Dienstag, 13 Mai 2014 15:01

Der Bruderzwist

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s6 titel laasIn Laas könnte ein ungewöhnlicher Besitzstreit vor Gericht ausgetragen werden: Die Fraktion Laas will nicht hinnehmen, dass die Gemeinde Laas drei Gebäude im Grundbuch von der Fraktion auf die Gemeinde übertragen hat lassen. Während die Gemeinde eine Richtigstellung eines „offensichtlich materiellen Fehlers“ vorgenommen hat, wird die Fraktion ihren - seit 1973 grundbücherlich eingetragenen - Besitz mit Zähnen und Klauen verteidigen.

von Erwin Bernhart

Bürgermeister, wenn sie frisch gewählt sind, erhalten in der Regel politische Erbschaften. Erbschaften aus Vorgängerregierungen, Erbschaften aus der Vergangenheit.

Manche dieser Erbschaften sind fein - wenn zu Beginn einer Amtszeit ein Gebäude eingeweiht werden kann, wenn plötzlich Geld - von einem Vorgänger losgeeist - in die Gemeindekassa fließt usw.. Manche dieser Erbschaften können weniger fein sein, Erbschaften also, welche Leichen im Keller gleichen. Eine solche Erbschaft ist kürzlich in der Gemeinde Laas angepackt worden. Ausgegraben und ausgebrütet ist sie schon seit längerem - aber dann doch nicht durchgeführt worden. Nun ist sie über die Bühne und diese Angelegenheit könnte zu heftigem Streit führen.
Die Erbschaft führt zurück ins Jahr 1972. Es geht um Eintragungen im Grundbuch, um Besitzverhältnisse also. Der damalige BM Leo Platter hat mit einem Grundbuchsgesuch mehrere Bauparzellen in der Einlagezahl 405/II eine Berichtigung der Eigentumsbezeichnung beantragt: von „Gemeinde Laas“ in „Comune die Lasa, Frazione di Lasa, Capoluogo“. Mit dieser „Berichtigung“ wechselten gar einige Grundstücke samt Bauten Besitzer. Und zwar erhielt die Fraktion Laas, also die Eigenverwaltung bürgerlicher Nutzungsrechte, unter anderem die St. Markuskirche, die St. Nikolauskirche, das Gebäude, in der sich heute die Apotheke befindet, die Kirchen St. Martin und St. Sisinius, die Schaferhütte, die Waalerhütte...

Über diesen Besitzwechsel wurde in Laas jahrzehntelang kein Aufhebens gemacht. Die Gemeindeverwalter haben in der Vergangenheit vor allem die Marxkirche, das Apothekengebäude und die St. Nikolauskirche aufwändig restauriert und die Gebäude scheinen im Inventar und in der Vermögensrechung der Gemeinde auf.
BM Andreas Tappeiner forderte die Liegenschaften von der Eigenverwaltung zurück, wollte eine einvernehmliche Lösung anstreben. Auf der anderen Seite hat weder die alte Fraktionsverwaltung um Paul Tröger noch der neue Präsident der Eigenverwaltung Oswald Angerer Handlungsbedarf gesehen. Schließlich war man sich sicher, dass die Liegenschaften der Fraktion gehören. Vor gut einem Jahr hat die Fraktionsverwaltung der Gemeinde gegenüber schriftlich bekräftigt, dass man bestrebt sei, die „eigenen Liegenschaften selber zu verwalten“.

s7 2538s7 3012Im Herbst 2013 wurde von der Gemeinde eine andere Gangart eingeschlagen. Man beauftragte den Rechtsanwalt und Kammerabgordneten Manfred Schullian mit der Causa. Schullian solle rechtliche Möglichkeiten überprüfen, wie die Gemeinde Laas wieder in Besitz der Liegenschaften kommen könnte (der Vinschgerwind hat am 24. Oktober 2013 exklusiv darüber berichtet).
Die Gemeindeverwalter drängten zu einer Lösung, vor allem im Hinblick darauf, dass demnächst der Pachtvertrag mit der Apotheke ausläuft. Den Braten gerochen hat auch die Fraktion Laas. Denn Ende Jänner 2014 forderte die Fraktion Laas von der Gemeinde, dass „in Zukunft alle Einnahmen (Mieten ...) an die Fraktion zu überweisen“ seien.

Schullian dürfte dann ganze Arbeit geleistet haben, denn im Februar dieses Jahres ging es Schlag auf Schlag. Am 19. Februar 2014 hat der Gemeindeausschuss mit einem langen Beschluss den BM beauftragt, „die Erklärung zu erlassen, dass die Gemeinde Laas Inhaberin des Eigentumsrechtes an den nachstehenden Liegenschaften ist: In der K.G. Laas in E.Zl. 405/II: die Bp. 103, die Bp. 146 und die Bp. 241“
Tatsächlich sind das die Apotheke, die Marxkirche und Santa Klos - die St. Nikolauskirche.  Am 27. Februar 2014 stellt BM Andreas Tappeiner diese Erklärung der Inhaberschaft dem Grundbuchsrichter des Landesgerichtes Bozen zu und ersucht um Richtigstellung im Grundbuch in einem Verwaltungsverfahren.
Am 21. März 2014 erlässt die Grundbuchsrichterin Silvia Rosá das entsprechende Grundbuchsdekret und verfügt, dass die Bp. 103 und die Bp.en 146 und 241 in den Besitz der Gemeinde Laas übergehen.
Eigentlich ein Akt - vielleicht mit etwas größerem Aufwand - wie er anno 1973 in umgekehrte Richtung abgelaufen ist.

Der Präsident der Eigenverwaltung Laas, Oswald Angerer, ist empört und empfindet die Vorgangsweise der Gemeinde Laas als Schlag ins Gesicht. „Welche Macht muss ein Grundbuchsrichter haben, um so etwas ohne eine Unterschrift der Betroffenen bzw. ohne hieb und stichfeste Argumentation verfügen zu können“, ärgert sich Angerer. Eine genauere Betrachtung vor allem der Erklärung der Inhaberschaft durch BM Tappeiner steigert Angerers Ärger. Denn dort steht drinnen, dass „es somit grundsätzlich geboten ist, den Grundbuchsstand formell richtigzustellen, u.z. mittels Eintragung des Eigentumsrechtes zugunsten der Gemeinde Laas an der Bp. 4, Bp. 103, Bp. 146, Bp. 199, Bp. 218, Bp. 240, Bp. 241 und Bp. 242 in E.Zl. 405/II K.G. Laas.“ Also ist die Gemeinde Laas auch bestrebt, die Schaferhütte, die Waalerhütte, die Kirche St. Martin und St. Sisinius von der Fraktion Laas auf die Gemeinde Laas übetragen zu lassen.
BM Andreas Tappeiner schwächt ab. Es seien nur die drei Liegenschaften, die man grundbücherlich richtigstellen wolle. Er gebe sein Wort, dass die anderen Liegenschaften nicht angetastet würden.

Was Oswald Angerer zusätzlich auf die Palme bringt, ist der Umstand, dass im Gemeindeausschuss alle für den Beschluss gestimmt hätten. Also auch die Bauernvertreter. Angerer: „Es schmerzt, wenn einem die eigenen Leute, die nutzungsberechtigten Bauern, das Messer in den Rücken rammen. Denn die Landwirtschaft  erhält per Gesetz 30 Prozent vom Verwaltungsüberschuss der Eigenverwaltung“.
Die Verwalter der Fraktion Laas haben gleich reagiert und eine Rechtskanzlei in Bozen mit den Rekursen gegen den Gemeindeausschussbeschluss und gegen das Grundbuchsdekret beauftragt, auch mit der Argumetation, dass 1903, als die genannten Bauparzellen an die Gemeinde übertragen wurden, die Eigenverwaltung mit dem heutigen Rechtsstatus nicht gegeben hat. Die Eigenverwaltung B.N.R. Laas/Hauptort wurde erst im Jahre 1957 gegründet. In den Rekursen wird auch geltend gemacht werden, dass das Gebäude, in dem sich die heutige Apotheke befindet, ehemals als Freibank der Nutzungsberechtigten, die Marx-Kirche als Sennerei und die Nikolauskirche als Deport für die Nutzungsberechtigten diente.
Auf die Frage, ob es nun einen Krieg mit der Gemeinde Laas geben wird, meint Angerer: „Ein Krieg zwischen den Verwaltungen bringt den Bürgern nichts. Dies hätte auf längere Sicht einen Stillstand zur Folge und damit ist niemand geholfen. Die Kernaufgabe für öffentliche Verwalter liegt in der Wahrung bzw. Stärkung des ihrer Körperschaft anvertrauten Vermögens. Wir werden die Flinte sicherlich nicht ins Korn werfen.“
Was die Eigenverwaltungen in Südtirol betrifft, so sieht Angerer diese als „Stiefkinder des Landes“. Die Gemeinden haben den Gemeindenverband. Selbst die Viehbauern haben mehrere Verbände, nur die Eigenverwaltungen haben keine Dachorganisation. Wie der Präsident der Fraktion Laas dem Vinschgerwind gegenüber versichert, werde er einen Versuch starten, einen eigenen Verband für die Eigenverwaltungen in Südtirol auf die Beine zu stellen. Angerer hofft dabei auf die Hilfe des derzeitigen Regionalassessors Sepp Noggler, welcher die Zuständigkeiten für die öffentlichen Körperschaften inne hat.
BM Tappeiner lassen Kampfbereitschaft und Kampfansage der Fraktion kalt. „Dann werden wir uns halt auch konstituieren müssen“, sagt Tappeiner.
Allerdings: Von Seiten der Fraktionsverwaltung in Laas ist in der Vergangenheit schon öfters Ungemach für den amtierenden BM ausgegangen.
Allerdings II: Die Sache mit den genannten Bauparzellen dürfte nicht die einzige Leiche im Keller der Gemeinde Laas sein. Erbschaften, wenn sie beherzt angetreten und auch angefasst werden, können auch weniger fein sein.


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