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Spezial-Landwirtschaft

„Wenn es jemand kann, dann die Vinschger Bauern“

von Angelika Ploner (Interview und Foto)
Der Südtiroler Beratungsring steht für gebündelte Fachkompetenz. Sieben Berater stehen im Bezirk Vinschgau den Obstbauern mit Rat und Tat zur Seite. Michael Gamper ist seit 17 Jahren Berater und seit knapp 10 Jahren Bezirksleiter. Eugen Tumler ist seit 17 Jahren für die Bio-Bauern einer der Ansprechpartner. Der Beratungsring „begleitet den Bauer vom Start bis zum Ende vom Jahr. Vom Schnitt bis zur Ernte, wo sich dann praktisch der Kreis wieder schließt. Wir machen Anbauberatung zur Düngung, Empfehlungen zu Pflanzabständen, Sortenempfehlungen, und natürlich den Pflanzenschutz, der einen großen Anteil in der Beratung ausmacht.“ Die Berater des Beratungsrings, darin waren sich Gamper und Tumler im Vinschgerwind-Interview einig, sind im Grunde Problemlöser. Jeder Berater ist auch Sortenpate oder -kümmerer. Gamper ist beispielsweise Sortenpate vom Cosmic Crisp. Tumler hingegen vom Topaz und Bonita.
veröfftl. am 13. Oktober 2025

Michael Gamper, I.P.-Berater und Bezirksleiter des Südtiroler Beratungsrings und Eugen Tumler, Bioberater

Vinschgerwind:Die Ernte ist fast eingebracht. Herr Gamper, die Berater stehen Tag für Tag in direktem Austausch und sind am Puls der Bauern. Was hat diesen heuer die größten Schwierigkeiten bereitet?
Michael Gamper: Die Herausforderungen sind jedes Jahr unterschiedlich. Das ist einerseits das Schöne und gleichzeitig die größte Herausforderung in der Landwirtschaft. Es ist jedes Jahr anders und es gibt große Unterschiede. Beispielsweise Schorf: Da ist im Obervinschgau die Situation eine ganz andere wie im Mittel- oder Untervinschgau.

Vinschgerwind: Wenn wir beim heurigen Jahr bleiben, was war heuer die größte Schwierigkeit?
Michael Gamper: Im Obervinschgau eindeutig Schorf, wobei dieser im Mittel- und Untervinschgau auch Probleme bereitet, aber bei weitem nicht so große.

Vinschgerwind: Wo fängt bei euch der Obervinschgau an?
Michael Gamper: Von Laas aufwärts. Dann gibt es natürlich Schädlinge, die flächendeckend und auch zwischen Bio und I.P. die gleich große Rolle spielen, beispielsweise die Blutlaus.

Vinschgerwind: Da kommen wir später noch dazu. Herr Gamper, Sie sind auch Kirschenberater. Was waren in diesem Bereich die größten Herausforderungen?
Michael Gamper: Diese sind über die Jahre immer dieselben: Der Frost und die Kirschessigfliege. 2016 und 2017 waren Frostjahre. Als Folge haben wir die Anbaupraktiken angepasst, zum Beispiel den Schnitt. Dadurch haben wir in den meisten Anlagen gleichmäßigere Erträge erreicht.

Vinschgerwind: Kirschen sind frostanfälliger wie Äpfel?
Michael Gamper: Ja, weil sie einfach früher austreiben. Durch die klimatischen Veränderungen, wir zeichnen ja alljährlich die Vegetationsstadien auf, treibt das Obst generell eindeutig früher aus.
Eugen Tumler: Bei den Marillen haben wir 2024 festgestellt, dass in Schluderns um Andreas Hofer, also den 20. Februar, bereits erste offene Blüten an Tsunami, einer frühreifenden Marillensorte waren. Auf 900 Höhenmeter, am Andreas Hofer-Sonntag, hat es vorher noch nie Blüte gegeben.

Vinschgerwind: Herr Tumler, was waren die größten Herausforderungen für die Bio-Bauern?
Eugen Tumler: Es ist so, Schorf- oder Mehltau sind bei uns im Bio-Bereich natürlich immer eine Herausforderung. In den tiefen Lagen eher Schorf, in den Hanglagen eher Mehltau. Vermehrt aufgetreten ist heuer Marssonina, eine Pilzkrankheit, die sich vor allem in Bioanlagen mit schorfresistenten Sorten entwickelt hat, weil dort weniger Pflanzenschutz zum Einsatz kommt. Da muss ich sagen, diese bereitet uns schon Sorgen, weil der Baum, der von dieser Pilzkrankheit befallen ist, die Blätter fallen lässt und der Apfel nicht mehr weiter wachsen kann. Das kommt bei den neueren Sorten wie einem Natyra, Topaz, Bonita, aber auch beim Cosmic und Pinova, also auch bei nicht resistenten Sorten, vor. Diese Problematik nimmt deutlich zu und haben wir im gesamten Vinschgau. Dann ist die Blutlaus natürlich ein Thema, wo alles irgendwie wirksames getan werden muss, damit der Befall nie eskaliert. Das fängt mit einem Wurzelschnitt an und hört bei Bodenpflege-Maßnahmen für Nützlinge und aktiven Pflanzenschutz auf. Und dann sind da logischerweise die Berostungen, die wir beim Envy und Cosmic haben und zum Teil nicht wissen, was die Gründe dafür sind.

Vinschgerwind: Und bei den Marillen?
Eugen Tumler: Das Jahr war grundsätzlich nicht schlecht. Ein Problem waren heuer die Fruchtflecken beim Goldrich, bei einer unserer Bergmarillen-Sorte. Die Ausbeute an Prima-Qualität ist von 80 auf 50 Prozent und weniger zurückgegangen. Bei der Vinschger Marille war heuer auffallend, dass die Frucht einseitig gereift ist. Auf einer Seite war sie noch grün, auf der anderen Seite schön orange. Ein Problem oder Phänomen, ohne Erklärung. Das war heuer typisch -auch in guten Lagen und bei alten Bäumen. Beim Steinobst hat heuer tendenziell die Europäische Steinobstvergilbung wieder zugenommen.

Vinschgerwind: Das Produktionsjahr 2025 war zusammengefasst in zwei Sätzen.
Michael Gamper: Durchaus herausfordernd, wobei es wichtig ist, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und aufs nächste Jahr gut vorbereitet zu sein.
Eugen Tumler: Die Apfelmengen im Biobereich sind relativ gut, auch die Qualität. Das Ergebnis insgesamt wird die meisten Bauern schon zufriedenstellen.

Vinschgerwind: Und wenn die Bauern zufrieden sind, dann seid auch ihr zufrieden.
Eugen Tumler: Richtig.

Vinschgerwind: Also haben eure Strategien gewirkt?
Michael Gamper: In den Apfelanlagen sind wir ja gerade bei den Vorernte-Auswertungen. Wir sammeln jetzt die Daten, wie welche Strategie funktioniert, weil man jetzt bei der Ernte das Ergebnis der getanen Arbeit sieht. Im Großen und Ganzen hat es gut geklappt. Die Qualität der Früchte kann dieses Jahr, natürlich mit Ausnahmen, als sehr gut eingestuft werden. Es gibt natürlich immer wieder Bereiche, wo es jetzt wichtig ist, die richtigen Schlüsse aus den gewonnenen Daten zu ziehen und sich immer wieder anzupassen. Auch die Genossenschaften und die VIP sind dabei sehr wichtiger Partner. Mit ihnen sind wir immer im engen Austausch und bei Problemen können wir somit rasch reagieren. Kein Jahr ist gleich und wir müssen sehr flexibel sein und immer wieder Anpassungen machen.

Vinschgerwind: VIP ist zuständig für Einlagerung, Verkauf usw. Ihr seid der Ansprechpartner für alles, was den Anbau betrifft. Welche Sorte ist die schwierigste im Anbau?
Michael Gamper: Generell gilt: Jede Sorte hat ihre Vor- und Nachteile, wobei es gewisse Sorten gibt, die mehr Nachteile haben, wie andere. Zum Beispiel der SweeTango. Dieser hat einen begrenzenden Faktor, was die Erntemenge angeht. Denn im Endeffekt braucht es bei jeder Sorte eine bestimmte Erntemenge, um pro Hektar genügend zu verdienen. Es geht immer um Kilogramm mal Preis. Beim SweeTango ist nach dieser Ernte positiv hervorzuheben, dass die Qualität sehr gut war. Beim Yello, eine andere schwierige Sorte, müssen wir jetzt schauen, der wird (zum Zeitpunkt des Interviews) erst geerntet.

Vinschgerwind: Zum Verständnis: Der SweeTango ist eine der Sorten, die mit Scheren geerntet wird.
Michael Gamper: Ja, wir haben dadurch ungefähr die Hälfte der Ernteleistung.

Vinschgerwind: Es gibt nach dem heurigen Jahr ein Kissabell-Anbau-Stopp und einen Yello-Anbau-Stopp. Zurecht?
Michael Gamper: Stopp heißt, er wird momentan nicht mehr angepflanzt. Es geht nicht darum, beide Sorten zu reduzieren, sondern, wie bei den Clubsorten generell, darum Angebot und Nachfrage so gut wie möglich im Gleichgewicht zu halten. Das ist der Vorteil von Clubsorten oder gemanagten Sorten. Denn, wenn mehr Menge auf dem Markt ist, kann diese die Nachfrage übersteigen und damit natürlich auch der Preis zurückgehen. Der Yello ist extrem schwierig auszudünnen. Der Zupfaufwand ist sehr hoch, es braucht mehrere Zupfdurchgänge und trotzdem hat er ein großes Risiko auf Alternanz. Diese Schwankungen sind für die Rentabilität ein Problem. Trotz aller Mittel, die uns zur Verfügung stehen, sind wir oft nicht imstande die Alternanz zu brechen. Das ist das eine. Das andere Problem ist, bei der Ernte muss er, wie der Name schon sagt „yello“, also gelb sein. Das ist nicht so einfach. Er braucht mehrere Pflückdurchgänge und trotzdem ist der Prozentsatz der grünlichen Früchte zum Teil noch hoch. Für den Bauer ist er schwierig zu produzieren.

Vinschgerwind: Und der SweeTango?
Michael Gamper: Das Hauptproblem, das wir sehen ist, dass die Erntemenge begrenzt ist, und diese Sorte in den letzten Jahren auch ein gewisses Risiko für Alternanz hatte.
Eugen Tumler: Der Vorteil, ist, dass er früh geerntet werden kann. Wenn wir aber von Menge und Kontinuität sprechen, dann sind wir nicht zufrieden. Der Kissabell hingegen wäre bei uns im Bioanbau schon interessant.

Vinschgerwind: Werden alle Sorten im I.P-Bereich und Bio-Bereich gepflanzt?
Michael Gamper: Der Natyra ist eine reine Bio-Sorte. Sonst gibt es die meisten Sorten im I.P.-Bereich und Bio-Bereich. Die Prozentsätze sind verschoben. Ein Golden beispielsweise spielt im I.P.-Bereich eine viel größere Rolle, als im Bio-Bereich.
Eugen Tumler: Die Schorfanfälligkeit bei Golden macht große Probleme. Da müssen die Bauern schon sehr dahinter sein. Sie müssen von März bis in den Oktober hinein alle Wettervorhersagen im Kopf haben und dementsprechend reagieren. Aber wenn es jemandem gelingt, dann den Vinschger Bauern und ich muss sagen (lacht): Ein schöner Bio-Golden, der jetzt von einer hellgrünen Kiste herausleuchtet, da gibt es kein schöneres Erlebnis. Rot ist Rot, aber das Gelb von einem Biogolden ist schon außergewöhnlich.

Vinschgerwind: Der Cosmic Crisp ist der Hoffnungsträger der VIP. Freiwillig wird diese Sorte auch heuer mit Scheren geerntet. Was sind die Vor- und Nachteile im Anbau?
Michael Gamper: Vor zwei Jahren gab es Fruchtfäulnis durch Stängelstiche. Voriges Jahr nicht. Das heißt aber nicht, dass wir heuer kein Problem damit haben könnten. Daher ist es wichtig über mehrere Jahre genau zu beobachten, inwiefern uns das Stängelschneiden gegen dieses Problem weiterhilft. Der Jahreseinfluss macht gut und schlecht Wetter und auf das haben wir einen begrenzten Einfluss.

Vinschgerwind: Anders gefragt: Ist der Cosmic Crisp zurecht der Hoffnungsträger? Auch vom Anbau her.
Michael Gamper: Beim Cosmic überwiegen die Vorteile ganz deutlich. Die Nachteil-Seite ist sehr klein. Wenn wir aktuell die Anlagen draußen anschauen, dann sind diese wirklich super. Was die Qualitäten anbelangt ist sicher einiges zu erwarten. Es gibt bei uns hier Top-Bedingungen und Top Produzenten, welche, die von uns im Vorfeld gesammelten Erkenntnisse zu dieser Sorte, in den meisten Fällen, sehr gut umgesetzt haben.
Eugen Tumler: Hoffnungsträger ja, aber im Bio-Bereich sind schon Berostungen, wo wir noch nicht genau die Ursachen kennen. Vor allem im Untervinschgau. Aber: Der Cosmic hat bis dato noch nie Blutlaus gezeigt und allein diese Tatsache macht ihn mit Sicherheit zum Hoffnungsträger.

Vinschgerwind: Und was sagen Sie zum Envy?
Michael Gamper: Er hat viele Vorteile, aber einen großen Nachteil: Die Berostungen. Zehn Jahre hatten wir kein Problem und jetzt sind drei Jahre hintereinander, wo wir lagenweise große Probleme haben. Wir sind in regem Austausch mit allen anderen Anbaugebieten, welche Envy anbauen dürfen, haben aber bis jetzt keine definitive Antworten gefunden. Wir haben viele unterschiedliche Produktionspraktiken mit den Produzenten verfolgt und ausgewertet. Bis jetzt wurden alle Theorien durch ein Gegenbeispiel aus einem anderen Betrieb über den Haufen geworfen. Die Laimburg startet mit dem nächsten Jahr ein Projekt, wo Versuche speziell zu Berostungen beim Envy gemacht werden. Es ist mittlerweile ein so großes Problem, dass manche überlegen die Anlage zu roden, weil drei Jahre hintereinander mit einer so kleinen Ausbeute an prima, natürlich auch finanziell ein Problem darstellt. Aus diesem Projekt erwarten wir uns Antworten, die man hierzu aus der Praxis nur begrenzt gewinnen kann. Nur eines dazu ist bereits jetzt sicher: Es gibt keine einfachen Lösungen, es ist ein vielschichtiges Problem.
Eugen Tumler: Und im Bio-Bereich haben wir alle Berostungs-Probleme, die der I.P.Bereich hat, noch wesentlich stärker.

Vinschgerwind: Bleibt im Biobereich der Gala immer noch der verlässlichste Apfel?
Eugen Tumler: Es ist einfach so, dass wir den Gala kennen und wissen, wie dieser zu produzieren ist. Solange die Vermarktung sagt, sie wollen Gala, dann wird der Prozentanteil im Sortenspiegel weiter nach oben gehen. Der Bio-Gala wird das ganze Jahr angeboten, das tut I.P. nicht. Das heißt: Es braucht eine bestimmte Menge und einen Apfel, der gut lagerfähig ist.

Vinschgerwind: Welcher Apfel eignet sich im Biobereich für welche Lage am besten?
Eugen Tumler: In den höheren Lagen ist sicher ein Cosmic besser, als ein Gala. In Allitz zum Beispiel hat ein Cosmic schon seine Vorteile. Man kann da wesentlich mehr Menge machen, als mit einem Gala.

Vinschgerwind: Die Empfehlung für mittlere Lagen?
Eugen Tumler: Der Bonita zum Beispiel, der Topaz, der Pinova. Mit all diesen Sorten mache ich schon auch die Menge. Der Vorteil vom Bio-Gala im Vinschgau ist, dass er so kirnig ist, dass wir ihn lange lagern und ganzjährig verkaufen können. Das heißt: Es braucht eine bestimmte Menge.

Vinschgerwind: Kommen wir nochmal auf den Bonita zurück.
Eugen Tumler: Die Vinschger Bio-Bauern sind sehr gut im Produzieren vom Bonita. Er kann, wenn er zuviel geladen ist, ein Ausfärbungsproblem haben. Aber von Menge mal Preis her, ist der Bonita eine sehr interessante Sorte.

Vinschgerwind: Stichwort Natyra?
Eugen Tumler: Anbautechnisch hat er einige Nachteile. Wir haben Alternanz und wir haben oftmals schlechtes Pflanzmaterial. Damit haben wir einen langsameren Baumaufbau. Er braucht halt auch mehr Einsatz beim Zupfen und Ernten. Geschmacklich ist ein Natyra aber eindeutig die beste Sorte.
Michael Gamper: Der Natyra ist von der Wertigkeit her, von der Essqualität her, eine Topsorte.
Eugen Tumler: Und lagerfähig ist er auch. Zudem kann ihn der Biobauer pflanzen, wann und wieviel er will.

Vinschgerwind: Neunzehn Sorten sind derzeit im Anbau. Ihre persönliche Einschätzung: Wieviele und welche werden wir auch im Sortenspiegel in zehn Jahren wiederfinden?
Eugen Tumler: Die wichtigsten Sorten, die anteilsmäßig gesehen, ganz vorne sind, werden wir auch in zehn Jahren noch haben. Gala, Bonita, Cosmic, Topaz oder einen Pinova werden wir sicher haben. Den Golden werden wir in bestimmten Anbaulagen auch haben. Jonagold wird vielleicht verschwinden. Idared auch.
Michael Gamper: Bei den Standardsorten im I.P.-Bereich wird es eine Erneuerung geben. Wir haben zum Beispiel beim Golden sehr alte Anlagen. Von der Produktionssicherheit und Qualität macht es schon Sinn eine bestimmte Erneuerung zu haben, weil eine neue Anlage einfach leistungsfähiger ist. Wir haben beim Golden einen beträchtlichen Anteil an Anlagen die 30 und 40 Jahre alt sind. Der Stark wird an Wichtigkeit verlieren. Ein Gala wird konstant bleiben. Wenn wir die Clubsorten anschauen, so haben wir jetzt viele abgeschlossene Projekte. Cosmic wird noch dazu kommen, vielleicht auch Kanzi, aber wir können sagen: Das Sortenkarussell wird sich nicht mehr so schnell drehen, wie noch vor fünf oder sechs Jahren. Wir müssen auch sagen: Es wurde auch viel investiert von Bauernseite.

Vinschgerwind: Wird die Vinschger Marille in Zukunft noch weiter von der Bergmarille abgelöst, weil sie einfacher im Anbau ist?
Eugen Tumler: Grundsätzlich ist es die Vinschger Marille, die das Segment prägt. 60 Prozent der Ernte macht die Vinschger Marille aus. Mit Goldrich haben wir Probleme, also diese löst die Vinschger Marille sicher nicht ab. Wir beobachten seit vier Jahren eine neue Sorte, die Sefora, die sich für bestimmte höhere Lagen eignen kann. Aber ich glaube: Die Vinschger Marille wird weniger von dieser neuen Sorte beeinflusst, als die anderen Sorten wie Goldrich oder Orange Red. Eher wird auf Kosten dieser beiden Sorten eine neue Sorte kommen.

Vinschgerwind: Welcher Schädling bereitet die größten Sorgen?
Eugen Tumler: Die Blutlaus. Der Schädling verursacht Holzschäden, so eine Art Krebsstelle, dass die Bäume nicht mehr richtig blühen. Im I.P.-Bereich hatte man bis dato ein Pfanzenschutzmittel, mit dem man im Notfall Feuerwehr spielen konnte, das gibt es jetzt nicht mehr. Wir im Bio-Bereich hatten nie ein so gut wirksames Mittel, wir haben nur präventive Maßnahmen.
Michael Gamper: Wenn der Befall außer Kontrolle gerät, dann treibt der Baum nicht einmal mehr aus. Jene Mittel, die uns geholfen haben, haben die Zulassung verloren. Das ist ein EU-weites Problem. Wir haben alle die gleichen Mittel und wir sitzen alle im gleichen Boot. Es werden zur herkömmlichen Bekämpfung auch neue Ansätze verfolgt, wie zum Beispiel Zwischenstämme Blutlauswiderstandsfähiger Sorten. Das heißt eine Sorte, die nicht befallen wird, könnte als Zwischenstamm die Aufwanderung der Blutlaus stoppen oder zumindest hemmen. Das ist ein neuer Ansatz, weil wir werden auf Pflanzenschutzseite immer mehr limitiert werden. Wenn dieser Lösungsansatz funktionieren würde, dann wäre dies natürlich nicht eine rasche Lösung des Problems, sondern ein langfristiges Ziel. Grundsätzlich gibt es wenige Einrichtungen, die Basisforschung machen. Die Laimburg ist da eine der wenigen Ausnahmen, dort wird die Biologie eines Schädlings noch erarbeitet. Denn eines ist schon klar: Wenn wir einen Schädling bekämpfen wollen, ist es grundlegend, seine Biologie bis ins letzte Detail zu kennen.

Vinschgerwind: Feuerbrand: Gab es heuer eine Zunahme an Fällen?
Michael Gamper: In der Zone um Rabland war heuer am meisten Feuerbrand. Es variiert jedes Jahr.

Vinschgerwind:
Stichwort Kirschessigfliege?
Michael Gamper: Diese ist bei den Kirschen der Hauptschädling. Wir bieten unseren Mitgliedern ein Monitoring an. Die Bauern können eine Probe in der Anlage sammeln, können diese bei uns abgeben und bekommen innerhalb vom Folgetag ein Ergebnis wie es in seiner Anlage ausschaut. Wir sind mit Monitoring, mit Einnetzung und mit gezielten Pflanzenschutzmaßnahmen imstande ohne Probleme zu produzieren. Aber man muss 100 Prozent professionell sein.

Vinschgerwind: Abschließende Frage: Was werden die größten Herausforderungen in Zukunft im Obstanbau sein? Michael Gamper: Diese könnte von neuen Schädlingen oder Krankheiten ausgehen. Hierzu sind vom Pflanzenschutzdienst Südtirol beauftragt, neue Schädlinge, die oft schon bereits vor unserer Haustüre sind, zu kontrollieren bzw. monitorieren. Beispielsweise handelt es sich dabei um den Japankäfer. Im Vinschgau ist der Japankäfer noch nicht gefunden worden, im Etschtal hingegen bereits schon. Dieser kann sämtliche Kulturen befallen und ist deshalb gut im Auge zu behalten.
Eugen Tumler: Die größte Herausforderung ist, zu verstehen, wie was funktioniert.