Die Empfehlungen des Advisory Board für eine nachhaltige Entwicklung der ländlichen Regionen standen im Zentrum der heutigen (9. September) Abschlussveranstaltung der Sustainability Days.
"Wir müssen dringend handeln", sagte am heutigen Freitag (9. September) Marco Frey, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Nachhaltigkeitstage 2022. Ein weiteres Abwarten würde die ökologischen, ökonomischen und sozialen Kosten noch erhöhen. Nachhaltigkeit sei ein komplexes Thema, weshalb es einen integrierten Ansatz brauche. "Das Ziel ist eine langfristige Vision, die zu einer Win-Win-Situation für die ländlichen Gebiete führt", so Frey. Die oberste Priorität komme dabei der ökologischen Nachhaltigkeit zu: "Alles menschliche Handeln hängt vom Naturkapital und den Ökosystemleistungen ab. Das Fazit: Transformation darf keinesfalls auf Kosten der Biodiversität gehen", resümierte Marco Frey.
Empfehlungen in vier Themenbereichen
Frey brachte auch die Empfehlungen im Themenbereich "Landwirtschaft und Ernährung" auf den Punkt: "Allen voran ein Bewusstsein für die Biodiversitätskrise schaffen, zweitens die Rolle der Forschung in der Lebensmittelproduktion stärken und schließlich nachhaltige Ernährung fördern."
Den Schwerpunkt "Energieeffizienz und erneuerbare Energie" bezeichnete Beiratsmitglied Elena Comelli "für die Rettung des Planeten" als zentral. Die Empfehlungen lauten: "Den Energieverbrauch reduzieren, Platz machen für die Produktion und Speicherung von Erneuerbaren Energien, weiters die Zusammenarbeit und die Beteiligung, vor allem von Frauen und Jugendlichen, fördern." Comelli gab zu bedenken: "Wir haben die nötigen Technologien, um den Wandel von den fossilen zu den erneuerbaren Energieträgern zu vollziehen, müssen aber darauf achten, dass es dabei möglichst viele Gewinner und wenig Verlierer gibt."
Im Themenbereich "Nachhaltige Mobilität" gibt es kein Allheilmittel, unterstrich Georg Hauger vom Advisory Board. Ländliche Räume würden ganz andere Lösungen erfordern als urbane Räume. Die Empfehlungen zu diesem Themenbereich sind daher, "Regeln zu überdenken und neu zu denken, die Bündelung und Integration von Mobilitätsdiensten zu ermöglichen und Nischenplayer und gute Beispiele zum Vorbild zu nehmen", fuhr Hauger fort.
Beiratsmitglied Raffaella Rumiati schließlich präsentierte die Empfehlungen zum Schwerpunkt "Resiliente regionale Lebensräume". Schlüsselfaktoren dafür seien ökologische, wirtschaftliche und soziale: "Einzigartige Naturräume festlegen und schützen, das Regionaleinkommen durch die Schaffung vor Arbeitsplätzen steigern und nicht zuletzt die Gemeinschaft durch Netzwerke und interdisziplinäres Zusammenarbeiten stärken."
Empfehlungspapier Brüssel und Rom vorlegen
"Jetzt gehen wir in die Umsetzung", erklärte der Landeshauptmann im Anschluss. Es gelte nun, das Empfehlungspapier (Recommendation Paper) der Nachhaltigkeitstage sowohl auf europäischer Ebene zu präsentieren als auch die römischen Stellen darüber zu informieren. "Die Südtiroler Landesregierung wird sich damit in einer eigenen Klausur befassen und die Empfehlungen mit unserer Agenda abgleichen", erklärte der Landeshauptmann. "Wir möchten unsere autonomen Spielräume nutzen, um einen Paradigmenwechsel einzuleiten und die ökologische Nachhaltigkeit in unserem Land voranzutreiben. Aber auch, um die Gesellschaft wieder mehr zusammenzuführen." Ressourcenknappheit, Klimawandel und die Alterung der Gesellschaft: All das stifte Unfrieden. Nachhaltigkeit sei der neue Kitt für die Gesellschaft, so der Landeshauptmann.
Südtirol als Pilotregion für Kreislaufökonomie
Zum Abschluss legte der Chef des Obersten Instituts für Forschung und Schutz der Umwelt (ISPRA) Stefano Laporta die Latte noch ein wenig höher: Südtirol solle "Best Practise"-Beispiel in Italien werden und Pilotregion für Kreislaufwirtschaft werden. Er sagte konkrete Hilfe seines Instituts bei der Umsetzung zu.
Der Präsident der italienischen Regionenkonferenz wird das Recommendation Paper bei einer Sondersitzung der Regionenkonferenz auf die Tagesordnung setzen. Der Vertreter des EU-Ausschusses der Regionen meinte, dass regionale Inititativen "eine Schatzkammer" für Europa seien, denen mehr Wichtigkeit und zuerkannt werden müsse. "Ihr Land hat durch die Autonomie mehr gesetzgeberische Flexibilität und das ist ein Vorteil", sagte er. Ziel auch für die EU müsse es sein, ländliche Gegenden verstärkt in den Fokus zu rücken und als attraktiven Lebensraum zu erhalten. Südtirol sei unter diesem Gesichtspunkt bereits ein Vorbild. Daran knüpfte ISPRA-Chef Laporta mit seinem Vorschlag, Südtirol zur Vorbildregion in Sachen Nachhaltigkeit zu machen. Es gebe inzwischen keinen Zweifel mehr, dass ein Wandel notwendig sei und eine Kreislaufwirtschaft das Ziel sein müsse. "Und dafür sind die Recommendations, die bei diesen Sustainability Days erarbeitet wurden, eine interessante Basis".
"Dass Südtirol das Labor für Italien sein soll, ist motivierend für die Gesellschaft" meinte der Landeshauptmann abschließend. Die Politik müsse mutig sein und vorausgehen. "Der Erhalt des Status Quo ist nicht unsere Aufgabe", sagte er.
red/mpi