Kultur: St. Medardus und St. Karpophorus in Tarsch

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Am 5. Februar 1215 schenkte Kaiser Friedrich II. St. Karpophorus an den Deutschen Orden. Am 5. Februar 1215 schenkte Kaiser Friedrich II. St. Karpophorus an den Deutschen Orden.

St. Medardus und St. Karpophorus sind zwei christliche Heilige denen in Tarsch eine Kirche geweiht ist. Neben St. Prokulus, St. Johann in Taufers i. M. und St. Benedikt in Mals gehören sie zu den s42 grasserältesten Zeugen christlichen Glaubens im Vinschgau. Der christliche Glaube hatte sich schon im 4. Jahrhundert über Trient entlang der Via Claudia Augusta in den Norden ausgebreitet und war somit auch in den Vinschgau gekommen.
Die etwas ältere Kirche St. Medardus wurde über einem prähistorischen Quellenheiligtum erbaut. Nicht weit entfernt davon wurde St. Karpophorus gebaut. Beide Kirchen waren ursprünglich in weltlicher Hand und gingen erst später an christliche Institutionen über. St. Karpophorus 1215 an den Deutschen Orden und St. Medardus 1228 an den s42 0627Johanniterorden. Sowohl Johanniter als auch Deutscher Orden waren Ritterorden und betrieben St. Medardus und St. Karpophorus als Gebirgshospiz. An beiden führte eine wichtige Nord-Süd-Verbindung vorbei. Vorbei an Medardus führte der Weg über Freiberg und das Rontschner Joch ins Ultental und vorbei an Karpophorus verlief er zur Tarscher Alm und über das Tarscher Jöchl nach Ulten. Während das Hospizgebäude in St. Medardus heute noch besteht ist von dem einstigen Hospiz in St. Karpophorus leider nichts mehr erhalten.

s46 0609Der Johanniterorden wurde anfangs des 19. Jahrhundert aufgehoben. Kirche und Hospiz in St. Medardus ging in bäuerlichen Gewahrsam. 1898 verkaufte die Gemeinde Tarsch das ganze Anwesen St. Medardus dem Jakob Gunsch aus Schlinig. Seitdem ist es im Besitz der Familie Gunsch. Am 8. Juni wird jedes Jahr in St. Medardus das Patrozinium gefeiert. Heuer mußte das Kirchweihfest aufgrund von Corona leider abgesagt werden. Letztes Jahr feierte noch der neue Dekan von Schlanders, Pater Mathew den Festgottesdienst. In seiner Rede sagte er: „Ich bin jetzt 40 Jahre Priester, aber von einen Hl. Medardus habe ich noch nie etwas gehört. Ich habe nachgegoogelt und gefunden dass Medardus Bischof in Nordfrankreich war und für seine Mildtätigkeit heiliggesprochen wurde“.
Medardus war ein fränkischer Vieh- und Wetterpatron. Unter anderem ist er heute auch der Schutzpatron der Bierbrauer. Wahrscheinlich geht das auf das besondere Wasser zurück, dass in der Kirche entspringt und das von den Gläubigen früher bei Prozessionen immer abgeholt werden konnte.

Besonderes Augenmerk verdient die Kirche St. Karpophorus in Tarsch. Sie ist die einzige Kirche in Südtirol, die dem Hl.Karpophorus geweiht ist. Karpophorus (der Name kommt vom griechischen und bedeutet soviel wie der Fruchttragende, daher Schutzheiliger guter Ernte) wird in der katholischen Kirche auch als Märtyrer verehrt. Er wurde in der Diokletianischen Verfolgung nach grausamer Marter mit dem Schwert hingerichtet.
Der romanische Turm der Kirche St. Karpophorus ist einer der schönsten seiner Zeit aus dem Vinschagu. Die Kirche wurde unter s43 Familie Gunsch LeoErzherzog Eugen anfangs des 20. Jahrhunderts durchgreifend restauriert. Von den spärlichen Resten der spätmitteralterlichen Ausstattung sind leider nur mehr einige Flachschnitzereien an den Bänken vorhanden.
Sehenswert ist das Altarbild am heutigen Hochaltar. Es stellt Maria als Himmelskönigin dar, umgeben von einer Engelschar. Zu ihren Füßen sind die Ordens- und Kirchenpatrone, der Hl. Georg, der Hl. Karl Borromäus und die Hl. Afra als Fürsprecher.
Noch heute gehört die Kirche St. Karpophorus dem Deutschen Orden in Lana. Am Gedenktag den 20. August wird die Erinnerung an den Orden immer wieder wachgehalten. Trotz Corona fand die Patroziniumfeier heuer statt. Alt-Prior Peter Lantschner aus Lana wollte das unbedingt, nachdem schon St. Medardus ausgefallen war. Der Festgottesdienst wurde aber nicht wie üblich in der Kirche St. Karpophorus gefeiert sondern musste in das Vereinshaus „Sigmund Angerer“ verlegt werden.
Peter Tscholl

 

Zum Deutschen Orden

Der Deutsche Orden wurde 1190 gegründet. Der Orden wurde im Laufe der Zeit immer wieder erneuert und reformiert. Nach dem 2. Weltkrieg wurde er unter Hochmeister P. Marian Tumler in seiner alten Dreigliedrigkeit wieder aufgebaut: Brüder, Schwester und Familiaren. Die Familiaren, auch Marianer genannt sind Laien, Männer und Frauen. Sie verpflichten sich bei der Aufnahme die Werke des Ordens mitzutragen, seine Unternehmen zu fördern und seine Ideale zu verwirklichen. Die Familiaren unterstützen den Orden z.B. in der Pflege der Kranken, Alten, Armen und Hilfsbedürftigen. Bei der Aufnahme werden ihnen die geistlichen Abzeichen überreicht: der mit dem Ordenskreuz gezierte schwarze Mantel und das Halskreuz. Heute zählt die Ballei „An der Etsch und im Gebirge“ um die 75 Familiaren. Wohltäter können dem Orden als Ehrenritter angegliedert werden.

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