Seine Eltern haben sich 1970 scheiden lassen. Seinen Vater kennt er nicht. Die alleinerziehende Mutter war Chemielaborantin und musste viel arbeiten. Sie starb mit nur 69 Jahren. Ralf – so heißt Frater Aemilian mit bürgerlichem Namen – war anfangs kein begeisterter Schüler. Trotzdem hat er die 10-jährige Schule mit der mittleren Reife erfolgreich abgeschlossen. Es wären noch zwei Jahre bis zum Abitur gewesen. Für Ralf damals deshalb schwierig, weil er in der religionsfreien DDR evangelischer Christ war. „Der sozialistische Weg mit Jugendweihe und diesem Tam-Tam kam für mich nicht in Frage“, erzählt Ralf. Mit vierzehn hat Ralf kurz nach seiner Konfirmation eine katholische Schülerin aus der Parallelklasse kennen gelernt. Diese hatte ihn zu einer Rosenkranzandacht mitgenommen. „Meine ersten Gedanken waren: Was wiederholen die da eigentlich? Ich fand das ganz befremdlich.“ Das war der erste Kontakt mit der katholischen Kirche. Dann hat er sich entschlossen, das Christsein wirklich zu praktizieren und besuchte einen zweijährigen Kovertitenunterricht. Der katholische Pfarrer hat ihm ein Büchlein geschenkt mit dem Titel „Christen die anders leben“. Darin waren alle Männer und Frauenorden von der DDR aufgezählt. „Ich habe eine solche Lebensform fast unheimlich und spannend im Kopf gehabt.“ Im November 1985 hat er dann zum ersten Mal ein Kloster betreten. Er besuchte das Benediktinerkloster Huysburg bei Halberstadt und hielt sich für einige Tage dort auf. Hierher ist er im Laufe der Jahre immer wieder zurückgekehrt. „Für mich war das ein Stück Heimat. Hier konnte ich geistig auftanken, konnte dem DDR-Alltag entfliehen. Das war eine Welt, die hatte mit der DDR nichts zu tun. Da war sozusagen eine Glocke drüber. Man konnte unbefangen reden, auch was so den DDR-Staat anging.“ Nach einer Ausbildung bei der Post hat Ralf dort bis zur Wende gearbeitet und anschließend eine zweite Berufsausbildung als Reiseverkehrskaufmann gemacht. Anschließend hat er ein halbes Jahr in einem Kloster in der Schweiz im Gästehaus gearbeitet und den Gastpater als seinen geistlichen Begleiter gehabt. Dieser Kontakt ist bis heute noch aufrecht. Weitere drei Jahre arbeitete er in Frankreich und hat dort viele Klöster kennen gelernt. 1994 kehrte er nach Deutschland zurück und hat dort bis zum Jahre 2000 als Touristiker gearbeitet. Daraufhin übersiedelte er nach Bingen am Rhein und fand einen Arbeitsplatz am Flughafen Frankfurt.
„Ich wollte von Anfang an Mönch werden“. Diesem Wunsch folgte er, gab seine Arbeit im Flugzentrum auf und trat in ein deutsches Benediktinerkloster ein, das er nach 3 Jahren wieder verließ. Die Gründe kann er nicht mehr genau nennen. „Ich war damals sehr ehrgeizig. Mich hat einiges gestört und deshalb habe ich die Konsequenzen gezogen.“ Ralf zog nach Mainz und arbeitet in der Diakonie und Caritas. Im Internet entdeckte er Marienberg und öffnete die damalige Homepage. „Die fand ich schlecht. Die hat mich nicht angesprochen. Ich habe dann auf einer anderen Seite mehrere wunderschöne Bilder von der Klosteranlage entdeckt und mich entschlossen, hinzufahren.“ So kam Ralf übern Brenner und Bozen nach Mals. Dort hat ihn Pater Martin abgeholt. Vom Äußeren war er sofort begeistert. In den 14 Tagen seines Aufenthaltes hat er viel fotografiert. Er hat auch gemerkt: auch hier vergeht Altes und Neues wird aufbrechen. Bei einem weiteren Aufenthalt „Kloster auf Zeit“ wurde ein Klostereintritt mit Abt Bruno und Prior Markus besprochen. Auch das Ordenskapitel hat den Eintritt befürwortet. Im September 2012 trat Ralf das Noviziat an und wurde eingekleidet. Im Februar 2014 legte er die zeitliche Profess ab und nahm den Namen Aemilian an. Seitdem ist er im Kloster hauptsächlich in der Wäscherei (für Konvent- und Gästehauswäsche sowie Kirschenwäsche) tätig. An Werktagen versieht er den Ministrantendienst und ist neben Pater Peter der zweite Sakristan. Abwechselnd wird er zu Wochendiensten wie Spühldienst, Tischdienst, Lektorendienst und andere eingeteilt. Frater Aemilian durchlebt alle Höhen und Tiefen, die auch in einer Lebensform einer Klostergemeinschaft vorkommen. „Wenn ich abwesend bin, im Urlaub oder auf Fortbildung, dann ist es immer wieder wohltuend, wenn ich nach Hause fahren kann. Ich empfinde es gerade dann, wenn ich diesen Klosterrahmen nicht habe, wie sehr ich doch vom klösterlichen Tagesablauf geprägt bin. Ich gehe auch davon aus, dass man im Kloster täglich Fortschritte macht und immer weitersucht, immer mehr von sich ablässt und mehr und mehr Christus in sein Herz hineinlässt und versucht ihm die erste Stelle zu geben.“ Da der hl. Benedikt das Kloster als „Schule“ im Dienst Christi verstanden hat, ist man dort zeitlebens unterwegs zu Gott und hat nie ausgelernt.
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