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Landtag

Plenarsitzung – Die Haushaltsrede des Landeshauptmanns

Der programmatische Bericht von LH Kompatscher mit den Leitlinien für die Arbeit der Landesregierung im Haushaltsjahr 2026. Behandlung des Landeshaushalts wird kommenden Dienstag, 9. Dezember, ab 14.30 Uhr fortgesetzt.
Zum Auftakt der Haushaltsdebatte verlas Landeshauptmann Kompatscher heute den programmatischen Bericht im Landtag (Foto: Südtiroler Landtag/Werth)

Der Südtiroler Landtag ist am heutigen Dienstagnachmittag (2. Dezember) zusammengetreten, um mit der gemeinsamen Behandlung der drei den Landeshaushalt betreffenden Landesgesetzentwürfe zu beginnen: LGE Nr. 57/25 „Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2026“, LGE Nr. 58/25 „Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen 2026- 2028“ und LGE Nr. 59/25 „Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2026“ (alle eingebracht von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Kompatscher).

Den Auftakt der Haushaltsdebatte bildete dann der programmatische Bericht von Landeshauptmann Arno Kompatscher (vollständiger Wortlaut im Dokument im Anhang). Er habe versucht, schickte der LH voraus, die Dinge in der Rede sachlich darzustellen - das werde nicht allen gefallen. Im Landeshaushalt 2026 stünden rund 8,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit sei man in der Lage, alle notwendigen öffentlichen Leistungen weiter zu finanzieren und gleichzeitig neue Schwerpunkte zu setzen – für ein sozial-gerechteres, lebenswerteres und wieder leistbares Südtirol.

Den Gestaltungsspielraum verdanke man einerseits den autonomen Gesetzgebungskompetenzen und andererseits den Finanzregelungen mit Rom. Beides seien zentrale Pfeiler der Südtiroler Autonomie und müssten immer wieder aufs Neue verhandelt und den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Mit dem Sicherungspakt im Jahr 2014 sei Rechts- und Planungssicherheit für das Land erreicht worden. Dass die Südtiroler Autonomie kontinuierlich und dynamisch weiterentwickelt werden müsse, verdeutliche die aktuelle Autonomiereform. Dabei sei u.a. - in seinen Augen das wichtigste Instrument zur Absicherung der Autonomie - die Einvernehmensklausel, oder präziser: die Autonomieniveausicherungsklausel, vorgesehen. Damit erhalte Südtirols Autonomie – zusätzlich zum völkerrechtlichen Schutz – erstmals auch einen Schutz im innerstaatlichen Verfassungsrecht.

Südtirol sei nicht isoliert, sondern eingebettet im europäischen Kontext. Die Herausforderungen, vor denen man stehe, seien groß und beträfen ganz Europa – vom demografischen Wandel, der das Gesundheits- und Pflegesystem bereits heute auf die Probe stelle, über den gesamteuropäischen Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte und die Auswirkungen des Klimawandels bis zur Digitalisierung. Zugleich verunsicherten globale Konflikte die weltweite Wirtschaftslage. Dazu kämen steigende Preise und sinkende Kaufkraft.

Bezogen auf das Jahr 2024 hätten Italien und auch Südtirol dennoch ein mäßiges, aber positives BIP-Wachstum von 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet, wohingegen Österreich (-1,0 Prozent) und Deutschland (-0,5 Prozent) zum zweiten Mal in Folge einen Rückgang des BIP aufgewiesen hätten. Die Schätzungen für 2025 gingen ebenfalls von einem Wachstum für Italien und Südtirol aus, sowie für Rückgänge für Österreich und Deutschland. Man sei sich der verantwortungsvollen Aufgabe mehr als bewusst, den Wohlstand gerechter zu verteilen. Mit diesem Haushalt setze man daher gezielt Schwerpunkte für eine nachhaltige und sozialgerechte Zukunft des Landes. Die umfangreichsten Bereiche seien hierbei Gesundheit, Bildung, Soziales, Wohnen und die Gemeinden.

Der LH verwies auf die Einführung der Unterstützungsleistung für Über-65-Jährige, die im Dezember 2025 erstmals ausbezahlt werde, die Aufmerksamkeit für den sozialen Zusammenhalt (mehr als 700 Millionen Euro im Haushalt seien im Sozialbereich vorgesehen - für Pflege, Inklusion und Unterstützung der Schwächsten) - man habe im Übrigen nicht vor, das Pflegegeld abzuschaffen - sowie für Familien (80 Millionen Euro für die verschiedenen Formen der Familiengelder, Anpassung der ISEE-Schwellenwerte). Neben dem Bereich des Sozialen nehme die Gesundheit den größten Anteil am Haushalt ein: 2,015 Milliarden Euro stünden kommendes Jahr bereit. Gesundheit sei ein Grundrecht und dürfe nicht zum Luxus werden. Die Schaffung von mehr leistbarem Wohnraum sei eine der Prioritäten der aktuellen Landesregierung, in diesem Sinne habe 2025 im Zeichen der Wohnreform gestanden.

Auf europäischer Ebene wehre man sich mit den anderen Regionen vehement gegen eine Zentralisierung der finanziellen Planung und die Aufweichung der regionalen Zuständigkeiten und fordere einen ortsbezogenen Ansatz, bei dem lokale Körperschaften die treibende Kraft der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung vor Ort bleiben. Es gebe aus Brüssel inzwischen die Zusicherung, dass die Fonds getrennt bleiben sollen - die Proteste hätten sich rentiert. Unter dem Südtiroler Vorsitz der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino seien unter dem Motto „Grenzen überwinden“ verschiedenste Projekte angestoßen und umgesetzt worden.

In Bezug auf die Schulen erinnerte LH Kompatscher an den Wert der Bildung und daran, dass jedes Kind die gleichen Chancen verdiene - man sage deshalb „nein“ zu Vorab-Diskriminierung und Segregation und „ja“ zu Klassenbildung und Ressourcenzuweisung unter Berücksichtigung des vorab zu erhebenden individuellen Sprachniveaus der Kinder. Die Leistung der Lehrkräfte verdiene Anerkennung, sowohl gesellschaftlich als auch finanziell. Im kommenden Haushaltsjahr seien daher für eine reale Aufwertung des Lehrberufs eigens Finanzmittel einplant, nicht zuletzt im Rahmen der Verhandlungen für eine Lohnerhöhung für Lehrpersonen und pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bessere Löhne, im Öffentlichen wie auch Privaten, seien ein zentrales Thema der derzeitigen Landesregierung. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht gelte es zudem die „stille Reserve“ der Arbeitslosen zu aktivieren, die Abwanderung von Fachkräften einzudämmen und eine gezielte und qualifizierte Einwanderung aus Arbeitsgründen zu ermöglichen.

Die Gemeinden in Südtirol nähmen eine essenzielle Rolle ein, die Gemeindenfinanzierung sei dabei ein zentraler Baustein: 213 Millionen Euro seien für laufende Kosten vorgesehen, ein Plus von 26 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Darüber hinaus sollten die Gemeinden zusätzliche Finanzmittel im Ausmaß von 25 Millionen Euro pro Jahr für den Ausgleich der Mehrkosten erhalten, die durch die Inflationsanpassung der Gehälter der Gemeindeangestellten entstanden sind. Um dem veränderten Sicherheitsbefinden der Bevölkerung Rechnung zu tragen, solle die Arbeit der staatlichen Polizeiorgane – wo immer möglich und im Rahmen der Zuständigkeiten des Landes – unterstützt werden. Gleichzeitig solle in Zusammenarbeit mit dem Gemeindenverband die Rolle der Ortspolizei gestärkt werden.

Mit diesem Haushalt wolle man darüber hinaus Südtirol als nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsraum stärken. Dazu gehörten Investitionen in eine nachhaltige Entwicklung. Im Bereich der Mobilität stehe der Ausbau und die Förderung der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel im Vordergrund – u.a. würden im kommenden Jahr einige große Mobilitätsprojekte abgeschlossen, darunter die Elektrifizierung der Vinschger Bahn. Es gelte zudem die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer zu garantieren – dazu gehörten u.a. regelmäßige Investitionen in die Straßeninfrastruktur. Kompatscher verwies in diesem Zusammenhang auch auf Infrastrukturprojekte – zum Teil seit langem geplant und massiv gefordert –, die dank “Olympia-Geldern” vorgezogen und realisiert worden seien.

Der LH unterstrich weiters die Rolle des Bevölkerungsschutzes und dass, Klimawandel und damit verbundene extreme Wetterereignisse die Agentur für Bevölkerungsschutz und die Rettungsorganisationen im Lande vor große und neue Herausforderungen stellten. Klima- und Umweltschutz seien Themen, die sich über mehrere Ressorts erstreckten und wofür im Haushalt auf verschiedenen Kapiteln Finanzierungen bereitstünden. Neben dem bereits genannten Mobilitätssektor seien das die Bereiche Wirtschaftsförderung, Landwirtschaft, Tourismus und Energie. Im Bereich der erneuerbaren Energien mache man in Südtirol dank verschiedener Maßnahmen aus dem Klimaplan jedes Jahr weitere Schritte in die richtige Richtung.

Der Gedanke der ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit ziehe sich quer durch alle Ressorts, angefangen bei Sozialem, Gesundheit und Bildung über die Energie bis hin zu Mobilität und Wirtschaft. Man wisse, dass noch viel zu tun bleibe. Ein echter Wandel brauche aber Zeit und gelinge nur, wenn Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenwirkten. Nachhaltigkeit – sozial, ökonomisch und ökologisch – sei eine gemeinsame Verantwortung und die beste Garantie für den Zusammenhalt des Landes. In diesem Sinne würden die Schwerpunkte im Bereich der Wirtschaftsförderung der vergangenen Jahre fortgeführt und Förderungen für Innovationen, Start-ups und nachhaltige Entwicklung vorgesehen. Im Bereich Landwirtschaft würden besonders kleinstrukturierte Betriebe unterstützt. Südtirols Stärke liege in kleinstrukturierten, familiengeführten Betrieben, diese gelte es langfristig zu stärken. Der LH hob den positiven Beitrag des Tourismus zur Entwicklung des Landes hervor, verwies aber ebenso darauf, dass man es schaffen müsse, Touristenströme besser zu lenken und besonders jene Gegenden, die touristisch schwach entwickelt sind, gezielt zu unterstützen. 

Abschließend verwies Kompatscher auf den Wert des Ehrenamtes im Land („Mehr als 200.000 Südtirolerinnen und Südtiroler – und damit fast jede/r Dritte – engagieren sich ehrenamtlich, viele davon in mehreren Vereinen aus unterschiedlichen Bereichen. Ohne dieses Engagement, verbunden mit Herzblut und Leidenschaft, würde es einige Dienste im Land in der bestehenden Form gar nicht mehr geben.“) und rief zu gegenseitigem Respekt auf: „Fleiß, Engagement und der gesellschaftliche Zusammenhalt haben Südtirol zu dem gemacht, was wir heute sind. Diesen Appell richte ich nun an meine verehrten Kolleginnen und Kollegen in der Aula, ans Publikum und an all jene, die online zugeschaltet sind. ‚Kleine Geste, große Wirkung‘ ist das Leitmotiv der aktuellen Initiative für mehr Respekt, welche das Land gemeinsam mit vielen Partnerorganisationen auf die Beine gestellt hat. Respekt beginnt im Kleinen: Werte wie Rücksicht, Empathie, Sicherheit, Geduld, Gerechtigkeit, Mut und Toleranz – so würde man meinen – hätten an Wichtigkeit verloren. Doch sieht man genauer hin, so entfalten besonders die kleinen Gesten im Alltag eine große Wirkung. Unsere Welt kennt bereits genug Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen. Besinnen wir uns auf das, was wirklich zählt: Respekt und Menschlichkeit.” In Südtirol sei man in der glücklichen Lage, in Frieden und relativem Wohlstand leben zu können. Dafür stehe auch der Haushalt 2026. „Bildung, Soziales, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Wohnen und Gemeinden bilden die Schwerpunkte für das kommende Jahr. Nutzen wir die Chancen, die sich uns dadurch bieten und konzentrieren wir uns auf das, was uns als Gesellschaft stark macht: ein von Respekt und Frieden geprägtes Miteinander.“

Harald Stauder, Vorsitzender des III. Gesetzgebungsausschusses des Landtages, in dem die drei vorliegenden Landesgesetzentwürfe behandelt worden sind, verzichtete auf die Verlesung des Ausschussberichts.

Nachdem keine Minderheitenberichte vorgelegt worden waren, schloss Präsident Arnold Schuler die heutige Sitzung um 16 Uhr. Am kommenden Dienstagnachmittag (9. Dezember) um 14.30 Uhr werden die Arbeiten im Plenum mit der Generaldebatte wieder aufgenommen und bis Freitag (12. Dezember) – auf jedem Fall aber bis zur endgültigen Verabschiedung der Gesetzentwürfe – fortgesetzt, vormittags jeweils von 10 bis 13 Uhr, nachmittags von 14.30 bis 18 Uhr (mit eventuellen Nachtsitzungen, sofern erforderlich).

Weitere Einzelheiten zum programmatischen Berichten sind in Kürze in der entsprechenden Pressemitteilung der Landesregierung zu finden.

LT/tres