab geht’s in die Klassenräume, einmal im unteren, einmal im oberen Stockwerk. Die SchülerInnen setzen sich in die Bänke, die im gebührenden Abstand aufgestellt sind. Sie malen, basteln, machen kleine Ausflüge. Im Schulsprengel Prad haben sich 15 der insgesamt 206 GrundschülerInnen für den Notdienst vom 18. Mai bis 16. Juni (von 8.00 bis 12.30 Uhr) angemeldet und werden nun in vier Gruppen (Prad 2, Lichtenberg 1, Stilfs 1) betreut. Einige Lehrer haben sich, laut Direktorin Sonja Saurer, freiwillig für den Dienst gemeldet, andere wurden von ihr beauftragt. Da es sich bei der Notbetreuung um keine klassische Unterrichtsform sondern um eine reine Betreuungsform handelt, hatten viele LehrerInnen Bedenken. Im Vinschgau sind insgesamt 86 Grundschulkinder und 95 Kindergartenkinder für den Notdienst gemeldet. Die Planung musste sehr schnell erfolgen und stellte die Schulen vor eine große Herausforderung. Eine Flut an Anweisungen (von den unterschiedlichen Richtlinien zu den verschiedenen Landesgesetzen, die von Handlungsempfehlungen über Sicherheitsprotokolle bis zur Checkliste für Eltern und Lehrern reichen, galt es durchzustudieren, bei Videokonferenzen zu besprechen und umzusetzen. Und parallel sollte auch noch der Fernunterricht weitergehen. Die Situation ist vollkommen neu, und es wird in allen Schulen und Kindergärten versucht, das Beste draus zu machen. Die derzeitige Notbetreuung könnte auch Erfahrungen für den Neustart des Schul- und Kindergartenbetriebes im Herbst mit sich bringen. Tatsache ist: Es wird eine logistische Herausforderung, die alle fordern wird. (mds)
Rabland/Partschins - Am Samstag, den 16. Mai 2020, organisierten die Freiwilligen Feuerwehren von Partschins und Rabland in den jeweiligen Gerätehäusern eine Pulverlöscherüberprüfung. Unterstützt wurden sie hierbei vom Brandschutzdienst Meran.
Bei der sogenannten ,,Pulverlöscherüberprüfung“ wird der Feuerlöscher ordnungsgemäß geprüft und gewartet, denn in einem Notfall sollte er natürlich funktionstüchtig und aufgefüllt sein, um Leben retten zu können. Die Überprüfung und Wartung wird von Fachleuten übernommen, da man innere Beschädigungen nicht selbst erkennen kann und man sich zudem an genaue Vorschriften und Sicherheitsvorkehrungen halten muss.
Bei der Pulverlöscherüberprüfung hatte man jedoch nicht nur die Möglichkeit, seinen Pulverlöscher überprüfen zu lassen, das Prozedere wurde auch vorgeführt und erklärt. Feuerlöscher, Rauchmelder, Löschdecken und Löschsprays wurden zudem zum Verkauf angeboten. Auf einer großen Wiese hinter der Feuerwehrhalle konnte man außerdem ein ganz besonderes Spektakel beobachten: Die Freiwillige Feuerwehr von Partschins bei ihrer Vorführung einer Fettexplosion.
Fettbrände sind Brände von über ihren Brennpunkt erhitzten Speisefetten oder Speiseölen, die typischerweise in der Küche auftreten. Besonders problematisch sind solche Fettbrände, wenn Löschversuche mit Wasser unternommen werden. Hierbei kommt es nämlich zu einer Fettexplosion: Das Wasser verdampft schlagartig, wodurch das brennende Fett mit dem Wasserdampf aus dem Behälter geschleudert wird. Diese kleinsten Tröpfchen kommen nun mit dem Sauerstoff in der Luft in Berührung und steigen mit der erhitzten Luft in die Höhe. Dadurch entsteht eine Feuersäule über der Brandstelle, die sich zu einem Pilz formt. (jk)
Schlanders - Die Bewohnerinnen und Bewohner des Bürgerheims Schlanders versammelten sich an Fenstern und auf der Terrasse, um dem angekündigten Ziachorgelkonzert vor dem Eingang folgen zu können. Wenig später spielte Kurt Ratschiller auf seiner Ziachorgel auf und Manfred Ratschiller gab dazu Schuhplattler-Einlagen zum Besten. „Es ist die Corona-Ausgabe“, sagte Ratschiller, der – ohne Partnerin – nur den Männerpart schuhplatteln konnte. Mit Applaus bedankten sich Bewohnerinnen und Bewohner bei den beiden am Ende des kleinen Konzerts. Es sind oft die kleinen Ideen, die große Wirkung haben. Die Idee zum Ziachorgelkonzert stammte von Ramona Kuen von Schlanders Marketing. Kurt und Manfred Ratschiller sagten auf Anhieb zu und waren gerne zur aufmunternden Nachmittagseinlage bereit. Diese sollte – so die Marketingleiterin– „ein Lächeln ins Gesicht der Bewohnerinnen und Bewohner zaubern“. (ap)
Partschins - Das Dorf Partschins ist mit Besonderheiten bereichert. An verschiedenen Ecken und Gebäuden sind Schilder mit zum Nachdenken anregenden Botschaften angebracht: „Wertschätzung“, „Aussichtslos“, „Wiedereröffnung“, „es geat herwerts“, „Systemrelevant“, „Zufriedenheit“... Manche der kleinen und den AVS-Wegschildern nachempfundenen Markierungen sind in der Nähe von Gebäuden angeschraubt. „Systemrelevant“ steht auf dem Schild vor der Gemeinde Partschins, „Wertschätzung“ vor dem Kircheneingang.
Es war der Partschinser Künstler Karl Hofer, der die Schilder gemacht, die Botschaften geschrieben und im Dorf verteilt angebracht hat. Hofer, Restaurator, Bildhauer und Maler war vom Lock-Down, wie viele Mitbürger, tief getroffen. Das plötzliche Abschneiden von sozialem Austausch, das Aneinander Vorbeihuschen beim Einkaufen, das ausgestorbene Dorf: Karl Hofer war erschüttert. Aus dieser Betroffenheit ist Hofer aber zur Tat geschritten und hat der verhinderten Kunst - es gibt ja auch keine Kunstausstellungen - ein Forum geschaffen, indem er, dezent und mit Genehmigung, den öffentlichen Raum in Beschlag genommen hat. Vor mehr als einem Monat, also in jener Zeit der Ausgangssperre hat Hofer die Schilder im Dorfzentrum von Partschins angebracht.
Die Schilder sind klein, unscheinbar, bleiben oft unbemerkt. Aber die Botschaften haben die Kraft, große Wirkung zu entfalten. Gerade in der Zeit der Nachbearbeitung des Lock-Downs. Auch bekommt eine Dorfführung entlang dieser Schilder einen völlig anderen Blickwinkel. Hofer ist sich noch nicht sicher, wann der Zeitpunkt gekommen sein wird, die Schilder wieder zu entfernen. Die Leute beginnen erst langsam, sich mit den Botschaften auseinander zu setzen. Im Grunde haben die Botschaften, obwohl in der Zeit der Not geboren, etwas Universales. Also werden sie wohl noch einige Zeit hängen bleiben. (eb)
Theater ist „der Mut zum Scheitern“, sich auszuprobieren, an seine Grenzen zu gehen und dann noch ein paar Schritte weiter. Die gemeinsamen Erlebnisse und Erkenntnisse innerhalb einer Theaterproduktion sind der wahre Lohn für Nadia.
von Christine Weithaler
Sie ist seit 2015 staatlich anerkannte Schauspielerin. Sie schloss im Februar 2020 die Zusatzausbildung zur Theaterpädagogin ab. Seit Oktober 2018 arbeitet sie in Teilzeit bei der „GWR“ in Spondinig, koordiniert dort die „IVHS- Integrierte Volkshochschule Vinschgau“ und ist Teil des Organisationsteams der Sommerschule. Nadia ist Ausschuss-Mitglied der „Plattform Theaterpädagogik Südtirol“, die 2018 gegründet wurde. Nach der Pflichtschule besuchte Nadia die LEWIT Meran, Fachrichtung Werbegrafik. Während ihrer Ausbildung zur Schauspielerin nahm sie verschiedene Stellen war: sie verkaufte im „Hard Rock Cafe München“ Souvenirs an Touristen, schrubbte Käse-Saucen-Reste aus Kinostühlen und zeigte Zuschauern ihren Platz im „Stadttheater Bruneck“. Bereits während ihrer Studienzeit war Nadia in verschiedenen Theaterprojekten zu sehen, u.a. nahm sie mit Münchner Schauspielkolleginnen am „Heiner Müller Festival“ im Marstall (Residenztheater) teil. In Bayern war sie innerhalb einer Spielzeit in sechs Produktionen am „Theater für die Jugend“ in Burghausen zu sehen und in der Kultstätte „Torturmtheater Sommerhausen“ bei 52 Aufführungen in zwei Monaten zu sehen. An die Herausforderung bei so vielen Aufführungen immer „im Moment zu sein“ erinnert sich Nadia gern. Sie spielte in der freien Szene in München und erlebte die Theaterszene sehr positiv, familiär. Vielleicht weil sie an kleinen Theaterhäusern, mit besonderen Atmosphäre spielte. Gerne denkt sie an die Aufführungen des Stückes „Die Polizei“ zurück. Der „Keller der kleinen Künste“ war der ideale Ort, der nicht nur die Zuschauer in eine besondere Atmosphäre versetzte. Nadia trat vor wenigen und vielen Menschen auf und ist der Meinung, dass jedes Publikum eine gute Aufführung verdient. In Südtirol sieht man sie seit 2018 bei den „Freilichtspielen Lana“, wo sie sich heimisch fühlt. Erste Schauspielerfahrung machte sie beim Theaterverein Schlanders unter der Regie von Günther Vanzo und Daniela Montini-Alber. Ihr Theaterfeuer hat die Inszenierung von Helga Maria Walcher „Die Welle“, eine Produktion der VBB entfacht. Sie hatte das Glück nach ihrer Ausbildung in Bayern viel spielen zu können und mit Menschen zu arbeiten, die Leidenschaft und Aktualität in ihre Stückfassungen packten. Jede Inszenierung war in ihrer Art lehrreich und hat sie dahin gebracht, wo sie heute steht. Derzeit leitet sie mit Ruth Kofler die Theaterwerkstatt der „IVHS Vinschgau“ für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, arbeitet mit Schülern an Projekten, leitet Kurse und inszeniert Theaterstücke mit Laien. Wunderbare Projekte entstanden mit dem Theaterverein St.Michael/Eppan: gemeinsam mit der Kindertheatergruppe inszenierte Nadia dort 2018 und im März 2020 wären die Aufführungen der Jugendtheatergruppe gewesen, wenn ihnen das Corona-Virus nicht dazwischengekommen wäre. Ihre Inszenierung „Herr der Diebe“ ist zurzeit auf Eis gelegt, aber sie blickt positiv in Richtung Jahresende. Nadia arbeitet sehr gerne mit Jugendlichen, so auch mit dem „JUVI -Jugendtheater Vinschgau“. Sie leitete im Jänner 2020 einen Impro-Theater-Kurs und für den Herbst wäre eine weitere Zusammenarbeit geplant. Vor zwei Jahren zog Nadia von München nach Schlanders zurück. Bereits in der Jugendzeit ist sie mit ihrer Familie öfter umgezogen. Idealerweise hätte ihr Haus Räder. Ihr größter Besitz sind ihre Bücher. Sie liest allgemein gerne und braucht diese für ihre Arbeit. In München verbrachte sie Stunden in einem bestimmten Antiquariat, dort werden gebrauchte Bücher verkauft. Hier in Südtirol bedient sie sich der öffentlichen Bibliotheken. Spielkolleg/innen und Mitstudent/innen beschreiben Nadia als unkompliziert, vielfältig, begeisterungsfähig, sie bringt schon allein durch ihr Dasein Freude, Leidenschaft, Ruhe und Gelassenheit mit. Diese Eigenschaften helfen ihr mit dem Druck der oft kurzen Produktionszeit umzugehen. Positiv wirken sich ihr Organisationstalent, Spontanität und Flexibilität auf die Arbeit aus, wobei sie privat eher unorganisiert und chaotisch ist. Gerne stellt sie sich neuen Herausforderungen und braucht abwechslungsreiche Aufgaben. In den kommenden Jahren möchte sie wieder mehr spielen. Derweil gibt sie sich damit zufrieden, dass sie bereits vor dem Jahreswechsel für das gesamte Jahr 2020 ausgebucht war. Seit März stellt das Corona-Virus COVID19 alle Produktionen und Aufträge für das restliche Jahr in Frage.
pr-info VION
„VION - unser Netz“ bietet als lokaler Partner vom Glasfaser-Netzeigentümer Infranet individuelle Beratungen und auf den jeweiligen Bedarf zugeschnittene Internetpakete aktuell in den Gemeinden Latsch, Laas und Partschins an. Viele Kunden haben das Angebot von VION in Anspruch genommen. Zwei Beispiele aus der Gemeinde Latsch:
Jonas Bauer aus Goldrain:
„Nach unserer Anfrage ist der VION-Techniker mit den entsprechenden Kabeln gekommen, die vom Elektriker eingebaut worden sind. Nach einer Woche ist das Internet über Glasfaser freigeschaltet worden. Mit 100 Megabit Download und 100 Megabit Upload sind wir als 4-köpfige Familie gut abgedeckt. Die Bandbreite ist durchgehend verfügbar und es ist kein Vergleich zum bisherigen ADSL-Anschluss. VION steht uns beratend zur Seite.“
Gerhard Götsch, Geometer aus Morter:
„Nachdem der POP in Latsch aktiviert worden ist, habe ich erfragt, dass VION in der Gemeinde Latsch aktiv ist. Der Vergleich zwischen den 5 Providern hat ergeben, dass für mich VION das beste Angebot hat. Nach einem Anruf bei VION ist der VION-Techniker Robert Telser ins Haus gekommen, hat mich gut beraten und aufgeklärt. Nach der Vertragsunterzeichnung hat es zwei Tage gedauert und das Breitband über Glasfaser war aktiv. Der Service hat gut geklappt, ich kann VION nur empfehlen.“
Aus dem Gerichtssaal - Vorab möchte ich mich bei einigen Lesern des „Vinschgerwindes“ für die Hinweise bedanken, welche ich zu diesem Fall bekam, besonders bei Jakob Raffeiner aus Tschengls, Werner Altstätter aus Prad und Evelina Grissemann aus Eyrs. Als erstes konnte schon einmal der Zeitpunkt des Mordes exakt bestimmt werden, nämlich der 11. August 1888. Beim Opfer handelte es sich um den 33-jährigen praktizierenden Arzt und Hobbybotaniker Dr. med. Victor Schieck aus Döbeln in Sachsen. Er lebte dort in glücklichen Familien- und Vermögensverhältnissen. Im Sommer 1888 reiste er zu einer privaten Expedition in die Alpen, mit sorgfältig in Tagestouren aufgeteilter Wegstrecke. Am 26. August wollte er wieder zu Hause sein. Am 10. August übernachtete er im Gasthof Post in Mals, am Morgen des darauffolgenden Tages setzte er die Reise zu Fuß nach Schlinig und von dort über die Rasaßalpe in Richtung d’Uinaschlucht fort. An Wertsachen trug Dr. Schieck ca. 500 Mark in Napoleon d‘ors und eine goldene Taschenuhr bei sich. Als er am 26. August noch immer nicht in Döbeln eingetroffen war und die Familie seit dem 10.08. keine Nachricht mehr von ihm erhalten hatte, kam Unruhe auf. Ein Bruder des Vermissten begab sich daraufhin auf die Reise und kam am 5. September auch bis Mals, wo die Spur des Dr. Schieck sich verlor.
In einer Annonce im „ Tiroler Volksblatt“ versprach er eine hohe Belohnung demjenigen, der Hinweise auf den Verbleib des Vermissten geben konnte. In der Anzeige wurde auch auf eine wertvolle, goldene Uhr hingewiesen, welche der Verschollene getragen hatte und auf der dessen Initialen V.S. eingraviert waren. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass diesen Aufruf auch der in Meran ansässige Uhrmacher Julian Jörg las, dem am 1. September eine solche Uhr zur Reparatur überbracht worden war. Der informierte die Gendarmerie, welche den Überbringer im 72 Jahre alten Schafhirten Jakob Kuen aus Tartsch identifizierte, der zusammen mit dem 34 Jahre alten Josef Schöpf aus Mals im Sommer 1888 auf der Rasaßalpe die Schafe hütete. Die beiden Hirten hatten sich schon anfangs September dadurch verdächtig gemacht, dass sie in Uina Kaffee einkauften und diesen mit einer für sie ungewöhnlichen Goldmünze bezahlten. Als dann im Zuge einer Hausdurchsuchung bei Kuen auch noch ein Feldstecher und andere persönliche Gegenstände des Dr. Schieck gefunden wurden, schnappten am 18. September die Handschellen an den Gelenken der Hirten zu. Die Schlinge um den Hals der Beiden wurde enger und die sie belastenden Indizien immer schwerer. Ihre Verteidigung: Der Deutsche Tourist ist in der Schlucht abgestürzt, wir haben zufällig seine Leiche gefunden und ihn um die Wertsachen „erleichtert“, die er bei sich trug. Eine erste Obduktion durch einen schweizer Gerichtsmediziner stützte die Behauptung der Schafhirten: Todesursache Schädelbruch durch Sturz von einer Felswand. Eine zweite Obduktion der Leiche, diesmal durch die medizinische Fakultät der Universität Innsbruck, erbrachte das Ergebnis, dass die Schädelverletzung durch einen Schlag mit einem Stock und nicht durch einen Fall hervorgerufen worden war. Alle übrigen Verletzungen wie auch die zerrissenen Kleider waren erst nach dem Tode zustande gekommen und durch eine Schleifung zur Absturzstelle zu erklären. Und nachdem der Steig dort völlig gefahrlos war, schied ein Tod durch Fall aus. Nach dieser Expertise der Innsbrucker Mediziner schloss sich die Schlinge um den Hals der Schafhirten. Sie wurden mit Urteil des Bozner Schwurgerichts vom 22. März 1899 des „meuchlerischen Raubmordes“ für schuldig befunden und zum Tod durch den Strang verurteilt.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
peter.tappeiner@dnet.it