Nationalpark Stilfserjoch: Artenschwund im Anthropozän - Das Ende der Evolution?

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Der Planet Erde aus der Raumkapsel von Apollo 17 im Jahre 1972 auf dem Flug zum Mond vom Astronauten und Geologen Harrison Schmitt fotografiert.  Freigegeben von der Nasa unter der Nummer  „As17-148-22727“ Der Planet Erde aus der Raumkapsel von Apollo 17 im Jahre 1972 auf dem Flug zum Mond vom Astronauten und Geologen Harrison Schmitt fotografiert. Freigegeben von der Nasa unter der Nummer „As17-148-22727“

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Franz von Assisi, 4. Oktober 2021

Der pflanzliche und tierische Artenschwund hat dramatische Ausmaße angenommen. Diesen Negativtrend in der derzeitigen Krise der Biodiversität zu stoppen, gehört zu den großen Herausforderungen unserer Jetztzeit so wie die Klimaerwärmung, Flüchtlingskrisen, Beseitigung von Hunger in den armen Ländern, Überwindung der Pandemie aus Covid 19.

Schon fünf Massensterben
Skeptiker und Leugner des Artensterbens werfen ein, dass es Artensterben auch schon in der Vergangenheit erdgeschichtlicher Zeiträume gegeben hat. Es stimmt: Aus der Erdgeschichte kennen wir fünf katastrophale Artensterben aus den letzten 540 Millionen Jahren. Das bekannteste davon ist jenes mit dem Aussterben der Dinosaurier. Als am Ende der Kreidezeit vor 65 – 66 Millionen Jahren ein gewaltiger Meteorit auf die Erde einschlug, kam es durch Staub und Rauch, die beim Aufschlag des Meteoriten in die Atmosphäre aufstiegen, zu einer lange anhaltenden, Nacht gleichen Finsternis und zu einem globalen Winter, weil die Sonne über viele Monate verdunkelt blieb. Ein Großteil der grünen Pflanzen starb ab, weil keine Photosynthese stattfinden konnte. Den Pflanzenfressern unter den Tieren fehlte die Nahrung und damit die Energie. Die pflanzenfressenden Saurier, als Reptilien wechselwarme Tiere ohne eigenständige Regulierung der Körpertemperatur, waren als tagaktive Riesen am stärksten vom Fehlen des Sonnenlichtes als Wärmequelle und vom Ausfall der Pflanzen als Nahrungs- und Energiequelle betroffen und starben. Und in der Folge fehlten auch den fleischfressenden Sauriern als nächsten Gliedern der Nahrungskette Körperwärme und Nahrungsenergie aus den Beutetieren und auch sie starben.

Profiteure des Sauriersterbens
Als sich die überlebenden Arten von den katastrophalen Folgen des Meteoriteneinschlages zu erholen begannen, erhielten vor allem die bislang im Schatten der Dinosaurier lebenden Säugetiere ihre Chance. Sie konnten mit dem Beginn der Erdneuzeit erstmals ohne die erdrückende Konkurrenz der Sonnenwärme liebenden räuberischen Reptilien geradezu explosionsartig jene Formenvielfalt entwickeln, die wir heute kennen. Die bis dahin nächtliche Lebensweise vieler s50 schmetterlingeSäugetierarten von z.B. Zwergnagern wie Ratten und Mäusen hat ohne Zweifel dazu beigetragen, dass viele Säugetiere die Katastrophe des extraterrestrischen Ereignisses Meteoriteneinschlag überlebten, anders als eben viele der unmittelbar und mittelbar vom Sonnenlicht abhängigen Reptilien. Tatsächlich begannen Säugetiere überhaupt erst tagaktiv zu werden, als die Saurier verschwunden waren. Unter den Profiteuren dieses massenhaften Faunenwechsels waren auch die Primaten, also die Menschenaffen und Menschen der Gattungen vom Homo erectus, dem aufrecht gehenden Menschen, bis zum Homo sapiens, dem weisen Menschen.

Das 6. Massensterben im Anthropozän
Es ist außer Frage, dass jedes der bisherigen fünf Massensterben von dramatischer Brisanz für das Leben auf der Erde war, jedes eine Gefahr für die Evolution, deren Ende es hätte bedeuten können.
Das derzeitige 6. Artensterben im Menschenzeitalter Anthropozän ist ebenfalls von globalem Ausmaß. Und: Es geschieht in erdgeschichtlich kürzester Zeit. Vor allem aber passiert es auf einem dicht mit Menschen besiedelten Planeten mit vielfältigen ökologischen Abhängigkeiten von funktionierenden Lebensräumen und von darin eingepassten lebenswichtigen Arten. Heute sind wir 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde; Prognosen sagen, dass wir im Jahr 2050 11,5 Milliarden sein werden. In seinem Buch „Das Ende der Evolution – Der Mensch und die Vernichtung der Arten“ (Pantheon Verlag 2021), schreibt Matthias Glaubrecht, Evolutionsbiologe und Professor für Biodiversität an der Universität Hamburg u.a.: „Längst liegen Hunderte von Lebewesen auf dem Friedhof der Arten, wird das Sterberegister der Natur immer länger. Es ist ein Artensterben planetaren Ausmaßes. Spätestens hier erschließt sich, warum Geowissenschaftler mit der Menschenzeit, dem Anthropozän, den Anbruch einer neuen erdgeschichtlichen Epoche vorschlagen.“ Wir übernutzen und überfordern unsere Umwelt zu Wasser und zu Land. Bereits jetzt sind mehr als drei Viertel der eisfreien Landflächen der Erde nicht mehr in ihrem ursprünglichen, das heißt nicht vom Menschen wesentlich manipulierten Zustand. Seit 1800 haben wir etwa 80 Prozent der heimischen Vögel verloren. Wo früher 100 Vögel umherflogen und sangen, sind es heute nur noch 20. Weltweit sind bereits insgesamt ein Drittel aller erfassten Arten vom Schwund betroffen: Ein Viertel aller Säugetiere, 13% aller Vögel und beinahe die Hälfte aller Amphibien sind vom Aussterben bedroht. Matthias Glaubrecht: „Bei dem von uns verursachten Artensterben geht es nicht um die letzte Mönchsrobbe im Mittelmeer, den letzten Flussdelphin im Mekong, den Nebelparder in Nepal oder den Jaguar im Amazonas. Es geht um ein weitgehend anonymes Heer von Arten, das unbemerkt für immer von der Erde verschwindet. Es geht darum, dass beispielsweise bereits 80 Prozent der bei uns heimischen Insekten verschwunden sind. Darunter sind zahllose Schmetterlinge und Wildbienen als die noch bekanntesten Verlierer einer bisher kaum hinreichend beachteten globalen Veränderung.“

Wir haben nur diese eine Erde
Neben staatlichen Raumfahrt-Behörden investieren auch Weltraumbegeisterte wie Jeff Bezos, Elon Musk und Larry Page einen Teil ihrer mit Internet-Unternehmen verdienten Abermillionen in prestigeträchtige, aber sinnleere Weltraumabenteuer, vorgeblich zum Wohle der Menschheit. Die NASA kündigt an, nach 2030 erstmals Menschen auf den Mars zu bringen. Dabei haben Geophysiker Ende der 1960er Jahre aus der Zusammensetzung seiner Atmosphäre geschlossen, dass der Mars ohne Leben ist. Und die Messwerte der „Viking“-Marssonden haben diesen Schluss ein Jahrzehnt danach bestätigt. Es ist auch eine Sackgasse, daran zu glauben, ein dauerbewohnbares Welttraum-Habitat zu bauen, mit dem Menschen als Vorhut ins Weltall aufbrechen können, um einen anderen Planeten zu suchen, auf dem wir Menschen leben könnten. Unsere Evolution hat uns Erdlinge nicht für den kosmischen Raum bestimmt. Und noch einmal Matthias Glaubrecht dazu: „Es bleibt dabei: Immer noch Geld in das Milliardengrab einer aussichtlosen Marsmission zu investieren, um nach Wasser und Leben zu suchen, während wir beides hier auf Erden im Übermaß haben, aber nicht erhalten, wäre wohl die größte Fehlinvestition einer mit dem Überleben befassten Menschheit.“

 

Homo sapiens – ein Wimpernschlag der Evolution

Im kosmischen Maßstab sind wir Menschen kaum mehr als eine Eintagsfliege der Evolution.

Vor mehr als 13 Milliarden Jahren: Entstehung der Erde
Seit etwa 3,5 Milliarden Jahren: Lebensformen auf der Erde
Vor 600 Millionen Jahren: Anfänge von irdischen Pflanzen- und Tierarten, welche durch Fossilfunde belegbar sind.
Vor 65 – 66 Millionen Jahren: Die Dinosaurier sterben aus. Über 170 Millionen Jahre und damit hundert Mal länger als es überhaupt menschenaffenähnliche Linien gibt, haben sie die Kontinente unserer Erde beherrscht.
Vor mehr als 50 Millionen Jahren: Die Primaten haben sich als baumbewohnende Tiere des Eozäns den Lebensraum der feucht-warmen Regenwälder tropischer Gebiete erschlossen. Dafür, dass die Wipfel der Bäume die evolutive Wiege auch des Menschen ist, sprechen Greifhände, -füße und Augen, welche sämtliche der heute lebenden 380 Arten von Primaten auszeichnen.
Vor etwas mehr als 2 Millionen Jahren: Irgendwo in Afrika entsteht die Linie unserer Gattung Homo. Kurz darauf verlässt einer ihrer Vertreter, Homo errectus, der „aufgerichtete Mensch“ den Kontinent und gelangt binnen weniger Jahrhunderttausende selbst in entlegene Regionen Ostasiens.
Vor 300.000 – 500.000 Jahren: Auf dem afrikanischen Kontinent entsteht der biologisch moderne Mensch.
Vor nicht einmal 70.000 Jahren verließ er seine afrikanische Heimat und besiedelte innerhalb weniger Jahrzehntausende die gesamte Erde.
Vor knapp 12.000 Jahren: Die einstigen Sammler und Jäger werden sesshaft und beginnen Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Die sogenannte neolithische Revolution, also der Übergang zur Sesshaftigkeit, an sich eine Erfolgsgeschichte, hat auch Aspekte einer Leidensgeschichte: Streit über Land und Gut erzeugt Gewalt, führt zu sozialer Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Durch die Domestikation von Tieren springen Krankheitserreger auf den Menschen über (Pocken, Pest, Cholera, Grippe).

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