Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Katharina von Siena, 29. April 2022
In Zeiten, in denen täglich Negativschlagzeilen aus verschiedenen Wirkbereichen von uns Menschen überwiegen, freut es mich besonders, von einer vorbildhaften ökologischen Aufwertung zu schreiben.
Im Schgumser Badl, am schattigen Hangfuß des Vinschgauer Nörderberges nordöstlich von Tschengls in der Gemeinde Laas gelegen, ist im Schilfgürtel am Rande eines Schwarzerlenwaldes ein neuer, Grund- und Quellwasser- gespeister Teich als wertvoller aquatischer Lebensraum ausgebaggert worden. Der Teich wird sich besonders für Amphibien, Libellen und Wasser- und Schilf- bewohnende Vögel zu einem wertvollen Lebensraum entwickeln.
Lurche durch Pilzkrankheit gefährdet
In der Gegenwart macht den Amphibien oder Lurchen eine Pilzkrankheit nunmehr schon weltweit zu schaffen: 500 Arten von Amphibien sind in über 60 Ländern von der tödlich verlaufenden Chytridiomykose bedroht. Diese Krankheit wird vom Chytridpilz (Batrachochytrium dendrobatitis und Batrachochytrium salamandrivorans) hervorgerufen. Die Krankheit stammt ursprünglich vermutlich aus Afrika und konnte ex post bei einem Korallenfrosch aus dem Jahre 1938 nachgewiesen werden. Bei uns wurde der Pilz mit Terrarien-Tieren aus Asien eingeschleppt. In den Niederlanden hat der Pilz 90 % der Feuersalamander-Population hinweggerafft. Der Pilz frisst regelrechte Löcher in die Haut der Lurche und beeinträchtigt deren biologische Funktionen des Gas-, Flüssigkeits- und Mineralstoffaustausches sowie der Produktion von schützenden Hautsekreten.
Wertvolle Initiative
Die Initiative zum Teichaushub ist vom Bezirksforstinspektorat Schlanders und vom Südtiroler Landesamt für Natur, Bereich Erhebung, Planung und Monitoring ausgegangen und durchgeführt worden. Dieses konkrete Beispiel für Landschaftspflege und Lebensraumaufwertung ist ein besonders lobenswerter Fall für den Erhalt von Biodiversität durch die Verbesserung eines Lebensraumes. Erfreulich ist auch, dass die Zusammenarbeit mit der Umweltschutzgruppe Vinschgau und der Landwirtschaftlichen Schule in Burgeis angestrebt wurde und gelungen ist.
Zur Geschichte des Schgumser Badls
Das Schgumser Badl ist als Biotop Schgumser Möser seit 2006 als Landschaftsschutzgebiet des Landes Südtirol ausgewiesen. Im Areal entspringen Schwefelwasserstoffquellen („Stinkabrunnwasser“). Und vor dem Ersten Weltkrieg gab es das berühmte Gesundheitsbadl samt Hotel. Nach der Eröffnung der Vinschger Bahn im Jahr 1906 kamen Kurgäste mit der Eisenbahn nach Laas und wurden mit der Pferdekutsche vom Bahnhof ins Badl zur Kur gefahren.
Im Faschismus wurde das Areal enteignet, zum Munitionsdepot umgebaut und blieb bis in die 1990er-Jahre Staatseigentum. Im „Pulverlager“ wurden Munition und Bomben gelagert. Das Badl wurde militärische Sperrzone. Die Wachsoldaten kamen in 14-Tagesturnussen aus der Militärkaserne in Schlanders.
Mit dem Übergang von Staatsliegenschaften an unser Land wie den Militärkasernen von Mals, Glurns, und Schlanders, den Obervinschgauer Bunkern und dem Flugplatz von Schluderns kam auch das „Badl“ kraft einer Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut an das Land Südtirol.
Als militärisches Sperrgebiet war das Schgumser Badl jeder anderen Nutzung und Intensivierung über Jahrzehnte entzogen und die Natur sich selbst überlassen. Und Natur Natur sein lassen, hat einen mosaikreichen Lebensraum aus aquatischen und terrestrischen Elementen entstehen lassen. Weitum gibt es keine so alten Laubholzbestände aus Pappeln, Weiden, Schwarz- und Grauerlen wie im Badl. Besonders wertvoll ist auch der Wechsel von vernässendem Schilfröhricht, Laubwald, Hecken und Nadelwald. Die Dachgeschosse einiger Militärbaracken sind als sommerliche Kinderstuben von verschiedenen Fledermausarten bekannt. Die Quellrinnsale der Hangdruckquellen sind Laichplätze der Marmorierten Forelle. Totholzhaufen sind wertvolle Refugien für Mauswiesel, Igel, Zaunkönig und Rotkehlchen. Im Schilfgürtel singen Sumpf- und Teichrohrsänger. Graureiher sind im Gebiet schon seit längerem zu beobachten. Auch den Pupurreiher konnte ich zur herbstlichen Zugzeit selbst schon beobachten. Die auch im Winter nicht vereisenden Quellrinnsale ziehen immer wieder den Eisvogel an. Die Altholzbestände sind bedeutsame Specht-Biotope.
Das Gebiet am Übergang zum Fichtenhochwald mit Felsformationen ist sicher auch Lebensraum von Nachtgreifen. Es beinhaltet auch eine Trockenlahn, deren Beweidung in der kontrollierten Form zum Erhalt des abwechslungsreichen Mosaiks von Landschaftselementen weiterhin sinnvoll erscheint.
Ein besonderes Kompliment den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern in den genannten Landeämtern und den Freiwilligen und Umweltaktivisten. Es wurde mit sehr viel ökologischem Wissen und Sachverstand ein wertvolles Kleinod geschaffen. Dies ist bedeutsam, weil rundum ein intensiver Nutzungsdruck herrscht und Biodiversität der Arten nicht nur im entlegenen Gebirge, sondern besonders auch in der Talsohle erhalten werden muss.