Gastbeiträge von Damian Eberhöfer und Mathias Lechthaler - skepTisch

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„Wer nichts weiß, muss alles glauben“
Hallo liebe Leserinnen und Leser, was tut sich hier in den nächsten Ausgaben?
Wir, das Veranstaltungsformat skepTisch, möchten Neues versuchen, indem wir in Zusammenarbeit mit dem Vinschgerwind auf dieser Seite kurze Artikel veröffentlichen. Diese sollen verschiedene Themengebiete, die uns aktuell und wichtig erscheinen, beleuchten und die - pandemiebedingt nicht stattfindenden - Vorträge ergänzen. Frei nach dem Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach „Wer nichts weiß, muss alles glauben“ vertreten wir die Position, dass einem kritischen, informierten Menschen viel weniger schnell etwas „aufgeschwatzt“ werden kann. Das heißt, dass das Teilen von Wissen jedem*r Einzelnen als auch der Gesellschaft als Ganzes mehr Sicherheit gibt.
Wir möchten hier kurz einige Gründe aufzeigen, warum die Wissenschaft für uns hilfreich ist. Die Arbeitsweise von Wissenschaftlern folgt nämlich strengen Kriterien und so können Fehler oder Fehlinterpretationen oft frühzeitig erkannt werden. Denn eines muss uns bewusst sein, so intelligent unser Gehirn auch sein mag, es ist nicht fehlerfrei und spielt uns manchmal Streiche. Mit diesen Streichen meine ich z. B. Falschinterpretationen oder logische Fehlschlüsse*, denen wir tagtäglich begegnen. Einige gängige Irrtümer wären z. B., dass Haare schneller wachsen, wenn man sie schneidet, oder dass Pflanzen besser gedeihen, je nach Mondphase, in der sie gepflanzt werden. Meistens beruhen diese Vermutungen auf Gefühlen oder Intuition, was anfänglich komplett legitim ist, nur müssen wir diese Hypothesen neutral und rational bestätigen. Dies können wir mit Versuchen und Studien machen, wobei eine der wichtigsten Werte die Objektivität (um die Erkenntnisse unabhängig vom Betrachter zu deuten) und die Reproduzierbarkeit (um Zufälle auszuschließen) sind. Studien mit Medikamenten werden in der Regel doppelt verblindet, das heißt, dass weder die Probanden noch die Versuchsleitenden wissen, in welchen Proben der Wirkstoff enthalten ist und in welchen ein Placebo. Zudem werden Studien vor ihrer Veröffentlichung von zufällig ausgewählten Wissenschaftlern korrekturgelesen und auf Plausibilität überprüft, dabei kennen sich diese Personen nicht namentlich, damit keine Absprachen getroffen werden.
Das war jetzt nur ein kleiner Einblick in den komplexen und aufwändigen Prozess des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns. Und ich möchte abschließend betonen, dass Wissenschaft nicht unfehlbar ist, aber die Wahrscheinlichkeit für einen Irrtum ist weitaus geringer, als wenn wir uns NUR auf unser Bauchgefühl, Intuition usw. verlassen.
Damian Eberhöfer

*Beispiel für logische Fehlschlüsse finden Sie auf: https://www.yourlogicalfallacyis.com/de

 

Wissenschaft und Einstein
Eine beliebte Anekdote im Bezug auf wissenschaftlicher Arbeit und wissenschaftlichen Fortschritt dreht sich um Einstein und die Entdeckung der Relativitätstheorie. Gern wird behauptet: „Einstein war ein Genie, den niemand verstanden hat und seiner Zeit voraus. Mit der Relativitätstheorie hat er allein auf einmal die Gravitationstheorie von Newton widerlegt.“
Nun, Einstein war ein Genie sondergleichen, das will ich auf keinen Fall abstreiten. Dennoch wird bei dieser Anekdote vieles vergessen und die Realität einfacher dargestellt, als sie tatsächlich ist. Einstein hat seine Theorien nicht allein entwickelt. Einen großen Einfluss auf seine Theorien hatte zum Beispiel sein Lehrer Minkowski und dessen Raum-Zeit-Diagramme. Auch war des Weiteren die Zeit reif für einen allfälligen Paradigmenwechsel in der Physik. Früher oder später wäre jemand anderes auf Einsteins Ideen gekommen. Die alten Theorien waren einfach nicht mehr in der Lage, die Realität genau genug zu beschreiben. Was direkt zum zweiten Punkt führt: Auch wenn die Relativitätstheorie die Realität genauer beschreibt als die Gravitationstheorie, hat diese vor der Einführung der Relativitätstheorie genau so gut gepasst, wie heute. So gut, dass selbst die NASA heute nur mit Newtons Formeln ihre Flugbahnen berechnet und die etwas genaueren Einstein’schen Formeln vernachlässigen kann. Denn nur darum geht es eigentlich, die Natur und Phänomene in der Natur möglichst genau und zuverlässig zu beschreiben, um möglichst genaue Zukunfts-Vorhersagen treffen zu können.
Das heißt also, dass, obwohl Einstein die Physik grundlegend verändert hat, Newtons Gravitationstheorie immer noch aktuell ist. Daraus kann man schließen: Etwas was heute richtig ist, wird nicht automatisch falsch, wenn Fortschritt stattfindet. Die Erde ist heute eine Kugel, war in der Antike schon eine Kugel, und wird es auch in Zukunft bleiben.
Übrigens: Eine Theorie ist keine (Hypo)These, eine Theorie ist nämlich eine bestätigte Hypothese, zu der Evidenz gesammelt wurde. Das heißt, es muss experimentelle Beobachtungen geben, die eine Hypothese stützt, damit sie zu einer Theorie wird. Wichtig ist hierbei auch zu bemerken, dass die Ergebnisse in wissenschaftlichen Experimenten immer mit Unsicherheiten verbunden sind. Man möchte meinen, eine unsichere Messung sei nicht zu gebrauchen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Wenn man in einer Messung keine Unsicherheitsfaktoren hat, sondern ein exaktes Ergebnis bekommt, ist das Experiment quasi nutzlos. Dabei ist es so, dass genau diese Unsicherheiten eine solide Grundlage erstellen, auf die man sich verlassen kann. Innerhalb eines Intervalls befindet sich nämlich der tatsächliche Wert. Und das dann aber zu 100 %.
Korrekturgelesen von Dr. Stefan Uttenthaler, Astronom
Mathias Lechthaler

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