Kolumne - Diesen oder einen ähnlichen, weniger deftigen Spruch werden jene Vinschgerinnen und Vinschger im Mund geführt haben, die besonders in den 1950er und 1960er Jahren ihrer Heimat den Rücken kehrten und auswanderten. Dabei war der Vinschgau schon vorher immer ein Auswanderungsland gewesen. Denken wir an die vielen Landsleute, die als Saisonarbeiter im Tourismus in der Schweiz Beschäftigung fanden. Doch ab den Fünfzigern des vorigen Jahrhunderts kam es zu einer regelrechten Auswanderungswelle in Richtung Eidgenossenschaft und Deutschland. Grund dafür waren fehlende oder schlecht bezahlte Arbeitsplätze in der Heimat. Als Beispiel habe ich aus meiner Herkunftsgemeinde Laas die Arbeiter im Marmorbruch in lebhafter Erinnerung. Der Auftakt zu deren Tagschicht begann um ca. 6.30 Uhr im „Loch“, also an der Talstation der Schrägbahn, mit der die Arbeiter schon mal im offenen „Wagen“ bis zum Bremsberg und anschließend auf Schienen im offenen Lastenzug bis zur sog. „Auflege“ befördert wurden. Von dort begann der Aufstieg über ca. 370 Stufen im Stollen bis zum eigentlichen Marmorbruch, wo um 8 Uhr die Schicht begann, die dann mit einer kurzen Mittagspause bis ca 16 Uhr andauerte. Diese Arbeit im Marmorbruch und auch die auf dem „Lager“ war eine richtige Knochenarbeit, aber eine der wenigen in der näheren Umgebung.
Die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt begann sich erst mit der Ansiedlung von neuen Betrieben, wie der Hoppe in Schluderns und Laas, zu verbessern.
Inzwischen gehört auch bei uns die auf die Not zurückgehende Abwanderung der Vergangenheit an. Wir liegen voll im Landestrend. Laut einer Studie des Unternehmerverbandes sind zwischen 2011 bis 2023 14.000 Menschen aus Südtirol abgewandert, also durchschnittlich drei pro Tag. Von 2022 bis 2024 hatten wir einen weiteren Aderlass von 9.800 Einheiten unter den 25- bis 34-Jährigen zu beklagen. Und durch die Mehrsprachigkeit unserer Leute steht ihnen der deutsche und auch italienische Arbeitsmarkt offen.
Dieser an und für sich beklagenswerten Heimatflucht wollen wir versuchen, etwas Positives abzugewinnen. Nachdem bekanntlich die schönsten Geschichten das Leben schreibt, werden wir im Vinschgerwind eine eigene Rubrik einrichten, in der wir Porträts von Landsleuten veröffentlichen, die „draußen“ in der Welt erfolgreich waren. Anregungen und Hinweise auf interessante Lebensläufe nehme ich gerne auch per Mail entgegen.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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