„Di Kropfn hon i nit kennt“

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Anna Jud Kurz, geboren 1940 in Innichen, seit 1967 wohnhaft in Eyrs. Die begeisterte Sängerin war Ortsbäuerin und Gründerin der Eyrser Seniorenvereinigung im Südtiroler Bauernbund. Anna Jud Kurz, geboren 1940 in Innichen, seit 1967 wohnhaft in Eyrs. Die begeisterte Sängerin war Ortsbäuerin und Gründerin der Eyrser Seniorenvereinigung im Südtiroler Bauernbund.

Die gebürtige Pustererin Anna kam vor 54 Jahren nach Eyrs und wurde Bäuerin auf dem Hof ihres Mannes Alfred Kurz. In ihrer offenen und humorvollen Art war sie bald in der Dorfgemeinschaft intergiert. Als Sängerin bereichert sie den Kirchenchor.

von Magdalena Dietl Sapelza

Anna erntete erstaunte Blicke, als sie kürzlich in Festtagstracht auf ihrem neuen vierrädrigen Scooter an der Eyrser Pfarrkirche vorfuhr, um dort Cäcilia zu feiern. „Des isch a flotte Soch, iatz bin i schnell in Dorf unt brauch nimmr mitn Radl fohrn“, meint sie. Denn ihr Hof liegt außerhalb der Ortschaft.
Geboren wurde Anna auf dem Oberpapping Hof bei Innichen als sechste von neun Kindern. Die Familie lebte vom Ertrag ihres Waldes und von der Milch einiger Kühe. Eine Materialseilbahn brachte die Milch in die Sennerei im Tal. „Miar hobm nor oft kennt „Fugamilch“ mit hoam nemman“, sagt sie. Die Milch vom Sonntag wurde auf dem Hof zu Butter verarbeitet. Annas Schulweg war lang, eine Stunde ins Dorf und eine Stunde zurück. „Miar Berger san olm Schualmess gong unt di Nachnatn et“, lacht sie. Einmal sei so viel Schnee gefallen, dass sie vom Balkon aus starten mussten, erinnert sie sich. Mit Schneeschuhen habe ihnen der Vater den Weg gebrochen.
Anna war 13 Jahre alt, als der Kooperator Peter Giacomelli in der Schule nach guten Sängerinnen suchte. Er wählte sie aus und unterrichtete sie in Notenlehre und Stimmbildung. „I hon gonz viel glearnt unt bin ihm heint nou donkbor“, betont sie. Mit 14 Jahren sang sie als Sopranistin auf dem Chor. In den folgenden Jahren fiel sie jedoch arbeitsbedingt immer wieder aus.
Ihre erste Arbeitsstelle fand sie im „Hotel Altprax“, dem auch eine Landwirtschaft angeschlossen war. Bei der Heuernte traf sie auf den vier Jahre älteren Vinschger Alfred Kurz, der als Alpini Soldat in Welsberg in Hotelnähe den „Campo“ absolvierte. Die Beiden wechselten ein paar Worte, verloren sich aber wieder aus den Augen. Nach Abschluss der Haushaltungsschule in Lienz wurde Anna Köchin in der Familie des Kaffee-Unternehmers Segafredo in Bologna. Nach vier Jahren kehrte sie auf den Heimathof zurück. „A weil anar fa di Juniorchefs a Eigl af miar kopp hot unt i nit untn bleibm hon gwellt“, verrät sie. Kurz darauf nahm sie an einer Papstaudienz bei Paul VI in Rom teil, die Bischof Josef Gargitter für 1.000 Südtiroler Jugendliche organisiert hatte. Nach der Rückkehr kehrte sie mit Freundinnen beim „Schmutzigen Luis“ in Bozen ein, wo gesungen und musiziert wurde. Plötzlich trafen sie Alfreds Blicke. Sie erkannte ihn erst wieder als er auf sie zukam. Schließlich tauschten sie ihre Adressen aus. „Miar hobm inz nor olm gschriebm unt hie unt do a troffn“, meint sie. Erneut bekam sie ein Angebot der Familie in Bologna. Sie sollte deren Kindern Deutsch lernen. Doch Alfred wollte sie näher wissen. „Kimm nachna, hot er selm gsog“, lacht sie. Sie nahm eine Stelle in einem Meraner Haushalt an und blieb dort bis 10 Tage vor ihrer Hochzeit. Dann zog sie auf den Hof in Eyrs, den Alfred gekauft hatte. „Deis isch a ormseliger Hof gwesn, ohne Strom unt ohne Wossr unt mit an 40-jährigen Kredit“, erklärt Anna. Das Paar benutzte Gaslichter aus der Schweiz und bohrte einen Tiefbrunnen, um die Tiere zu tränken. Trinkwasser holte Alfred in der Milchsammelstelle in Eyrs, wo er die Milch zum Kühlen hinbrachte. Erst 1977 erhielt der Hof den Wasser- und ein Jahr später den Stromanschluss. Das war eine große Erleichterung. 1978 wurde der neue Stall gebaut. Anna legte sich als Bäuerin ins Zeug, kümmerte sich um ihre vier Kindern. Als gute Köchin zauberte sie oft Gerichte aus dem Pustertal auf den Tisch, so zum Beispiel Polsterzipfl mit Kraut. „Di Kropfn hon i nit kennt“, erklärt sie. „Obr schun bold amol hon i fir die Feschtlan in Dorf grod gnua Kropfn gmocht.“
Anna schloss sich dem Eyrser Frauenchor an und später dem Kirchenchor, wo sie als humorvolle und notengewandte Sängerin die Tenorstimmen der Männer verstärkt. 30 Jahre lang sang sie im Vinschgerchor.
Nach ihrer Ehrung für ihre 40-jährige Mitgliedschaft im Kirchenchor meldete sie sich bei ihrem ehemaligen Musiklehrer Giacomelli, um ihm für ihre einstige Ausbildung zu danken. Daraufhin besuchte er sie bis vor kurzem jedes Jahr.
Mittlerweile wurde Anna erneut geehrt. Sie selbst zählt insgesamt 54 Jahre effektive Chortätigkeit. Und sie ist noch lange nicht müde. Auch weiterhin wird sie Teil des Chores sein und mit ihrem Scooter zur Kirche fahren.

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