„Mit 600 Hennen hobmer ounfongen“

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Serafin Heinisch, Jg. 1933, Matsch. Die Hirschfigur aus Metall ist ein Geschenk seiner Jagdkollegen zum 90. Geburtstag. Ihm zu Ehren spielte auch die Musikkapelle Matsch, so wie es bei den runden Geburtstagen aller über 80-Jährigen im Dorf üblich ist.    Serafin Heinisch, Jg. 1933, Matsch. Die Hirschfigur aus Metall ist ein Geschenk seiner Jagdkollegen zum 90. Geburtstag. Ihm zu Ehren spielte auch die Musikkapelle Matsch, so wie es bei den runden Geburtstagen aller über 80-Jährigen im Dorf üblich ist.

Der beige VW-Bus war einst das Markenzeichen von Serafin Heinisch aus Matsch. Wenn dieser Bus vorfuhr, wussten alle, der „Hennamonn“ ist da. Jahrzehntelang war er landauf landab mit Eiern, Junghennen und Küken unterwegs. Kürzlich feierte er seinen 90. Geburtstag.

von Magdalena Dietl Sapelza

Die ersten Transporte unternahm Serafin mit seinem Fiat 600 Ende der 1950er Jahre. Doch dieses Auto fuhr er nicht lange. Auf dem Weg nach Mals landete er zwischen den Birken. „Selm hon i grupfte Gigger drin kopp“, erzählt er. Ihm war nichts passiert, doch der Fiat war schrottreif. Daraufhin kaufte er sich einen Topolino. Diesem folgten eine Lancia und dann mehrere VW-Busse.
Serafin wuchs in der Familie seines Onkels in Matsch auf. Die Mutter war bei seiner Geburt gestorben. Die zwei Geschwister blieben bei seinem Vater. Nachdem dieser wieder geheiratet hatte, kamen auch sie in die Obhut von Verwandten. Fünf Halbgeschwister kamen dazu. Serafin hatte es gut bei seinen Zieheltern und half auf dem Hof mit. Er besuchte die Volksschule und war Ministrant beim legendären Pfarrer Anton Reisigl, den er als gerechten Geistlichen in guter Erinnerung hat. In Mals lernte Serafin das Wagnerhandwerk. Er wohnte bei Verwandten und musste dafür Stallarbeit verrichten. „Um fünfe aufstean unt um siebne in dr Werkstott sein“, bringt er es auf den Punkt. Nach seinem Militärdienst in Verona und Bruneck fand er Arbeit als Hirte auf einer Alm in Lichtenstein. Dort verbrachte er mit einigen Unterbrechungen dann jahrzehntelang die Sommermonate. In Matsch baute Serafin auf dem Stück Grund, das er geerbt hatte, einen Hühnerstall und begann mit der Hühnerzucht. Während er auf der Alm war, kümmerte sich anfangs ein Kollege um das Federvieh und später seine Frau Cäcilia Tanzer (Jg. 1929). Serafin hatte die gebürtige Plauserin in Bozen kennengelernt, wo sie bei einem Kükenzüchter arbeitete. Nach der Hochzeit 1961 bezog er mit ihr eine Mietwohnung in Matsch und baute seine Hühnerzucht aus. „Mit 600 Hennen hobmer ounfongen, unt kurz drauf hobmer 6.000 Stuck kopp“, erklärt er. Schon bald bezogen die Eheleute ihr neues Eigenheim neben dem Hühnerstall. Serafin war regelmäßig mit Küken, Legehennen und Eiern unterwegs. Cäcilia kümmerte sich daheim um die drei Kinder und das Federvieh. „Sie hot gfiatrt unt i hon verkaft“, lacht er. Schon bald halfen die Kinder mit. Regelmäßig kamen Leute vorbei, um Junghennen zu kaufen.
Serafin war stets voller Tatendrang. Er betätigte sich als Wagner und pflanzte auf mehreren Äckern Johannisbeersträucher. Die Beeren verkaufte er an die Firma Zipperle in Meran. Er pflegte auch seine Imkerei. Ende der 1970er Jahre entwickelte er die Idee, im hintersten Matschertal einen Skilift zu bauen, um etwas dazu verdienen zu können. In Absprache mit den Grundbesitzern setzte er die Idee in Eigenregie um. „Di Kindr hobm a morts Freid kopp“, sagt er. „Obr i konn heint sogn: Außer Spesen nix gewesn.“ Dieser Lift erfreut die Kinder noch heute.
Zu Serafins Leidenschaften zählten das Theaterspielen und die Jagd. Nachdem er 1972 die Jagdprüfung bestanden hatte, erlegte er den ersten Zehnender. Der Kopf dieses Trophäenhirschen hängt in seiner Stube neben anderen Trophäen, darunter eine Gämse und ein riesiger Steinbock. „Do häng mei gonzes Jogderlebnis“, betont er. Den Steinbock durfte er nach einem Losentscheid, damals noch als Jäger des Jagdreviers Mals, am Föllakopf in Schlinig in Begleitung eines Forstbeamten schießen. Mittlerweile ist das Jagdrevier Matsch eigenständig. Serafin ist der älteste aktive Jäger in Matsch. Seine Treffsicherheit zeigte er kurz vor seiner Geburtstagsfeier. In Begleitung seines Kollegen Anton Heinisch erlegte er einen Achtender, den er dann zu Wurst für die Feier am 1. Oktober im Matscher Vereinshaus verarbeiten ließ.
Serafin hat in seinem Leben einige Tiefen erlebt. Besonders gefordert war er nachdem seine Frau erkrankt war. Neun Jahre lang, bis zu ihrem Tod 2019, wurde sie daheim gepflegt. Ihn selbst warf in dieser Zeit ein Herzinfarkt aus der Bahn. Doch er erholte sich überraschend schnell. „Wohrscheinla hot miar dr Knoufla gholfn“, vermutet er. Denn er schwört auf Knoblauch als Medizin gegen alle Wehwehchen.
Heute ist es ruhig um Serafin geworden. „I stirg holt a bissl ummer“, meint er. Etwas Wehmut überkommt ihn, wenn er den leeren Hühnerstall sieht. Freude machen ihm seine Bienen und die Treffen mit den Senioren, mit denen er gerne Karten spielt. Ihnen erzählt er dann gelegentlich auch von seinen Abenteuern als Theaterspieler, Jäger und „Hennamonn“.

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