„I hon nia lugg glott…“

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Georg Gander, genannt „Nauerle Jörgl“ geboren 1932, Prad.  Das Fahrrad begleitet ihn täglich zur „Bar Alpen“. Er setzt sich allerdings nie auf den Sattel, benutzt es nur als Stütze.  „I mecht in mein Olter nit umkuglen“, meint er. Georg Gander, genannt „Nauerle Jörgl“ geboren 1932, Prad. Das Fahrrad begleitet ihn täglich zur „Bar Alpen“. Er setzt sich allerdings nie auf den Sattel, benutzt es nur als Stütze. „I mecht in mein Olter nit umkuglen“, meint er.

Der 88-jährige Georg Gander, genannt „Nauerle Jörgl“ kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken, als Bauer, Ferkelzüchter, Händler, Feuerwehrmann und Gemeindepolitiker. Er erzählt gerne aus der Vergangenheit. Zur Gegenwart meint er: „Corona isch a Offatonz.“

von Magdalena Dietl Sapelza

Wenn der Jörgl erzählt, nimmt er sich kein Blatt vor den Mund. Unverblümt gibt er Begebenheiten aus seinem Leben preis. Die „Balilla -Uniform“ der Faschisten habe er in der italienischen Schule nie getragen, dafür aber später jene der Hitlerjugend. Der Vater habe ihn aber immer ermuntert, italienisch zu lernen, mit dem Argument, dass es von Vorteil sei, die „Sprache des Feindes“ zu verstehen. Deutschunterricht erhielt Jörgl erst als Zehnjähriger, nachdem die Eltern für Deutschland optiert hatten, was ein Auswandern bedeutet hätte. „In der Kultur hobm miar als Hitlerjunge norr marschiern glearnt“, erinnert er sich. Er war dann Teil einer großen Parade in Schlanders. Ihm war damals nicht bewusst, dass er ein Spielball zweier Diktatoren war. Nach dem Krieg war vom Auswandern keine Rede mehr. Jörgl arbeitete auf dem elterlichen Hof mit den Eltern und der Schwester. Der Militärdienst führte ihn nach Meran, wo er der Essensausgabe zugeteilt wurde. „Selm hon i guat gessn unt nit viel toun.“ Nach drei Monaten erhielt er den Entlassungsschein, weil sein Vater als Kriegsinvalide anerkannt worden war. 1955 übernahm er den Hof, wo ihm schon bald seine Ehefrau Anna Stecher aus Prad zur Hand ging. Um sie zu gewinnen, war er viele Male mit dem Fahrrad nach Trafoi gefahren, wo sie im „Hotel Madatsch“ arbeitete. Sie schenkte ihm zwei Buben und ein Mädchen. Jörgl suchte auf dem Hof nach einem Zuerwerb und setzte auf Ferkelzucht. „I hon bold amol fünf Trogsauen kopp“, betont er. Seine Ferkel und Jungschweine bot er vor allem auf Märkten im Bozner Unterland und in Klausen an. Als Transportmittel diente sein VW Tansporter. Die Nachfrage war so groß, dass er Ferkel auch in umliegenden Orten kaufte und wieder verkaufte. „Di Waibr in Schluderns und in Stilz sein di zachschtn Handlerinnen gwesn“, lacht er. Rund 100 Steigen Äpfel von seinem Hof konnte er jährlich ebenfalls verkaufen und sogar Wein als Vertreter der Ersten Kellerei Kaltern. Gefragt war er als tüchtiger Hausmetzger und als Gehilfe des Dorfmetzgers Friedl Gruber. Mit ihm verband ihn seit Kindestagen eine enge Freundschaft. In seinem Auftrag hatte Jörgl beispielsweise noch mit dem Pferdegespann Fleisch nach Muntetschinig transportiert, wo die Arbeiter der Montecatini verköstigt wurden. Der dritte im Bunde der Freunde war der Schmied Simon Mall. Die drei verstanden sich. Sie liebten die Geselligkeit, trafen sich fast wöchentlich.
Freundschaftlich verbunden war Jörgl stets auch mit seinen Kollegen im Prader Fischerverein und mit jenen der Feuerwehr, deren Vizekommandant er 16 Jahre lang war. In FF-Kreisen entschied sich auch seine Kandidatur für den Prader Gemeinderat. Er schaffte in den 1970er Jahren den Einzug zusammen mit fünf weitere FF-Männern für die SVP. Daraufhin wurde in der Feuerwehrhalle Politik gemacht. Jörgl war bei den offiziellen Sitzungen des Gemeinderats dazu auserkoren, das Wort zu führen und Entscheidungen im Sinne der anderen zu beeinflussen. „Deis hot miar passt, weil a Plouderer bin i olm gwesn“, betont er. Er war für sein „dickes Fell“ bekannt. Unschlagbar war er beim Kassieren der SVP-Mitgliedsbeiträge. „I hon nia lugg glott, a wenn si miar a Gosch ounghäng hobm“, lacht er und verrät: „Wer koa SVP Kartl kopp hot, hot suscht schlechte Kortn kopp.“
In den 1970er Jahren beschritt er auf seinem Hof neue Wege. Er gab das Vieh auf und stieg auf Obst um. Inzwischen hat er den Hof seinem Sohn übergeben.
Einen längeren Urlaub hat sich Jörgl nie gegönnt. Er war nur einige Male bei seiner Schwester in Österreich zu Besuch. Das Meer hat er nie gesehen. „Wos willsch denn afn Meer? Fan Liegestuhl in Wosser innischaugn? Deis konn i pan Fischteich aa“, meint er.
Als sehr schmerzlich empfand er den frühen Tod seiner beiden engen Freunde. „Dia sein viel zfria gongan“, sagt er. Oft denkt er daran, wie schön es wäre, mit ihnen ein „Glasl“ zu trinken und über Gott und die Welt reden zu können. Jörgl ist jeden Vormittag in der „Bar Alpen“ zu Gast. „Iatz tua i holt do a bissl ploudern“, scherzt er. Kurz vor Mittag kehrt er auf den Hof zurück, wo ihn seine Frau mit dem Essen erwartet.
Schwer zu verkraften war für ihn der Hausarrest während des Lockdowns im Frühjahr. Nun sorgt er sich, dass ihm der „Corona-Offatonz“ erneut einen Strich durch die Rechnung macht.

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