Kultur: St. Georg in Agums

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Die Kirche St. Georg in Agums Die Kirche St. Georg in Agums

Stolz thront die St. Georgs Kirche über der Ortschaft Agums am Fuße des Montoni. Über 650 Jahre war sie die Pfarrkirche von Agums-Prad, bis 1614 auch das Gotteshaus von Stilfs und Sulden und seit dem 18. Jahrhundert eine beliebte Wallfahrtskirche mit dem „Großen Herrgott von Agums“. Am 5. Oktober 1971 brach bei Bauarbeiten im Turm ein Brand aus. Das Kirchendach und der Dachstuhl des Turms brannten ab, der herabstürzende Turmhelm zerstörte das Gewölbe der Seitenkapelle. Der „Große Herrgott“ konnte gerettet werden und wurde in die Pfarrkirche Maria Königin nach Prad gebracht. Nach umfangreichen Wiederaufbau- und Restaurierungsarbeiten erstrahlte die Kirche im Jahre 1988 im neuen Glanz. Am 9. Oktober 1988 wurde der Große Herrgott nach einem Festgottesdienst von Prad nach Agums an seinen ursprünglichen Platz in die St. Georgskirche gebracht. Am 13. August 1995 wurde die neu restaurierte Humpel-Reinisch Orgel mit den 873 Pfeifen eingeweiht. Ein Orgelkomitee hatte sich für die Restaurierung der Orgel aus dem Jahre 1725 eingesetzt. Einen weiteren Freudentag und ein großes Fest gab es am 23. April 2016, dem Tag des Hl. Georg. Auf Initiative des Glockenkomitees „Gumser Dreiklang“ konnte nach einer Spendenaktion eine dritte Glocke gegossen und im Turm installiert werden. Vom händischen Läuten wurde auf eine elektronische Steuerung umgerüstet. Seit 1988 gibt es wieder Gottesdienste am Freitagabend. In der Fastenzeit kommen Gläubige aus den umliegenden Dörfern zum Gottesdienst an den Fastenfreitagen nach Agums. Ein Hochamt gibt es immer zu Allerseelen am 2. November. Die „Gumser Kirche“ mit dem Großen Herrgott wird gerne für Hochzeiten und nach der Restaurierung des Friedhofs für Beerdigungen genützt.

Von 1303 bis 1958 Pfarrkirche von Agums-Prad

Agums wurde 1303 zum eigenständigen Pfarreisitz des Bistums Chur (bis 1816, danach Bistum Brixen) erkoren. Vorher gingen die Gläubigen von Stilfs, Trafoi, Sulden, Prad und Agums nach Schluderns, wo ihre Mutterkirche war. Die Kirchgänger aus dem Suldental versammelten sich oberhalb von Agums beim Hofe „Wartamstein“ (Wart am Stein), denn der Weg führte durch unwegsames Augelände, man fürchtete wilde Tiere, aber ebenso Wegelagerer. Einst war Agums eine eigenständige Gemeinde, wahrscheinlich sogar bedeutender als Prad, was sich erst mit dem Bau der Stilfserjoch-Straße zu Beginn des 19. Jh. geändert hat. Die Prader kamen über 650 Jahre, s27 Eisengittervon 1303 bis zum Neubau der Pfarrkirche Maria Königin im Jahre 1958 zur Hauptmesse nach Agums. Lediglich die Frühmesse wurde von einem eigenen Frühmesser in der Kirche St. Johann gehalten. Die Siedlung Agums lag damals am Schnittpunkt des bedeutsamen Saumweges nach „Wurms“ (Bormio) und unterlag zum Großteil der Grundherrschaft der Bischöfe von Chur. Die in der Nähe gelegene Burg Lichtenberg und die Stadt Glurns standen unter der Kontrolle der Tiroler Grafen. Die Propstei Agums mit der Burg Gargitz war damals nicht nur Administrations- und Zinssammelstelle, sondern auch Gerichtsort für die bischöflich-churischen Eigen- und Lehensnehmer, den so genannten Gotteshausleuten von Agums, Prad, Lichtenberg, Tschengls und Stilfs. Noch heute gibt es den Archivschrank in der Sakristei zu St. Georg in Agums aus dem Jahre 1713. Neben Urkunden von kirchlichem Interesse wurden dort auch jene von Gemeindeinteresse verwahrt. Der Schrank kann nur mit zwei verschiedenen Schlüsseln geöffnet werden. Der Dorfmeister besaß einen Schlüssel, den zweiten Schlüssel verwahrte der Gemeindekassier bzw. der Gemeindeanwalt (d.h. der Sekretär). Nur zusammen konnten sie den Schrein öffnen und Urkunden herausnehmen. Auf dem Platz, wo einst eine Vorgängerkirche stand, wurde die heutige Georgskirche im gotischen Stil umgebaut und vergrößert und im Jahre 1510 eingeweiht. 1705 wurde auf der Nordseite der Pfarrkirche eine geräumige Kapelle im Stile des Spätbarocks angebaut, um dem wundertätigen Kruzifix (dem Großen Herrgott von Agums), ein würdiges Domizil zu bieten. Seitdem ist St. Georg in Agums auch weitum bekannt als Wallfahrtsort zum Großen Herrgott. In Agums entstand um diese Zeit auch einer der ersten Schank- und Beherbergungsbetriebe.

Der Große Herrgott und das handgeschmiedete Eisengitter

Der Große Herrgott ist höchstwahrscheinlich eine Skulptur aus dem 14. Jahrhundert. Doch die Legende erzählt, dass um 1618 ein Hirte das Kruzifix auf dem Prader Ochsenberg schnitzte und dass er es alleine zur Agumser Kirche brachte, nachdem vier Männer vergeblich versucht hatten, es aufzuheben. In der Friedhofskapelle, wo es aufgestellt wurde, kam es immer wieder zu Schwitzungen, d.h. an mehreren Stellen des Körpers bildeten sich Schweißtropfen unterschiedlicher Größe, so dass es als Wunderkreuz verehrt und 1705 in der eigens erbauten Kapelle aufgestellt wurde. Im Kapellenaltar steht der Große Herrgott vor einem roten Wandbaldachin, zwei Engelchen oben und an seiner Seite Maria und Johannes und unten der Hl. Josef mit dem Stab und der Hl. Thomas mit der Lanze. Die Gnadenkapelle mit dem Großen Herrgott von Agums wird durch ein kunstvolles Eisengitter abgeschirmt. Der Schlosser Christopf Zobl aus Schlanders hat es 1719 angefertigt. Es ist ein besonderes, ein einmaliges Kunstwerk mit dem Lebensbaum als Symbol für Wachstum und Entwicklung, Fruchtbarkeit, Unsterblichkeit und Heilung. Man findet Tulpen als Symbole der Vergänglichkeit und der Auferstehung, Granatäpfel als Symbole der Fruchtbarkeit. Auch das vierblättrige Kleeblatt ist ein Weltensymbol und soll die vier Himmelsrichtungen mit den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde verbinden. Eva soll aus dem Paradies zur Erinnerung ein vierblättriges Kleeblatt mitgenommen haben. So ist dieses für viele Christen auch heute noch ein Stückchen des Paradieses. Wer die St. Georgskirche genau betrachtet, wird den hl. Georg in fünf verschiedenen Darstellungen finden: am Hochaltar, beim linken Fenster neben dem Hauptaltar, eine Skulptur des hl. Georg zu Pferd in einer Nische auf der rechten Seite der Seitenkapelle, über dem Haupteingang und am Rosettenfenster der Westwand, verwirklicht 1988 von der Künstlerin Susanne Demmel Brunner aus Meran. Das Rosettenfenster ist nach der Aufstellung der Orgel verdeckt und nur von außen sichtbar.

Heinrich Zoderer

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