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Es entwickelt sich gut. Karin Meister, Geschäftsführerin  der Ferienregion Obervinschgau; Jammern hilft nichts, also Vollgas. Karin Thaler, Geschäftsführerin  des Tourismusvereins Partschins Es entwickelt sich gut. Karin Meister, Geschäftsführerin der Ferienregion Obervinschgau; Jammern hilft nichts, also Vollgas. Karin Thaler, Geschäftsführerin des Tourismusvereins Partschins

Vinschgau - Wie kann der Tourismus auch im Vinschgau wieder starten? Von der Politik in Deutschland, in Österreich, in Italien und in der Schweiz sind Grenzöffnungsdaten für die Zukunft genannt. Bei den möglichen Gästen und bei den einheimischen Touristikern paaren sich Verunsicherung mit Zuversicht. Die Zuversicht überwiegt. Zwei Beispiele aus den lokalen Kraftwerken des Tourismus -aus der Ferienregion Obervinschgau und aus dem Tourismusverein Partschins.

von Erwin Bernhart

Die Corona-Pandemie hatte zur Folge, dass die Grenzbalken innerhalb Europas herabgelassen sind. Offene Grenzen gibt es seit längerem nicht mehr. Der Lockdown in den europäischen Ländern hat den Schengen-Raum zerschellen lassen. Letzthin hat das die Flüchtlingskrise vor rund 5 Jahren zum Teil bewirkt. Heuer ist es die Corona-Krise. Dass Personen innerhalb des Schengenraumes frei reisen können, ist eine der größten Errungenschaften innerhalb der europäischen Gemeinschaft, inklusive der Schweiz. Diese Errungenschaft hat sich nicht nur in den Köpfen und Herzen der Europäer breit gemacht, diese Errungenschaft ist auch von größter Bedeutung für den Tourismus, für die Wahl des Ferienortes, für Unbeschwertheit, für ein gutes Stück Freiheit.
Der Schengenraum ist zerbrochen, die Staaten haben ihre Grenzen dicht gemacht. Aber der Schengenraum wird derzeit wieder allmählich gekittet. Nicht von der Europäischen Union, sondern in Verhandlungen zwischen Einzelstaaten.
So hat etwa die Bundesrepublik Deutschland seit Mitte Mai ein Datum in die Zukunft genannt: „Sofern die Entwicklung des Infektionsgeschehens dies zulässt, strebt der Bundesinnenminister ein Ende aller Corona-bedingten Binnengrenzkontrollen zum 15. Juni 2020 an. Dasselbe gilt für die luftseitigen Grenzen zu Italien und Spanien.“
Dieser 15. Juni gilt nun als Marke, an der sich andere Staaten anlehnen. Auch Österreich. Allerdings hat Bundeskanzler Sebastian Kurz eine Öffnung der Grenze zu Italien zum genannten Stichdatum kürzlich ausgeschlossen, was zu großem Aufschrei auch in Südtirol geführt hat. Dabei hat Kurz nur das wiederholt, was im Bundesministerium für Inneres seit längerem auf der Warnliste steht: „Für ganz Italien gilt die Sicherheitsstufe 6 (Reisewarnung). Vor Reisen nach Italien wird aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19) gewarnt. Das gilt auch für Südtirol, Vatikan (Hl. Stuhl) und San Marino.“
Was aber die Medien Südtirols erst kürzlich wahrgenommen haben, steht seit längerem fest und ist auch auf der Webseite des Bundesministeriums für Inneres nachzulesen: „Die Durchreise durch Österreich ohne Zwischenstopp ist erlaubt, sofern die Ausreise sichergestellt ist.“ Heißt im Klartext: Deutsche Urlaubsgäste oder Urlaubsgäste aus der Schweiz können nach Südtirol bzw. nach Italien reisen und dabei Österreich durchqueren.
Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte ist seinerseits in die Grenzdebatten der Nordländer hineingegrätscht und hat eine generelle Grenzöffnung zum 3. Juni angekündigt. Somit hat Conte den Ball in den Norden zurückgespielt. Mit Wohlwollen hat man dies in Tourismuskreisen Südtirols aufgenommen.
Dieser zumindest angerissene internationale Kontext ist wichtig, um das Verhalten, die Hoffnungen, die Vorbehalte und die Zuversicht der Touristiker in Südtirol und so auch im Vinschgau zu verstehen oder nachgehen zu können.

Näher beleuchten wollen wir zwei Beispiele, wie mit den oben genannten Rahmenbedingungen gepaart mit den Sicherheitsbestimmungen vom Land Südtirol und von Italien umgegangen, kommuniziert und gewerkelt wird.
Ferienregion Obervinschgau:
Die Super-Wintersaison 2019/2020 wurde abrupt beendet, sagt die Geschäftsführerin der Ferienregion Obervinschgau Karin Meister. Lockdown. Alle Beherbergungsbetriebe geschlossen, keine Gäste. Zwei Monate sind die Mitarbeiterinnen der Ferienregion in den Lohnausgleich gegangen. Die Zweigstellen in Burgeis und in Glurns sind geschlossen. Nur eine Mitarbeiterin und Meister selbst haben die Stellung im Malser Büro gehalten. Im Mai ist dann noch eine Mitarbeiterin dazugekommen. „Im Mai sind bei uns normalerweise Wanderer und Kulturreisende zu Gast“, sagt Meister. Heuer ist kein Gast, wie überall in Südtirol, zu Gast in den Gemeinden Mals, Schluderns, Glurns und Taufers. Aber: Das Tourismusbüro in Mals ist seit Mai als SAD-Schalter für Einheimische operativ - zum Verlängern der Bus- und Zugkarten, zum Aufladen derselben. Eine Dienstleistung, die sich im Hintergrund abspielt.
„Die Buchungslage ist noch vorsichtig“, sagt Meister, „aber die Buchungen nehmen täglich zu.“ Auch die Anfragen werden immer mehr. „Das entwickelt sich gut“, ist Meister vorsichtig optimistisch. Die Vermieter seien guter Dinge.
Ab dem 3. Juni werden alle Mitarbeiterinnen an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, ab Mitte Juni werden auch die Büros in Burgeis und in Glurns wieder besetzt und operativ sein. „Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass wir mit Juli Gäste da haben werden“, sagt Meister.
Seit vergangenem Montag besteht die Möglichkeit, dass Beherbergungsbetriebe und Hotels geöffnet sind. Ohne Gäste kaum vorstellbar. Dabei sind die Tourismusbetriebe vom Tourismusbüro aus gut gecoacht worden. „Wir fordern seit Wochen unsere Vermieter auf, mit ihren Stammgästen gute und freundschaftliche Kontakte zu pflegen. Wir erstellen E-Mail-Vorlagen, Texte für die sozialen Medien, die von den Vermietern mit ihren Gästen geteilt werden können“, sagt Meister.
Wöchentliche Informationen gibt es in virtuellen Konferenzen von Seiten der IDM und vom LTS (dem Landesverband der Tourismusorganisationen Südtirols). Wichtig, sagt Meister, sei, dass die kurzfristige Buchbarkeit, vor allem online, gegeben ist. Die Leute müssen wissen, dass sich der Gast, aufgrund der gegebenen Unsicherheiten kurzfristig informiert. IDM und LTS stellen kostenlose Tools für die online-Buchbarkeit zur Verfügung.
Tourismusverein Partschins
Karin Thaler, die Direktorin des Tourismusvereines Partschins, sagt Ähnliches. Unglaubliche Sachen habe man gemeinsam mit der IDM entwickeln können. Mit der Kampagne #alleswaswirlieben von IDM und eigenen Bildern wurden die Gäste über die schönen Dinge aus Südtirol informiert. Die Apfelblüte in Partschins ist so virtuell kommuniziert worden. Den Gastgebern wurden Anleitungen und Bilder für die Sozialen Medien aufbereitet und zur Verfügung gestellt.
Grafiken erstellen, Texte schreiben, Anfragen von Gästen und Fragen von Vermieter beantworten, Informationen einholen und weitergeben: „Meine vier Mitarbeiterinnen und ich sind nicht in den Lohnausgleich gegangen, wir waren im Home-Office und immer operativ“, sagt Thaler und sie sagt in Klammer, dass „unsere Webleitungen äußerst langsam“ seien. In den Videokonferenzen haben sich kreative Geschichten entwickelt, neue Videozusammenschnitte, Omas Geheimtipps für gutes Essen, Filme zum Kneippen für zuhause, 100 Rezepte: Gäste wurden emotionalisiert, die Sehnsucht nach Urlaub stimuliert und die Bindung zwischen Gastgeber und Gast aufrechterhalten. „Wir haben die Gäste gluschten gemacht“, lacht Thaler.
Die Erstberatung gegenüber den Gastgebern betraf die erste Stornowelle. Man soll mit den Stornos kulant sein, man solle versuchen die Buchungen zu verschieben.
Die Aussage vom österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass eine Grenzöffnung zu Italien frühestens im August möglich sein werde, habe eine zweite Stornowelle ausgelöst. Für die Gastgeber bitter sei es, in diesen Zeiten bereits getätigte Anzahlungen zurückzuzahlen.
Karin Thaler lobt die IDM. Denn die wöchentlichen Videokonferenzen mit IDM-Fachleuten und den Tourismusdirektoren und Tourismusvereinspräsidenten haben gute Aufklärung gebracht, über Inhalte von Gesetzesdekreten, über politisch genannte Termine, über gesetzliche Möglichkeiten. Auf den Internetseiten der Tourismusvereine gibt es einen Link „Sicher Reisen“ in acht Sprachen, der über die aktuellen Entwicklungen und Sicherheitsbestimmungen in Südtirol aufklärt. Für Gastgeber genauso wichtig wie für die Gäste.
„Die Vermittlung von Sicherheit ist die zweite Phase“, sagt Karin Thaler. Die Gäste sollen die Richtlinien wissen, das Distanzhalten, das Tragen von Mund- und Nasenschutz usw.. Nach dem Motto: Mit unseren Sicherheitsmaßnahmen kannst du die Freiheit genießen. „Wir sind in einem Status des Beobachtens, des Informierens und des Kommunizierens“, fasst Thaler die vergangenen Wochen zusammen. Die Stimmung sei durchwachsen. Aber Jammern helfe nichts. Man wolle den Schwung nicht verlieren. Also Vollgas. Trotz schwieriger Prognosen.
Erschreckend sei, wie sich politische Aussagen auf das Verhalten der Leute, der potenziellen Gäste auswirken, sagt Thaler.

Nach einer massiven Bewerbung italienischer Gäste ist seit letztem Freitag die Bewerbung der DACH-Märkte operativ. Südtirol wirbt in Printmedien, sowie online in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz mit „Sicherheit und Freiheit“. Das „DACH“ setzt sich aus den Bezeichnungen dieser Länder zusammen - D für Deutschland, A für Österreich und CH für die Schweiz.

Im unteren Vinschgau werden die auch für das touristische Angebot wichtige Texelbahn und die Unterstellbahn ab dem 29. Mai geöffnet sein. Im Obervinschgau wird der Sessellift am Watles und die Hütten am 20. Juni in Betrieb gehen. In der Ferienregion Obervinschgau werden die Bunkerführungen bestehen bleiben, ebenso werden die Kulturstätten - ohne Führung - ihre Tore im Sommer geöffnet haben. Kloster Marienberg wird am 15. Juni sein Museum eröffnen.
Die Wanderwege dürften im Obervinschgau ähnlich tip-top sein, wie sie es in Partschins sind. Die Wanderwege werden dort vom Tourismusverein betreut.
Eventabsagen trifft alle Ferienorte. Die Sport-Großveranstaltungen Stelvio Marathon und Ortler Bike sind abgesagt. In Partschins „Gaudenz rockt“. Heuer wäre im Juni mit der Band „Black Peter“ der historische Ansitz bespielt worden. Noch offen ist in Partschins ein mögliches Highlight: Am 5. August wäre das bayrische Kabarett-Urgestein Gerhard Polt zu Gast. „Das werden wir erst Anfang Juni bestätigen oder absagen können“, sagt Karin Thaler. Bis 31. Juli gilt nämlich der Ausnahmezustand in Italien und das Landesgesetz Südtirols - Menschenansammlungen sind bis dahin verboten. Im Obervinschgau warten die Almen auf Gäste, im Untervinschgau steht mit dem Angebot „Gsund bleibm“ rund um den Partschinser Wasserfall, den Wäldern und Gewässern eine ortstypische Geschichte bereit.
Im Vinschgau sind die Natur, die Kulturstätten, die Aufstiegsanlagen, die Beherbergungsbetreibe - auch für Gäste - vorbereitet. Fraglich ist im internationalen Zusammenhang, ob die Attraktivität des Vinschgau aufgrund der geringsten Corona-Zahlen gestiegen ist.
Derweil gilt es, den auch für den Tourismus entscheidenden Vorgang auf internationaler Ebene zu beobachten: Das Kitten des Schengenraumes - das Heben der Grenzbalken.

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