Seit vier Jahren gibt es in Prad am Stilfserjoch immer wiederkehrende Brandserien, ohne dass bisher auch nur ansatzweise geklärt werden konnte, wer die Brände legt und ob es sich überhaupt um Brandstiftung handelt. Fast schon routiniert rückt die FF-Prad zu den Einsätzen aus und hat die bisherigen Brände immer rasch unter Kontrolle gebracht. Auch wenn man sich schon fast daran gewöhnt hat in Prad, so langsam haben alle Beteiligten die Schnauze voll. Die Ermittlungen laufen und die Prader Bevölkerung wird um Mithilfe gebeten.
von Bruno Telser
Eindeutig nachgewiesen werden konnte die offensichtliche Brandstiftung bisher nicht und das könnte unter Umständen auch so bleiben. Dies liegt nicht an Unfähigkeit oder Untätigkeit, wie man meinen möchte, sondern in der Natur der Sache. Brandserien bzw. Brandstiftungen gehören zu den am wenigsten aufgeklärten Tatbeständen überhaupt. Was in Prad los ist und wo die Schwierigkeiten liegen und warum die Serie vielleicht nie gänzlich aufgeklärt werden kann, hat der „Vinschgerwind“ bei Bürgermeister Rafael Alber, dem Kommandanten der Prader FF Ronald Veith und Major Christian Carli nachgefragt.
Eines vorweg: Die Carabinieri von Schlanders, welche mit den Hauptermittlungsarbeiten in der Prader Brandserie betraut sind und ebenso befragt wurden, hüllen sich auf Anweisung von oben in Schweigen. Denn die Ermittlungen laufen seit den letzten Bränden im heurigen Sommer auf Hochtouren und es wäre verfrüht, jegliche Informationen preiszugeben, um die Ermittlungsarbeiten nicht zu gefährden. Auf spannende Karten und minuziöse Auflistung der Vorfälle muss also vorerst verzichtet werden.
Die Brandserie
Schon vor dem Jahr 2020, als die aktuelle Serie begann, gab es immer wieder Brände in und um Prad. Dabei handelte es sich vor allem um Böschungs- oder Schilfbrände an Gräben und Kanälen, aber auch um den Großbrand in der Countrystadt Sacramento, der Heimat des weitum bekannten Countryfestes, im Jahr 2013. Dieser Brand konnte nie aufgeklärt werden und es blieb bei der Vermutung eines persönlichen Racheaktes. Ob der Brand bereits mit der aktuellen Serie in Verbindung gebracht werden kann, bleibt nach wie vor Spekulation. In Prad gab es, so lässt es sich zumindest dem Feuerwehrbuch anlässlich des 125-Jahre Jubiläums im Jahr 2020 entnehmen, immer wieder Brandserien.
Die aktuelle Brandserie lässt sich in den Zeitraum ab dem 1. Februar 2020, also zu Beginn der Coronapandemie, bis heute eingrenzen. An besagtem Februartag rückte die Feuerwehr aus, um einen Großbrand auf der Anhöhe Gargitz zu löschen. Brandursache unbekannt. Nur zehn Tage später stand unterhalb von Lichtenberg, nahe der Hauptstraße, ein großes Holzlager in Flammen. Brandstiftung wird vermutet. Weitere kleinere Brände im Raum Prader Sand, die meist schnell entdeckt und gelöscht werden konnten, folgten. Ein nächster größerer Brand wurde nahe der Prader Sand bei der Wildbachverbauung unterhalb des „Sandheims“ im April entfacht. Noch im selben Monat stand in der Nähe abermals ein enormes Lager mit Baumstämmen am orografisch rechten Eingang in die „Sand“ in Flammen. Am 16. Juli brannte es erneut in der Countrystadt im Kiefernhain. Am 3. September brannte der Stadel von Karl Josef Stillebacher am Radweg Richtung Tschengls. Nach einer kurzen „Feuerpause“ ein nächstes Feuer an einem Stadel bei Söles nahe Glurns. Dann reißt die Serie abrupt ab, bis am 1. Februar 2021 ein Stadel in der „Schmelz“ in Flammen steht, wobei einige Schafe und Hühner verenden. Dieser Brand bleibt der einzige im Jahr 2021. Die Serie scheint vorerst zu enden. Im Frühjahr 2022 jedoch gibt es erneut weitere zehn Böschungs- und Buschbrände, meist in der Nähe zur Prader Sand und halten die Feuerwehren auf Trab. Am 14. Juli schließlich erreichen die Ereignisse ihren Höhepunkt mit dem weitum sichtbaren Waldbrand am „Frauwool“, einem Großbrand in unzugänglichem Gelände, wo der rasche und mutige Einsatz der Wehrleute eine größere Katastrophe verhinderte. Unter anderem kam ein Löschhubschrauber zum Einsatz. Bis zum Jahresende summierte sich die Zahl der Brände auf 15 im Jahr 2022. Interessanterweise war es im vergangenen Jahr wieder relativ ruhig, bis auf einen Brand eines Holzlagers, wiederum in der Nähe der Countrystadt. Im heurigen Jahr ging es im Frühjahr wieder los und eine Serie von wiederkehrenden kleineren Bränden in der Nähe des Kiefernhains, bzw. des Pflanzgartens in der Kultur, dem Brand an einem Stadel während der Verabschiedungsfeier Pfarrer Öttls am Kirchtag, dem 15. August am hellichten Tage und schließlich noch der letzte Brand am vergangenen 3. September, wo ein kleineres Holzlager in Agums gelöscht werden musste, ließen die Prader nicht zur Ruhe kommen. In knapp vier Jahren sind dies 46 Brände, von denen angenommen wird, dass es sich meistens um gezielte Brandstiftung handelt.
Schwierigkeiten und Vermutungen
Brandserien gab es wie in so manchen anderen Dörfern des Vinschgaus auch in der jüngeren Geschichte immer wieder, meist ohne dass ein Brandstifter ausgemacht werden konnte.
So auch in Prad, wie man dem Buch Feuerwehrgeschichte Prad 1895 -2020 entnehmen kann. Zuletzt gab es Brandserien in den 80ern und Anfang der 90er. Meist eingrenzbar auf maximal einige Wochen wiederkehrender Stadelbrände, mit vermuteter aber nie aufgeklärter Brandstiftung.
Die Aufklärung der aktuellen Serie gestaltet sich deshalb schwierig, da bisher kein eindeutiges Muster erkennbar wurde, bzw. die Beweise fehlen, um einen Täter oder eine Täterin dingfest zu machen. Spekulationen und Vermutungen gibt es einige, mitunter auch sehr abstrakte, denn in derlei Fällen kommt es immer wieder vor, dass Feuerwehrleute selbst der Pyromanie verfallen. Auch in Prad kann dies nicht ausgeschlossen werden und man ermittelt in alle Richtungen.
Eines ist klar: Wird ein Brandstifter oder eine Brandstifterin jemals ausgemacht, wird diesem oder dieser die Schuldzuweisung aller Brände zumindest von der Gesellschaft möglicherweise voll angelastet. Völlig einerlei, ob der eine oder der andere Brand von einem Trittbrettfahrer verursacht worden ist. Gutes wird diese Person in Prad nicht mehr haben, auch wenn, und davon geht man zunehmend aus, diese mit ziemlicher Sicherheit an einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung leidet, zu welcher auch die Pyromanie gehört. Eine krankhafte Neigung, Dinge in Brand zu stecken, einerseits um indirekte Aufmerksamkeit zu generieren, Zwängen oder der „inneren Stimme“ zu folgen. Die Brandserie erzeugt nicht nur starke Gefühle in der Bevölkerung wie Angst, Unbehagen, Verunsicherung oder Zorn, vor allem bei Betroffenen, sondern provoziert allerlei Vermutungen und schließlich auch Verleumdungen. Hinten herum geredet wird schnell, ausgiebig und mitunter auch fantasiereich.
BM Rafael Alber, Feuerwehrkommandant Ronald Veith und auch Major Christian Carli sind sich einig, unachtsam weggeworfene Zigaretten, wie viele spekulierten, sind wohl kaum der Auslöser. Da würde es, so FF-Kommandant Veith, täglich mehrmals brennen. Um einen Brand auszulösen, bedarf es in den allermeisten Fällen mehr als nur eines glühenden Zigarettenstummels. Damit entzündet man keine Großkisten wie z.B. beim heurigen Brand des Kistenlagers der OVEG.
Einigkeit besteht bei den Befragten vor allem auch, was man sich von der Prader Bevölkerung wünschen würde und zwar: weniger eigene Spekulationen, Vermutungen oder gar Verleumdungen an den Tag zu legen sondern vor allem weiterhin wachsam zu sein, auch wenn die Serie sich wieder abschwächen könnte, und jeglicher Verdachtsmoment solle sofort an die Ordnungskräfte gemeldet werden. Es nütze nichts, den Bürgermeister oder den Feuerwehrkommandanten anzurufen, die Ermittlungsarbeit obliegt nämlich einzig und allein den Ordnungskräften. Diese betonen ebenso, dass die Bevölkerung um Mithilfe gebeten ist und jeglicher Verdacht sofort gemeldet werden sollte.
Erhebliche Sachschäden und Dauerbelastung für die Einsatzkräfte
Die Schäden der Brände gehen mittlerweile in die Millionenhöhe, und auch die Betriebskosten der Feuerwehr sind durch die Brandserie freilich um einiges höher als in „normalen Zeiten“. Der Aufwand für die Feuerwehren bei einer Brandserie ist enorm. Die ständigen Einsätze, die mitunter auch immer wieder eine Gefahr für Leib und Leben darstellen können, so wie etwa beim Waldbrand am Frauwaal, zehren an Kräften und Nerven. Geräte und Fahrzeuge müssen nach jedem Einsatz gewartet und gereinigt, Schläuche geputzt und getrocknet, Einsatzmaterial überprüft und ersetzt und alles für den nächsten Einsatz bereitgestellt werden. Was die Freiwilligen Feuerwehren hier zu jeder Tag- und Nachtzeit leisten, dabei ihre Gesundheit aufs Spiel setzen und Risiken in Kauf nehmen müssen, nicht zuletzt auch noch selber verdächtigt zu werden, ist mehr als bewundernswert. Bis dato ist, zum Glück, bis auf einige Nutztiere, die nicht gerettet werden konnten, und einige kleinere Verletzungen von Feuerwehrleuten niemand zu Schaden gekommen.
Aufklärung schwierig
Die meisten Brandstiftungen bleiben allgemein unaufgeklärt und dies hat auch seine Gründe. Wird der oder die Täterin nicht in flagranti erwischt, ist es mitunter unmöglich, die Brandstiftung nachzuweisen und aufzuklären. Die Aufgabe der Feuerwehr besteht vor allem darin, einen Brand umgehend zu löschen und ein Übergreifen des Feuers zu verhindern. Das Klären der Brandursache bzw. die Ermittlung eines Brandstifters oder einer Brandstifterin, liegt nicht im Aufgabenbereich der Feuerwehr, maximal in jenem der Berufsfeuerwehr, sondern einzig und allein bei den Ordnungskräften. Die Ortspolizei ist im Dauereinsatz und unterstützt die Carabinieri bei den laufenden Ermittlungen.