Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Mathilde, 14. März 2025
Immer öfter fallen Elstern in unseren Dörfern auf. Elstern sind in der Tat in Gärten und Siedlungsräume als Brutvögel eingewandert. Aber nicht als Folge einer massiven Vermehrung, sondern weil ihnen die Feldflur weniger Brutmöglichkeiten bietet.
Die Elster (Pica pica) gehört in der zoologischen Systematik zur Familie der Rabenvögel (Corvidae). Raben sind eben nicht nur schwarz, sondern auch zumindest teilweise weiß oder bunt gefärbt. Zu diesen bunten Raben gehört in der einheimischen Vogelfauna neben der Elster auch der Eichelhäher (Garrulus glandarius) und der Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes).
Ist die Elster diebisch?
Die Gruppe der Elstern mit ihren neunzehn Arten entfaltete sich in der Alten Welt. Besonders in Asien gibt es viele Arten, die sich meist durch buntes Gefieder, teilweise auch durch hohe, gelbe bis rote Schnäbel auszeichnen. Als einzige Art ihrer Verwandtschaftsgruppe hat unsere Elster auch Amerika erreicht. Das Sprichwort bezeichnet die Elster als diebisch. Das zweiaktige Melodram „La Gazza ladra“ von Gioacchino Rossini erzählt die Geschichte eines Bauernmädchens, das zum Tode verurteilt wird, weil es angeblich silbernes Besteck gestohlen hat. In letzter Sekunde wird der wahre Dieb entdeckt: eine diebische Elster.
Der deutsche Ornithologe Dr. Joachim Steinbacher (1911-2005) war unter anderem Kustos am Natur-Museum und Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main. Er hat Dutzende von Nestern freilebender Elstern untersucht, konnte aber den Befund, dass Elstern Schmuck und andere glitzernde Gegenstände stehlen, nicht bestätigen. Das Neugierverhalten von Rabenvögeln ist allbekannt, auch, dass sie gerne zahm und frech werden. Raben gelten wie Papageien als besonders intelligent. Die kognitiven und sozialen Fähigkeiten von handaufgezogenen und von wildlebenden Raben hat Thomas Bugnyar an den Forschungsstellen Haidhof in Bad Vöslau und Grünau im Almtal 25 Jahre lang erforscht. Thomas Bugnyar ist Universitätsprofessor und Leiter des Departements für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Universität Wien.
Elstern können sich selbst im Spiegel erkennen, haben also eine Vorstellung vom „Ich“, die wir einst Menschen, Menschenaffen, Elefanten, Delfinen und einem hoch entwickelten sozialen Bewusstsein anderer Säugetiere vorbehalten glaubten. Als Forscher sechs Elstern einen roten Punkt auf den Hals malten, versuchten zwei von ihnen, als sie sich im Spiegel sahen, den Punkt mit dem Bein an sich selbst wegzukratzen, anstatt auf das Bild im Spiegel loszugehen.
Kennzeichen
Die Elster ist durch ihren langen Schwanz und das kontrastreiche schwarz-weiße Gefieder unverkennbar. Die Schultern, der Bauch und die Flanken sind weiß; das übrige Gefieder wirkt auf die Entfernung schwarz, aus der Nähe ist ein blauer, grüner oder purpurfarbener Glanz zu sehen. Der lange Schwanz ist gestuft. Juvenilen Elstern fehlt der Metallglanz auf den
dunklen Federpartien. Häufigster Ruf sind schackernde Rufreihen wie „schack-schack-schack, daneben auch nasale und gedehnte „gräh“, hohe „kik“ und ähnliche Laute. Der Gesang ist auch wie bei anderen Rabenvögeln nicht bedeutend und meist ein gurgelndes, bauchrednerisches Schwätzen mit Pfeiflauten. Die Elster zeigt einen etwas unbeholfen wirkenden Flatterflug und läuft oft auch am Boden. Im Gezweig bewegt sie sich geschickt.
VerbreitungDie Elster ist Brutvogel in ganz Europa und Nordafrika, weiters in weiten Teilen Asiens bis Nordamerika. Bei uns ist die Elster ein weit verbreiterter Vogel des Tieflandes. Sie fehlt in höheren Berglagen und in geschlossenen Waldungen. Die Elster ist ganzjähriger Standvogel, möglicherweise auch Strichvogel.
Fortpflanzung
Das Nest der Elster ist ein beinahe kugelförmiges, überdachtes Domnest aus Ästen und Zweigen. Die Nestmulde wird mit feinem Material ausgekleidet und teilweise mit Erde ausgestrichen und verfestigt. Elsternester sind vor allem nach dem Laubfall weithin sichtbar. Der Legebeginn erfolgt ab Anfang April. Es erfolgt eine Jahrebrut. Das Gelege umfasst 5-8 Eier mit blaßbläulicher oder grünlicher Grundfarbe und olivbraunen oder grauen Sprenkeln und Klecksen. Nur das Weibchen brütet 17-18 Tage lang. Beide Partner füttern die Jungen etwa 24-27 Tage lang.
Nahrung
Die Nahrung ist sehr vielseitig, offenbar tierische Nahrung überwiegt. Insekten und deren Larven, Würmer, Spinnen, Schnecken, auch Amphibien und Kleinsäuger. Die Elster plündert während der Brutzeit Nester von Kleinvögeln, daneben frisst sie Aas, Abfälle und Früchte und auch Sämereien.
Elstern, Eichelhäher und Rabenkrähen müssen als „Nesträuber“ gelten, doch hat sich erwiesen, dass die meisten Gelege von bodenbrütenden Wiesenvögeln nachts geraubt werden. Das können dann nicht Krähenvögel sein, sondern der Nestraub muss sich auf nachtaktive Säugetiere beziehen. Die Zunahme der Elstern in den Städten führt auch nicht zwangsläufig zur Abnahme von anderen Brutvögeln. Dies ist auch unwahrscheinlich, weil als „Allesfresser“ ist die Ernährung ganz davon abhängig, welches Nahrungsangebot gerade leicht zu erreichen ist. „Allesfresser“ wie die Elster spielen also eine sehr vielseitige Rolle und können daher auch kaum eine einzige Tierart empfindlich schädigen. Nach Einhard Bezzel wird die Wirkung der sogenannten natürlichen Feinde auf die Populationen potentieller Beutetiere oft übertrieben. Krähen und Elstern sind daher kaum deswegen so häufig in unserer Kulturlandschaft, weil etwa der Habicht („Hennengeier“) in vielen Gebieten seltener geworden ist.