Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben.
von Ludwig Fabi
Fotos: Adrian Gamper/Petra Pohl
Errichtet wurde Schloss Lichtenberg im 13. Jahrhundert als Trutzfeste der Tiroler gegen die Bischöfe von Chur. Die weithin sichtbare und ausgedehnte Anlage oberhalb des gleichnamigen Dorfes Lichtenberg war bis 1513 im Besitz der Grafen von Tirol, danach kam das Schloss in Besitz der Grafen Khuen-Belasi, bis heute.
Das „Kuratorium Schloss Lichtenberg“ unter der Leitung des Architekten Kurt Stecher bemüht sich seit drei Jahrzehnten gemeinsam mit den Besitzern für die Rettung der Ruine. Einen wesentlichen Schritt dazu bilden umfangreiche Baumaßnahmen, welche seit 2022 im Rahmen des Interreg-Projektes „Revitalisierung Schloss Lichtenberg und Festung Nauders“ durch die Gemeindeverwaltung von Prad durchgeführt wurden. „Das Schloss ist eine große Chance für Lichtenberg und die ganze Gemeinde“, heißt es aus der Gemeindestube. Neben wichtigen Infrastrukturen wie Strom- und Wasserversorgung, Notausgänge und sanitäre Anlagen wurde die Schlossanlage gesichert und durch behutsame bauliche Anpassungen aufgewertet. Im Schlossgarten können nun offizielle Veranstaltungen stattfinden, im Rondell sind Ausstellungen möglich und einiges mehr. Das Kuratorium Schloss Lichtenberg koordiniert die Art der Veranstaltungen und mögliche neue Projekte. Mit Nachdruck wird an der Rückführung der Schlossfresken gearbeitet, welche vor Jahrzehnten abgenommen, in Wien restauriert und im Ferdinandeum in Innsbruck ausgestellt wurden. Einige der Fresken lagern in einem Magazin in Hall in Tirol. Mit einem Ausbildungslehrgang für kunsthistorische FührerInnen wurde die Vermittlungstätigkeit in den Mittelpunkt gesetzt. Derzeit stehen sieben FührerInnen zur Verfügung, welche regelmäßig Führungen in enger Zusammenarbeit mit der Ferienregion Ortlergebiet/Prad anbieten. Die strukturelle und inhaltliche Revitalisierung ist aber noch nicht abgeschlossen und man kann auf viele weitere Neuheiten gespannt sein, nicht zuletzt auf die dreistöckigen musealen Ausstellungsräume im Rondell.
Schloss Lichtenberg als Kulturraum
Der Einbezug der Dorfbevölkerung rund um die Revitalisierung der Burgruine war und ist dem Kuratorium besonders wichtig. In diesem Sinne wurden und werden das Schlossfestival „Licht und Berg“, das Scheibenschlagen, Larvenausstellungen, Musikveranstaltungen, Jungschar- und Ministranten-Feste, Kinderfeste, Matinee und sogar eine Hochzeit abgehalten. Von Mai bis Oktober finden Führungen (auch mit Kinderprogramm) in deutscher und italienischer Sprache statt. Diese Führungen werden in den nächsten Jahren auf die St. Christina Kirche und die Pfarrkirche mit Krypta ausgedehnt, da diese eng mit dem Schloss in Verbindung stehen.
In den Räumlichkeiten des Rundells soll in den nächsten Jahren ein Museum entstehen, das unter anderem Teil Fragmente der Fresken und Abdrücke der Fresken ausstellt. Ein Konzept für die Innenausstattung wurde bereits von Sebastian Marseiler und Laurin Kofler ausgearbeitet.
Zudem ist Dirk Sackers aus Deutschland seit einiger Zeit dabei, das gesamte Schloss von außen und innen durch eine PC-Animation so wahrheitsgetreu wie möglich nachzubilden. Diese wird dann ebenfalls im Rondell präsentiert.
Schloss Lichtenberg als Naturraum
Innerhalb und rund um die Burganlage befinden sich parkähnliche Naturräume, die sich wie ein kleiner Berg über Lichtenberg erstrecken. Diese und besonders der Schlossgarten sollen wieder renaturiert und aufgewertet werden. Dahingehend haben sich zwei Maturantinnen der Fachschule für Hauswirtschaft und Ernährung in Kortsch entschieden, die Aktivierung des Schlossgartens als Maturaprojekt zu nehmen. Entstanden ist ein umfassendes Umsetzungsprojekt, welches Messungen, Kostenkalkulationen, digitale Pläne mit Brunnen, Sitzgelegenheiten und Bepflanzungen mit mittelalterlichen Kräutern und Rosen beinhaltet.
TIPP: Kunsthistorische Führung durch die Burgruine Lichtenberg mit ausgebildeten SchlossführerInnen Führung in deutscher Sprache jeden Mittwoch und Samstag um 10.00 Uhr
bei der Pfarrkirche Lichtenberg.
Informationen mit Reservierung am Vortag bei:
Ferienregion Ortlergebiet/Prad
Tel. 0473 6161019
Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht war, hat er in den 5 Räumen im ersten Stock sein privates Hof-Museum eingerichtet.
von Heinrich Zoderer
In seinem Museum gibt es Informationen und Sehenswertes zur Geschichte Tirols. Die Palette erstreckt sich vom Schulleben in Morter, einer Fossilien- und Mineraliensammlung, über den Bergbau und den Gebirgskrieg an der Ortlerfront im 1. Weltkrieg, über die Tiroler Geschichte und die Freiheitskämpfe von 1809. Maßstabsgerecht hat Haringer die beiden Burgen Ober- und Untermontani nachgebaut, genauso wie mehrere alte Schutzhütten. Über alle Gegenstände, Dokumente und die vielen Fotos und Urkunden kann Manfred Haringer spannende Geschichten erzählen, so dass das Leben der Soldaten und der Zivilbevölkerung lebendig und anschaulich wird.
Den Samen für das Geschichtsinteresse legte sein Großvater Martin, der bei gemeinsamen Spaziergängen von seinen unmenschlichen Kriegserlebnissen am Dunajec bei Krakau und von seiner russischen Kriegsgefangenschaft erzählte. Vor fast 50 Jahren wurde die Sammlertätigkeit konkret, als Haringer auf dem Gipfel der Königsspitze erstmalig Relikte vom Ersten Weltkrieg fand und dann über deren Zweck und Einsatz zu recherchieren begann. Das Interesse für die Heimat- und Lokalgeschichte war bereits vorhanden, die intensive Sammeltätigkeit fing damals an und ließ ihn nicht mehr los. Seit dieser Zeit sammelt er alles was in seinem Themenbereich passt und ihm die Heimatgeschichte begreifbarer und verständlicher macht. Kurz vor 10 Uhr treffen wir uns vor seinem Elternhaus. An der Hausmauer hängt ein großer Schmiedehammer, der früher durch ein Wasserrad angetrieben wurde, um das glühende Eisen zu klopfen und zu formen. Wie an der Tafel aufgezählt wird, hat der Dorfschmied von Morter rund 500 Jahre lang alles hergestellt, was die Bevölkerung benötigte: Werkzeuge, Sensen, Pflüge, Räder, Wagen, Türen, Waffen, Truhen, Grabkreuze, Nägel, Hufe, Laternen, Maschinen uvm. Einer der legendären Dorfschmiede, so steht es weiter auf der Gedenktafel, war Simon Freiseisen, geboren 1767 und gestorben 1847. Er war ein bärenstarker, über 2 Meter großer Mann, Schützenhauptmann von Morter und Freiheitskämpfer unter Andreas Hofer im Jahre 1809.
Mineraliensammlung: Es glitzert und glänzt in allen Farben
Wir betreten dann den Raum mit der Mineraliensammlung. Es glitzert und glänzt in allen Farben. Schön sortiert und beschriftet kann man die Mineralien sogar mit einem Vergrößerungsglas genauer betrachten und so noch tiefer in die Wunderwelt der Kristalle eintauchen. In den aufgelassenen Bergwerken in Martell, Stilfs und Sulden, aber auch in einigen Orten im Vinschgau wurde vieles abgebaut: Zinkblende, Bleiglanz, Kupfer- und Eisenerz, das in den Schmelzöfen verhüttet wurde. Silber- und Goldvorkommen waren nur spärlich vorhanden. Zu sehen sind alte Schulhefte, ein Lese- und Rechenbuch und ein Herbarium, ein Heft mit gepressten und konservierten Pflanzen. Manfred zeigt mir Briefe in altdeutscher Schrift, sowie seine Hof-Urkunde mit Siegel aus dem Jahre 1354 des Johannes Ulrich, Mayrhofbesitzer zu Morter. Mitten im Raum steht die Burg Obermontani. Sie ist höhenverstellbar und nachdem Manfred sie absenkt, kann ich die Innenhöfe und auch die einzelnen Räume mit den Inneneinrichtungen sehen. Im Gerichtssaal findet gerade eine Gerichtsverhandlung statt. Über die Geschichte der Burgen, die Grafen von Montani und Mohr, das gefundene Nibelungenlied und die letzten Kaiser der Habsburger wird in Bildern und verschiedenen Schriften berichtet.
Ortlerfront: Es geht nicht in erster Linie um die Kämpfe gegen die Feinde, sondern um das pure Überleben im Hochgebirge
Im Hausgang sind Bilder, Funde und Relikte von der Ortlerfront im Ersten Weltkrieg. Bilder über die K.u.K Sanitätskolonne, russische Kriegsgefangene, Schlittenhunde und Soldaten an vorderster Kriegsfront im Schnee und Gletschereis sind zu sehen. Im nächsten Raum gibt es ein riesiges Wandposter mit Sicht vom Gipfel des Ortlers über die höchste, mit Kanonen bestückte Kriegsfrontlinie auf 3.906 Meter Höhe. Ausrüstungs- und Gebrauchsgegenstände im Kriegsalltag der K.u.K. Soldaten gibt es zu sehen, aber auch der italienischen Kriegsgegner. Auch Kriegschroniken, Soldaten- und Tagebücher, mit Kriegsliedern und Heldengedichten werden ausgestellt. Essbesteck und Dampfkocher, Tabakpfeifen und Arbeitsgeräte geben Einblicke in den Alltag der Soldaten. Dazu werden Gletscherfunde gezeigt, die das Einfachste und Notwendigste widerspiegeln, das man zum Leben in dieser Zeit brauchte.
Es geht nicht in erster Linie um die Kämpfe gegen die Feinde, sondern um das pure Überleben im Hochgebirge über 3.000 Meter, den Kampf gegen die Naturgefahren: Gewitter, Blitzschlag, Wind, Schnee und arktische Kälte.
Freiheitskämpfe, der U.S. Bomberabsturz in Göflan und Modelle von Schutzhütten
Der Tiroler Landsturm und die Freiheitskämpfe von 1809 stehen im Mittelpunkt des nächsten Raumes. Umfunktionierte Arbeitsgeräte der Bauern wurden zu Hieb- und Stichwaffen, zur Verteidigung der angestammten Heimat. Gewehre, Truhen, Arbeitsgeräte und die Tiroler Tracht werden ausgestellt. Eine Liste der Grafen, Regenten und Landesfürsten von Tirol sind zu sehen, ebenso die permanenten Ausrückungen und Kriegseinsätze. Manfred Haringer hat sich intensiv mit dem U.S. Bomberabsturz in Göflan am 20. April 1945 beschäftigt und alles zusammengetragen, was er finden konnte. Die Boeing Fortress B-17G, bekannt als „Fliegende Festung“ wurde nach der Bombardierung des Rangierbahnhofes von Franzensfeste in Spinges von der FLAK getroffen und ging durch eine Notlandung im Dorf Göflan zu Bruch. Ausführlich erklärte er die Ausrüstung des Piloten, die technischen Geräte und den ganzen Hergang. Ein Reisekoffer eines Optanten befindet sich in seiner umfangreichen Sammlung, genauso wie handgefertigte, aufwändige Holz- Kunstarbeiten, hergestellt von russischen Kriegsgefangenen. In einem anderen Raum stehen mehrere Modelle von alten Schutzhütten, welche nicht mehr existieren, weil sie entweder umgebaut, niedergebrannt oder von Schneelawinen und Windorkanen zerstört wurden. z.B. die erste Payerhütte, Berliner Hütte, Troppauer Hütte, Dresdner Hütte, Hallesche Hütte und Dortmunder Hütte. Am Ende der Führung durch sein Hof-Museum liest Manfred aus den Tagebüchern der Soldaten vor und erzählt von Julius Kobald aus Martell, der nach dem 1. Weltkrieg als „Sauerbrunnträger“ das bekannte, eisenhaltige Heilwasser aus dem Rabbital holte. Mit seiner schweren Last querte er den Weg über die Gletscher, gelangte ins Martelltal und trug die kostbare Fracht bis nach Schlanders, um sie in der dortigen Apotheke abzugeben. Nach intensiven Gesprächen müssen wir um 12:15 Uhr den Rundgang durch das Museum beenden, denn um 13:00 Uhr ist bereits die nächste Führung angesagt.
Museo privato
Manfred Haringer è un collezionista, modellista e storico locale. L'anno scorso è riuscito a realizzare un suo vecchio sogno. Nella casa dei suoi genitori a Morter, dove fino alla fine della Seconda guerra mondiale si trovava la scuola del villaggio, ha allestito il suo museo agricolo privato nelle 5 stanze del primo piano. Manfred Haringer può raccontare storie affascinanti su tutti gli oggetti, i documenti e le numerose foto e certificati.
Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen Pferdestall umzubauen. Der Liebe zu den Pferden ist bis heute seine Leidenschaft.
von Magdalena Dietl Sapelza
Ein abenteuerliches Erlebnis für Martin Ohrwalder war jüngst die 850 Kilometer lange Pferdetour von den Vogesen in Frankreich bis ins Schweizer Engadin. Zusammen mit seiner Partnerin Katja Venzin war er sechs Wochen lang unterwegs. Sie schliefen in Bauernhäusern oder in Reitställen.
Martin ist Sozialbetreuer mit Zusatzausbildung in Sozialpsychiatrie. 15 Jahre lang war er in der Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigungen in Prad beschäftigt. Dann leitete er dort fünf Jahre lang die Seniorenstruktur St. Antonius.
Immer wieder zog es ihn zu Pferden hin.
Er wurde Mitglied der Pferdefreunde Glurns und engagierte er sich auf deren Gelände bei Söles in vielen Bereichen.
Unzähligen Kindern brachte er das Reiten bei. Vielen schenkte er beim Therapiereiten neue Lebensfreude. Er selbst liebt das Westernreiten und die Reining Turniere.
Die Suche nach einer neuen Herausforderung führte ihn zum Reitstall San Jon in Scuol im Unterengadin (CH). Dort lernte er Katja kennen. Mit ihr zusammen organisierte er Trekkingtouren und Wanderritte für Reitbegeisterte. Dann nahm Martin das Angebot des Chefs im Hotel Tuberis in Taufers i. M. an, der ihn bat, den hoteleigenen Reitstall auf Vordermann zu bringen.
Ende November 2023 machten sich Martin und Katja daraufhin mit ihren vier eigenen Pferden und der Hündin Nala vom Reitstall auf den Weg in Richtung Vinschgau. Vier Tagen lang ritten sie durch Schneegestöber über die Norbertshöhe, den Reschenpass, die Malser Haide bis nach Taufers i. M. Seit Anfang des Jahres 2024 ist Martin dort als Reitlehrer und Rittführer im Einsatz. Er bietet Reitaktivitäten für Kinder und Erwachsene an. Gäste und Einheimische schätzen seine einfühlsame Art und seinen liebevollen Umgang mit den Pferden.
Der erste „Haflinger“ wurde vor 150 Jahren in Schluderns geboren
Bei der Zuchtpferde-Prämierung in Meran 1872 siegte in der Kategorie der gedeckten dreijährigen Stuten eine wunderschöne Dunkelfuchsstute. Diese hatte Anna Fritz als Brautgeschenk bei der Hochzeit mit dem Bauern Josef Folie in den „Garberhof“ nach Schluderns mitgebracht. Diese Stute wurde dann die Mutter des ersten Haflingerfohlens „Folie 249“. Der Vater war der aus den Hengstbeständen in Bablona in Ungarn stammende fünfjährigen Araber-Hengst 133 El Badavi XXII vom Züchter Rochus Eberhöfer in Laas.
Alles begann mit dem Haflingerfohlen „Folie 249“
Das Hengstfohlen „Folie 249“ erblickte im Jahre 1874 in der Kohlstatt Nr. 8 in Schluderns das Licht der Welt. Das war die Geburtsstunde der neuen Haflingerrasse und der Beginn der Haflinger Erfolgsgeschichte. Die blonden Deckhaare mit dem Maultierscheitel, die Gutmütigkeit, die Kraft und die Merkmale eines kleinen kompakten Gebirgspferdes hatte das Hengstfohlen von seiner Mutter geerbt, die Eleganz von seinem Vater.
Der junge Hengst aus Schluderns wurde einst folgendermaßen beschrieben:
„Folie 249“ ist ein Muskelpaket mit Araberadel, langer schräg gelagerter Schulter, strammem Rücken, gerader Kruppe, tiefer Bemuskelung, kräftigen Gelenken, weiträumigem, korrektem Gang und herrlichem Temperament“. Das Fohlen war so vielversprechend, dass das österreichische Ackerbauministerium den Auftrag gab, alle edlen Fohlen mit den Genen von
„449 Folie“ aufzukaufen. Gleichzeitig wurde die Zucht subventioniert. Damals gehörte Südtirol noch zur k & k Monarchie Österreich/Ungarn. Die Angliederung an Italien erfolgte erst im Jahre 1919.
Der „Haflinger“ müsste eigentlich „Schludernser“ heißen
Bereits vor dem I. Weltkrieg trugen alle Zuchthengste die Gene von „Folie 248“.
Die offizielle Anerkennung der Haflingerrasse erfolgte am 2. Mai 1898 durch das
österreichische Landwirtschaftsministerium. Die Folie Nachkommen eigneten sich nicht nur als geschickte Zug- und Arbeitstiere, sondern auch als Reitpferde. Zur Zucht-Hochburg entwickelten sich Hafling und der Tschögglberg. 1897 wurden 200 Stuten in das erste Haflinger Zuchtbuch eingetragen. Für die neue Pferderasse mit Schludernser Wurzeln etablierte sich der Name „Haflinger“ - in Anlehnung an ein Gebirgspferd, es bereits lange vor der Geburt von „Folie 249“ diesen Namen getragen hatte. Der „Haflinger“, der eigentlich „Schludernser“ heißen müsste, eroberte wie im Galopp die Welt.
Sluderno festeggia
Sluderno è il luogo di nascita del primo cavallo avelignese („Haflinger“) riconosciuto. Nel 1874, a Sluderno nacque il puledro „Folie 249“, che segnò l'inizio di un magnifico programma di allevamento di Haflinger in Val Venosta e in Alto Adige. Quest'anno a Schluderns si celebra il 150° anniversario della nascita del puledro e i figli di „Folie 249“ erano adatti non solo come animali da tiro e da lavoro abili e di buon carattere, ma anche come cavalli da equitazione. Avelengo (Hafling) divenne una roccaforte dell'allevamento.
Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau
von Karin Thöni
Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes Menschen erhöht sich kontinuierlich. Gletscher gehen zurück, Schnee als Wasserspeicher wird dürftiger. Doch ohne Wasser kein Leben.
Die Menschen im Vinschgau wussten schon immer mit dem knappen Gut zu haushalten. Machen wir uns auf den Weg des Wassers in unserem Tal.
Sizilianische Trockenheit. Der Vinschgau ist umgeben von einer Vielzahl an Dreitausendern, hohe Gebirgsketten schirmen das weite Tal gen vielen Himmelsrichtungen ab. Sie wirken wie riesige Regenschirme und viele Tiefs regnen sich an den Hängen schon weit vor dem Vinschgau ab. Das Tal wird treffend als „inneralpine Trockeninsel“ bezeichnet, mit weniger als 500 Millimeter Niederschlag im Jahr und fast 300 Sonnentagen. So ist es im Vinschgau ähnlich trocken wie in Sizilien. Fünfzig Grad Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht sind an den Sonnenhängen keine Seltenheit. Die Natur hat sich daran meisterhaft angepasst.
An diesen Südhängen, dem Sonnenberg, wachsen nicht umsonst mediterrane und zentralasiatische Pflanzen: Robinien, Flaumeichen, Kastanien, Eschen, Berberitzen- Sanddorn- und Wacholdersträucher… und doch mussten die Kulturpflanzen, mussten Äcker mit Getreide und Buchweizen, mit Flachs und Kartoffeln bewässert werden.
Wasser- Waale. Not machte erfinderisch und so durchzieht den Vinschgau noch heute ein ansehnliches Netz an Waalwegen. Uns dienen sie heute zum Wandern und natürlich sind sie auch schön anzusehen, doch für die Bergbauern waren sie das Ergebnis der blanken Not. Die bäuerliche Bevölkerung legte die kilometerlangen Waalwege ab dem 13. Jahrhundert zur Bewässerung von Wiesen und Äckern an, denn ohne kontinuierliche Bewässerung keine Ernte. Manche Streckenführung mutet heute sonderbar an, manche ist spektakulär, aber jede erfüllt ihren Zweck. Das wertvolle Nass zweigte man von Bächen hoch oben in den Bergen ab und leitete es in die Waale ein. So geschieht das auch heute noch.
Wertvolle Auen. Die junge Etsch entwässert den Vinschgau, schlängelt sich von Reschen durch das Etschtal hinunter nach Trient, Verona und mündet dann südlich von Chioggia in das Adriatische Meer. In weiten Teilen hat man der Etsch ihre Wildheit genommen und Auen und Schwemmland trocken gelegt. Doch es gibt noch Ecken, an denen sich das Früher erahnen lässt. So kann man in den Schludernser Auen einiges erfahren und sehen: besondere Tiere, Aupflanzen, Sagen und Geschichten rund um das jetzige Biotop. Auch die Prader Sand, ein Biotop am Fuße des Stilfserjochs, ist eine der letzten Auenlandstriche in Südtirol. Durch ihn führen drei Wanderwege.
Familientipp. Du suchst einen gemütlichen Rundweg mit Lerneffekt? Seit diesem Frühjahr ist der Natur- Erlebnispfad im Biotop unterhalb von Schluderns eröffnet worden. 15 Schautafeln geben Informationen über die Lebensräume des Auwaldes, ein Forschungsrucksack und Spiele am Wegesrand machen die Runde auch für Kinder spannend. Mehr dazu in den Büros der Ferienregion Obervinschgau.
Kristallklare Bergseen. Verfolgt man den Weg des Wasser weiter von unten nach oben, dann stößt man über kurz oder lang auf die vielen Seen des Tales: Stauseen, Naturseen im Talboden und eine Vielzahl von Bergseen in allen Größen, Formen und Farben.
Viele Gebirgsseen sind bekannt und beliebt, viele noch ein Geheimtipp oder schwerer zu erreichen.
Jedes Seitental und -tälchen hat seinen Bergsee oder gar mehrere. Die allermeisten dieser Seen sind durch Gletscher entstanden, die in den Fels Eintiefungen auswuschen, sogenannte Kare. Oder es staut sich nach dem Gletscherrückzug das Wasser hinter einer Endmoräne auf und ein See entsteht. Jedenfalls bilden sich immer mehr Gletscherseen, auch eine Folge des Gletscherschwundes. Einige bleiben über den Sommer erhalten, einige trocknen aus und füllen sich erst wieder zur nächsten Schneeschmelze.
Aber warum sind die meisten Bergseen so außergewöhnlich klar? Seen auf dieser Höhe sind sehr kalt und häufig nährstoffarm und deshalb meist ungetrübt. Fische haben hier kaum eine Chance.
Doch Bergseen sind nicht immer nur klar und strahlend blau, es gibt auch die milchig matt-türkisen Varianten.
Gletschermilch? Hier hat das Gletscher-Schmelzwasser seine Hände im Spiel: wie ein riesiges Schleifpapier trägt der Gletscher Gesteinspartikel ab und dieses „Gletschermehl“ gelangt mit dem Schmelzwasser in den See. Halten sich die Partikel wegen geringem Zu- oder Ablauf nicht so lange im Wasser, erscheint der See in einem kristallklarem Türkis. Bei mehr Bewegung bleiben die Partikel in der Schwebe und der See erscheint milchig und matt, aber immer noch türkis, Gletschermilch eben.
Die Farbe sagt also viel über den See aus. Aber auch andere Faktoren spielen mit: Tiefe, Umgebung, Bewölkung, Algenanteil und das Licht.
Buchtipp. Ein überaus schönes Buch über Bergseen in den Alpen ist „Lagunen der Alpen“ von Thomas Kargl. Die Schönheit der Alpengewässer wird in Bildern festgehalten, auch beantwortet das Buch viele Fragen über Hochgebirgsseen und ihre Farben.
Seen- Wandertipps.
Im Vinschgau hat man so die Qual der Wahl, denn Bergseen gibt es jede Menge:
- der unbekannte Kappler Schwemmsee (2599 m) in Langtaufers
- der leicht über den Watleslift zu erreichende Pfaffensee (2240 m)
- der kristallklare Upisee (2550 m) in einem Seitental des Matschertales
- der Furkelsee (2770 m) oberhalb der Sesvennahütte in Schlinig
- die Saldurseen (von 2500 m bis 2900 m), dem höchst gelegenen Seenplateau der Alpen, fünf Seen in allen Farben
- der Matscherjochsee (3188 m) als höchst gelegener Bergsee der Alpen
- die Litzer Seen (2674 m) hoch über Alitz und Tanas
- der Göflaner See (2525 m) am Vinschger Nörderberg
- die Flimseen (2792 m) und der Grün- und Gelbsee (2740 m) im Martelltal
- der Tarscher See (1921 m) inmitten dem Tarscher Almwald
- der selten besuchte Hungerschartensee (2713 m) im Schnalstal
- der Kortscher See (2511 m) im malerischen Schlandrauntal
- der Zirmtalsee (2115 m) von Freiberg aus bei Kastelbell direkt an der Zirmtaler Alm
- die farbenfrohen Spronser Seen (von 2117 m bis 2589 m) in der Texelgruppe oberhalb von Partschins
Und auch hier gilt: Rücksicht nehmen auf die Natur und das empfindliche Ökosystem- auch wenn der Sprung in den kalten Bergsee im Moment Instagram tauglich ist.
Museumstipp.
Du möchtest mehr mehr über die Waalwege, das „Wasserwosser“ und den Waaler wissen? Ein Besuch im Vintschger Museum in Schluderns ist einen Umweg wert. Hier kannst du den Vinschgau und seine Bevölkerung verstehen lernen: Waale, Räter, Römer, Schwabenkinder und Haflingerpferde. Aufschlussreich und unterhaltsam präsentiert sich das Museum der Vinschger. Mehr Infos:
Musui.it/vuseum
L'acqua in Val Venosta
La Val Venosta è circondata da una moltitudine di cime di tremila metri, alte catene montuose che schermano l'ampia valle in molte direzioni. Esse agiscono come giganteschi ombrelli e molti sistemi di bassa pressione piovono sui pendii molto prima della Val Venosta. La valle è giustamente descritta come un'“isola secca delle Alpi interne”, con meno di 500 millimetri di precipitazioni all'anno e quasi 300 giorni di sole.
Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg.
von Maria Raffeiner
Genüsslich durch die Landschaft rollen und sich den Wind um die Nase wehen lassen: Ganz egal, ob Sie motorunterstützt oder durch die pure Muskelkraft vorwärtskommen, Hauptsache, Sie haben Spaß dabei und Freude daran. In drei Jahreszeiten treten Tausende im Vinschgau in die Pedale, mancherorts lässt sich sogar im Winter Rad fahren. Die Radler:innen sind am Vinschger Radweg anzutreffen, der als Teilstück der Via Claudia Augusta Reschen mit Meran verbindet. Um die flachen oder abwärtsfallenden Etappen anspruchsvoller zu gestalten, können Sie ausscheren und sich Dörfer oder Aussichtspunkte erarbeiten, die abseits vom Radweg gelegen sind. Auch Mountainbiker:innen kommen auf ihre Kosten, denn höher gelegene Touren und Trails zum Runterbrettern gibt es im Vinschgau in allen Schwierigkeitsgraden. Im Wald und an der Etsch begegnen sich Gäste und Einheimische. Was auffällt: Klapprige Fahrräder waren gestern. Heute gibt die feinste Technik den Ton an. Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad: Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel. Rund um den boomenden Tourismuszweig entstehen Bike-Hotels, es bieten Shuttles und ausgebildete Bike-Guides ihre Begleitung an, und wer ohne Fahrrad reist, findet an Rad-Verleihstationen, im Hotel oder in Bikeschulen das passende Exemplar. Dem Aktivurlaub steht nichts im Wege, nicht einmal eine kräftige Brise Vinschgerwind. Sichere Fahrt!
Info:
- Kombiticket „bikemobilcard“: unbegrenzte Fahrt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln + ein Leihrad für einen Tag (exkl. Transport des Fahrrades!) Verleihstationen an Vinschger Bahnhöfen: Südtirol Rad/Papin Sport/Südtirolbike
- Hoch hinaus im Dreiländereck
am Reschenpass:
https://www.peak3.eu
- Bikeschule „vinschgauBIKE“, Goldrain:
https://vinschgaubike.com
- Zusammenschluss von Betrieben und Bikeprofis, Latsch:
www.bikereldorado.com
- Ötzi Bike Academy, Naturns: https://vinschgaubike.com
„Angenehmes Unterwegssein“
In der Nähe von Gottfrieding liegt Dingolfing, bekannt für sein BMW-Werk. Doch Autos waren für das Ehepaar an diesem Wochenende unwichtig, lieber schwang es sich in den Sattel. Los ging es am Fuße der Zugspitze, im österreischischen Ehrwald. Der antiken Handelsroute Via Claudia Augusta folgend, peilten sie die Alpenüberquerung an und radelten, umgeben von den Tiroler Bergen, über Ried bis nach Südtirol. Mit dem Wetter hatten sie „super Glück“. Gerastet wurde diesseits des Reschenpasses in Burgeis. Heute führt sie die Zieletappe bei strahlendem Wetter nach Meran. Der für morgen angekündigte Regen macht ihnen zwar einen Strich durch die Rechnung, doch sie nehmen es gelassen: „Die Hotels sind gebucht, wird ziehen das durch.“ Retour geht es nämlich auch per Fahrrad, einzig von Meran nach Mals steigen sie auf die Bahn um. Danach pedalieren sie zurück bis Ehrwald. Den Vinschgau kennen die Radreisenden schon, er sei nicht überlaufen und gerade mit dem Rad ließe sich die schöne Landschaft intensiv erleben. Längere Radtouren mit Packtaschen unternehmen sie öfters, wobei die E-Bikes etwas gemütlicheren Fahrspaß ermöglichen. „Größere Steigungen sind jetzt kein Problem mehr“, schmunzelt Erich, „im Gegensatz zu früher, als wir uns noch raufbeißen mussten.“ Zuhause sind sie Teil einer Radlergruppe, mit der sie gerne unterwegs sind. Von drei Gegenständen möchten sie sich bei ihrer Radreise nicht trennen: Regenjacke, Ladegerät und Packtaschen.
Erich und Beate Nunweiler aus Gottfrieding, Niederbayern
„Sport kombiniert mit Ausflugserlebnis“
Eigentlich erzählt schon die schlammbespritzte Ausrüstung der drei Freunde einiges vom gerade erlebten Abenteuer. Bei einer Pause in der Bar berichten sie: „Wir sind spezifisch zum Biken hergekommen.“ Den anspruchsvollen „Propain Trail“ am Schlanderser Sonnenberg haben sie heute schon gerockt. Sie geben sich bescheiden, später lese ich, dass „enge Kehren die Fahrtechnik fordern“. Danach hatten sie die Talseite gewechselt und sich vom Shuttle zum Startpunkt des „Holy Hansen Trails“ bringen lassen, um dessen Flow zu erleben. Daheim wie im Urlaub fühlen sich die Downhiller:innen vom Fahrgefühl und der Freiheit angezogen, dazu komme man bei dieser Sportart raus in die Natur. Die Vinschger Trails finden sie gut angelegt, wobei sie sich wundern, dass nicht noch mehr los sei. „Dafür, dass es hier so cool ist, treffen wir nicht so viele Biker:innen. Positiv sahen wir das Miteinander von Wanderern und uns auf dem Bike. Entweder haben wir angehalten oder sie, immer war es total freundlich und es ist schön, dass beide da sein dürfen.“ Als Unterkunft haben die drei den Camping Vogelsang in Schlanders ausgewählt, ein passender Startpunkt für ihre Touren, die sie bis nach St. Martin und auf die Tarscher Alm führten. Anna fasst zusammen: „Wir sind drei Tage durchgefahren, jetzt sind wir fertig.“
Elen, Anna, Philip aus Ravensburg
„Rad fahren ist Entspannung pur“
Schon als Kind ist Siwan zur Schule geradelt, als Abiturientin zur „Penne“, als Studentin zur Uni. An eine Radreise erinnert sie sich besonders gut, sie verlief von Bremen nach Amsterdam und retour. Nicht an allen Wohnorten klappte das Fahrradfahren zur Arbeitsstelle gleich gut, etwa in Madrid sei es nur etwas „für Lebensmüde oder besonders Wagemutige“ gewesen. Doch in Dresden, Berlin und Brixen habe sich prima radeln lassen. Als sie im Vinschgau ankam, genauer in Stilfser Brücke, war für ein paar Jahre aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ans Fahrrad zu denken. „Zu viel Berg für einen Menschen mit körperlichen Einschränkungen.“ Mit dem Umzug nach Eyrs änderte sich das, die Freizeit verbrachte sie in der Talsohle von nun an oft auf dem Fahrrad. Dank E-Bike legt Sivan den Weg zur Arbeitsstelle, die Strecke Eyrs-Mals, beschwingt auf dem Rad zurück, sofern das Wetter es zulässt. Gelegen kam ihr das Projekt „Nui denkn - ebike2work“ der Gemeinde Mals. Bürger:innen bzw. Einpendler:innen bekommen gegen eine Leihgebühr ein E-Bike für ein Jahr. Das nutzte sie und „die Strecke wird kürzer, je öfter ich fahre.“ Dazu kommt der Genuss der Landschaft: „Ich kann die Vögel beobachten, Nebel aus den Wiesen steigen sehen, den Fluss plätschern hören“, schwärmt sie, „auch mal anhalten oder eine andere Variante fahren. Morgens seien nicht viele Menschen auf dem Radweg unterwegs. Im Frühjahr und im Herbst bleibe es auch gegen Mittag/Nachmittag ruhig. Erst wenn es wärmer wird, treffe man auch mal Sportler oder Radtouristen. Die neue Entwicklung der E-Bikes mache sie froh, da sie besonders Menschen mit Einschränkungen enorm dabei unterstützt, mobil zu bleiben oder zu werden. Daher steht fest: „Wenn ich alt bin, möchte ich ein E-Dreiradl, stecke einen Wimpel auf wie früher und dann ab zur Eisdiele.“
Sivan Schewitza, Eyrs
„Eine andere Perspektive“
Die roten Fahrradtaschen stecken schon von Weitem ins Auge. Da ist jemand vollbepackt, noch dazu arbeitet er sich auf einem herkömmlichen Fahrrad voran. Gestern in Innsbruck gestartet, verlief die Reise über den Brenner nach Bozen. Nach einer Übernachtung im Freien radelt der Tiroler Krankenpfleger heute der Etsch entlang, erstmals trägt ihn sein Rad in den mittleren Vinschgau. Noch weiter hinauf soll es heute gehen, bis nach Glurns. Morgen steuert er wieder Innsbruck an. Bei einer kleinen Verschnaufpause zieht er ein Zwischenresümee über dieTour: „Überrascht bin ich von den schönen Rastplätzen. Viele Radwege sind mir in Erinnerung, die nicht einmal Wasserstellen bieten. Das ist hier anders.“ Landschaftlich fielen ihm im Unterschied zu Nordtirol die vielen Apfelbäume auf. Was sich dem Radreisenden noch biete? „Eine andere Perspektive. An so ein schönes Plätzchen [Fischteich Brugg] komme ich gar nicht, wenn ich den Vinschgau mit dem Auto passiere. Ich würde es nicht wahrnehmen.“ Österreich hat sich Christian Prem schon erradelt, der Mur, Enns, Donau, Drau entlang. Zu seinen schönsten Raderfahrungen zählen Touren auf Korsika. Dankbar ist er für die gute Übersetzung bei seinem Rad, das erleichtere die Fahrt enorm. Normalerweise führe er mehr Reparaturmaterial mit, diesmal komme er mit wenig aus. Wo wolle er denn noch mehr Zeug transportieren, frage ich ihn ungläubig. Das Gewicht, das er mitführt, dürfte nicht gering sein. „Ich habe alles dabei, um jederzeit dort zu bleiben, wo es mir gefällt.“ Er deutet auf die wasserdichten Taschen, in denen Zelt, Kleidung, Kochtöpfe verstaut sind. „Was heißt denn forza?“, fragt er mich. Ein italienischsprachiger Radlerkollege hat ihm heute wohl anerkennend viel Kraft und einen guten Tourenverlauf gewünscht.
Christian Prem, Jenbach
„Fans vom Vinschger Radweg“
Schon auf den ersten Blick erscheinen Stefan und Irene durchtrainiert. Sie könnten für die vielen Sportler:innen stehen, die mir heute beim rasanten Training auf ihren Rennrädern begegnet sind. Da es unmöglich ist, sie in voller Fahrt zu bremsen und um ein Gespräch zu bitten, bin ich froh, die beiden bei einer entspannten Trinkpause im „Vis á Vis/Bamboo“ in Goldrain anzutreffen. Welche Größen sie im Sport waren und sind – Disziplin Berglauf – wird mir erst etwas später klar. Auf ihrem Montainbike mit Slickreifen bzw. seinem Gravelbike haben sie heute die Strecke Lana-Goldrain zurückgelegt. Ihre Begeisterung für den Sport wirkt sofort ansteckend. Vom klassischen Vinschger Radweg sind sie überzeugt. „Die Landschaft ist toll, der Weg ist geradlinig, jedoch ohne langweilig zu werden, einfach ein guter Mix,“ findet Irene. Für Stefan soll ein guter Radweg vor allem auch für Berufstätige nutzbar sein, daher sollte er nicht zu viel in die einzelnen Dörfer führen. Man könne dorthin, wenn man aus Freizeitgründen wolle, doch um den Verkehr zu reduzieren und Menschen aufs Rad zu bewegen, brauche es gut durchdachte Radwege. Irene schätzt an den Radwegen, wenn mit kommuniziert wird, was es abseits der Strecke zu entdecken wird, denn dann kehre man gerne ein. Auf einen Tourentipp angesprochen, kommen die beiden auf das Stilfser Joch zu sprechen, und zwar empfehlen sie den autofreien Tag, an dem die Passstraße auf der Bormianer Seite den Biker:innen gehört. (Heuer: 14. Juli!) Dementsprechend wenig los sei dann verkehrstechnisch auf der Südtiroler Seite. Indem Stefan auf sein Radtrikot weist, schwärmt er von einer weiteren unvergesslichen Tour, der Tour D'Ortles. Frei von Wettkampfgedanken und organisiert vom athletic club merano findet sie heuer zum 33. Mal statt. Freilich ist auch dieses alpine Bikeerlebnis nur etwas für trainierte Waden ohne E-Unterstützung: 250 km, 4 Pässe, 5700 Höhenmeter. Gestartet wird das anspruchsvolle Randonnèe in Meran, durch den Vinschgau führt die Route aufs Stilfserjoch, dann über Gavia und Tonale Pass über den Gampen wieder nach Meran. „Eine total schöne Idee,“ findet Irene, doch Stefan legt als Finisher nach, es sei „auch kein Honigschlecken.“ Unser Gespräch könnte sich noch lange fortsetzen, denn Sport, vermengt mit Emotion und sprühender Energie, bietet viele Geschichten. Hike & Bike wäre noch so ein Thema, also die Mischung von Mountainbiken und Wandern. Dafür braucht es im Idealfall kein Auto. Zu Blechlawinen und aus dem Ruder gelaufenem Tourismus weiß Stefan als gebürtiger Sextner einiges zu berichten. Im Vergleich dazu gebe es im Vinschgau kein Zuviel an Gästen und Strukturen. So darf es gerne bleiben, damit weiterhin alle auf ihre Kosten kommen.
Stefan Tschurtschenthaler, Sexten, und Irene Senfter, Lana
Gemütlich einkehren
Während oder nach der Radtour laden gemütliche Dorfcafés oder Lokale in der Nähe des Vinschger Radwegs zum Verweilen ein. Besonders nah liegt das „Restaurant am Teich“ am lauschigen Prader Fischerteich in Spondinig, das Restaurant„Fischteich Brugg“ zwischen Laas und Göflan, die „Platzl Bar“ in Göflan an der rauschenden Etsch und die „Radbar“ zwischen Staben und Naturns. Empfehlenswert ist der ein oder andere Abstecher in die Ortszentren, die meist nur einige Minuten vom Radweg entfernt liegen. Umwege werden mit kulturellen Besonderheiten in schmucken Dörfern belohnt – vielleicht entdecken Sie bei einem Schlenker gar eine Eisdiele oder
Konditorei? Viel Vergnügen bei Ihren Erkundungstouren auf zwei Rädern.
Tipps
- Der klassische Etsch Radweg:
80 km vom Reschenpass nach Meran oder weiter bis Bozen, Trient oder gar Verona. Genuss pur! In kleineren Etappen gut machbar.
- Mals-Müstair: Dem sprudelnden Rambach entlang hinein in die Schweiz - mit Blick auf kunsthistorische Perlen!
- Mit dem MTB oder E-MTB auf die Almen: Über die „Bike Highline Meran“ fahren Sie von der Marzoner Alm bis zum Vigiljoch quer über den Nörderberg. Talwärts geht’s über knackige Trails oder Forststraßen. Für geübte Höhenbiker:innen, ca. 20 km.
- Holy Hansen Trail, Göflan: Adrenalin garantiert – für erfahrene und gut geschützte Trailfans! 9 km, 950 Höhenmeter vom Haslhof bis Göflan. Versprochen wird: Flow pur. Gebaut von vinschgauBIKE!
- Bike & Hike: Ins malerische Schlandrauntal radeln und dann, kurz vor dem Talschluss, das Rad absperren und per pedes zum Kortscher See aufsteigen. Socken aus, Füße rein, herrlich!
- Stadt & Fahrrad: Urlaub und Drahtesel gehören für mich eng zusammen. Nicht wegen der sportlichen Herausforderung, sondern wegen der ungewöhnlichen Perspektive, die eine Stadt schneller begreifen und tiefer ergründen lässt. Kreuz und quer durch München, Wien, Linz, Ljubljana, Ferrara …, einfache Touren auf Elba, Sardinien oder in Kroatien: Man ist schneller als zu Fuß, wachsamer als in den Öffis, erkennt gute Radstrukturen, bekommt immer einen guten Tipp von freundlichen Einheimischen und ist irgendwann so weit: Nicht ohne mein Bike! Diese Er-Fahrung klappt auch vorzüglich in Meran, Bozen oder Brixen!
Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair
von Christine Weithaler
Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November 2023 in der Züricher Kronenhalle zum Historisches Hotel 2024 ausgezeichnet. Damit würdigte ICOMOS (International Council on Monuments and Sites) den 1254 erstmals erwähnten Gasthof. Das fast 770 Jahre alte Hotel an der Verbindungsachse Ofenpass Graubünden und Südtirol blickt auf eine bewegte Geschichte zurück.
Benedikt Fontana, ein Bündner Vogt und Ministerialer, schwor seine Truppen vom Balkon des Hotels 1499 für die Calvenschlacht (Battaglia da Chalavaina) ein.
Nach der Wiedereröffnung als Hotel in den 1960er Jahren suchte Eigentümer und Gastgeber Jon Baptista Fasser 2021 eine Nachfolge. Es wurde die Stiftung Chasa Chalavaina mit Giorgio Gadola als Präsident gegründet. Diese übernahm 2022 das Hotel und wollte bei den Umbauarbeiten den ursprünglichen Charakter der 18 individuelle gestalteten Gästezimmern, der Gaststube aus Arvenholz, der von Ruß schwarz gefärbten Küche und dem großen Garten hinter dem Haus bewahren.
Auch die benachbarte Stiftung Pro Kloster St. Johann mit Walter Anderau als Präsident und Uli Veit als Geschäftsführer setzte alles daran, das Ensemble von Kloster und Hotel um den Plaz Grond zu erhalten.
Das Benediktinerinnenkloster St. Johann gilt seit 1983 als Welterbe der UNESCO. In den Führungen erfahren wir 1200 Jahre Kloster-, Kunst- und Baugeschichte. Die Benediktinerschwestern gewähren Einblick in ihr Kloster und Leben einst und heute.
An der Rezeption des Hotels begrüßen uns neue Möbel, ein wunderschön gewebter Teppich und ein freundliches Lächeln. Wenig Kunst ist an den Wänden perfekt platziert. Uli Veith, Quereinsteiger in der Hotellerie, führt das Hotel stilsicher und mit Liebe an den Menschen. Er wollte die alten Räume sanft renovieren, weg nehmen was zu viel war und wesentliches belassen. Aus alten Leinen wurden neue Vorhänge genäht.
Die Tischwäsche und die Schürzen für die Mitarbeitenden sind in der Handweberei Tessanda im nahen Santa Maria entstanden. Der 1928 gegründete Handwerksbetrieb stellt Gewebe auf den traditionellen hölzernen über hundertjährigen Webstühlen her. Die Weberei und das dazugehörige Geschäft sind einen Besuch wert.
Ottavia’s Zimmer, der bereits verstorbenen Schwester von Jon Fasser, mit der er das Hotel in zweiter Generation führte, wurde ein wunderschöner Aufenthaltsraum.
Die Holzböden wurden geschliffen und es riecht nach den einladenden Gerichten der ständig wechselnden kleinen Karte. Der Südtiroler Chefkoch Oliver Thialer, kocht mit den Zutaten die da sind, nachhaltig, regional und innovativ.
Im Hotel, um Haus und Garten sehen wir die Geschicke vieler fleißiger Hände. Der weitläufige Garten hinter dem Haus ist mit seinem Sommerflor und der Stille des Ortes ein Rückzugsort für jede:n.
Das reichhaltige Frühstück und die abwechslungsreiche Abendkarte können auch Gäste von außerhalb des Hotels mittels Vorbestellung genießen.
Die Küche verwendet Kräuter, Obst und Gemüse die im Garten wachsen, was sie sonst noch benötigt findet sich im Tal.
Johannes Fallet, der Pächter des Hofes des Benediktinerinnenklosters St. Johann baut Bergroggen, Gerste, Weizen und Hafer an. Ein Teil der Heumilch verarbeitet die Molkerei Chascharia Müstair zu Käse, der im Klosterkeller reift und von Uli Veith gepflegt und affiniert wird. Der Käse kann im Hotel genossen und im Klosterladen gekauft werden. Der Hof liefert Frischfleisch wie auch die Bio- Generationengemeinschaft Lamprecht Rico und Reto, welche auf ihren beiden Bio-Höfen Mutterkuhhaltung betreiben. Carmen und Reta Lamprecht liefern das Fleisch des schwarzen Alpenschweins. Landwirt Sebastian Althaus vom Hof Sur Fuldera produziert Bio Natura Beef wie auch Landwirt Isidor Sepp und seine Frau vom Pauraria Puntetta. Aus deren Garten kommt auch Gemüse und Salat. Eier, Fleisch vom Kitz kommen vom Hof Bain Bun von Janic Andrin Spinnler und Maisha Joss. Die Destillate entstehen in der Manufaktur der Familie Beretta. Die Weine stammen aus der Bündner Herrschaft oder dem Südtirol, das Bier von der Brauerei Tschlin. Zudem wird frisches Biosfera Wasser serviert. Brot, Honig und süße Aufstriche haben ihren Ursprung ebenfalls im Tal.
Alle Lieferanten produzieren mit Respekt vor Menschen, Tieren, Boden und der Natur. Das Wissen, die Erfahrung und Leidenschaft über die Produkte der Lieferanten und die Geschichte rund um das Hotel und Kloster wird mit den Angestellten des Hotels geteilt. Saisonal und regional bekommt hier eine weiterführende sinnhafte Bedeutung.
von Annelise Albertin
Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc Naziunal Svizzer“, und dem Vinschgau. Zusammen mit dem Nationalpark und Teilen der Gemeinde Scuol bildet es das erste hochalpine UNESCO Biosphärenreservat der Schweiz und wurde als Naturpark von nationaler Bedeutung ausgezeichnet.
Mit dem UNESCO Welterbe Kloster
St. Johann in Müstair beherbergt es zudem ein kulturelles Juwel, welches ihm internationalen Ruhm beschert. Hier begegnen sich benediktinischer Alltag, Kulturpflege, Kunst und Forschung. Die Klosterkirche weist den grössten frühmittelalterlichen Freskenzyklus der Welt auf und im Klostermuseum wird 1200-jährige Geschichte lebendig. Das Kloster St. Johann wird immer noch von einer kleinen Gruppe von Benediktinerinnen bewohnt, die in seinen Mauern ihren klösterlichen Alltag leben.
Natur pur auf vielseitige Art erleben
Hier in diesem Bergtal, abseits der grossen Touristenmetropolen, kommt keine Langeweile auf. Eine Vielzahl von Natur- und Kulturerlebnissen, die mit einheimischen Guides oder auf eigene Faust unternommen werden können, machen jeden Aufenthalt zu etwas Besonderem.
Das gut markierte Wanderwegnetz lässt keine Wünsche offen. Von der anspruchsvollen Gipfelbesteigung bis zur leichten Talwanderung findet jeder Gast die passende Tour. Zu den nennenswerten Highlights zählen neben vielen anderen Routen das Hochtal „Val Mora“, der Bergsee „Lai da Rims“ und der Höhenweg „senda Val Müstair“. Themenwanderungen und Wanderungen im Schweizerischen Nationalpark, wo Wildtiere in ihrem Lebensraum beobachtet werden können, sind abwechslungsreich und besonders auch bei Familien beliebt (val-muestair.ch/wandern).
Auf barrierefreien und kinderwagentauglichen Wegen kann die Naturlandschaft problemlos auch auf Rädern erkundet werden (val-muestair.ch/barrierefrei).
Mountainbikerinnen und Mountainbiker kennen und lieben das Val Müstair, handeln es aber gerne als Geheimtipp unter sich. 150 Bikekilometer zwischen Himmel und Nationalpark. Das gelbe PostAuto stellt die lückenlose Erschliessung sicher (val-muestair.ch/mountainbiken).
Wussten Sie, dass sich im Val Müstair jedes Jahr die Schmetterlinge zu ihrem „summer of love“ treffen? Denn die Farbenpracht der Blumenwiesen im Tal in ihrer seltenen Artenvielfalt und die voll erblühten Alpweiden sind nicht nur für Botaniker und Blumenliebhaber ein Anziehungspunkt. Hier gedeihen noch Blumen und Pflanzen, seltene Orchisarten und Kräuter, die andernorts kaum mehr zu finden sind.
Ausgewählte Tipps für Ihre Ferien
Der Naturpark Biosfera Val Müstair hält für seine Gäste ein abwechslungsreiches Angebot an Ferienerlebnissen bereit, die von ausgebildeten Guides geführt werden (val-muestair.ch/ferientipps).
Sommerevents wie der kleine aber feine wöchentliche Sommermarkt in Sta. Maria mit einheimischen Produkten, kulturelle Veranstaltungen und Konzerte sorgen für unvergessliche Ferienmomente.
Das Tal ist nicht nur reich an Naturschätzen, es hat auch etliche kulturelle Perlen und Sehenswürdigkeiten in allen Dörfern zu bieten wie das Museum im Kloster St. Johann in Müstair, die Mühle Mall in Sta. Maria, eine der ältesten funktionstüchtigen Mühlen in der Schweiz, die Handweberei Tessanda in Sta. Maria, das Museum 14/18 verbunden mit dem militärhistorischen Wanderweg Umbrail/Stelvio, das Museum Chasa Jaura in Valchava und nicht zuletzt die Ortschaften selber mit ihren sgrafittiverzierten Häusern.
Erntedankfest – Festa da la racolta Val Müstair – 500 Jahre Graubünden
Traditionell wird am 1. Sonntag im Oktober in Valchava das Erntedankfest gefeiert. Das diesjährige Fest ist dem Thema «500 Jahre Freistaat der Drei Bünde» gewidmet, dem mit einem Theater und einem Festakt zum Jubiläum besondere Beachtung zukommt. Ein ökumenischer Gottesdienst im Freien macht den Auftakt gefolgt von einem bunten Festumzug und fröhlichem Markttreiben im ganzen Dorf, wobei auch die Gaumenfreuden nicht zu kurz kommen. Gäste aus Nah und Fern lieben das Erntedankfest und besuchen es immer wieder.
Info:
Es hat Platz genug - man muss ihn nur machen. Damit Wanderer und Biker einen toleranten Umgang untereinander pflegen, gelten im Val Müstair folgende Verhaltensregeln:
Unterwegs auf Rädern…
- machen Sie sich mit der Glocke frühzeitig bemerkbar.
- lassen Sie den Wandernden immer den Vortritt.
- passieren Sie im Schritttempo oder steigen Sie kurz ab.
Zu Fuss unterwegs…
- wissen Sie, dass Sie Vortritt haben.
- gehen Sie zur Seite, wenn genug Platz vorhanden ist.
- behindern Sie die Bikenden nicht unnötig.
Informationen zu allen Angeboten, Dokumentationen und Wanderkarten:
Gäste-Information Val Müstair,
Tel. +41 81 861 88 40, www.val-muestair.ch,
info@val-muestair.ch
Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico.
Testo e Foto: Gianni Bodini
Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in cemento e da teli antigrandine a scandire buona parte del paesaggio venostano. Ma fino a pochi decenni fa si alternavano prati, vigneti, albicocchi ed estesi campi di cereali: la Val Venosta era il granaio del Tirolo e la segale era l’autentico cereale di montagna. Era resistente alle intemperie, si accontentava di terreni poveri e di poca acqua: insomma la coltivazione ideale per questa vallata alpina. Con la segale si preparava buona parte del pane (nero) per la popolazione, mentre con il frumento si cuoceva il pane (bianco) delle famiglie patrizie. In ogni caso la tradizione cerealicola in Val Venosta è antichissima: in diversi siti archeologici sono venute alla luce notevoli quantità di cereali, di macine e di falcetti risalenti ad oltre 3000 anni fa, ma il rinvenimento più sensazionale è stato quello di Ötzi, la famosa mummia venuta dal ghiaccio risalente a 5.300 anni fa: impigliati nei suoi vestiti sono stati rinvenuti alcuni di chicchi di grano! Il clima particolare di questa valle ha permesso la coltura di cereali a quote impensabili in altre regioni alpine: il maso di Finale a 1950 metri in Val Senales, ed il maso di Stallwies a 1931 metri in Val Martello hanno prodotto fino a pochi anni fa la segale. Oggi sono rimasti pochi campi di cereali, soprattutto in alta valle, e alcuni panettieri producono ancora il saporito pane di segale che abbinato a del burro di malga e alla marmellata di albicocche rappresenta la migliore merenda venostana, a chilometro zero!
Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst.
von Peter Tscholl
Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch und Goldrain/Morter öffneten am 1. Mai das Tor zur Anlage und Dr. Leo Andergassen führte die zahlreich erschienenen Besucher:innen zum Fundort des "Latscher Nibelungenliedes". Das Interesse war sehr groß. Es wurden vier Führungen angeboten, nur so konnte der starke Andrang bewältigt werden. 160 Besucher:innen nahmen insgesamt an den Führungen teil.
Was das Nibelungenlied und mit ihr die Burg Obermontani zur Zeit so attraktiv macht, hängt mit der Ausstellung "IMAGINE WORLDS damals, später, heute" zusammen. Im Kunsthaus Meran war die Latscher Nibelungenhandschrift I, Signatur mgf 474, bis zum 19. Mai ausgestellt. Die Handschrift war schon 1995 im Rahmen der Ausstellung Meinhard II. auf Schloss Tirol zu sehen. Damals wurde jedoch kaum Notiz von ihr genommen. Das Kunsthaus Meran hat es jetzt zustande gebracht, dass das Interesse an dieser Handschrift und an deren Auffindungsort neu entfacht wurde.
Die Geschichte von Montani
Dr. Leo Andergassen gab bei seiner Führung zunächst einen Überblick über die Geschichte der Burg Obermontani. Als Erstnennung datiert das Jahr 1228. Die Bischöfe von Chur übergaben am Martinstag 1228 die Burg "Montania" den Grafen von Tirol. Bei den Grafen von Tirol verblieb die Burg bis 1363. Mit dem Übergang Tirols an die Habsburger übernahmen diese die Herrschaft des Landes. Montani wurde einem gewissen Matthäus verliehen und es entwickelte sich ein eigenes Geschlecht, die Herren von Montani. Die Herren von Montani bestimmten die Geschicke der Anlage über 250 Jahre lang. Mit Balthasar von Montani erlosch das Geschlecht und die Grafen von Mohr kauften die Burg. Maximilian von Mohr, der 1647 die Burg übernahm, erwarb aus dem Erbteil seiner Mutter Susanne Freiin von Annenberg eine überaus umfangreiche Bibliothek. Darunter befand sich auch die Nibelungenhandschrift. Als mit dem Tod von Josef Alois Anton Carl Graf Mohr im Jahr 1833 auch die Linie der Grafen von Mohr erlischt, verkommen Burg und Bibliothek.
Der Geist von Montani
Die Spannung war groß, als Leo Andergassen die vielen Besucher:innen in das Innere der Burganlage führte. Man wurde positiv überrascht, erstens von der Größe und dem noch relativ gut erhaltenen Zustand der Anlage und zweitens von den vielen Details. So zum Beispiel von dem runden Wappenstein des Viktor von Montani und der Margaretha von Schrofenstein über der spätgotischen Loggia im Innenhof. Nach 1520 wurden die Burgen des Adels zu Wohnschlössern umgebaut und häufig wurden an diesen Umbauten Reliefs mit den Wappen der Bauherrn angebracht. Der Bildhauer des Wappensteins über der spätgotischen Loggia war wahrscheinlich Wolfgang Taschner, ein spätgotischer Baumeister, der in der Gegend des mittleren Vinschgau aktiv war. Es ist schon beachtlich, was auf Montani geschaffen worden ist. Man spürt heute noch den Geist des Kreativen, den Geist des Schaffens, des Wohnraumschaffens. Die Burg muss stark bewohnt gewesen sein. Jede Generation hatte ihren Winkel für sich geschaffen, was an den verschiedenen Wohnebenen, den Räumen zur Aufbewahrung von Speisen und Getränken und den zwei Backöfen deutlich wird. Man kann sich gut vorstellen, wie Menschen hier gelebt und wie sie hier gewohnt haben. Was auf Obermontani vermittelt wird, ist ein Stück Wohnkultur. Man spürt noch den Geist des Lebens, den Geist von Montani. Die Burgruine Obermontani ist von Bedeutung, weil sie eine Brücke zur Geschichte darstellt, eine Brücke zu dem, was sonst nur theoretisch vermittelt wird.
Es war spannend und interessant die Burgruine Obermontani zu besichtigen, die so reich an Geschichte und Kultur ist. Besonders erfreulich war es, dass so viele Menschen Interesse gezeigt und an der Führung teilgenommen haben.
Das Nibelungenlied
1834 kam der Benediktiner P. Beda Weber auf Burg Obermontani und fand "unter zerstörten Fetzen von Büchern" die um 1320 entstandene, noch fast vollständig erhaltene Nibelungenhandschrift. Er erkannte sofort ihren Wert und erwarb sie zusammen mit anderen Schriften für 10 Gulden. Er verkaufte die Handschrift dann um das 20fache weiter und schließlich gelangte sie nach einigen Umwegen an die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz nach Berlin. Gottseidank muss man heute sagen, denn wäre sie auf Montani geblieben, wäre sie wahrscheinlich verloren gegangen.
Über viele Jahrhunderte hinweg wurde das Nibelungenlied mündlich überliefert. Aus früheren Zeiten ist nichts schriftlich überliefert. Erst ab etwa 1200 wurde es dann mehrfach aufgeschrieben. Inhaltlich kommen zum Teil Geschichten aus der altnordischen Überlieferung "Edda" vor, die von skandinavischen Götter- und Heldensagen erzählt.
Das Nibelungenlied wurde vergessen und wiederentdeckt. Die Wiederentdeckung fällt etwa in die Zeit der deutschen Romantik. Es tauchte bald das Schlagwort der deutschen Ilias auf. Da die deutsche Nation auf der Suche nach Selbstfindung war, stürzte man sich auf das Nibelungenlied. Man glaubte, mit ihm einen identitätsstiftenden Text für sich gefunden zu haben. Das Nibelungenlied wurde so etwas wie der Gründungsmythos der Nation Deutschland, der germanische Urmythos. Leider wurde es dann von den Nationalsozialisten Deutschlands mißbraucht. Inzwischen sind die drei vollständigen Nibelungenlied- Handschriften des 13. Jahrhunderts zum Weltkulturerbe ernannt worden.
Burgkapelle St. Stephan
Im Anschluß an die Führung von Leo Andergassen konnte man noch die Burgkapelle St. Stephan besichtigen. Auch sie erinnert, wie die nahegelegene Burg, an die Bischöfe von Chur. Auch in Chur gab es eine alte Stephanus Kirche und so übertrug man das Stephanus Patrozinium wahrscheinlich auch auf die churische Kapelle auf Montani. Die Burgkapelle St. Stephan mit ihren einzigartigen Wandmalereien wird auch als die "Sixtinische Kapelle des Vinschgau" bezeichnet. Aber die Wandmalereien alleine machen nicht das Besondere der Kapelle aus. Auffallend sind die vielen Kritzeleien in den Wandmalereien. Die älteste Datierung geht auf das Jahr 1458 zurück. Neben den Signaturen von Burginhabern finden sich auch Inschriften prominenter Adeliger, von Richtern, Geschichtsschreibern, Geistlichen und Lehrpersonen. Es gibt in Südtirol kaum einen sakralen Raum, der derart viele solcher historischer Graffitis aufweist, wie die Burgkapelle auf Montani. Man könnte sich tagelang darin aufhalten und sich damit beschäftigen. Die Burgkapelle ist zugänglich Freitag und Samstag von 14:30 bis 17:30 Uhr.