Lou und seine vierbeinigen Freunde

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Lou ist am liebsten barfuß unterwegs. Er will das Gras unter seinen Füßen spüren, den Morgentau, die kleinen Kieselsteine auf dem Weg. Barfußlaufen bedeutet für ihn Freiheit, genauso wie das Leben auf der Alm mit seinen Hunden, deren Sprache er versteht.

von Magdalena Dietl Sapelza

 

Der 59-jährige Lorenz Blaas, bekannt als Lou, hat einen besonderen Draht zu Hunden. Er kommuniziert mit ihnen in einfacher Sprache, mit wenigen Gesten, und sie gehorchen. Hundehalter:innen staunen darüber, wie schnell es ihm gelingt, ein hyperaktives Tier zu beruhigen. Lou‘s Leitsatz lautet: „Hee Mensch, versuche den Hund zu verstehen, dann wird auch der Hund bereit sein, dich zu verstehen.“
Bei einer schwierigen Hunde-Menschbeziehung kümmert sich Lou immer um beide, um den Hund und um den Menschen.
Lou’s Leben mit Hunden begann im Sommer 1989. Für die Zeit auf einer Schweizer Alm lieh er sich von Bekannten den Hund „Sammy“, einen Collie-Schäfer-Mischling, den er dann nach seinen Vorstellungen erzog. „Ich gehe immer von meinem Gefühl aus. Das Gefühl sagt mir genau, was zu tun ist.“, erklärt Lou. „Das Um und Auf bei der Hundeerziehung ist, dem Hund zu zeigen, dass du der Chef bist. Aber der Hund darf vor Dir niemals Angst haben. Alles muss mit Freude geschehen.“
Er und seine Hunde, Gary, Alice, Whip alles Border Cillies und Zoe, eine Cattle Dog Hündin sind ein eigespieltes Team. Die Verständigung funktioniert, daheim in Goldrain und auf der „Fürstenalm“ in Trimmis bei Chur, wo Lou seit 1993 die Sommermonate verbringt. Die Hunde sind seine treuen Begleiter und helfen ihm beim Hüten der Jungrinder, Pferde und Ziegen.
s58 0176Die Hündin Zoe hat eine besondere Geschichte. Sie war als verwahrloste Streunerin in Süditalien aufgegriffen und nach Südtirol gebracht worden. In neuer Umgebung eingeengt und aggressiv brachte das Tier ihre Retterinnen zur Verzweiflung. Mehrere Versuche die Hündin zu bändigen scheiterten. Sie landete im Tierheim und galt als nicht vermittelbar. Ihr Glück war, dass Lou auf sie aufmerksam wurde. Er nahm sie unter seine Fittiche. Schließlich behielt sie bei sich und nennt sie heute liebevoll „Walsche Tussy“.
Den Tierliebhaber sei zwar hoch anzurechnen, dass sie sich um herrenlose Hunde kümmern. Doch wenn sie diese vom Urlaub mit nach Hause nehmen, tun sie den Tieren oft nichts Gutes. Denn, wenn ein Streuner an Menschen vermittelt wird, die sich nicht auf dessen Eigenheiten einlassen und nicht die nötige Geduld aufbringen, ist die Überforderung groß. „Und der Hund ist dann wirklich ein armer Hund“, betont Lou.

Von Juni bis Oktober verbringt Lou mit seinen Hunden auf der "Fürstenalm". Unterstützt wird er von seiner Partnerin Elisabeth Schwabl, genannt Lies. Außerhalb der Almsaison nimmt er Arbeiten an, die sich bieten. Er machte sich beispielsweise beim Baumschneiden nützlich und bei der Apfelernte. Er arbeitete bei sozialen Projekten mit. „Beim Apfelklauben vor 30 Jahren habe ich das Meditieren gelernt“, verrät er. „Seither meditiere ich täglich 20 Minuten lang und hole mir Kraft aus dem Universum.“

Lou wuchs in Naturns auf. Seine Eltern stammen aus dem Bergdorf Matsch. Dort verbrachte er als Kind oft seine Sommerferien. „Es hat mich immer nach Matsch hingezogen, wo ich mich bei meiner Verwandtschaft sehr wohl gefühlt habe“, schwärmt er. Im Alter von sechs Jahren hütete er auf den Gemeinschaftsweiden von Matsch mit einem Hirten die „Heimatkühe“. So werden die Kühe genannt, die den Sommer nicht auf der Alm verbringen. Als 10-Jähriger verbrachte er seinen ersten Sommer als Gehilfe auf einer Schweizer Alm nahe St. Moritz. Er war damals verantwortlich für 60 Milchkühe, die er täglich einmal gegen 4.00 Uhr in der Früh zum Melken von der Almweide in den Stall holte, und zweites Mal abends. Tagsüber beaufsichtigte er die Kühe auf der Weide. „Ich habe tagelang allein mit ihnen im Wald verbracht, bei Blitz und Donner. Irgendwie wurde ich menschenscheu“, erzählt er. Er hing seinen Gedanken nach. Er sammelte Holzstücke und schnitzte mit seinem Taschenmesser kleine Figuren. „Langweilig war mir nie “, sagt Lou. Sein Lohn für den ersten Almsommer als Hirte war eine Ziege, die sein Vater mit dem Almverantwortlichen ausgehandelt hatte. Mit dieser Ziege machte Lou am Tag nach dem Almabtrieb stolz einige Runden in Naturns. „Ich wollte allen zeigen, was ich verdient hatte“, lacht Lou. Das gegerbte Fell dieser Ziege erinnert ihn noch heute daran. Diesem ersten Sommer auf der Schweizer Alm folgten vier weitere, und er verdiente sich dann auch Schweizer Franken.

Nach Abschluss der Pflichtschule lernte Lou Koch in einem Gasthof in Algund. „Ich habe gern gekocht “, meint er. Als Meister seines Faches kreierte er fast ein Jahrzehnt lang kulinarische Köstlichkeiten in Restaurants in Naturns, in Gröden, im Gadertal und in München. Dort waren namhafte Persönlichkeiten zu Gast. Er kochte beispielsweise für Siegfried Lowitz, der den Kommissar Erwin Köster in der Krimireihe „Der Alte“ dargestellt hatte. Lou genoss das Stadtleben und war auch kein Kind von Traurigkeit. Doch irgendwann sehnte er sich nach dem Leben in den Bergen. „Mich überkam das Gefühl, wieder auf eine Alm zu gehen“, erklärt er. Diese Alm fand er 1989 am Julierpass, wo er dann zwei Jahre als Hirte 90 Stück Jungrinder beaufsichtigte, unterstützt vom geliehenen Hund „Sammy“, der ihm anschließend noch mehrere Sommer lang gute Dienste leistete, so bei Guarda im Unterengadin, wo er 120 Kühen unter seiner Obhut hatte, und später auch noch auf der „Fürstenalm“.

Richtig auf den Hund kam Lou, nachdem er 1995 seine Lies auf dem Weihnachtsmarkt in Bozen kennenlernte. Sie stammt aus Mölten und ist zwei Jahre jünger als er. Er bot auf dem Markt Schnitzarbeiten zum Verkauf an. Sie betrieb einen Verkaufsstand mit ihren Filzarbeiten. Als sie zu ihm zog, brachte sie ihre kleine Tochter Iduna mit und den Hund „Lolli“. „Die Iduna ist drei Jahre alt gewesen, als ich Vater geworden bin“, betont er. Später schenkte ihm Lies noch Raphael und Laura.
„Der Hund „Lolli" war ein reinrassiger Mischling und hat alles andere getan, als zu gehorchen“, lacht Lou. Doch von diesem Hund habe er viel lernen können. Kurz darauf kaufte er sich die zwei Border Collies Thory, Tasko, die er als Hirtenhunde ausbildete. Ihnen folgten seine heutigen Hunde Gary, Alice, Whip und Zoe, mit denen er sich derzeit wieder auf der „Fürstenalm“ befindet. Dort kennt er jeden Baum und jeden Stein. Und er vertraut auf die schützende Hand der Naturgeister, die ihm schon dreimal das Leben gerettet haben. Einmal blieb er unbeschadet, als ein Blitz an ihm vorbeizischte. Dann rette ihn das Schuhbinden in gebückter Haltung vor einem großen Stein, der in Kopfhöhe an ihm vorbeischoss. Und ein drittes Mal tat sich nach einem Sturz vor ihm ein Abgrund auf und er konnte sich in letzter Minute an einem Holzpfahl festhalten. Lou spricht mit den Wölfen des Rudels „Calanda" in der Nähe der „Fürstenalm". „Ich habe keine Angst und bin mit ihnen bisher gut ausgekommen", meint er.

Lou zum Thema Hund oft um Rat gefragt. Er versucht zu helfen so gut er kann. „Wenn Hunde ein schlechtes Verhalten zeigen, sind seine Halterinnen oder seine Halter selbst schuld, weil sie vieles falsch machen und gemacht haben“, sagt er. „Ich muss den Menschen erziehen, damit es mit dem Hund funktioniert“, meint er. Bei der Hundeerziehung gelte es, die Sprache des Hundes zu lernen, ihm gezielte Befehle zu erteilen und ihn auch zu loben, wenn er etwas gelernt hat. Und es brauche vor allem viel Geduld und beinharte Konsequenz. Das alles geht nicht von heute auf morgen. „Jede Hundepfote ist ein Lehrjahr, und der Hund hat vier Pfoten,“ sagt Lou. „Bevor man sich einen Hund anschafft, sollte man sich im Klaren sein, dass man ein Tierleben lang für ihn Verantwortung übernehmen muss.“

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