Mals/Obermais - Die professionelle Förderung des sportlichen Interesses in Verbindung mit einer Schulausbildung steht im Mittelpunkt des Schulschwerpunkt Fußball der Fachoberschule für Wirtschaft im Oberschulzentrum Mals. Neben zwei fußballspezifischen Einheiten pro Woche, einem wöchentlichen Kraft- und Konditionstraining gehören verschiedene Testspiele zur sportlichen Ausbildung. Diese Testspiele erstrecken sich auf das gesamte Schuljahr und werden gegen Mannschaften des FC Südtirol, regionalen Auswahlmannschaften aus Südtirol, dem Trentino und Tirol, dem Sportgymnasium Sterzing und erfolgreichen Amateurvereinen aus dem Vinschgau und Burggrafenamt ausgetragen. Kürzlich testeten die Schüler gegen die U15, U17 und die 1. Mannschaft beim derzeit stärksten Amateurverein im Lande, dem FC Obermais. Für die Vereine sind diese Testspiele ein Training auf Wettkampfniveau und für die vielen jungen Fußballtalente eine Möglichkeit, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und sich mit großen Vereinen zu messen oder zu empfehlen. (lu)
Kortsch - Am Sonntag, den 9. Februar 2025, fand das alljährliche Skirennen des ASV Kortsch Raiffeisen in Schöneben statt.
Mit 64 begeisterten Teilnehmern – vom Jahrgang 1946 bis 2021 – wurde ein spannendes Rennen ausgetragen. Trotz wechselnder Bedingungen zwischen Sonne, Nebel und Schneefall erlebten wir einen fantastischen Tag auf bestens präparierten Pisten.
Zur Dorfmeisterin kürte sich in diesem Jahr Platzer Eleonora, während Nobile Salvatore mit einer herausragenden Zeit den Titel des Dorfmeisters holte. In der Familienwertung setzte sich die Familie Schwalt Meinrad durch. Die Vereinswertung gewannen die Schützen, die bereits zum dritten Mal in Folge triumphierten und somit den Wanderpokal endgültig für sich beanspruchen konnten.
Ein riesiges Dankeschön an alle Rennläufer, Familien und Vereine, die Jahr für Jahr an unserem Rennen teilnehmen! Ein großes Danke auch an alle Helfer und das Team von Schöneben für die hervorragende Organisation und die perfekten Pisten.
Ein besonderer Dank gilt unseren Sponsoren, die dieses Event jedes Jahr aufs Neue möglich machen. Wir freuen uns schon auf das Rennen im nächsten Jahr!
Der ASV Kortsch Raiffeisen
Die fünfte Jahreszeit – wie die Zeit der Playoffs in Eishockeyfachkreisen bezeichnet wird – ist nun endlich für den AHC Vinschgau angebrochen. Im Viertelfinale treffen die Eisfix auf den HC Valpellice Bulldogs, ausgetragen wird das Duell in einer Best-of-3 Serie. Aufgrund der bisherigen Saisonbegegnungen gehen die Vinschger als klare Favoriten in dieses Duell um den Einzug ins Halbfinale der IHL Division I.
Von Sarah Mitterer
Fast 350 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Latsch und Torre Pellice, dem Ort, an dem die Eisfix ihr zweites Viertelfinalspiel der Best-of-3-Serie bestreiten werden. Am 22. Februar müssen die Eishockeycracks des AHC Vinschgau die längste Auswärtsfahrt – nämlich über 500 Kilometer und knapp 6 Stunden Fahrt - antreten, in der Hoffnung, mit einem Halbfinalticket in den Vinschgau zurückzukehren. Der Einzug unter die Top 4 wäre dann geschafft, sollten die Eisfix das erste Heimspiel (wurde am 15. Februar ausgetragen), gewonnen haben und das anschließende Auswärtsspiel auch für sich entscheiden. Doch von vorn:
Dass die Eisfix bereits das Playoff-Ticket in der Tasche hatten, stand nach dem Ende des Grunddurchganges fest, denn mit Platz 3 in der Gruppe West war ihnen der Einzug unter die Top 8 schon sicher. In der anschließenden Masterround spielten jeweils die Top-3-Mannschaften der Kreise West und Ost um die beste Ausgangsposition für die K.o.-Phase. In dieser Zwischenrunde konnte der AHC Vinschgau fünf von zehn Partien gewinnen und belegte am Ende mit 17 Punkten den vierten Platz, nur zwei Punkte hinter der drittplatzierten Mannschaft, dem HC Piné.
Somit stand fest, dass die Vinschger im Viertelfinale auf das fünftplatzierte Team treffen würden – und das ist der HC Valpellice Bulldogs. Schaut man sich die zwei direkten Duelle aus der Masterround an, so spricht vieles für den AHC Vinschgau, denn beide Partien konnten die Eisfix klar für sich entscheiden.
Sollten sie den Einzug ins Halbfinale schaffen, würden sie dort aller Voraussicht nach auf den Titelfavoriten aus dem Pustertal - den HCP Junior Selection - treffen, der im Viertelfinale gegen das achtplatzierte Team, den HC Gherdeina Div. I spielt. Zwar kassierten die Vinschger in den bisherigen Aufeinandertreffen drei Niederlagen, doch einmal gingen die Eisfix auch als Sieger vom Eis und bewiesen damit, dass auch dieser Gegner nicht unschlagbar ist. Doch zunächst gilt es für die Spieler des AHC Vinschgau die Konzentration auf das Viertelfinale zu legen, weiterhin mit Kampfgeist und Wille aufs Eis zu gehen und das Halbfinalticket zu lösen.
Eishockey - Mit Adrian Klein und Cristian Verza verfügen die Latscher über zwei brandgefährliche Stürmer, die gemeinsam in bisher 20 Partien 77 Scorerpunkte sammeln konnten. Im Tor vertrauen die Vinschger weiterhin auf den Rückhalt von Simon Spada und Johannes Tappeiner. (sam)
Eishockey - Sollte es in der Best-of-3 Serie zwischen dem AHC Vinschgau und dem HC Valpellice Bulldogs nach zwei Spielen 1:1 stehen, so würde am 1. März um 19 Uhr im Iceforum von Latsch das Entscheidungsspiel zwischen den beiden Teams ausgetragen werden. (sam)
Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Valentin, 14. Februar 2025
Gleich vorweg: Es ist nicht meine Absicht, eine Polemik zu entfachen. Was ich aber mit dem heutigen Beitrag versuchen möchte: Ein paar Fakten beizusteuern zu einer immer öfter aufkommenden Diskussion, ob unser Land Südtirol im Sektor Tourismus seine Obergrenze erreicht hat oder noch entwickelt werden soll. Schon diese erste Frage zwingt objektiverweise zur Differenzierung zwischen sogenannten „Tourismushochburgen“ und noch aufnahmefähigen und strukturschwachen Gebieten in unserem Land.
Außer Frage steht, dass der Tourismus in den letzten 50 Jahren so wie auch die Intensivierung in der Landwirtschaft Wohlstand in unser Land gebracht hat. Der Anteil des Sektors Beherbergung und Gastronomie an der gesamten Bruttowertschöpfung Süd-
tirols betrug im Jahr 2023 11 %.
Der Tourismus ist Segen und Fluch zugleich. Oder, um Josef Rohrer, den Journalisten und Mitgestalter des Drehbuches für das „Touriseum“ als Landestourismus-Museum in Schloss Trauttmansdorff, zu zitieren: „Tourismus ist wie Feuer. Du kannst damit deine Suppe kochen, aber auch dein Haus abbrennen.“
Südtirol ist jene Region der Zentralalpen, welche touristisch am stärksten genutzt ist.
Südtirol ist u.a. wegen seiner Landschaft und seines Klimas begehrt. Die Jahressumme der Sonnenscheinstunden beträgt in München 1.777 Stunden, in Bozen 2.935. Zum weiteren Vergleich: Im Jahr 2011 betrug die Sonnenscheindauer über das ganze Jahr in Schlanders 2.159 Stunden, in Naturns 2.036 und in Eyrs 2.065. In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich Südtirol zu jener Region der Zentralalpen entwickelt, die zusammen mit dem Bundesland Tirol am stärksten touristisch genutzt wird. Im Jahr 2022 hatte Südtirol eine Wohnbevölkerung von 533.000 Menschen und eine „touristische“ Bettenanzahl von 152.936 in den gastgewerblichen Betrieben ohne die Angebote von Privatzimmervermietern und von „Urlaub auf dem Bauernhof“. Der Index der Beherbergungsdichte war mit 20,7 der höchste im Alpenraum. Als Beherbergungsdichte ist die Bettenanzahl pro Quadratkilometer Fläche definiert. Also: 152.936 Betten geteilt durch die Südtiroler Landesfläche von 7.400 km² ergibt 20,7. Zum Vergleich: Die Beherbergungsdichte in Tirol beträgt 16,6, in Salzburg 19,4, im Trentino 14,7, in Sondrio 5,7, in Belluno 5,0, in Graubünden 5,6, in Bayern 8,5.
Auch in der Tourismusintensität liegt Südtirol über dem zentralalpinen Durchschnitt. Die Tourismusintensität betrug 2022/23 in Südtirol 18,5. Als Tourismusintensität ist die Anzahl der Gästenächtigungen pro 100 Einwohner definiert. Index 18,5 bedeutet also, dass auf 100 Einwohner 18,5 Übernachtungen von Gästen gezählt werden. Im tourismusintensivsten Monat August erreicht die Tourismusintensität südtirolweit 35,3, im Pustertal gar 71,3.
Herkunftsländer und Anreise
Drei Viertel aller Südtirol-Urlauber stammen aus nur zwei Ländern: 43% aus Deutschland und 32,1% aus Italien (ASTAT- Info 19/2024). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Urlaubsgäste in Südtirol beträgt 4,3 Tage im Vergleich zu den 3,5 Tagen in den Zentralalpen. In anderen Beherbergungsangeboten in Südtirol beträgt die Aufenthaltsdauer: Urlaub auf dem Bauernhof 6,3 Tage, „Residence“ 5,8 Tage, in Privatzimmern 5,2 Tage. Bei der Bettenauslastung hat Südtirol im Jahr 2023 einen Prozentsatz von 40,8 % erreicht.
Die Gesamtzahl der touristischen Anreisen nach Südtirol betrug 2023 8.440.000, die Gesamtzahl der touristischen Übernachtungen 36 Millionen. Zum Vergleich: Gesamte Schweiz, eine Top-Destination auf globaler Ebene: 58 Millionen Übernachtungen.
85,5 % der Südtirol-Urlauber reisen mit dem eigenen PKW oder Motorrad an. Aus einer Befragung der Universität Bozen (2023) zu den Reisegewohnheiten in Italien und in Deutschland ist bekannt, dass die italienischen Gäste zu 84 % mit dem eigenen Auto, zu 7,2 % mit der Eisenbahn und zu 3,8 % mit dem Flugzeug anreisen. Von den deutschen Urlaubsgästen kommen 78 % mit dem eigenen PKW, 7,7 % mit der Bahn und 3,9 % mit dem Flugzeug.
Die systemische Gesamtbelastung
Rechnet man die 36 Millionen touristische Nächtigungen in Einwohner-Äquivalente um, erhöht sich die Anzahl der wohnansässigen Bevölkerung Südtirols von 535.000 (2023) im Jahresdurchschnitt um 107.463 Bewohner auf 642.000. Diese Steigerung der Bevölkerung ist nicht unwesentlich, entspricht sie doch in etwa der Einwohnerzahl der Stadt Bozen. In einer seriösen systemischen Gesamtbelastung, etwa hinsichtlich des Verkehrs, der Wasserversorgung, der Abwasser- und Abfallentsorgung, des Energieverbrauches und der Kohlenstoff-Emissionen muss dieser Mehrbelastung Rechnung getragen werden. Beim Wasserverbrauch beispielsweise wurde im Tourismus 2022 ein neuer Höchstwert von 7,9 Millionen Kubikmetern verzeichnet. Wohnansässige benötigen 241 Liter Trinkwasser pro Tag, Touristinnen und Touristen 448 l/Tg. Während die Urlauber für 36 Millionen Nächtigungen 16 Millionen m³ Trinkwasser pro Jahr verbrauchten, kommt die ansässige Wohnbevölkerung mit 40 Millionen m³ aus. Insgesamt ist Südtirols Tourismus quantitativ sehr weit entwickelt und ressourcenintensiv.
Arbeitskräftebedarf und Entlohnung
Laut Arbeitsmarktbericht Südtirol 2023/2 (Amt für Arbeitsmarktbeobachtung) waren von Oktober bis Mai 2023 37.178 Arbeitnehmende im Tourismus beschäftigt. Der Anteil der Beschäftigten im Gastgewerbe an der Gesamtzahl der Beschäftigten betrug 2022 14,2 %.
Im selben Jahr 2022 betrug die durchschnittliche Jahresbruttoentlohnung im Gastgewerbe 26.800 Euro, während diese im Durchschnitt aller Sektoren bei 31.100 Euro lag. Damit gehören die Löhne im Tourismus zu den niedrigsten Löhnen. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass das Gastgewerbe der Sektor mit dem höchsten Anteil an befristeten Arbeitsverhältnissen ist. 52 % der abhängig Beschäftigten im Tourismus stammen aus Südtirol, 48 % aus anderen Provinzen Italiens und aus dem Ausland.
Zweitwohnungskauf und Mietpreise
Von den 236.500 Wohnungen in Südtirol sind 14.000 Wohnungen Zweitwohnungen, die zu 24 % Südtirolern, zu 57 % italienischen Staatsbürgern aus anderen Regionen und zu 14% Bundedeutschen gehören. Die Gemeinden mit der höchsten Konzentration an Zweitwohnungen sind Welschnofen, Corvara, Hafling und Abtei. Die Kurzzeitvermietung von Wohnungen über die Plattform Airbnb ist auch in Südtirol stark angewachsen. Die Anzahl der buchbaren Angebote hat im Dezember 2022 erstmals 6.000 überschritten.
Der Südtiroler Immobilienmarkt zieht auch immer mehr auswärtige Investoren an, die in Wohn-Immobilien als Anlagekapital investieren. Dies hat Auswirkungen auf die Baukosten von Wohnungen und auf die Mieten von Mietwohnungen.
Die Maklervereinigung FIAIP (Federazione Italiana Agenti Immobiliari Professionali) hat für 2023 die Preise für die Wohnimmobilien in den 116 Südtiroler Gemeinden erhoben. In Bozen erreichen die Quadratmeterpreise im Zentrum bis zu 7.000 €. Am teuersten ist der Wohnraum in touristischen Gemeinden wie Gröden und Gadertal, wo die Verkaufspreise bis zu 15.000 €/m² erreichen. Aus den Angaben der FIAIP ergibt sich für Jänner 2025 für die 13 Gemeinden im Vinschgau ein Durchschnittswert von 3.097 Euro pro m² für den Kauf einer Wohnung.
Stichwort „Leerstand“ und „leistbares Wohnen“: Laut einer Erhebung des ISTAT von 2022 gelten in Südtirol 24,19 % der Wohnungen als unbewohnt oder so gut wie nicht benutzt.
Verfügbares Bauland ist knapp und somit wertvoll: Von Südtirols gesamter Landesfläche von 7.400 km² gelten nur 6 % als sicheres Bauland, 3 %, also die Hälfte sind allein schon nach dem Zweiten Weltkrieg verbaut worden.
Es gibt einen hohen Bedarf an Mietwohnungen zu erschwinglichen Mieten. Verschiedene soziale Gruppen tun sich schwer: Geringverdiener, Migrantinnen, Studierende etwa. Auch für den sogenannten Mittelstand bleibt der Traum vom Eigenheim immer häufiger ein Traum.
Auch bei gleichbleibender Bevölkerungsanzahl ist die Nachfrage nach Wohnungen besonders in den Ballungszentren mit ihrem Arbeitsplatzangebot immer noch steigend. Dies auch deshalb, weil die Haushalte immer kleiner werden. Während ein Haushalt im Jahr 1990 durchschnittlich noch 2,8 Personen umfasste, ist die Anzahl der Personen pro Haushalt im Jahr 2023 auf 2,3, in Bozen sogar auf 2,1 gesunken.
Das Südtiroler Landesgesetz Nr. 9 vom 10. Juli 2018 „Raum und Landschaft“ regelt den Umgang mit unserer Landschaft und unserem Siedlungsraum. Im Lichte der Entwicklung, dass immer häufiger ausländische Investoren auf dem Südtiroler Immobilienmarkt investieren und die Preise für den Wohnungskauf und die Wohnungsmiete anheizen, ist der Vorschlag von Leonhard Resch sinnstiftend, neue Bauvolumen für Wohnzwecke in Südtirol für Ansässige zu reservieren. Leonhard Resch ist seit 23 Jahren Referatsleiter für die Arche im KVW. Claudia Plaikner, die Vorsitzende des Heimatpflegeverbandes Südtirol, formuliert meines Erachtens zu Recht: „Tourismus in Maßen statt in Massen.“ Wer mehr zum Thema lesen will, dem sei das Buch „Heimat oder Destination Südtirol?“ empfohlen. Es ist vom Heimatpflegeverband Südtirol und von Politis herausgegeben worden und im Juli 2024 bei arcaedizioni, Eppan/Bozen erschienen.
Werner Schönthaler macht Hanfziegel und zusammen mit seinem Vater Lois einen unverkennbaren Weißen.
Von Maria Raffeiner
Wie im Adlerhorst sitzt Werner Schönthaler bei einem Glas Wein auf Castelatsch („Gschlatsch“), seinem Bauernhof über dem Haufendorf Tschengls. Die Glasfront gibt den Blick frei bis nach Burgeis, schräg gegenüber liegt Eyrs. Da kommt der Weißwein her, der goldig im Glas schimmert. Auf dem Gelände der Firma Schönthaler Baustoffe werden bekanntlich Ziegel gepresst, aber auch Trauben kultiviert. Was als gesetzlich auferlegte Grünzone auf dem Gelände begann, wurde bald zur großen Leidenschaft von Lois Schönthaler, dem Seniorchef des Familienunternehmens. Mit seiner Pensionierung zog er sich aus dem Tagesgeschäft in den Weinberg zurück. Zuvor mussten die Voraussetzungen geschaffen werden, da es sich um flaches Gelände mit hohem Grundwasserspiegel handelt. Um sich an die Rebsorten anzupassen, musste mit sandigem Boden aufgefüllt werden. Danach kamen Flachwurzler in die Erde, die sich in der oberen Schicht ausbreiten. Seither steckt Lois Schönthaler sein Herzblut in dieses Projekt. Mit Sohn Werner besuchte er Weingüter, vertiefte sich in die Lektüre von Fachbüchern, etwa in die biodynamische Lehre von Rudolf Steiner, entfernte den Zweigelt und suchte die Zusammenarbeit mit Kellermeistern – was als Hobby begann, entspricht nun schon in drei Michelin Restaurants hohen Ansprüchen. Beratend zur Seite stand vor mehr als 15 Jahren Frans Van den Dries, der von Belgien nach Laatsch gezogen war und sich in der Weinwelt einen Namen machte. So kam es, dass in Eyrs auf einer Fläche von 1700 m die pilzresistenten Rebsorten Solaris und Muscaris und etwas Sauvignon Gris gepflanzt wurden.
Wir stoßen mit einem Gläschen an. Mit der Nase im Glas fachsimpeln wir über eine mögliche Pfirsich- und Litschinote. Werner erklärt die Komponenten: „Solaris wächst und schmeckt gut, hat aber wenig Farbe und Frucht. Muscaris kommt vom Muskateller und bringt das fruchtige Bouquet, während dem Sauvignon Gris die kräftige Farbe zu verdanken ist.“ Das sind noch nicht alle Besonderheiten vom Cuvée, denn ihm hat man Marmormehl beigemischt. Die Anregung kam vom Marmorkünstler Bernhard Grassl, da bereits die alten Römer ihrem Wein geriebenen Marmor zugesetzt hätten. Wozu? Das Calciumcarbonat nimmt dem Wein Säure und verleiht ihm Mineralität. Wenn im Winter die drei Sorten miteinander vermählt werden, geben die Winzer deshalb etwas Göflaner Marmorpulver dazu. Es sedimentiert und bleibt als Satz im Fass, wenn der Wein im darauffolgenden Herbst abgefüllt wird. „Wir haben es einfach ausprobiert“, lautet das Resümee, „bei der Größe von unserem Weinbetrieb gab es nichts zu verlieren.“ Das empfindet Werner als Freiheit, denn Mengenvergrößerung ist vorerst nicht sein Plan. 1500 Flaschen pro Jahrgang reichen, auch wenn die Nachfrage größer ist. Die Fachwelt äußert sich positiv über diesen besonderen Vinschger Rebensaft. Es war Sommelière Sonya Egger Trafoier (Kuppelrain), die dem „eschkolot“ zu Ansehen verhalf und Kontakte zu Weinkunden ermöglichte.
Jahrelang hatte Hilde van den Dries den Wein im Calvenschlössl ausgebaut. Da dort der Platz im Weinkeller knapp wurde, kommt er heuer erstmals von Hartmann Donà (Lana). Alle Schritte der Weinproduktion bis zum füllfertigen Wein laufen beim renommierten Önologen ab, wobei die Spontangärung beibehalten wird. Statt einem Hefezusatz bringt ein natürliches Traubenferment die Gärung in Gang, nur so erhalte das Endprodukt seinen Charakter.
Was in Familienhand bleibt, ist die Arbeit im Weinberg: Lois schneidet im Winter die Reben, geht im Sommer gegen das Unkraut vor, mäht und schwefelt, wenn es bei hohem Niederschlag notwendig ist. Der größte Aufwand entsteht beim Anbringen des Netzes. Werden die Weimer im Juli nicht eingepackt, lassen die Vögel nichts übrig, so arg stürzen sie sich im Obervinschgau auf die seltene Delikatesse. Die Traubenlese erfolgt je nach Sorte im Spätsommer/Herbst, auch beim Wimmen ist Lois mit 89 Jahren noch tatkräftig dabei. „Das ist richtig schön, mit 80 hat er sich ein iPad gekauft, um sich immer weiter in die Materie einzuarbeiten“, sagt Werner über seinen Vater.
Werners Aufgaben liegen im organisatorischen Bereich, er ist der Botschafter des Marmorweines. „Weinmachen hat Klasse, ein Weinberg ist etwas Edles“, ist er fasziniert vom Prozess, „es macht mir große Freude, wie sich das entwickelt hat und wie man im Kleinen etwas Großes schaffen kann.“ Von ihm hat der Verschnitt den vieldeutigen Namen „eschkolot“ erhalten. Die Bezeichnung kommt aus dem Hebräischen, bedeutet „Weintschaggl“ (ein Bündel Traubenbeeren, eine Traube), aber auch „Zusammenkunft“. Dem Weinstock kommt in der Thora bzw. im Alten Testament symbolische Bedeutung zu. Werners Auslegung: „Im Weinberg wird viel Aufwand betrieben, geschnitten und reduziert. Man arbeitet auf die Essenz hin, erst dann entfaltet sich die Qualität.“ Dem Begriff „eschkolot“ ist er bei den Jesuiten in der Schweiz begegnet, als er einen Kurs über die Kabbala, die mystische Tradition des Judentums, belegte. „Eschkolot klingt auch mit der etwas harten Vinschger Aussprache gut“, scherzt Werner und betont das K im Wort, „obwohl es nichts mit unserem Dialekt zu tun hat.“ Die feine Abbildung auf dem Weinetikett stammt von einer japanischen ZEN-Kalligraphin. Noch ein Cuvée also, bei Werner Schönthaler verschmelzen die Kulturen zu einem Gemischten Satz.
Momentan bleibt ihm keine Zeit, um einen Weinberg im steilen Gelände hinter seinem Hof in Tschengls anzulegen und das Winzerdasein auszubauen. Versuchsweise hat er jedoch schon einzelne Solaris Reben gepflanzt. Sie gedeihen gut.
„VIP ist im Apfelsektor in Europa absolut nachhaltig unterwegs. Wir sind unter anderem Bio-Leader und somit die Anlaufstelle für Bio-Äpfel in Europa. Unumschränkt.“ Das schickte VIP-Direktor Martin Pinzger im Vinschgerwind-Interview voraus. „Mit den Bauern kommunizieren wir transparent, berufen Versammlungen ein und erklären die Markt- und die Qualitätssituation. Über eine App bekommt jeder Bauer seine Hektarerlöse für jede Sorte. Wir scheuen die harte Wahrheit nicht“, sagt Martin Pinzger, „denn wir brauchen gesunde, wirtschaftlich denkende Unternehmer. Das Fundament ist, dass unsere Mitglieder ein gutes Auskommen haben, mittel- und langfristig.“
Interview: Angelika Ploner Foto: Erwin Bernhart
Vinschgerwind: Herr Pinzger, VIP will First Class sein. Im vergangenen Jahr waren auch die Auszahlungspreise First Class. Es waren die höchsten Auszahlungspreise seit zehn Jahren, stimmt das?
Martin Pinzger: Nein. Im Jahr 2017 führte ein ungewöhnlich starker Frost in Italien, insbesondere im Nonstal, zu einem erheblichen Ernteausfall beim wichtigsten Mitbewerber. Dies hatte zur Folge, dass die Preise noch weiter anstiegen.
Vinschgerwind: Dann waren es die zweithöchsten Auszahlungspreise seit zehn Jahren.
Martin Pinzger: Ja, das stimmt. Gott sei Dank. Das war bitter notwendig. Es waren die zweithöchsten Auszahlungspreise bei einer noch nie dagewesenen Höhe an Produktionskosten. Die Ernte war übersichtlich, speziell im roten Segment. Beim Golden Delicious hatten wir eine sehr gute Ernte. Die guten Auszahlungspreise sind darauf zurückzuführen, dass es im Frühjahr 2024 Frostschäden speziell in Ostdeutschland, in Österreich, in Tschechien, in Polen aber auch geringfügig im Nonstal gegeben hat. Bereits da hat sich abgezeichnet, dass die Ernte 2024 geringer ausfallen wird und wir sind weniger unter Druck gestanden. Die Golden-Ernte 2023 wurde bis spät in den Herbst 2024 verkauft. Wir haben die letzten Äpfel erst am 20. Oktober 2024 ausgeliefert. Von der Haltbarkeit her stellt das kein Problem dar. Wir können aufgrund der Lagerfähigkeit einiger Sorten absolut ein Jahr - bei Bedarf auch 14 Monate - verkaufen. Das ist ein großer Vorteil.
Vinschgerwind: Premium-Auszahlungspreise von über einem Euro ...
Martin Pinzger: ...nein, nein, über einen Euro ...
Vinschgerwind: ... gab es für die rote Sorte Kissabel® im I.P-Bereich zum Beispiel...
Martin Pinzger: Ja, eine einzige Sorte, aber das ist Nischendasein pur. Wir haben 5.300 Hektar Apfelanbau im Vinschgau und wir haben 10 Hektar Kissabel®.
Vinschgerwind: Gala, Bonita, Topaz im Biobereich erzielten alle drei über 1 Euro.
Martin Pinzger: Ah, ok, im Biobereich ja. Aber, ich spreche lieber von guten Erlösen. Denn, es bringt mir als Produzent nichts, wenn ich eine Sorte habe, die mir einen Euro bringt, aber ich nur 20 Tonnen pro Hektar produziere. Es ist so: Laut Berechnungen vom Beratungsring braucht ein Produzent 30.000 Euro Erlös pro Hektar, um kostendeckend zu arbeiten.
Vinschgerwind: Kostendeckend?
Martin Pinzger: Ja, da sind die Arbeit und die Investitionen des Bauern miteingerechnet. Und leider Gottes muss ich sagen, in den vergangenen Jahren haben wir die 30.000 Euro nicht immer und überall erreicht. 2023 haben wir die 30.000 Euro im Durchschnitt hingegen überschritten. Sowohl im Bio-Bereich als auch im I.P.-Bereich. Wir können unsere Produzenten für die Ernte 2023 und voraussichtlich auch 2024, nach einer Durststrecke von drei Jahren, wo wir nicht für alle Produktionsweisen satt über den Produktionskosten gelegen sind, vorerst beruhigen.
Vinschgerwind: Womit wir bei der nächsten Frage wären: Im Biobereich wurde der Golden Delicious zwei Jahre lang abgestraft, der I.P.-Golden erzielte bessere Auszahlungspreise, Ernte 2023 pendelte sich der Bio-Golden immerhin um 60 Cent ein.
Martin Pinzger: Das stimmt. Man muss grundsätzlich sagen: Nicht jede Sorte ist erfolgreich. Und es gibt unterschiedliche Situationen je nach Anbauweise. Ein Golden Delicious ist im I.P.-Bereich noch sehr erfolgreich, weil er konstante Erträge liefert. Die historische Qualität zu erreichen, ist mit fortschreitendem Klimawandel im Vinschgau nicht mehr leicht. Im Bio-Anbau ist der Golden Delicious die Königsdisziplin, weil er schorf-empfindlich ist, infolge viele Behandlungen braucht und diese dann wieder teilverantwortlich für berostete Äpfel sind. Demnach ist eine hohe Qualität des Golden Delicious nur mehr in Golden-Gunstlagen möglich. Die Bauern sind sehr professionell und reagieren schnell. Wir haben einen Flächenanteil im I.P.-Anbau bei 50 Prozent im Vinschgau und bei Bio 15 Prozent, tendenziell stark sinkend. Im Moment werden wir im Bio-Bereich weiterhin Golden-Flächen und Red Delicious-Flächen zugunsten von schorfresistenten Sorten wie Topaz, Natyra®, Bonita oder den im Bio-Anbau bevorzugten Gala reduzieren, weil diese Vorteile gegenüber einem Golden Delicious in der Produktion haben. Die Welt spürt den Klimawandel und Obst und Gemüse zu produzieren ist eine große Herausforderung. Weltweit.
Vinschgerwind: Aber die Bauern können auch heuer wieder mit guten Auszahlungspreisen rechnen?
Martin Pinzger: Unsere Ernte fiel fast genauso hoch aus wie 2023. Die größere Menge als geschätzt hat uns überrascht, da wir aufgrund der Alternanz mit weniger gerechnet hatten. Unser Ziel ist das Auszahlungsergebnis vom Vorjahr zu erreichen. Mehr wird wohl nicht möglich sein. Unsere Mitbewerber im Nonstal haben die Gewohnheit im Jänner eine Erlösvorschau zu machen. Diese prognostiziert für die laufende Ernte, dass sie 10 bis 15 Prozent unter dem Vorjahr liegen werden.
Vinschgerwind: ...um dann effektiv die Erlöse vom Vorjahr zu halten.
Martin Pinzger: Ich sage ganz transparent: Unser Ziel ist das Niveau der Auszahlungspreise des Vorjahrs.
Vinschgerwind: Nochmal zurück zum Sortenspiegel. Wie soll der Sortenspiegel im Biobereich in Zukunft aussehen?
Martin Pinzger: Im Bio-Bereich hatten wir 2023 eine Ernte von 5.000 Waggon, davon 1.000 Waggon Golden Delicious. Im letzten Jahr hatten wir nur mehr 500 Waggon Golden-Ernte - also die Hälfte. Das regnerische Jahr 2024 war für den Bio-Golden eine Katastrophe: Eine extreme Herausforderung für die Bio-Produzenten, dazu kam eine starke Alternanz. Im Bio-Anbau sind in den nächsten Jahren 10 Prozent Golden Delicious und 90 Prozent rote Sorten realistisch. Im IP-Bereich wird langfristig ein Anteil von 50 Prozent angestrebt.
Vinschgerwind: 50 oder 40 Prozent Golden Delicious?
Martin Pinzger: ...mit 40 Prozent wären wir wahrscheinlich souveräner unterwegs. Wir glauben noch an den Golden Delicious, auch noch im Jahr 2025, aber nicht mehr im ganzen Vinschgau, sondern nur mehr in bestimmten Gunstlagen. Was sind Gunstlagen? Das sind Höhenlagen oder Hügellagen an denen die Qualität und auch die Erntemenge konstant gehalten werden. Wir benötigen dann für die 10 Prozent Reduzierung Alternativen und das ist nicht so einfach, weil es eine große Herausforderung ist, neue Sorten zu entwickeln und einzuführen.
Vinschgerwind: ...und es gibt Probleme bei der Lagerfähigkeit. Vor allem beim Hoffnungsträger von VIP, dem Cosmic Crisp®.
Martin Pinzger: VIP hat vor zehn Jahren eine gute Selektion gemacht. Wir haben sieben Vertragssorten. Die erste Sorte war der Kanzi®, 2002 gestartet. Er funktioniert immer besser. Europaweit arbeitet sich Südtirol als Primus heraus, weil in den historischen Anbaugebieten wie Deutschland oder Benelux baumkrebsbedingt die Produktion schwächelt.
Vinschgerwind: ...dann der envy™, jener Apfel, der im November geerntet wird...
Martin Pinzger: ...einer der besten Äpfel, den wir derzeit im Sortiment haben: süßaromatisch. Süß-saftig hingegen ist der Ambrosia™ . Diese zwei Sorten sind wie maßgeschneidert für den Konsumenten in Südeuropa.
Vinschgerwind: ...wir sprechen aber von den Produzenten, wie sind diese Sorten im Anbau für die Bauern?
Martin Pinzger: Nicht mehr „Abano Therme aber envy™“: Das Sortiment bedingt eine Ernte von Ende August bis Mitte/Ende November..
Vinschgerwind: ... Kissabell®?
Martin Pinzger: Auf dem Markt läuft’s gut, in der Produktion läuft es nicht gut. Er ist extrem berostungsanfällig. Wenn es im März und April kalt ist, entwickelt er starken Rost und die Erntemenge fällt geringer aus.
Vinschgerwind: Das heißt Kissabell®-Stop im Anbau?
Martin Pinzger: Absolut. Nach dem Pflanzjahr 2025 ja.
Vinschgerwind: Dasselbe gilt für den Yello®. Stop im Anbau.
Martin Pinzger: Auch Stop, ja.
Vinschgerwind: ...und den Cosmic Crisp® sollen die Bauern anpflanzen und in Zukunft mit Scheren ernten – wie den SweeTango®?
Martin Pinzger: Wir haben im vergangenen Jahr den Versuch gemacht, den Cosmic Crisp® mit Scheren zu ernten. Der Cosmic Crisp® ist ein Apfel, den wir über 12 Monate verkaufen können. Der Verkauf der Ernte 2024 ist vor zehn Tagen (Aufzeichnung Interview 29.01.2025) losgegangen und wird bis Ende September gehen.
Vinschgerwind: Ist der Cosmic Crisp® stängelstichanfällig?
Martin Pinzger: Wir müssen grundsätzlich sagen, es gibt keine Sorte, die die eierlegende Wollmilchsau ist – vom Anbau bis ins Regal.
Vinschgerwind: Der Gala.
Martin Pinzger: Jein. Im Bio-Anbau ist er der Winner, aber im I.P.-Bereich fehlt teilweise die Menge im Vergleich zum Golden Delicious.
Vinschgerwind: Zurück zum Cosmic Crisp®. Muss dieser heuer im Herbst mit Scheren geerntet werden?
Martin Pinzger: Wir haben Ernte 2024 einen großangelegten Versuch gestartet den Cosmic Crisp® mit Scheren zu ernten. Auf freiwilliger Basis wurden einige Pflückgänge gemacht. Ziel war es zu verstehen, wie wir Ausfälle beheben können. Das muss jetzt auf Hochdruck passieren. Wir haben heuer über 1.000 Waggon Cosmic Crisp® geerntet und die Produzenten haben viel Geld investiert. Dementsprechend müssen wir jetzt liefern: Wir müssen so schnell und professionell wie möglich herausfinden, wo wir Vermeidungspotenzial haben – auf dem Feld, bei der Verarbeitung oder am Verpackungstisch. Seit zwei Wochen sortieren wir die Ernte 2024 und beginnen nun mit den Auswertungen.
Vinschgerwind: Kann man schon etwas sagen?
Martin Pinzger: Nein, das ist noch zu früh. Aber wir haben 30 Prozent der Cosmic Crisp® ohne Stängel geerntet. Dadurch steht uns viel Auswertungspotential zur Verfügung. Das Problem kann nicht VIP bzw. die Genossenschaften alleine und nicht der Bauer alleine lösen. Das geht nur gemeinsam. Wir stellen zudem fest, dass das Aufplatzen heuer mindestens das gleiche Problem darstellt, wie der Stängelstich. Wir müssen für beide Probleme die richtigen Optimierungsschritte finden. Das kann entweder eine Vermeidung von mechanischen Beschädigungen sein oder auch ein noch optimalerer Erntezeitpunkt. Der Cosmic Crisp® ist ein dünnhäutiger Apfel: Er ist dennoch eine der haltbarsten Sorten, die wir haben. Außer er hat eine Öffnung, dann hat er – umgekehrt – die Tendenz zur Fäulnis.
Vinschgerwind: Das heißt: Der Bauer muss innerhalb kürzester Zeit die Ernte unter Dach und Fach bringen? Er braucht mehr Erntehelfer usw.
Martin Pinzger: Nein, da ist der unternehmerische Geist, den unsere Produzenten mit dem richtigen Sorten- und Erntemanagement haben. Die richtige Sortenwahl optimiert das Erntemanagement sowohl zeitlich als auch personell und maschinell.
Vinschgerwind: Noch einmal: Kommt im Herbst die Pflicht mit Scheren zu ernten?
Martin Pinzger: Nein, Pflicht kommt ganz sicher keine.
Vinschgerwind: Außergewöhnliche Wetterereignisse wie viel Regen und Kälte im Frühjahr sowie starker Wind prägten das Jahr 2024. Wie ist die Qualität? Und wie läuft die Vermarktung der Ernte 2024?
Martin Pinzger: Es ist, wie ich bereits gesagt habe, mengenmäßig gut gelaufen. Denn wir haben bei I.P. punktgenau die Ernte 2023 erreicht und bei Bio sind wir auch bis auf fünf Prozent mengenmäßig hingekommen.
Vinschgerwind: Soviel zur Menge. Wie ist die Qualität?
Martin Pinzger: Qualitativ gibt es einen erheblichen Unterschied, da die schlechten Witterungsbedingungen, insbesondere der anhaltende Regen und die Kälte nach der Blüte, die Zellteilung stark beeinträchtigt haben. Dies führte zu kleineren Äpfeln, besonders bei der Hauptsorte Golden Delicious, und zu einer deutlich geringeren Menge an Äpfeln der 1. Qualität. Es gibt mehr Berostung, mehr Hagel, Defekte durch Windschäden, bakteriellen Druck, der jetzt auch im Lager Probleme bereitet. Der Produzent hat nicht mehr so viele Pflanzenschutz-Mittel in der Hand. Die gute Nachricht: Im Bio-Bereich sind wir imstande die Flächen zu halten, das ist in Europa eher die Ausnahme und für uns ein Erfolg, denn überall sind Rückgänge zu verzeichnen.
Vinschgerwind: Apropos Rückgänge. Bei unserem Interview vor fünf Jahren sprachen Sie noch von 1.700 Produzenten, jetzt sind es noch 1.400 Produzenten.
Martin Pinzger: Grundsätzlich haben wir vier große Problembereiche, was die Produktion betrifft, ohne zu bewerten, welcher der vier die größte Herausforderung darstellt. Wir haben den Klimawandel, mit neuen Schädlingen, Frost usw. Wir haben den Pflanzenschutz, wo leider Gottes in den vergangenen Jahren sehr viele Wirkstoffe verloren gegangen sind. Dann die Nachfolgegeschichte und die Kostensteigerung.
Vinschgerwind: Was heißt Nachfolgegeschichte?
Martin Pinzger: Nachfolgegeschichte heißt, dass die Wirtschaft generell mit dem demografischen Wandel zu kämpfen hat. Wenn die Landesstellen in Südtirol nicht mehr besetzt werden, dann beeindruckt mich das. Es ist so, dass die Nachfolge im Vinschger Obstbau nicht mehr eine Selbstverständlichkeit ist. Denn auch die Kinder unserer Obstbauern fragen sich immer öfter: Ist der Obstbau für mich wirtschaftlich und emotional interessant? Schließlich steht ihnen die Welt offen. Obstbau kann keine 4,5 Tage Woche bieten. Obstbau heißt Ernte von Ende August bis Mitte November. Obstbau heißt Arbeit am Samstag und Sonntag. Obstbau heißt um 4 Uhr aufstehen Pflanzenschutz ausbringen, damit man die Insekten schützt. Wenn es regnet, hinaus, speziell im Bioanbau. Das sind die Anforderungen. Schließlich war in den Jahren 2020, 2021 und 2022, auch die Wirtschaftlichkeit nicht mehr überall gegeben. Zum vierten Problem, den Kostensteigerungen. Eine junger Mensch fragt sich richtigerweise kritisch, ob er das will und setzt sich nicht mehr automatisch auf den Traktor. Man merkt, dass immer mehr Pachtflächen frei werden. Wir haben noch rund 1.400 Produzenten und 1.100 Betriebsleiter.
Vinschgerwind: Sprich die bewirtschafteten Flächen pro Betrieb, werden größer?
Martin Pinzger: Die 1.100 Betriebsleiter sind die Zukunft, eigentlich die Säulen des Obstbaus im Vinschgau. Ich gehe davon aus, dass das nicht mehr werden in den kommenden Jahren. Das ist einerseits eine Chance für mehr Professionalität und mehr wirtschaftliche Umlage, Auslastungsstunden von Maschinen usw., was ja positiv ist. Profis auf dem Feld zu haben, ist für uns die Voraussetzung dafür, erfolgreich auf dem Markt zu sein. Wir haben die modernsten Verpackungsstrukturen, die es weltweit gibt. Voraussetzung aber ist eine konstante Qualität, eine konstante Menge und ein super Produkt der jeweils richtigen Sorte. Richtig bedeutet marktkonform. Ich muss wissen, wo ich meine Äpfel verkaufen will. Wenn ich meine Äpfel ausschließlich in Italien verkaufen möchte, dann benötige ich z.B. kaum Bio-Äpfel.
Vinschgerwind: Wo liegt der Biomarkt?
Martin Pinzger: In Deutschland und Skandinavien.
Vinschgerwind: Wo verkauft sich der Golden Delicious am besten?
Martin Pinzger: Im I.P-Bereich verkaufen wir 60 Prozent in Italien. Der Golden Delicious hat in Italien immer noch 45 Prozent Marktanteil, in Spanien und in Portugal 40 Prozent. In Deutschland noch zwei Prozent. Die Deutschen bevorzugen säuerliche Äpfel. Elstar ist immer noch die Nummer eins, gefolgt von Jonagold und Pink Lady®.
Vinschgerwind: Der Apfelkonsum ist rückläufig, warum?
Martin Pinzger: Der Apfelkonsum ist nicht rückläufig. Laut Vorschau der EU-Kommission mit dem Agrarreport für 2024-2035 ist der Konsum leicht steigend. Vor allem in den osteuropäischen Ländern ist ein guter Konsum zu verzeichnen. Die Stärke des Apfels ist oft auch die Schwäche der Komplementärprodukte. Es gibt Produkte, Pfirsiche zum Beispiel, die durch den Klimawandel noch schwieriger, konstant zu produzieren sind.
Vinschgerwind: Und davon profitiert der Apfel.
Martin Pinzger: Richtig, ein Apfel ist 12 Monate verfügbar, in verschiedenen Preisclustern. Wir decken alles ab.
Vinschgerwind: Ohne Bienen keine Äpfel. Stichwort Biodiversität: Welche Projekte sind außer jenes „Blühende Einsaat“, Bienenweiden in Kortsch, Latsch und Laas, noch geplant.
Martin Pinzger: Wir stehen in ständigem Austausch mit den Imkern. Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Vertretern der Imkervereinigungen. Diese pflegen wir bewusst. Wir sensibilisieren die Produzenten. Der Beratungsring ist ein wichtiger Partner in diesem Zusammenhang. Ich würde sogar sagen: Die historische Zusammenarbeit zwischen den Obstbauern und den Imkern ist im Vinschgau exemplarisch.
Vinschgerwind: Themenwechsel: Trägt die Umstrukturierung von VIP, die personelle Neuausrichtung, sprich die zentrale Abwicklung des gesamten Verkaufs, bereits Früchte?
Martin Pinzger: Wir sind 2022 gestartet. Durch diesen Schritt haben wir nicht mehr Teilzeitverkäufer, so wie es zum Teil 25 Jahre lang war, und sind vor den Kunden systematischer und professioneller. Das war mit Sicherheit der richtige Schritt.
Vinschgerwind: Vor genau 35 Jahren - im Jahr 1990 - ist VIP gegründet worden. Die obligatorische Frage: Wann kommt VIP4, sprich der bilanztechnische Zusammenschluss der sieben Genossenschaften mit der Zentrale?
Martin Pinzger: Ich kann keine Jahrzahl nennen. Es kommt dann, wenn die Verantwortungsträger, und das sind die Genossenschaften gemeinsam mit der VIP-Führung, es als sinnvoll und zielführend erachten.
Vinschgerwind: Letzte Frage: Damals, 1990, trat VIP aus dem VOG aus. Wie oft reden Sie mit Ihrem Pendant bei VOG, Walter Pardatscher, über einen Wiedereintritt?
Martin Pinzger: (lacht) Wir starten jetzt (Anm. der Redaktion Obmann Thomas Oberhofer, Direktor Martin Pinzger und MIVOR Obmann Hansjörg Mantinger fahren gleich im Anschluss an das Interview nach Terlan). Ich kann das ganz offen sagen: Wir sind in der Endphase zur Gründung einer VEO, das steht für Vereinigung von Erzeugerorganisationen. Das ist seit zwei Jahren im Gespräch. Es ist geplant in den nächsten Monaten zu starten. VIP, VOG und VOG Products, werden gemeinsam eine Vereinigung gründen.
Vinschgerwind: Die wie heißen wird?
Martin Pinzger: Es gibt noch keinen Namen, aber einen Favoriten, den wir noch nicht verraten dürfen.
Vinschgerwind: Anders gefragt: Haben sich die Vinschger beim Namen durchgesetzt?
Martin Pinzger: Der Name ist nicht so wichtig. Andere Dinge sind wichtig. Es ist so: 1990 ist VIP gegründet worden. Wieso? Weil zehn Vinschger-Genossenschaften aus dem VOG ausgetreten sind. Weil man sich nicht ausreichend berücksichtigt gefühlt hat. Es ist positiv, dass man sich auf Augenhöhe in dieser Vereinigung trifft. Es stimmt, dass die Mengenverhältnisse 60:40 sind, aber wir haben zwei erfolgreiche, funktionierende Anbaugebiete und Erzeugerorganisationen, die sich absolut auf Augenhöhe mit Synergiethemen beschäftigen werden. Die Synergiethemen sind: gemeinsames Forschen und Entwickeln und Sorteninnovationen...
Vinschgerwind: Wo hapert’s?
Martin Pinzger: Ich wage zu behaupten, dass wir jetzt nach Terlan fahren, um den Stempel darauf zu setzen. Die Augenhöhe ist wichtig. VOG ist mengenmäßig stärker, aber beim Heiraten kann man auch nicht sagen: Ich habe mehr.
Glurns/Denkmalschutz - Klimaschutz oder Denkmalschutz? Geht beides, sagen die Glurnser, deren gesamtes “Stadtl” mehr oder weniger unter Schutz steht. Allerdings gibt es harsche Kritik in Richtung Denkmalamt.
Anhand von Impulsreferaten und einer anschließenden Podiumsdiskussion, wo mitunter hitzig diskutiert wurde, versuchte die SVP-Ortsgruppe Glurns am Donnerstag den 5. Februar der Frage nachzugehen, inwieweit sich am Beispiel Glurns Klima- und Denkmalschutz miteinander vereinbaren lassen und wo es immer wieder Probleme gibt.
Klimaschutz oder Denkmalschutz oder geht Beides? So begann Architekt Jürgen Wallnöfer der selbst in Glurns in einem denkmalgeschützten Haus lebt, sein Impulsreferat und stellte fest, dass Klimaschutz auch Denkmalschutz ist und das eine das andere durchaus ergänzen kann. Er erklärte den Begriff der grauen Energie und wie sich energetisches Sanieren mit dem Klimaschutz vereinbaren lässt, vor allem am Beispiel Glurns. Behutsames Sanieren sei immer im Sinne zu erhaltener Bausubstanz, um diese vor dem Verfall zu schützen und dabei kann man ohne weiteres auch dem Klimaschutz gerecht werden, beispielsweise durch energetisches Sanieren alter Dächer oder Isolierungen. Dabei gäbe es vor allem im kompakten „Stadtl“ Vorteile wie die enge Bebauung, welche den Wärmeverlust eines Gebäudes nach einer oder mehreren Seiten mindert. Biologisch ist man auch schon seit jeher, denn früher gab es gar keine anderen Materialien. In Glurns hat jeder schon einmal mit dem Denkmalamt zu tun gehabt und darüber ist man einerseits froh, denn dadurch konnte der Charme des „Stadtls“ erhalten werden, andererseits besteht auch eine gewisse „Hassliebe“ des in Glurns omnipräsenten Denkmalschutzes. Mehr Sensibilität von Seiten der Ämter wäre wünschenswert, sagt Wallnöfer. Im weiteren Verlauf berichtete Architekt Andreas Sagmeister, selbst ein Glurnser der einen abgebrannten Stadel zu einem Wohnhaus umfunktioniert, ausführlich von seinen Erfahrungen während der Umbauphase, wobei vor allem der ursprüngliche Charakter erhalten bleiben soll und gleichzeitig ein Gebäude der Kategorie Klimahaus A entstehen wird. Er verwies auf Probleme mit dem Denkmalamt. Es gäbe gar einige bürokratische Hindernisse und oft fühlt man sich vom Amt mit den zu erfüllenden Kriterien alleine gelassen. Leicht werde es einem nicht gemacht. Florian Trojer vom Heimatpflegverband machte im Anschluss wiederum klar: „Klimaschutz ist Denkmalschutz“ und das bringt Lebensqualität. Wenn mehrere Generationen die gleiche Bausubstanz nutzen anstatt neu zu bauen, ist dies immer im Sinne des Klimas und auch der Denkmalpflege, so Trojer. Allein 38% der aktuellen Emissionen weltweit entstehen allein durch den Bausektor. Landesrat Peter Brunner hörte den Ausführungen aufmerksam zu, referierte im Anschluss über diverse Richtlinien und Auflagen, vor allem in punkto Förderungen, und versprach Kritik weiterzuleiten und sich der vor allem bei der anschließenden Podiumsdiskussion aufkommenden laut und klar vorgebrachten Probleme, eben vor allem mit dem Denkmalamt anzunehmen. Insgesamt wurde, vor allem während der von David Frank geleiteten Diskussion, mit anschließenden Wortmeldungen aus dem Publikum noch einmal klar, dass die Probleme mit dem Denkmalamt vor allem am Mangel an Personal im Amt selbst, der resultierenden Wartezeiten und mangelnden Betreuung der einzelnen Bauherren, sowie der ausufernden Bürokratie zurückzuführen sind und hier Besserungsbedarf besteht. (uno)
Vinschgau/Naturns - Mit 1. Jänner 2025 wurde der Hauspflegedienst zum ambulanten Betreuungsdienst. Geändert hat sich nicht nur die Bezeichnung: Mit einer Anpassung der Regelungen und der Reorganisation der Leistungen will das Land künftig noch stärker im Bereich der häuslichen Pflege unterstützen. Um über die Neuerungen zu berichten, hat Soziallandesrätin Rosmarie Pamer gemeinsam mit den Bezirksgemeinschaften zu mehreren Informationsveranstaltungen für Gemeindenvertreter:innen im ganzen Land eingeladen. U.a. dieser Tage im Sitzungssaal des Sozial- und Gesundheitssprengels in Naturns.
„Die Bezeichnung ‚ambulanter Betreuungsdienst‘ beschreibt die Vielfalt des Tätigkeitsbereichs besser als Hauspflege. Hauptziele des Angebots sind der möglichst lange Verbleib eines Menschen in der gewohnten häuslichen Umgebung, die pflegenden Angehörigen zu entlasten sowie nicht zuletzt auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem so wichtigen Dienst einzugehen“, unterstrich Soziallandesrätin Rosmarie Pamer dabei. Gemeinsam mit Christa Ladurner, Referentin für Soziales der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, und Roselinde Gunsch, Präsidentin der Bezirksgemeinschaft Vinschgau, Florian Prinoth, Direktor der Sozialdienste Burggrafenamt, und Karin Tschurtschenthaler, Direktorin der Sozialdienste Vinschgau, sowie dem Landesamt für Senioren und Sozialsprengel informierte die Landesrätin Bürgermeister:innen und Sozialreferentinnen und -sozialreferenten.
Immer mehr Pflegebedürftige werden zu Hause gepflegt, derzeit sind es etwa 70 Prozent der Pflegegeldempfänger in Südtirol. Dafür braucht es häufig Unterstützung – die entsprechende Nachfrage steigt stetig. „Dem wollen wir mit der Anpassung und Neuausrichtung des ambulanten Betreuungsdienstes gerecht werden“, erklärt Landesrätin Pamer. Die Ausarbeitung erfolgte in einem partizipativen Prozess mit den Führungskräften der Sozialdienste, den Einsatzleitungen der Hauspflege und mit den Ämtern des Sozialwesens.
Die wichtigsten Neuerungen:
• Der Dienst kann von allen Bürgerinnen und Bürger in Anspruch genommen werden.
• In den Tagesstätten: Leistungen wie Haarwäsche oder Fußhygiene wurden gebündelt und in die Leistung „Körperpflege“ integriert.
• „Transport und Begleitung“ wurden neu geregelt.
• Sicherstellung der Mahlzeit: Einheitliches Angebot „volles Menü“ für alle Essensdienste. „Essen ohne Zustellung“ unterliegt nun denselben Regeln wie der Mensadienst für Senioren.
Mit diesen Anpassungen geht ein Bürokratieabbau einher.
• Die Tarife bleiben unverändert und betragen je nach Leistung und Einkommenssituation 3,80 bis 24,00 Euro/Stunde, während sich das Tarifsystem bei den Leistungen in der Tagesstätte zugunsten von Personen mit wenig Einkommen geändert hat.