Prad hat den Spagat zwischen Tradition und Innovation geschafft, hat eine beeindruckende Entwicklung genommen und ist gewachsen – ohne dabei die Wurzeln zu vergessen. Im Gegenteil. Brauchtum und Tradition werden in Prad gelebt wie nirgends in einer Gemeinde im Vinschgau. Und: Das Gewerbegebiet Kiefernhain ist der wirtschaftliche Motor, beherbergt eine bunte Mischung an Betrieben und sucht seinesgleichen im Vinschgau. Prad ist auch das Dorf an der Stilfserjoch Straße: Heuer wird das 200-Jahr-Jubiläum der Passstraße gefeiert.
Text & Fotos: Angelika Ploner
Prad hat Identität, baut auf Vergangenem auf und geht offen in die Zukunft. Das Dorf am Stilfserjoch ist gesund gewachsen und gleichzeitig tief verwurzelt. Prad hat eine beeindruckende Entwicklung genommen – sich immer auf die Wurzeln besinnend, hat sich Brauchtum und Tradition erhalten und gleichzeitig mit einem attraktiven neuen Wohnraum- und Wirtschaftsangebot Zukunft geschaffen.
In Prad ist das Dorfleben geprägt von einem lebendigen und aktiven Vereinsleben. Das Zusslrennen gibt es nur in Prad, das Hanterle-Rennen, den Prader Maschgertonz oder den Koatlacker Nikolausumzug genauso. Das Goaßlschnöllen wird wie in keiner anderen Gemeinde im Vinschgau zelebriert. Ein Genuss- und Brauchtumsfest steht in Prad deshalb nicht ohne Grund jedes Jahr auf dem Programm. Heuer am 5. Oktober 2025, wo die ganze Vielfalt gelebten Brauchtums und alter Traditionen hochgehalten wird.
Prad ist attraktiv.
Zahlreiche Bauprojekte wurden in den vergangenen Jahren realisiert, Raum zum Wohnen und Leben ist entstanden. Das hat viele Familien bewogen, Prad als Wohnort und Lebensmittelpunkt zu wählen. Prad genießt demnach Wertschätzung als Lebens- und als Wirtschaftsraum. Viele Unternehmen bieten hochwertige und krisensichere Arbeitsplätze. Das Angebot ist breitgefächert - wie Prad als Wirtschaftsort selbst. In der Marktgemeinde herrscht unternehmerische Vielfalt bunt gemixt. Zusammen sind die Betriebe das Rückgrat der Wirtschaft. Manche sind bereits seit Generationen hier Zuhause, andere haben sich erst vor wenigen Jahren angesiedelt. Bauen, Dienstleistungen, Metall, Energie, Friseur, Gärtner, Versicherung, Tischler, Handel, Immobilien, KFZ, Maschinen, Textilien, Nahrungsmittel, Steuerberater, Transport, Schwimmbad:
Die Bandbreite der Prader Wirtschaftsstruktur reicht von kleinen Handwerksbetrieben bis hin zu Firmen mit internationaler Bedeutung. Vom Kleinen bis zum Großen. Fleiß, Ehrgeiz und Herz stecken in jedem Betrieb. Dass die Mitarbeiter das Kapital eines Unternehmens sind, das weiß man in Prad mehr als in anderen Gemeinden. Vor dem Hintergrund der Abwanderung in benachbarte Gebiete, ist die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern eine große.
Die meisten Betriebe finden sich im Gewerbegebiet im Kiefernhainweg. Dieses ist zweifelsohne der wirtschaftliche Motor für die Marktgemeinde und darüber hinaus. Rund 27 Hektar misst die Fläche, die es einnimmt. Damit ist es das größte Gewerbegebiet nicht nur im Obervinschgau, sondern im gesamten Vinschgau. Geballte Kompetenz ist hier zu finden, Vielfalt Zuhause. Wie Perlen reihen sich die Unternehmen linker und rechter Hand auf und beeindrucken mit dem, was sie aufbieten. Unternehmen unterschiedlicher Couleurs haben ihren festen Platz hier. 1968 wurden mit der Ausweisung der Gewerbezone die politischen Weichen gestellt, 1971 die erste Baukonzession vergeben. Seit einigen Jahren bindet die Umfahrungsstraße das Gewerbegebiet Prad direkt an die Vinschgauer Staatsstraße an. Dadurch ist dieses optimal erreichbar und hat natürlich deutlich an Attraktivität gewonnen. Ein Wermutstropfen: In der Industrie sind Arbeitsplätze verloren gegangen. Vergleicht man das Jahr 2023 mit 2024, so ist ein Minus von 55 Arbeitsplätzen auffallend. Das sind umgerechnet 17,6 Prozent. Insgesamt bietet Prad laut Statistik des Arbeitsmarktes 2024 als Wirtschaftsraum 1.326 Arbeitsplätze.
Die größten Arbeitgeber.
Im Gewerbegebiet Kiefernhain sind die größten Arbeitgeber der Gemeinde Prad zu finden. Der Primus ist die Mair Josef & CO KG. Das seit über 40 Jahren bestehende Tiefbauunternehmen mit Hauptsitz in Prad unterhält noch einen Standort in der Gemeinde Schlanders. Insgesamt arbeiten bei der Mair Josef & CO. KG „150 Mitarbeiter“, sagt Jasmin Mair auf Nachfrage vom Vinschgerwind. Zu den größten Arbeitgebern in der Gemeinde Prad zählt auch die Polyfaser. „Die aktuelle Mitarbeiteranzahl beträgt 88“, erklärt Elke Wagmeister, unter anderem für das Marketing dort zuständig. Polyfaser ist international unterwegs und ist führendes Unternehmen für hochwertige Schwimmbecken aus glasfaserverstärktem Kunststoff und Poolüberdachungen. Nur einen Steinwurf entfernt ist die Interfama Formwork beheimatet. „Interfama und Interfama Rent beschäftigen zusammen 65 Mitarbeiter“, sagt Max Ohrwalder dem Vinschgerwind. Die Interfama Formwork ist einer der führenden europäischen Unternehmen im Schalungssektor.
Eine beeindruckende Erfolgsgeschichte ist jene von Hofer Tiefbau. Das Tiefbauunternehmen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und beschäftigt „zurzeit genau 64 Mitarbeiter“, sagt Michael Hofer, der Firmenchef. Vor einigen Jahren wurde der neue Firmensitz im Prader Gewerbegebiet fertig gestellt.
In die Reihe der größeren Arbeitgeber stellt sich auch Holzbau Lechner. „38 fixe Mitarbeiter, 5 freie Mitarbeiter und 3 mitarbeitende Gesellschafter machen in Summe 46“, heißt es dort auf Nachfrage vom Vinschgerwind.
Holzbau Lechner ist eines der Prader Traditionsunternehmen, das in den Bereichen Zimmerei-Holzbau, Spenglerarbeiten, Tischlerei, Innenausbau und Dachdeckerei tätig ist.
Die Raiffeisenkasse Prad-Taufers hingegen „hat 57 Mitarbeiter*innen beschäftigt, davon arbeiten 44 am Sitz in Prad“, sagt Brigitte Angerer vom Direktionssekretariat dem Vinschgerwind.
35 Angestellte verteilen sich auf die Ortler Beton GmbH, welche Fertigbeton liefert und die Ortler GmbH, die Abbruch-, Aushubarbeiten, Transporte sowie Bauschuttrecycling anbietet und ein Schotterwerk führt. 19 Angestellte in der Ortler Beton GmbH und 17 Angestellte in der Ortler GmbH machen zusammen 36 Arbeitsplätze. Damit zählen beide Firmen zu den größeren Arbeitgebern. 35 Angestellten bietet hingegen das Unternehmen Eurospar Rungg allein am Standort Prad einen Arbeitsplatz (weitere 35 in Schlanders, 20 in Mals und 3 in Sulden).
22 Mitarbeiter arbeiten in den beiden Betrieben Samatec und Gritsch Metall. Samatec ist vor allem für seine exklusiven Hebebühnen bekannt. Das Spezialgebiet von Gritsch Metall sind Präzisionsanfertigungen aus Stahl, Inox und Aluminium sowie Blech- und Rohrbiegearbeiten.
In die Reihe der größeren Arbeitgebern stellt sich auch die Internform GmbH. „Wir haben aufgeteilt auf die verschiedenen Bereiche 21 Angestellte“, sagt Corinna Pritzi auf Nachfrage vom Vinschgerwind. Fliesen, Öfen und Natursteine sind das Repertoire des Prader Betriebs.
Seit über 60 Jahren erfolgreich unterwegs ist das Bauunternehmen Zoderer Bau. „Wir haben zur Zeit 13 Mitarbeiter in unserem Betrieb“, erklärt Elke Zoderer, die Geschäftsführerin.
Die Landwirtschaft. Die OVEG feiert heuer das erste runde Jubiläum: zehn Jahre Betriebsstätte in Prad. Im April 2012 wurden im Kulturhaus in Tschengls die Weichen dafür gestellt. Der Großteil der Mitglieder der Genossenschaft OVEG stimmte für den Weg der Eigenständigkeit mit Sitz in Prad, wo bereits das Außenlager der OVEG gebaut worden war. Mit 120 MitarbeiterInnen (davon 28 Prozent in Teilzeit) ist die OVEG vor allem für viele Frauen ein wichtiger Arbeitgeber und spielt im Wirtschaftsgefüge in Prad natürlich eine große Rolle.
Auf 7 Hektar Fläche breitet sich die OVEG aus, drei davon sind verbaut. „Wir sind im Vinschgau der größte Produzent, was Gemüse anbelangt“, erklärt Markus Niederegger, der Geschäftsführer auf Nachfrage vom Vinschgerwind. Beim Sommerblumenkohl etwa ist man Spitzenreiter. Im vergangenen Jahr wurden 1.507 Tonnen Blumenkohl geerntet, davon 17 Tonnen in Bio-Qualität. Zum breitgefächerten Sortiment an Gemüse zählen etwa Kopf- und Spitzkohl, Kürbis, Eisbergsalat, Kartoffel, Pak Choi, Tomaten, Sellerie, Rote Rüben, Melanzane, Fenchel oder Zwiebel. Zum anderen ist die OVEG auch der größte Kirschenproduzent im Vinschgau. Die Ernte 2024: 210 Tonnen. Das entspricht 21 Waggon. Beeren - Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren oder Heidelbeeren - wurden im vergangenen Jahr insgesamt 53 Tonnen geerntet. Auf die Marillen entfielen rund 13 Tonnen Ernte, 6 davon in Bio Qualität. Natürlich ist der Apfel das Hauptprodukt. 2024 wurde insgesamt eine Ernte von 50.900 Tonnen eingefahren, davon entfallen 3.700 Tonnen auf Bio-Qualität.
„Die 236 Mitglieder bauen auf 774 Hektar Kernobst, auf 25 Hektar Steinobst, auf 67 Hektar Gemüse und auf 5 Hektar Beeren an“, sagt Markus Niederegger. Die OVEG, die Obervinschgauer Produktionsgenossenschaft landwirtschaftlicher Erzeugnisse, in Prad steht für Vielfalt. Und eine rasante Entwicklung. 2009 wurden die ersten Äpfel im neu gebauten Zellentrakt in Prad eingelagert, 2015 wurde die neue Verarbeitungsstruktur samt Bürogebäude in Betrieb genommen. Man verfügt über eine Sortierhalle, einen Emballagenraum und eine Verpackungshalle mit dazugehörigem Maschinenpark. In den Zellen können 3.000 – 3.200 Waggon und nochmal 600 im neuen Hochregallager eingelagert werden. Damit wurde auch zukünftigen Entwicklungen Rechnung getragen.
Aber: In Prad spielt auch traditionelle Viehwirtschaft eine große Rolle. Im Tal und auf dem Berg. Die Viehbauern haben es nicht leicht und einen schweren Stand. 55 Mitglieder der Gemeinde Prad liefern ihre Milch an die Bergmilch Südtirol. Zusammen stellten diese im Jahr 2023 (Die Daten 2024 sind erst im April verfügbar) 3.663.051 kg an Milch. „Durchschnittlich lieferte 2023 jedes Mitglied 66.601 kg Milch an“, erklärt Reinhard Schuster von der Bergmilch Südtirol auf Nachfrage vom Vinschgerwind. Die Zahl ist rückläufig. Minus 9,60 Prozent zum Vorjahr 2022.
Markus Joos vom Bezirksamt für Landwirtschaft West liefert ausführliches Zahlenmaterial zur Viehwirtschaft in der Gemeinde Prad. „Die 79 Viehhaltungsbetriebe mit mindestens 3 Großvieheinheiten halten in Summe 1.151 Großvieheinheiten (alle Viehgattungen gerechnet, Kleinvieh wurde entsprechend umgerechnet). Im Schnitt sind das gut 14 Großvieheinheiten pro Viehhaltungsbetrieb. 47 Viehhaltungsbetriebe halten mindestens 10 Großvieheinheiten. 15 Viehhaltungsbetriebe hingegen mindestens 20 Großvieheinheiten. Von den 79 Viehhaltungsbetrieben sind 8 Betriebe, die parallel zur Viehhaltung auch Obstbau haben. Leider geht die Zahl der Viehhaltungsbetriebe zuück, 2020, also vor 5 Jahren waren es noch 97, also !Achtung 18 Betriebe mehr. Die Viehhaltungsbetrieben bewirtschaften zusammen ca. 450 Hektar Wiesen.
Die Dorfsennerei Prad am Hauptplatz in Prad ist eine Besonderheit im Vinschgau. Es sind momentan zwei Prader Bauern, die Milch an die Dorfsennerei Prad liefern. Insgesamt hat die Dorfsennerei derzeit vier Lieferanten. „Vergangenes Jahr haben wir 160.000 kg Milch zu ca. 15.000 kg Käse verarbeitet“, sagt Michael Hofer, der Geschäftsführer der Bürgergenossenschaft Obervinschgau-da zum Vinschgerwind.
Tourismus in Prad.
Prad ist am Tor zum Stilfserjoch und profitiert natürlich auch von der Nähe zu Sulden. Der Tourismussektor gilt als starker Wirtschaftsfaktor der Marktgemeinde Prad. Das Segment Camping spielt im Tourismus in Prad eine große Rolle, aber auch ausgezeichnete 4-Sterne und 3-Sterne-Hotels wissen die Gastfreundschaft zu leben und mit Inhalten zu füllen.
2024 verzeichnete man 203.510 Nächtigungen und 43.792 Ankünfte. „Wir haben 40 Beherbergungsbetriebe in Prad“, sagt Peter Pfeifer, der Geschäftsführer des Tourismusvereins Prad am Stilfserjoch auf Nachfrage dem Vinschgerwind.
Der deutsche Gast ist mit 54 Prozent die Nummer eins, gefolgt von den italienischen Urlaubern, dem Schweizer und Lichtensteiner Gast und dem niederländischen Urlauber. 107 Tage beträgt die durchschnittliche Auslastungsdauer.
Heuer steht ein besonderes Jubiläum an: 200 Jahre Stilfserjoch Straße wird gefeiert. Kaiser Franz I. bezeichnete die 1825 fertiggestellte Stilfserjoch Straße bei seinem Besuch im Jahre 1832 als straßenbautechnische Meisterleistung.
Die Programmpunkte in der Übersicht:
23. Mai - Buchpräsentation 2. Band Stilfserjochstraße von Arthur Gfrei in der Raika Prad
25. Mai - Historischer Festumzug mit Festbetrieb in Prad am Stilfserjoch
04. Juli - Freilicht Filmvorführung Faszination Stilfserjochstraße auf der Franzenshöhe
05. Juli - Historische Auffahrt des Automobilclubs ASI
06. Juli - Historischer Festumzug mit Festbetrieb auf dem Stilfserjoch
Prad Bildungszentrum im Vinschgau.
In Prad, genauer gesagt in Spondinig laufen die Bildungsfäden zusammen. Am Bahnhof in Spondinig haben folgende Einrichtungen und Betriebe ihren Sitz: der Jugenddienst Obervinschgau, die Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung G.m.b.H., die Sozialgenossenschaft VISO Plus, die Bezirksservicestelle für die Bildungsausschüsse von Reschen bis Kastelbell und das Informationsbüro für den EU-INTERREG-RAT Terra Raetica.
Apropos Bildung: Der Öffentliche Sektor bietet in Prad 244 Arbeitsplätze. Vor allem der Schulsprengel Prad ist wichtiger Arbeitgeber. 93 Personen arbeiten aufgeteilt auf die Grundschulen Prad, Lichtenberg, Stilfs, Sulden und der Mittelschule Prad am Stilfserjoch am SSP Prad. Die Schülerzahlen im laufenden Schuljahr verteilen sich wie folgt: 210 SchülerInnen besuchen die Grundschule Prad, 39 jene in Lichtenberg, 45 die GS in Stilfs, 24 in Sulden und 132 sind in der Mittelschule Prad eingeschrieben.
Auch der Sitz der Musikschuldirektion Oberer Vinschgau befindet sich in Prad. „An der Schulstelle Prad unterrichten insgesamt 22 Lehrpersonen, zudem sind in der Verwaltung die Direktorin und 2 Sekretariatsassistentinnen tätig“, heißt es in der Musikschuldirektion auf Nachfrage vom Vinschgerwind.
Die Stilfserjoch Straße - Geschichte
Die Stilfserjoch Straße wurde im Auftrag des österreichischen Kaisers Franz I. im Zeitraum von 1820 bis 1825 unter der Leitung des Ingenieurs Carlo Donegani (1775 - 1845) gebaut, um die Lombardei, die damals zu Österreich gehörte, schnellstmöglich zu erreichen. Die Zeit drängte, da die langjährige Verbindungsstraße über den Umbrailpass, einst Wormser Joch genannt, von den Schweizer Eidgenossen kontrolliert wurde. Kaiser Franz I. besichtigte die neue Straßenverbindung im Jahre 1832 höchst persönlich und sprach von einer straßenbautechnischen Meisterleistung. Als Anerkennung erhob er den Ingenieur Donegani 1840 in den Adelsstand und verlieh ihm den Titel „Ritter von Stilfsberg“. Schon kurz nach der Einweihung der Stilfserjoch Straße im Oktober 1825 mussten die stark lawinengefährdeten Straßenabschnitte mit hölzernen Lawinenschutztunneln in einer Länge von 3.500 Metern gesichert werden. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Passstraße im Winter geöffnet und konnte mit Pferdeschlitten befahren werden. Für die knapp 50 km lange Strecke zwischen Bormio und Prad benötigten die Fuhrwerke bis zu zehn Stunden, mehrere Pferdewechsel mit eingerechnet. 1848 setzten Aufständische aus der Lombardei, die für die Loslösung von Österreich kämpften, die hölzernen Lawinenschutztunnel in Brand und machten die Straße unpassierbar. 1859 wurde über das Stilfser Joch die Staatsgrenze zwischen dem Kaiserreich Österreich und dem Königreich Italien gezogen. Die österreichische Regierung wollte die Straße daraufhin auflassen. Jedoch die Vinschger Gemeindeverwalter kämpften dagegen an, weil sie einen wirtschaftlichen Nachteil befürchteten. Sie erreichten im Ministerium für Handel und Gewerbe in Wien einen Teilerfolg. Die Straße blieb offen. Die Gemeinden mussten jedoch für die Offenhaltung der Straße selbst sorgen.
Wichtig wurde die Verbindung zum Stilfser Joch dann als Militärstraße für die Ortlerfront im I. Weltkrieg, die über den Monte Scorluzzo über den Nagler- und die Geisterspitze zur Hohen Schneid und über die Trafoier Eiswand zum Gipfel der Königsspitze und des Ortlers führte. 1919 gab es wieder eine Grenzziehung. Südtirol kam zu Italien und somit auch Teile des Stilfser Jochs.
Die Straße blieb nur noch in den Sommermonaten offen. Während der Zwischenkriegszeit und des II. Weltkrieges fristeten das Stilfser Joch und seine Straße ein eher tristes Dasein. Erst mit dem aufblühenden Tourismus und dem Sommerskilauf auf dem Stilfser Joch wurde das Gebiet für Gäste aus ganz Europa attraktiv. In den 1960 und 1970er Jahren erlebte das Stilfser Joch durch den Sommerskilauf goldene Jahre. Auf der Scheitelhöhe des Passes tummelten sich die Skifahrer neben unzähligen Tagestouristen. Die italienische Straßenverwaltung ANAS war für die Wartung der Straße zuständig. Vieles wurde nur notdürftig repariert. Im Jahre 1998 ging die Stilfserjoch Straße zusammen mit allen Staatsstraßen des Landes an die Autonome Provinz Bozen über. Die Straße wurde teilweise technisch aufgerüstet. (mds)
Der Prader Ortskern.
„Prad am Stilfserjoch war und ist von ständiger Veränderung geprägt. Wie ein lebender Organismus zieht diese sich durch seine Geschichte. Menschen kommen und gehen, Gebäude zerfallen und werden wieder aufgebaut. Naturgewalten formen die Landschaft immer wieder neu. Auch Kriege und Katastrophen verschonten den beschaulichen Ort an der Stilfserjoch Passstraße nicht.
So manches bleibt aber auch beständig. Historisch wertvolle Gebäude wurden unter Denkmalschutz gestellt. Kirchen zeugen von der Baukunst vergangener Zeit.Bräuche werden lebendig gehalten. Erinnerungen werden konserviert und für die zukünftigen Bewohner und Gäste unseres Ortes lebendig gehalten“, so wird Prad am Stilfserjoch vom Tourismusverein Prad beschrieben.
Als Ortsmittelpunkt ist der Hauptplatz bis heute ein wichtiger Bezugspunkt im Dorf. Umschlossen wird er von zahlreichen historischen Gebäuden. Zu erwähnen gilt vor allem das ehemalige, westlich des Hauptplatzes gelegene Posthaus aus dem 19. Jhd. Hier hielten bis Anfang des 20. Jhd. sämtliche Postkutschen auf ihrem Weg über das Stilfser Joch. Er war zudem Repräsentationspunkt verschiedenster Auf- und Durchmärsche, ist Ort öffentlicher Feiern und Veranstaltungen und nicht zuletzt seit Jahr und Tag Schauplatz des traditionellen Prader „Zusslrennens“ am Unsinnigen Donnerstag.
Hier im Ortskern bietet der Einzelhandel ein gut sortiertes Warenangebot. Optiker, Eisenwarengeschäft, Parfümerie, Mode- und Textilfachgeschäfte oder ein großes Lebensmittelangebot: Zusammen bilden die verschiedenen Geschäfte ein attraktives Einzelhandelsangebot. Auch ein Einkaufszentrum hat Prad – das kann nicht jede Gemeinde von sich behaupten.
Das PREZ, das Prader Einkaufszentrum, beherbergt ganz unterschiedliche Geschäfte und Dienstleister. Aus der Vogelperspektive betrachtet, hat das PREZ die Form eines Schlüssels. Das nur am Rande erwähnt.
Zurück zu Tradition und Bräuchen. Prad am Stilfserjoch ist, wie eingangs erwähnt, „wie kein anderer Ort im Vinschgau reich an den unterschiedlichsten Bräuchen, die im Laufe eines Jahres gelebt werden. Gelebtes Brauchtum schafft Identität und ein Bewusstsein für den Ort. Fest verankert im Vereinsleben von Prad am Stilfserjoch sind die Goaßlschnöller. Die Gruppe der Goaßlschnöller wurde 1993 als Verein gegründet und zählt mit seinen 50 Mitgliedern zu den besten Schnöllern im Alpenraum. Die Prader Goaßlschnöller haben ihr Können bereits in Landesmeisterschaften und alpenländischen Meisterschaften unter Beweis gestellt. Bekannt ist das Maiinschnölln der Goaßlschnöller in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai statt. Diese treffen sich um Vereinsobmann Gilbert Stillebacher abends bei der St. Johann Kirche und gehen auf die Theinen- und Laschaur-Wiesen. Bis zu 50 Vereinsmitglieder, darunter Frauen und Mädchen, schwingen dort im Gleichtakt ihre Goaßln, um die letzten Spuren des Winters zu vertreiben. Von den Theinen-Wiesen geht es hinab ins Dorf, wo ebenfalls geschnöllt wird.“
Die Volkstanzgruppe Prad und die Schuahplattler sind ebenso zwei Vereine, die der Tradition und dem Brauchtum verpflichtet sind. Die Prader Schuhplattlergruppe etwa pflegt diese Tradition mit verschiedenen Tänzen seit über 60 Jahren und gilt somit als einzigartig in ganz Südtirol. Und es ist ebenjene Tradition und das Brauchtum, die Prad am Stilfserjoch auszeichnen. Gleichzeitig hat sich die Marktgemeinde - wie eingangs erwähnt - weiterentwickelt, hat attraktiven Lebens- und Wirtschaftsraum geschaffen.
Fazit: Prad ist eine sehr lebenswerte Gemeinde, die sich zwischen Tradition und Innovation, zwischen Vergangenheit und Zukunft, zu bewegen weiß.
(Quellen: Tourismusverein Prad, verschiedene Betriebe, Gemeinde Prad, Arbeitmarkt Bozen, OVEG - Markus Niederegger, Bergmilch Südtirol Reinhard Schuster, Bezirksamt Landwirtschaft West - Markus Joos, Dorfsennerei Prad - Michael Hofer, SSP Prad, Musikschuldirektion Oberer Vinschgau)
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