„I bin plärrater ausgschualt….“

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Hermine Asam Christandl, Jg. 1938, Schleis/Taufers.i.M. Sie war 70 Jahre lang Sängerin im Kirchenchor, 20 Jahre treibende Kraft im Pfarrgemeinderat und begeisterte Theaterspielerin. Hermine Asam Christandl, Jg. 1938, Schleis/Taufers.i.M. Sie war 70 Jahre lang Sängerin im Kirchenchor, 20 Jahre treibende Kraft im Pfarrgemeinderat und begeisterte Theaterspielerin.

Die 86-jährige Hermine ist im Mai 2023 nach der Genesung von ihrer schweren Hirnhautentzündung von Schleis nach Taufers i. M. in eine Seniorenwohnung übersiedelt. Dort fühlt sie sich recht wohl, auch weil sie ihre Tochter Elsa in der Nähe weiß.

von Magdalena Dietl Sapelza

Die ersten Lebensjahre verbrachte Hermine mit der Mutter und den zwei Geschwistern bei den Großeltern, den „Muchn“, in Laatsch. Ihr Vater kämpfte an der Front. Mit der kleinen Landwirtschaft und mit Lebensmittelkarten kam die Familie über die Runden. „Miar hobm a scheane Kindheit kopp“, betont Hermine. Nach dem Krieg erhielt der Vater vom Unternehmen Montecatini eine Stelle als Maschinist im Maschinenhaus nahe dem Haider See zugesprochen und übersiedelte mit Frau und Kindern dorthin. Hermine besuchte nun die Schule in Burgeis. Der Weg dorthin war in schneereichen Winter besonders beschwerlich. Mit Eisgraupeln am Rock und an den schafwollenen Strümpfen erreichte sie das Klassenzimmer. „Inz Madlen isches verbotn gwesn, Housn ounzlegn“, sagt sie. Das Essen im „Zwindlhafele“ durfte sie in einem Hof aufwärmen. Als Arbeitsbereiche vom Maschinenhaus nach Schluderns verlegt wurden, verlor der Vater die Arbeit. Notgedrungen zog die Familie nach Schleis in eine Mietwohnung, die sie schon bald mit einer nächsten austauschte. Der Vater arbeitete als Gelegenheitsarbeiter und später als Elektriker. Das Geld war knapp. Hermine wäre gerne Hebamme oder Krankenschwester geworden. Doch die finanzielle Situation erlaubte es nicht. „I bin plärrater ausgschualt, wail i gearn waitr Schual gongen war“, verrät sie. Als 15-Jährige lernte sie in einem Gasthof in Taufers i. M. kochen. Dann arbeitete sie in einem Arzthaushalt in Mals und später bei einer Kaufmannsfamilie. Als 20-Jährige wurde sie heimgerufen, weil sich ihre Mutter Rippenbrüche zugezogen hatte. Dort entwickelte sich dann zwischen ihr und dem Sohn ihrer Vermieter Toni Christandl (Jg.1930) eine Liebesbeziehung, die mit der Hochzeit im Juni 1959 in Riffian besiegelt wurde. „Afn Weg zun Zug hobm di Kollegn gschronkt“, lacht sie „Oaner fa di Mandr isch schwonger gwesn, sou wia i“. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hafling gings heim zur Heuernte. Hermine und ihr Mann teilten sich das Haus mit Tonis Eltern, mit seinem Onkel und mit ihren Eltern. „S Haus isch voll gwesn“, betont Hermine. Sie verstand sich mit allen gut. „I woaß a nia, dass i a mit suscht oans an Streit kopp hat“, meint sie. Sie war die treibende Kraft in der kleinen Landwirtschaft. Und sie kümmerte sich liebevoll um ihre fünf Kinder, während ihr Mann als „Faschan“ Vieh vermittelte und oft erst spät in der Nacht heim kam. Besonders beschwerlich war die Heuernte auf den Bergwiesen im Arundatal. Ausgleich fand Hermine bei Bergwanderungen, als Sängerin im Kirchenchor, als Mitglied im Pfarrgemeinderat und als Theaterspielerin. „Pa di Stücklan in der Fürstenburg bin i infiziert gwortn“, verrät sie. Sie war überglücklich, als sie später selbst auf der Bühne stand. Schöne Stunden verbindet sie mit dem Seniorentheater „Laurenzis“. „Mein Gott, hobm miar selm oft glocht“, erinnert sie sich. Eine schwere Zeit brach an, als bei ihrem Mann ein Lungentumor diagnostiziert wurde. Tagtäglich erledigte sie um fünf Uhr früh die Stallarbeit, um ihn dann im Krankenhaus besuchen zu können. Sie gab die Bauerschaft auf, um mehr Zeit für ihn zu haben. 2002 starb er.
Das Haus leerte sich nach und nach. Die Kinder zogen aus. Schließlich lebte Hermine dort nur noch allein. Mit Hingabe widmete sie sich ihrem Garten und ihren geliebten Blumen. Im August 2022 erkrankte sie plötzlich an einer Hirnhautentzündung. Bei den Untersuchungen wurde auch ein Darmtumor entdeckt. Fünf Wochen lag sie in der Intensivstation in Bozen und war zeitweise linksseitig gelähmt. Mehrere Operationen retteten sie. Selbst die Ärzte sprechen von einem Wunder. Bei der Genesung haben die Rehabilitationsaufenthalte, ihre große Willenskraft, ihr Gottvertrauen und nicht zuletzt ihre positive Lebenseinstellung mitgeholfen.
„I moch olla Tog maine Übungen, unt i kimm iatz sogor schun bis zur Dreschmaschin“, scherzt sie. Das ist ein Gasthaus am Eingang des Avingatales. In ihr Haus in Schleis ist inzwischen eine junge Familie eingezogen. Zu Hermines Freude schätzt diese ihr einstiges Anwesen und ihre Gartenanlage. „I hon maine Wurzlen olm nou do, wo i si olm kopp hon, a wenni iatz in Taufers bin“, meint sie.

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