Als Senn sieht man das Ergebnis der Arbeit

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Klaus Reich aus Kortsch, geboren 1968, war lange im Weinhandel tätig, dann beim Speckproduzenten Recla. In diesem Sommer war er Senn auf der Prader Alm. Im Herbst arbeitet er als Äpfelklauber beim Dietl Elmar in Göflan. Klaus Reich aus Kortsch, geboren 1968, war lange im Weinhandel tätig, dann beim Speckproduzenten Recla. In diesem Sommer war er Senn auf der Prader Alm. Im Herbst arbeitet er als Äpfelklauber beim Dietl Elmar in Göflan.

Schon als Kind verkaufte Klaus Reich Groschenromane. Später arbeitete er im Lebensmittelgeschäft der Eltern, stieg dann ins Weingeschäft ein, dann im Speckhandel. Zuletzt arbeitete er als Senn auf einer Alm.

von Heinrich Zoderer

Die Eltern hatten in Kortsch ein Lebensmittelgeschäft und seit seiner Jugend wollte er dieses Geschäft übernehmen. Das Handeln und der Kontakt mit den Leuten passten ihm. Er machte dann eine Verkäuferlehre in Bozen. Dort wurde nicht nur verkauft, sondern auch an vornehme Bürger ausgeliefert. Dabei lernte Klaus: wenn man freundlich ist, erhält man Trinkgeld. Er erhielt oft mehr Trinkgeld als Lehrgeld. Nach der Lehre arbeitete er drei Jahre im elterlichen Betrieb. Doch er wollte Neues ausprobieren und übernahm mit 20 Jahren eine Weinhandlung in Schlanders. Wein und Schnaps wurden aber auch bis Reschen ausgeliefert. Wichtige Kunden waren die Kasernen in Schlanders, Glurns und Mals. Klaus musste sich die Lizenz und den Kundenstock teuer erkaufen. Das Geschäft ging gut, aber nach zwei Jahren wurden die Kasernen geschlossen. Von 1988 bis 1991 hatte er das Geschäft im Zinshaus, dann übernahm er die Weinhandlung Spitaler an der Hauptstraße. Vorbeifahrende Touristen waren wichtige Kunden. Deshalb hatte er von Ostern bis Ende Oktober jeden Tag geöffnet. Am Sonntag arbeitete er alleine im Geschäft. 1995 eröffnete er zusammen mit seiner Frau Renate Siller in Schlanders die erste Vinothek im Vinschgau. Renate führte sehr erfolgreich die Vinothek und machte Weinverkostungen in verschiedenen Hotels. Alles schien sehr erfolgreich zu laufen. 1997 bekam Klaus Tinnitus, auch Ohrensausen genannt. Das führte zu Schlafstörungen. Klaus suchte mehrere Ärzte auf, ohne Erfolg. Schließlich fand er die Psychosomatische Klinik Windach in Bayern. Zweimal blieb er dort acht bzw. zehn Wochen. Das Ohrensausen wurde nicht beseitigt, er musste lernen damit umzugehen. 2006 beendete Klaus das Weingeschäft und 2007 wurde auch die Vinothek geschlossen. Er wollte sich neu orientieren und übernahm 2007 eine Arbeit beim Speckhersteller Recla in Vetzan. Klaus Reich war zuständig für den Einkauf der Rohprodukte. Das war eine große Verantwortung, aber auch eine interessante Arbeit. Er musste schnell und klug verhandeln. Klaus war im Kontakt mit großen Schlachtbetrieben in Deutschland, Belgien, Holland und Frankreich. Bis zu 100 Tonnen Fleisch täglich, d.h. 3 bis 5 LKWs wurden angekauft. Klaus arbeitete viel und ihm gefiel die Arbeit. Aber sein Körper machte nicht mit und 2019 erlitt er ein Burnout und musste für acht Wochen ins Therapiezentrum Bad Bachgard. Dort lernte er auf sich zu schauen, auf seine Gesundheit zu achten und auf seinen Körper zu hören. Nachher kehrte er wieder zu seinem Arbeitsplatz zurück, fiel wieder in den alten Trott und kündigte im März 2020.
Er wollte eine Auszeit nehmen, um sich zu erholen. Eine gute Freundin lud ihn ein, im Sommer einige Wochen auf der Prader Alm zu verbringen und dort bei der Arbeit mitzuhelfen. Er blieb sechs Wochen auf der Alm. Im letzten Winter reifte dann die Idee, einen Sennkurs zu machen und zu lernen, wie man Käse herstellt. Auf der Fürstenburg besuchte er einen Kurs und bei Max Eller, dem Senner vom Englhornhof des Alexander Agethle in Schleis lernte er die praktische Arbeit. Mit diesen Erfahrungen übernahm Klaus Reich 2021 die Arbeit als Senn auf der Prader Alm. 1200 Liter Milch von 69 Kühen mussten jeden Tag zu Käse und Butter verarbeitet werden. Es war eine unheimlich interessante Arbeit, meint Klaus. Am Anfang gab es auch Unsicherheiten. Traditionell ist zu Jakobi am 25. Juli der erste Käseanschnitt. Da dieses Jahr das Vieh erst 14 Tage später auf die Alm gebracht wurde, war der Käseanschnitt erst am 1. August. Das Ergebnis war gut und Klaus bekam viel Lob von den Bauern. Die Unsicherheit legte sich und die Leidenschaft für die Käserei wurde immer größer. Die Arbeit auf einer Alm ist anders als in einem Betrieb. Es gibt keine Telefongespräche, keine Mails, die zu beantworten sind und auch keine Geschäfte, die noch schnell abgeschlossen werden müssen. Es ist einfach die Morgen- und Abendmilch der Kühe zu verarbeiten. Das ist viel Arbeit und auch recht anstrengend. Klaus stand um drei Uhr auf und um 20 Uhr ging er zu Bett. Von 13 bis 14 Uhr gab es eine kurze Mittagspause. Aber sonst musste gearbeitet werden. Die Käserei ist eine eigene Wissenschaft. Es braucht Zeit. Man muss auf die Temperatur achten und genau beobachten. Es ist richtige Handarbeit, aber man muss auch den Kopf beinand haben, meint Klaus. Es ist eine strenge und lange Arbeit, aber es ist ein gesunder Stress und eine große Befriedigung, wenn man sieht wie der Käse reift und so langsam zu einem essbaren Produkt wird. Die Käserei ist eine Lebenserfahrung ohne Ende. Das Almleben ist hart und verantwortungsvoll, von Almromantik keine Spur. Die schönste Zeit war am Abend vor dem Schlafengehen. Vor der Almhütte zu sitzen und den Ortler anzuschauen, der jeden Tag in anderen Farben leuchtet, das war herrlich, meint Klaus.

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