Arbeit und Sparsamkeit prägten seine Kindheit, die sich einreihte in unzählige Kindheiten der damaligen Zeit. Bei aller Dürftigkeit hatten es Jakob Ainhauser und seine Geschwister doch gut, denn sie konnten alle verhältnismäßig lange zu Hause bleiben. Die Schwestern wurden früher in Dienste geschickt als er und seine Brüder.
Die Schulpflicht erfüllte er in Durnholz, wo der Unterricht in jener Zeit, für ihn zur Gänze, nur in Italienisch gehalten wurde. Sogar während der Pause wurde den Schülern verboten, deutsch zu reden.
Der junge Sarner verbrachte dann einige Sommer als Hütbub auf verschiedenen Almen und meinte dazu: „Wenn man eine solche Arbeit übernommen hatte, konnte man keinen Tag aussetzen, man muss durchhalten.“ Beim Hüten bestand auch die Überforderung, oft allein der unwirtlichen Umgebung und allen Wettern ausgesetzt zu sein. Ängste mussten unterdrückt und in Zaum gehalten werden. Allgemein konnten Wünsche, Gefühle und Erfahrungen, die über die Grenzen des Hofes und der Arbeit hinausgingen, wenig berücksichtigt werden. Im Winter konnte er zu Hause helfen, und das machte es ihm möglich, am gesellschaftlichen Leben und am Brauchtum im Tal teilzunehmen. Gerne erinnert er sich an den alten Brauch des „Klöckelns“ in den drei Donnerstagnächten vor dem Weihnachtsfest. In der Gestalt des „Zusslweibeles“ spielte er im strohgeflochtenen Kittel die Hauptrolle in der Klöcklergruppe.
Im Jahre 1944 wurden zwei seiner Brüder zum Kriegsdienst einberufen. Auch er sollte einrücken. Da machte er von der Möglichkeit Gebrauch, sich als Almhirt vom Kriegsdienst entheben zu lassen. Durch eine Eingabe des Vaters konnte er nun auch diesen Sommer auf der Alm verbringen. Gegen Kriegsende 1945 erhielt auch er die Einberufung, der er kurz in Bozen, Landeck und Innsbruck Folge leistete. Dann wurde er nach Bayern beordert. Angesichts der Sinnlosigkeit flüchtete er von dort, schlug sich zu Fuß durch und kam am dritten Mai 1945 zu Hause an. Auch diesen Sommer verbrachte er noch auf der Alm, entschied sich dann aber, als Knecht bei verschiedenen Höfen zu arbeiten.
Damals bestand eine strenge Hierarchie unter den Dienstboten. Beim „Heiss“ in Pens wurde er wegen seiner Tüchtigkeit und Geradlinigkeit in den Stand des Großknechtes erhoben. Er war sich wohl seiner Würde als auch seiner Bürde, den Bauern zu vertreten, sehr bewusst. Die Erfordernisse der Landwirtschaft setzten wiederum eine permanente Dienstbereitschaft voraus. Von Urlaub oder geregelter Arbeitszeit wurde nicht gesprochen.
Jakob Ainhauser erlebte dann aber auch die Modernisierung und Mechanisierung der Höfe, die die Arbeit vieler Dienstboten überflüssig machten. Die Bauernfamilien wurden unabhängiger von fremden Arbeitskräften. So besann sich der Großknecht Jakob, sein Leben zu verändern. Der Zufall wollte es, dass zu jener Zeit eine seiner Schwes-tern im Ledrotal im Gastgewerbe tätig war. Er fand dort eine Stelle als Hausmeister, eine Beschäftigung, die ihm sehr behagte, denn handwerkliche Fähigkeiten und technische Begabung waren ihm nahezu in die Wiege gelegt. Dann kehrte er nach Südtirol zurück, wo der Fremdenverkehr richtig Fuß zu fassen begann. Hier arbeitete er in Gröden, dann am Vigiljoch, wo er Rosa, ein bescheidenes und arbeitsames Mädchen vom Naturnser Sonnenberg kennen und lieben lernte. Sparsamkeit und Arbeitseifer ermöglichten es ihnen, ein Eigenheim zu errichten. Um den Neubau ohne irgendwelche Beiträge leichter zu bewältigen, wich die Familie auf kleinsten Raume aus, um Privatzimmer vermieten zu können. Für Jakob war es beruhigend zu wissen, dass seine Frau allein und selbständig die Gäste in bestmöglichster Weise betreute. Er war nämlich zu jener Zeit Hausmeister im Marlingerhof und verblieb dort über zehn Jahre hindurch. Im Vergleich zu den damals noch primitiven Verhältnissen am Vigiljoch, musste sich der Hausmeister hier immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Die Aufgabenbereiche waren nicht so klar definiert wie heute, und des Öfteren musste er auch den Dienst als Nachtportier übernehmen und auch hinter der Theke stehen, um Getränke auszugeben. So war er in der Früh immer der Erste und am Abend meist der Letzte am Arbeitsplatz. Inzwischen wurde das Leben der beiden durch die Geburt der Tochter beglückt und so begrüßte der junge Vater die Möglichkeit, seine Beschäftigung in Naturns fortsetzen zu können. Nach zwei Saisonen beim Kreuzwirt übernahm er die Hausmeisterstelle im Hotel Feldhof, die er bis zu seiner Pensionierung innehatte. Er arbeitete dort noch mit Alfons Hanny, der das Hotel erbaute und selbst zu den Pionieren in der Entwicklung des Fremdenverkehrs gehörte, erlebte den Besitzerwechsel und die Weiterführung des Betriebes durch die Familie Perathoner.
Heute setzt er seine „Hausmeisterei“ zu Hause fort. Die Pflege der Blumen und Pflanzen im Haus und die des Gartens und des Außenbereichs liegen immer noch in seinen Händen. Er kann sich seltener Gesundheit und Rüstigkeit erfreuen, und dankbar blickt er zurück, auf das, was eigentlich viel zu schnell vergangen ist.
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