Vinschgau - Die Gemeinderatswahlen, die am 3. Mai 2020 abgehalten werden, werfen ihre Schatten weit voraus. Weil der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin separat gewählt wird, veranstaltet die Südtiroler Volkspartei in jenen Gemeinden Vorwahlen, in denen sich zwei oder mehr als zwei BM-KandidatInnen gemeldet haben. Im Vinschgau wird es in Latsch, in Mals, in Stilfs, in Laas und in Naturns Vorwahlen geben.
von Erwin Bernhart
Beeindruckend, auch erschreckend ist, welche Macht SVP Ortsausschüsse bzw. Koordinierungsausschüsse in jener Zeit haben, in der Wahlen bevorstehen. Und im Besonderen, wenn Gemeinderatswahlen bevorstehen. Dabei ist es offenbar unerheblich, wie viele Partei-Mitglieder ein Ortsausschuss hinter sich hat. Die Struktur der Südtiroler Volkspartei ist dermaßen kapillar angelegt, dass sie einem landesweiten Spinnennetz gleicht. Diesem Netz zu entkommen ist möglich, aber mit erheblichem Aufwand und mit ungewissem Erfolg verbunden.
Es wird Vorwahlen für Bürgermeisterkandidaten geben. Nicht in allen Gemeinden im Vinschgau, aber in einigen. Politikverdrossenheit? Das Gegenteil ist der Fall.
Eine der spannendsten Vorwahlen wird es in Latsch geben. Spannend deshalb, weil sich drei Kandidaten gemeldet haben, die gewillt sind, gegen den amtierenden BM anzutreten. Allein diese Tatsache bündelt ein großes Maß an Unzufriedenheit in der Marktgemeinde Latsch. BM Helmut Fischer, der auch Vizeobmann in der Bezirks-SVP ist, regiert seit 2014 mit mehrfacher Opposition. Die Opposition rund um Sepp Kofler wurde eine Zeitlang damit ruhig gestellt, dass Kofler zum Präsidenten der Viva Latsch berufen wurde. Die partei-interne Opposition ist beständig eine solche geblieben. Mit der Umwidmung des Bauleitplanes für das Pirhofer-Hotel ist aus der latenten Opposition in Bauerskreisen eine veritable hinzugewachsen und gipfelt nun mit der Bürgermeister-Kandidatur von Jaochim Weiss. Sicher ist, dass Fischer, selbst Bauer, einen guten Teil der Bauernstimmen schon bei den Vorwahlen einbüßen wird. Hinzu kommen zwei Kandidaten aus den eigenen Reihen. Mit Sonja Platzer tritt die VizeBMin, Sport- und Sozialreferentin und mit Mauro Dalla Barba der Kulturreferent gegen den amtierenden BM an. Beide haben Lust auf BM und beide sind dem sozialen Flügel der SVP zuzuordnen. Hermann Kerschbaumer Raffeiner, der SVP-Koordinierungsobmann in Latsch, sagt, dass man im Koordinierungsausschuss beschlossen habe, mit zwei in die eigentlichen Bürgermeisterwahlen am 3. Mai 2020 zu gehen. Damit werden die Vorwahlen in Latsch doppelt spannend: Wer werden die zwei Vorgewählten sein und wird es Helmut Fischer unter die ersten zwei schaffen und wenn ja, wird er der erste Vorgewählte sein?
Dass der Wahlkampf In Latsch bereits in vollem Gange ist, war bei der Gemeinderatssitzung am 30. Jänner zu beobachten. Da hat BM Helmut Fischer ein schriftliches Ansuchen des Latscher Koordinierungsobmannes unter dem Punkt Allfälliges vorgetragen: Ob sich der Gemeinderat vorstellen könne, die Anzahl der Referenten von bisher 4 auf 5 aufzustocken. Fischer wollte die Stimmung im Rat ausloten und nach mehreren Wortmeldungen schloss er, dass dieses Ansinnen bei der nächsten Ratssitzung auf die Tagesordnung kommt. Während Kerschbaumer sagt, dass es mit 4 Gemeindereferenten nicht leicht sei, die Bedürfnisse zu befriedigen - weil man die Fraktionen berücksichtigen müsse, die Frauenquote auch - sagt man in Latsch, dass Fischer bereits mit der Opposition einen Pakt geschlossen und einen Ausschussposten in Aussicht gestellt habe.
Jedenfalls wird es in einer der Marktgemeinden des Tales äußerst spannend. Die benachbarte Marktgemeinde Schlanders ist da anders. Denn dort ist die Kandidatur für den amtierenden BM Dieter Pinggera reserviert. Vorwahlen? Nicht nötig. Sicher ist dort bislang nur, dass die Referentin Dunja Tassiello mit einer „Liste „Zukunft Schlanders - Silandro futuro“ antreten wird.
Mit Argusaugen wird von allen Seiten auf die Marktgemeinde Mals geschaut. Dort bleiben die Gräben. Die „Offene Gemeindeliste Mals“ hat im Sinne eines Neustartes dem SVP-Koordinierungsobmann Josef Thurner bzw. der SVP die Hand zu reichen versucht. Die bisherige Opposition, bestehend aus mehreren ehemaligen SVP-Mitgliedern, hat sich in die SVP eingeschrieben. Pepi Stecher hat sich als BM-Kandidat angeboten. Thurner hat bereits beim Erstkontakt die Handreichung ausgeschlagen und sogar das Argument von „parteischädigendem Verhalten“ in den Mund genommen. In der Sitzung des Koordinierungsausschusses am vergangenen Montag wurde dann einstimmig beschlossen, Stecher nicht als SVP-BM-Kandidat zuzulassen. Kein Neustart in Mals also. So bleiben mit Josef Thurner und dem Sohn von Sepp Noggler Hannes Noggler zwei Bauern als BM-Kandidaten für die SVP. In Mals will die SVP mit nur einem BM-Kandidaten in die Wahl am 3. Mai ziehen, deshalb gibt es am 16. Februar Vorwahlen.
Für die Gemeinden Stilfs und Laas sind gesonderte Artikel in dieser Vinschgerwind-Ausgabe verfasst. In beiden Gemeinden werden vier BM-KandidatInnen zu den SVP-Vorwahlen am 16. Februar antreten. Von wegen Politikverdrossenheit!
Die Gemeinde Prad am Stilfserjoch ist ein Sonderfall - und ein Rätsel. Dort ist Karl Bernhart von der Bürgerliste Prad BM und er verwaltet die Gemeinde in einer Koalition mit der SVP. Sein Wunsch nach einer Einheitsliste bleibt ein Traum, denn die Zentrale der SVP hat sich bereits im Herbst gegen solche Einheitslisten ausgesprochen. In Prad hat es in SVP-Reihen kein Drängeln im Vorfeld gegeben, gegen den amtierenden BM anzutreten. Der Koordinierungsausschuss ist am vergangenen Montag zusammengekommen. BM-Kandidat steht noch keiner fest. Aber man sei auf einem guten Weg, sagt man in Prad, eine Verjüngung einzuleiten.
Klarheit herrscht in den Kleingemeinden: In Taufers im Münstertal, in Martell, in Kastelbell-Tschars, in Schnals und in Plaus werden die dort amtierenden Bürgermeister bzw. in Taufers die Bürgermeisterin wohl ohne Gegenkandidat in die Wahl ziehen.
Auch in der Stadtgemeinde Glurns gibt es von Seiten der SVP keinen Kandidaten, der sich mit BM Luis Frank messen möchte. Frank sagt, dass er dabei sein, arbeitswillige Gemeinderatskandidaten zu suchen. Den Vorschlag der Glurnser Bürgerliste, eine Einheitsliste zu machen, hat Frank abgelehnt.
Die derzeitige Vizebürgermeisterin Andrea Frank und der Referent Franz Prieth treten in der Gemeinde Graun vor die dortige Wählerschaft am 3. Mai 2020. Bei zwei Kandidaten gibt es in Graun keine BM-Vorwahlen. Während sich Franz Prieth aufgrund veränderter Umstände strikt gegen eine Verbindung Langtaufers-Kaunertal ausspricht, hat Andrea Frank den Gemeinderatsbeschluss von 2016 nie in Frage gestellt und lässt die Entscheidung der Landesregierung.
Obwohl keine BM-Vorwahlen sind, sind die Oberländer fix: Die Kandidaten für die Gemeinderatswahlen stehen bereits fest. 5 aus Reschen, 6 aus St. Valentin und 5 aus Langtaufers. Die Grauner selbst haben drei Kandidaten und überlegen sich eine örtliche Vorwahl. Keine Vorwahlen für den Gemeinderat machen die Langtauferer. Laut internen SVP-Abmachungen stünden den Langtauferern 3 Kandidaten zu, sie kommen aber mit 5.
Vorwahlen wird es in Naturns geben. Dort sollen am 16. Februar die SVP-Mitglieder aus der BM-Kandidatin Astrid Pichler und den BM-Kandidaten Zeno Christanell und Jonas Christanell auswählen. „Wir wollen unsere Mitglieder aufwerten“, sagt SVP-Ortsobmann Helmut Müller. Es könne nicht sein, dass Nichtmitglieder an den Vorwahlen beteiligt werden. So jedenfalls die Einstellung im SVP-Ortsausschuss von Naturns. Man sei auf der Suche nach möglichen Gemeinderatskandidaten. Müller selbst wird als Gemeinderat kandidieren und dass er sich selbst als VizeBM wieder sehen möchte, ist in Naturns ein offenes Geheimnis. Müllers Wunsch-Traum hängt im Wesentlichen vom Ausgang der Vorwahlen und dann der echten BM-Wahlen am 3. Mai ab. Denn Zeno Christanell und Astrid Pichler würden Müller als Vize nicht vermissen.
In Partschins wird es keine BM-Vorwahlen geben. Denn zum aktuellen Zeitpunkt stehen keine BM-Kandidaten fest. Man sei, so SVP-Ortsobmann Albert Gufler, auf der Zielgeraden. Evelyn Tappeiner, im letzten Vinschgerwind als mögliche Kandidatin gehandelt, sagt der Politik ade. Nach 15 Jahren im Ausschuss fällt sie unter die Mandatsbeschränkung - nach oben wolle sie nicht, nach unten auch nicht. Hypothetisch sind es VizeBM Luis Forcher und Kulturreferent Hartmann Nischler, die als BM-Kandidaten in Frage kommen.
Bleibt Schluderns: Dort steht fest, dass Referent Heiko Hauser, der SVP-Ortsobmann, als BM-Kandidat antreten wird. Mit dem derzeitigen Koalitionspartner, der Bürgerliste Schluderns, ist der Verhandlungsstatus so, dass die Bürgerlistler auf der SVP-Liste als unabhängige Kandidaten antreten könnten. Und dass der derzeitige VizeBM Andreas Hauser ebenfalls als BM-Kandidat antritt. SVP-intern muss das alles am heutigen Donnerstag noch abgeklärt werden. Stimmt die SVP diesem Deal zu, ist für Alt-BM Erwin Wegmann der mögliche Weg als BM-Kandidat über die Bürgerliste versperrt.