Bei der Geburt eines Kalbes ist in den meisten Fällen keine Geburtshilfe nötig ist. Man muss der Kuh, am besten ineiner Abkalbbox, lediglich Zeit lassen. Wichtig sind die Hygiene und die schnelle Versorgung des Kalbes mit Kolostrum, der so genannten „Biestmilch“. Durch diese Erstmilch baut sich das Immunsystem des Kalbes auf.
von Magdalena Dietl Sapelza
Eine gesunde Kuh bekommt in der Regel ein gesundes Kalb. Entscheidend für eine gesunde Kuh ist die richtige Fütterung, regelmäßige Bewegung, genügend Zeit, um trocken zu stehen (nicht gemolken zu werden) und ausreichend Platz. Wichtig ist auch die Klauenpflege vor dem Trockenstellen. Die Gesundheit des Kalbs und die Qualität des Kolostrums, bekannt als Biestmilch, sind von der Trockenstehphase abhängig - etwas, was oft unterschätzt wird. Ideal ist eine Abkalbbox, in der die Mutterkuh ihre Ruhe findet und keinem Stress ausgesetzt ist. Oberstes Gebot ist die Hygiene. Die Tiere müssen stets Zugang zu frischem Futter und sauberes Trinkwasser haben. Wichtig ist die Überwachen der Geburt. Ein Eingreifen ist im Normalfall jedoch nicht nötig. Es braucht nur etwas Geduld. Ist das Kalb da, muss es sofort mit Kolostrum, der so genannten Biestmilch, versorgt werden.
Die Biestmilch ist entscheidend
Kälber kommen ohne Abwehrkräfte auf die Welt. Mindestens drei Liter Kolostrum (Biestmilch) in den ersten Lebensstunden ist beim Kalb entscheidend für den Aufbau seines Immunsystems. Denn in den ersten vier Stunden im Leben des jungen Kalbes ist die Darmschranke noch vollständig geöffnet. Das bedeutet, dass das Kalb dem Keimdruck der Umgebung zunächst schutzlos ausgesetzt ist. Die Aufnahme der Abwehrstoffe (auch Antikörper oder Immunglobuline genannt), die das Kalb schützen können, kann nur aus der Biestmilch erfolgen. Aber auch die herausragende Rolle der Biestmilch als erste Nahrung für das Kalb darf nicht unterschätzt werden. Biestmilch enthält nicht nur die vierfache Menge an Eiweiß im Vergleich zu normaler Milch, sondern auch die doppelte Menge an Fett. Die Kuh sollte nach der Geburt zügig gemolken werden. Das kann im Melkstand geschehen, aber auch mit einer mobilen Melkmaschine. Bei der Biestmilch ist ebenfalls absolute Hygiene erforderlich. Wird das Kalb von der Mutter getrennt, muss es trocken und warm untergebracht werden. Der Saugreflex ist bei den Kälbern in der Regel unmittelbar nach der Geburt am stärksten. Es nimmt über den Nuckel von Flasche oder Eimer häufig problemlos drei bis vier Liter Kolostrum auf. Das Immunsystem des Kalbes ist erst nach sieben bis zehn Lebenstagen in der Lage, eigene Antikörper zu produzieren. Eine schnelle Versorgung mit Kolostrum ist daher für die neugeborenen Kälber lebensnotwendig. Fachleute betonen, dass die Kälber innerhalb der ersten drei Lebensstunden mit mindestens drei Litern Biestmilch versorgt werden sollten. Das Kolostrum hat außerdem einen hohen Nährstoffgehalt und enthält eine Vielzahl an bioaktiven Wirkstoffen sowie lebende Immunzellen. Diese Kombination an Inhaltstoffen fördert zusätzlich die Darmentwicklung, indem beispielsweise das Zottenwachstum im Dünndarm angeregt wird. Und gut ausgebildete Darmzotten sind ein Baustein für ein leistungsfähiges Verdauungssystem.
Jedes Kalb braucht einen sauberen Sauger
Kälber mit gutem Immunstatus leiden später seltener an Durchfall- und Atemwegserkrankungen und zeigen bessere Wachstumsraten. Auch bei der Aufzucht nach der Biestmilch ist Hygiene das oberste Gebot. Später muss die handwarme Milch (ca 38 Grad Celsius) in der sauber gehaltenen Tränke angesäuert und gegebenenfalls mit altersgerechten Kälbermineralien wie Eisen und Selen ergänzt werden. Milchkannen, Nuckeleimer und Nuckelflaschen müssen sauber und frei von Biofilmen sein, um Durchfälle verursacht durch E.Coli-Keime zu vermeiden. Jedes Kalb sollte einen neuen Sauger bekommen und ab dem ersten Tag sauberes Trinkwasser und ab der zweiten Woche auch Raufutter. Todesursache Nummer eins ist Durchfall. Gut für die Entwicklung des Kalbes ist auch, wenn es die Biestmilch aus den sauberen Zitzen der Kuh saugen kann und so lange wie möglich bei der Mutter bleiben kann. Ideal ist die Mutterkuhhaltung.
Und wünschenswert wäre auch ein tiergerechter Abtransport der Kälber. Denn so manchem Tierhalter, der seine Tiere liebt, blutet das Herz, wenn er beobachten muss, dass viele Kälber zusammengepfercht in Lastwagen durch Europa gekarrt und auf Schiffen nach Nahost wochenlang geschunden werden. Denn auch sein Kalb könnte darunter sein.
Die ersten 15 Minuten: Grundlagen der Kälbergeburt
1. Keine reflexartige Zughilfe:
Solange der Geburtsverlauf normal ist und sich das Kalb in der korrekten Lage befindet und weder Mutter noch Kalb gestresst erscheinen, sollte die Geburt lediglich überwacht werden“ Langsame Zughilfe erst leisten, sobald die Klauen des Kalbes sichtbar sind.
2. Die ersten Atemzüge anregen: Wenn das Kalb nicht sofort atmet, hilft eventuell ein Kaltwasserguss auf den Nacken oder die Stirn.
3. Das Kalb nicht an Hinterbeinen aufheben: Diese Maßnahme führt dazu, dass es schlechter Luft holen kann, denn die Organe im Bauchraum drücken auf das Zwerchfell
5. Im Winter: Als erstes in die Wärmebox: Vor allem bei kaltem Wetter sind beheizbare Kälberboxen notwendig. Dort können die Kälber schnell abtrocknen und verlieren dabei so wenig wie möglich Energie.
6. Sofort für bestmögliche Kolostrumversorgung (Biestmilch) sorgen. Immer auf die Hygiene achten. Desinfizierte Tränkeeimer und Tränkenuckel sind nötig, damit das Kalb nicht sofort mit Krankheitserregern in Berührung kommt.