Abt mit E-Bike

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Philipp Kuschmann ist ist im Herbst 2023 zum 51. Abt im Stift Marienberg von der Klostergemeinschaft für 6 Jahre gewählt worden. Das wohlbestellte Kloster hatte noch nie einen so jungen Abt. Abt Philipp umreißt eine mögliche Personalsuche so: „Suchst du ein Leben, das Herausforderungen und nicht nur Stille und Ruhe bietet...“ Philipp Kuschmann ist ist im Herbst 2023 zum 51. Abt im Stift Marienberg von der Klostergemeinschaft für 6 Jahre gewählt worden. Das wohlbestellte Kloster hatte noch nie einen so jungen Abt. Abt Philipp umreißt eine mögliche Personalsuche so: „Suchst du ein Leben, das Herausforderungen und nicht nur Stille und Ruhe bietet...“

Pater Philipp Kuschmann ist von der Klostergemeinschaft im Herbst 2023 zum 51. Abt von Marienberg gewählt worden. Wie geht es dem Nachfolger von Abt Markus, welche Änderungen hat er herbeigeführt und was macht das Amt aus dem ehemaligen Prior? Abt Philipp, Fan vom Vfl Bochum - seiner Herkunftsgegend, steht dem Vinschgerwind Rede und Antwort.

Vinschgerwind: Seit gut einem Jahr sind Sie Abt von Marienberg. Was ist Ihr Wahlspruch?
Abt Philipp: Ich bin seit einem Jahr und drei Monaten Abt von Marienberg; als Deutscher muss ich da genauer sein (lacht). Mein Wahlspruch ist „Crux sacra sit mihi lux“. Das ist der Anfang des Benediktussegens und heißt „Das heilige Kreuz sei mein Licht“. Auch Abt Bruno hat das Kreuz im Leitmotiv gehabt und ich bin unter ihm ins Kloster eingetreten. Es ist die Ausrichtung auf das Wesentliche, auf Jesus Christus und auf das Geheimnis von Ostern, das mit dem Kreuz und der Auferstehung im Zentrum des christlichen Glaubens steht.

Vinschgerwind: Was haben Sie in diesem Jahr im Kloster verändert?
Abt Philipp: Verändert habe ich noch nicht viel. Es war ein Kennenlernen, ein Hineinwachsen. Zu Beginn gab es viel Bürokratie, denn es musste aus rechtlicher Sicht ja alles von meinem Vorgänger auf mich überschrieben werden, Banken, Versicherungen, Handelskammer usw., wie dies bei jedem Wechsel eines Abtes notwendig ist. Ich musste zuerst einen Überblick im Haus, in der Gemeinschaft finden und dann auch in den ganzen Außenbeziehungen, mit Mietern, Pächtern und alles, was dazugehört. Kleine Akzente im Haus habe ich schon setzen können, indem ich zuerst hingehört habe, was die Mitbrüder brauchen und sich wünschen. Das waren etwa besseres Licht in den Gängen oder Sitzpolster für die Holzbänke. Viele Kleinigkeiten, die den älteren Mitbrüdern im Haus das Leben erleichtern sollen. Weil solange und so vieles gebaut worden ist, möchte ich aber keine großen Baustellen mehr aufmachen, da dafür auch keine Notwendigkeiten mehr bestehen.

Vinschgerwind: Was macht das Amt eines Abtes mit Ihnen?
Abt Philipp: Das Amt verändert schon. Ich bin eigentlich im Umgang ein gemütlicher, lockerer, fröhlicher Mensch. Viele Leute, seien es Mitbrüder, Mitarbeiter oder Besucher, das ist jetzt mein Gefühl, meinen, dass der Abt ja immer nett ist und dass das manchmal als Schwäche falsch interpretiert wird. Ich muss lernen, klare Kante zu zeigen. Einer hat kürzlich zu mir gesagt „Abt Philipp, nett sein hilft nicht immer.“ Das muss ich derzeit schmerzlich für mich selbst lernen, weil ich auf Kompromisse schaue, auf Ausgleich. Wenn z.B. ein Pächter oder ein Mieter ein Anliegen hat, dann sage ich, ohne Verwalter reden wir nicht, da es mir wichtig ist, dass Zuständigkeitsbereiche klar definiert bleiben. So weit bin ich schon.

Vinschgerwind: Ihre Vorgänger, Abt Bruno und vor allem Abt Markus haben große Umbauten hinterlassen. Welches Konzept denken Sie an, wie mit der neuen Bibliothek, mit dem Museum, dem Angebot für Kloster auf Zeit usw. umgegangen werden kann?
Abt Philipp: Abt Bruno hat das Kloster für das 900 Jahr Jubiläum saniert und er hat dann in verschiedene Projekte investiert. Mit diesen Einkünften konnten die Baustellen im Kloster mitfinanziert werden. Abt Markus hat dann im Kloster mit der Bibliothek, mit der Schulsammlung usw. die Bautätigkeit fortgeführt. Auch um das Kloster spirituell und kulturell zukunftsfähig zu machen. Gleichzeitig hat ein Kloster als Wallfahrtsort auch eine touristische Aufgabe, einfach die Besucher mit der Kultur und der Geschichte vor Ort und des oberen Vinschgaus vertraut zu machen. Da sind die Krypta, die Bibliothek und das Museum im Fokus. Die Infrastrukturen sind vorhanden und nun gilt es diese Strukturen mit Leben zu füllen. Gemeinsam mit den Mitbrüdern sind wir dabei, Konzepte zu entwickeln. Im spirituellen Bereich sind das Exerzitien, Einkehrtage, Fastenwochen, Ikonenmalkurse, Rosenkranzknüpfen. Im kulturellen Bereich sind es die Führungen für Einheimische und für Touristen. Ich habe mir erlaubt, die Kirche aus den Führungen großteils herauszunehmen, damit die Kirche in erster Linie ein Ort der Gottesbegegnung und der Spiritualität bleibt.

Vinschgerwind: Das Kloster Marienberg ist auch ein Wirtschaftsbetrieb, dem Sie als Abt vorstehen. Wie ist das Kloster wirtschaftlich aufgestellt?
Abt Philipp: Das Kloster steht wirtschaftlich gut dar. Gerade wenn ich es mit den anderen Klöstern vergleiche. Wir können nicht jammern, wir können nicht klagen. Aber man darf nicht vergessen, was der Unterhalt für so ein großes, denkmalgeschütztes Gebäude kostet. Ich erinnere mich, als ich eingetreten bin, hatte das Kloster zwei Mitarbeiter, einen in der Verwaltung und einen an der Pforte; heute sind es mehr als 12. Dies hängt auch damit zusammen, dass der Konvent immer kleiner geworden ist, weshalb wir Mitarbeiter von außen brauchen, um die täglichen Aufgaben erfüllen zu können. Bei meinem Eintritt waren es noch 15 Mönche, heute sind wir zu acht. Altabt Markus macht, wie üblich, seinen wohlverdienten Ausstand außerhalb des Klosters, in München, also sind wir zu siebt im Haus. Man spürt schon, dass die Arbeitskraft im Haus fehlt und so braucht es halt mehr Mitarbeiter.

Vinschgerwind: Personalmangel herrscht in vielen Bereichen, in der Wirtschaft, im Sanitätswesen. Auch im Kloster. Wie würden Sie eine Anzeige für eine Personalsuche formulieren?
Abt Philipp: Das wird schwierig (lacht). Das Jobangebot ist breitgefächert. Breiter als viele draußen denken. Gleichzeitig ist das Klosterleben nicht immer einfach, denn man lebt als Klostergemeinschaft 24 Stunden zusammen. Man betet zusammen, man arbeitet zusammen, man isst zusammen. Da verschiedene Menschen mit verschiedenen Eigenschaften und Fähigkeiten zusammenleben, läuft es natürlich nicht immer alles so harmonisch ab. Für eine Anzeige wäre das spannend. Vielleicht könnte man als Schlagzeile nehmen „Sehnsucht nach einem tieferen Leben“, darunter: Suchst du ein Leben im Rhythmus von Gebet und Arbeit, suchst du ein Leben in Gemeinschaft, suchst du ein Leben, das Herausforderungen und nicht nur Stille und Ruhe bietet...

Vinschgerwind: Kommen solche Formulierungen aus der eigenen Erfahrung?
Abt Philipp: Als ich hier eingetreten bin, hat Abt Bruno damals gesagt, schau dir mal uns Alte hier an. Willst du dir das wirklich antun?

Vinschgerwind: Wie haben Sie reagiert?
Abt Philipp: Ich habe gesagt, versuchen kann man das immer. Seine Aussagen waren nicht abschreckend, aber realistisch. Konflikte in der Gemeinschaft versuchen wir durch Gespräche zu lösen, durch Verzeihen, dass man nicht nachtragend und beleidigt ist. Eine große Herausforderung für das Leben im Kloster ist auch der Verzicht: Wir haben kein eigenes Konto, sondern wie eine Familie ein Gemeinschaftskonto. Wenn Mitbrüder etwas einkaufen möchten oder ein Auto brauchen, fragen sie mich oder den Pater Prior.

Vinschgerwind: Klingt das nicht eher modern?
Abt Philipp: Das ist auf der einen Seite modern. Wenn aber eine gewisse Gewohnheit da ist, immer alles zur Verfügung zu haben, wird es nicht leicht. Als Mönche sind uns viele alltägliche Sorgen genommen. Gemeinsam mit der Verwaltung schaut der Abt, dass alle Mitbrüder versichert sind, dass gekocht und gewaschen ist, dass die Rechnungen gezahlt werden usw. Diese Sorgen sind uns genommen, damit wir pastoral offen für die Menschen sind und auch die Zeit dafür haben; vor allem auch für den Gottesdienst, wie es in der Profess heißt: „Von nun an sind Sie verpflichtet, für das Heil der Welt zu beten.“ Die zusammengezählt vier Stunden Gebetszeit am Tag kann ich nur dann bewusst leben, wenn ich von alltäglichen Sorgen befreit bin.

Vinschgerwind: Marienberg ist Teil der Schweizer Benediktinerkongregation und Sie sind im Kongregationsrat. Wie sind Sie in der Äbtegemeinschaft aufgenommen worden?
Abt Philipp: Ich bin gut aufgenommen worden. Abt Urban von Einsiedeln war während meines Studiums mein Professor für Spiritualität und Mystik. Ich habe vier Jahre in Einsiedeln studiert und nach meiner Abtwahl auch dort meine Exerzitien verbracht. Abt Peter von Muri Gries habe ich auch schon gekannt. Abt Peter von Mariastein hatte ich als Professor für Kirchenrecht. Gleich zu Beginn meiner Amtszeit haben mir viele Äbte Hilfestellungen angeboten. In Südtirol war der Start bei der Subpriorenkonferenz holpriger, weil meine E-Mail-Adresse nicht aktualisiert war (lacht).

Vinschgerwind: Kürzlich wurde der Bericht über sexuellen Missbrauch Minderjähriger und Schutzbefohlener, verfasst von einer renommierten Münchner Anwaltskanzlei und im Auftrag der Diözese Bozen-Brixen mit großem Medienecho veröffentlicht. Die Ordensgemeinschaften waren nicht dabei. Warum nicht?
Abt Philipp: Die Ordensgemeinschaften haben das Thema besprochen und schon lange vor meiner Amtszeit. Marienberg hatte die Stiftsschule und die Seelsorge in den inkorporierten Pfarreien. Mein Vorgänger Abt Markus hat bereits 2010 mit dem Freundeskreis Marienberg, in dem viele ehemaligen Schüler Mitglied sind, Kontakt aufgenommen und auf die damals neu eingerichtet Ombudsstelle verwiesen. Einige Fälle sind bei uns namhaft geworden und wir haben in unseren Archiven sämtliche Personalakten durchgesehen. Mit der Ombudsstelle haben wir die weitere Vorgangsweise immer abgeklärt. Einige Betroffenen wollten immer anonym bleiben, einige wollten keinen direkten Kontakt mit dem Kloster. Meine Vorgänger und ich respektierten und respektieren den Wunsch nach Anonymität. Ich habe unseren Archivar nochmals mit der Prüfung der Personalakten beauftragt. Gefunden wurde bislang nichts. Wir arbeiten aber nach wie vor daran.

Vinschgerwind: Welche Arbeitsfelder bzw. welche Kontakte nach außen sind Ihnen besonders wichtig?
Abt Philipp: Es gibt viele Kontakte, die ich dienstmäßig nach außen weiterpflege. Die Musikkapelle Burgeis hat mich wieder als Konzertsprecher angefragt, was ich gerne mache. Ich pflege Kontakte zu den Burgeiser Schützen und zu den Schützen im gesamten Bezirk Vinschgau. Ich bin in der Fürstenburg als Mitarbeiter im Heim tätig. Dort stehe ich für Gespräche für Schüler und für Mitarbeiter als Seelsorger zur Verfügung. Ich feiere mit den Schülern regelmäßig Gottesdienste, die sie mitgestalten. Da gibt es schöne Momente, weil man wieder geerdet wird. 180 Jugendlichen holen einen schon wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich bin bei der Südtiroler Bauernjugend dabei, bei der ich den Gottesdienst bei der Jahreshauptversammlung halte. Ich habe die Mitgliedschaft bei der Bauernjugend Sonnenberg unterschrieben und halte dort jährlich einen Gottesdienst. Weil der Motorradclub Red Lions sein Clubhaus in einem Hof von uns in Untermais hat, schau ich ab und zu dort mal vorbei und rede denen ins Gewissen (lacht). Das ist eine komplett andere Welt als die Klosterwelt; und doch sind sie sich in gewisser Hinsicht auch sehr ähnlich.

Vinschgerwind: Wie halten Sie sich fit?
Abt Philipp: Im Sommer bin ich mit dem E-Bike unterwegs. Sämtliche Erledigungen im oberen Vinschgau bis nach Laas macht der Abt mit dem E-Bike. Das tut gut. Einmal in der Woche gehe ich zum Fitnesstraining nach Prad. Die Arbeit eines Abtes ist eine sitzende mit viel Bürokratie; und auch beim Chorgebet sitzt man. Oder sie ist eine rennende Tätigkeit, Treppe hoch, Treppe runter (lacht). Einmal die Woche sporteln tut jedenfalls einfach gut.

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