Kultur
Plauser Totentanz
„Memento Mori“
Wir alle wissen, auch wenn wir es erfolgreich verdrängen: unser Leben ist begrenzt, irgendwann werden wir sterben. Im Altertum und im Mittelalter war der Gedanke der Vergänglichkeit des Lebens stark präsent. Der Ausdruck „Memento Mori“ bedeutet so viel wie „Bedenke, dass du sterben wirst“. Gemeint ist damit die Aufforderung, sich jederzeit seiner eigenen Sterblichkeit bewusst zu sein. Als Vanitassymbol ist es seit dem Mittelalter ein beliebtes Kunstmotiv und wird durch den Sensenmann, Totenköpfe, Sanduhren und welkende Blumen dargestellt. Die gegensätzlichen Motive von Todesangst (Memento Mori - Bedenke, dass du sterben wirst) und Lebenswille (Carpe Diem - Nutze den Tag) werden vor allem im Barock, einer Zeit religiöser und gesellschaftlicher Umbrüche, oft in der Kunst dargestellt und in der Musik und Literatur behandelt. Der Totentanz wirkt dabei wie eine Drohung an die Mächtigen: die gesellschaftlichen Gegensätze werden mit dem Tod aufgehoben. Spätestens im Tod sind alle Menschen gleich. Angesichts des Todes erweisen sich Schönheit, Jugend, Reichtum und Macht als vergängliche irdische Werte. Andererseits erhält das Leben durch seine Begrenztheit erst einen tieferen Sinn. Jeder Tag wird zu einem Geschenk, das nicht selbstverständlich ist und das gefeiert werden muss. Jede Begegnung, jede Erfahrung und jede Tat haben einen besonderen Wert, weil es die letzte Begegnung und die letzte Tätigkeit sein kann.
Der Plauser Totentanz: 1910 geschaffen, 2001 von Luis Stefan Stecher ganz neu gestaltet
Es gibt viele bekannte Totentänze u.a. in Paris, Berlin, Dresden, Lübeck, Basel, Chur. Bekannt in Südtirol ist der Plauser Totentanz. Bei der Friedhofserweiterung im Jahre 1910 wurde der Latscher Maler Gottfried Gamper beauftragt an der Friedhofsmauer Totentanzbilder nach dem Vorbild der Holzschnitte von Hans Holbein dem Jüngeren zu schaffen. Im Jahre 1994 traten der damalige Bürgermeister Arnold Schuler und der Pfarrgemeinderatspräsident Heinrich Kainz an den bekannten Vinschger Maler und Poeten Luis Stefan Stecher heran mit dem Ersuchen, den Totentanz neu zu gestalten. Nach 7 Jahren konnte am 13. Mai 2001 der neue Plauser Totentanz mit 18 Bildtafeln von insgesamt 36 m Länge, an der Friedhofsmauer der romanischen Kirche St. Ulrich, mitten im neugestalteten Ortskern von Plaus fertig gestellt und feierlich eingeweiht werden. Die Bildtafeln enthalten eine ganze Lebensphilosophie, sind Zeugnisse der dichterischen Kraft im Vinschger Dialekt und der malerischen Poesie von Luis Stefan Stecher. Im Jahre 2003 hat Ulrike Stecher, die Tochter des Malers und Poeten im Buch „Luis Stefan Stecher: Plauser Totentanz“ die Bildtafeln abgebildet, beschrieben und ausführlich erläutert. Im Sommer 2025 hat Ulli Stecher zusammen mit Heinrich Kainz eine Neuauflage des Buches mit den 18 Bildtafeln und kurzen Texten in deutscher, italienischer und englischer Sprache herausgegeben.