Kultur: Österliche Holzschnitte

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oben:  Karfreitag, 2007  (35 x 19 cm)     links:  Judaskuss, 2011   (18 x 23 cm)   rechts:  Ostern, 2015   (14 x 15 cm) oben: Karfreitag, 2007 (35 x 19 cm) links: Judaskuss, 2011 (18 x 23 cm) rechts: Ostern, 2015 (14 x 15 cm)

Am 21.06.2022 verstarb Karl Grasser im Alter von 98 Jahren. Er wurde in seinem Heimatort Kortsch beerdigt. Grasser war ein vielseitiger Künstler und schuf Werke in den Bereichen Bildhauerei, Holzschnitt und Malerei.
Sein Kunststil stand dem Expressionismus nahe, insbesondere was den Holzschnitt betrifft. Obwohl der Holzschnitt nicht zu den Hauptfächern der Wiener Akademie für Bildhauer gehörte, hatte er viel mit der Bildhauerei zu tun, da die Technik dieselbe ist.
„Holzschnitte gingen nebenbei, waren sozusagen nur Nebenerwerb“, erzählte Karl. Schon während seiner Studienzeit in Wien im Jahr 1953 begann er mit der Herstellung seines ersten Holzschnittes. Sein Studienkollege Claudius Molling hatte ihn damals gefragt, ob sie gemeinsam einmal „eine ordentliche Weihnachtskarte“ erstellen könnten. So entstand eine Weihnachtskarte, die die Mutter Gottes mit Kind zeigte. Im Jahr 1958 fertigte Grasser seine ersten eigenen Holzschnitte an, die „Ägidiuskirche in Kortsch“ und „Kortsch, an der Lahn“.

Karl Grasser beherrschte die Technik des Holzschnitts mit seinen kantigen und harten Linien wie kultur 4 Emmauskaum ein anderer Künstler in unserem Land. Trotz seiner körperlichen Beeinträchtigung konnte er diese Arbeit bis ins fortgeschrittene Alter ausführen. Insgesamt schuf Grasser im Laufe seines Lebens 522 Holzschnitte, sein letzter war „Raben im Schnee“ (2018).
„Bevor ich anfange, einen Holzschnitt zu machen, habe ich zuerst lange etwas im Kopf, bis ich anfange zu zeichnen“, erzählte er. Für ihn war die Zeichnung das Wichtigste. Diese übertrug er auf das Holz und schnitt dann. Für seine Holzschnitte verwendete Karl Grasser 5 Schnitzeisen: ein normales, einen kleinen und einen etwas größeren Geißfuß, sowie ein kleineres und ein größeres Hohleisen. „Ich schneide gerne mit normalen Schnitzeisen“, sagte er. „Was ich mit dem Geißfuß machen kann, kann ich auch mit einem normalen Messer machen. Für größere Flächen nehme ich die Hohleisen“.
Es gibt zwei Drucktechniken: die Tiefdruck- und die Hochdruck-Technik. Beim Hochdruck werden die nicht zu druckenden Flächen aus dem Druckstock herausgeschnitten, so dass nur erhabene Linien und Flächen gedruckt werden. Karl Grasser hat fast ausschließlich Hochdrucke angefertigt und nur selten Tiefdrucke. Das für einen Holzschnitt geeignete Holz war für ihn das weichere Zirmholz. Zunächst hat er alle seine Holzschnitte auf Zirmholz geschnitten, später stieg er auf das härtere Fichtenholz um.

Die Themen, die in den Holzschnitten Karl Grassers behandelt werden, sind vielfältig. Sie vermitteln seine Persönlichkeit, seine Sicht auf das Leben und die Welt sowie seine Erfahrungen und Gedanken. Karl Grasser war tief mit der Tradition unserer Heimat verbunden.
„International interessiert mich nicht“, sagte Karl. „Heiner Gschwendt, ein Künstlerfreund von mir, hat einmal gesagt: ‚Lieber ein guter Provinzler als ein schlechter Internationaler‘. Es ist mir lieber, wenn einer meiner Holzschnitte in einer Tiroler Stube hängt, als wenn ich in Amerika eine Ausstellung machen würde.“

kultur 2Karl Grasser schöpfte Kraft und Halt im Leben aus seinem Glauben und der Heiligen Schrift und wollte davon gerne etwas weitergeben. „Ich habe mein ganzes Leben versucht, ehrlich für die Kunst zu leben und zu schaffen und vor allem dem Glauben zu dienen. Denn als Künstler sehe ich meinen Auftrag darin, dem Volk etwas mitzuteilen. Kunst soll den Menschen ansprechen, ihn berühren und über gewisse Schwierigkeiten hinweghelfen. Dabei soll er Kraft und Halt bekommen und Freude empfinden“, sagte er.
Seit vielen Jahren las Karl Grasser morgens immer in seiner Bibel. „Wenn ich einen Auftrag bekommen habe, meistens von kirchlicher Seite, dann habe ich immer die Bibel hergenommen, das Thema durchgelesen und mich daran orientiert“, erklärte er.
Früher war Weihnachten das wichtigste Fest für Karl Grasser und das zentrale Thema seiner religiösen Arbeiten. In seinen letzten Jahren wurde Ostern jedoch immer wichtiger. Das Ostergeschehen war Anlass für die Entstehung mehrerer österlicher Holzschnitte. Themen wie das Letzte Abendmahl, Ölberg, Judaskuss, Kreuzigung, Auferstehung, Emmaus oder Ungläubiger Thomas finden sich mehrfach in seinen Werken.
„Ostern ist das Fest, um über das Leiden und Sterben Jesu Christi nachzudenken. Gleichzeitig ist es das Fest der Auferstehung, der Hoffnung und des Lebens“, so Karl Grasser.
Seine österlichen Holzschnitte zeugen von seiner tiefen Verbundenheit mit dem Glauben.

Peter Tscholl

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