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Fabian Brenner ist der neue Obmann der Südtiroler Bauernjugend - Bezirk Vinschgau, Anna Rainalter wurde zur Bezirksleiterin gewählt. Der Vinschgerwind hat mit den beiden ein Interview geführt.

Interview: Angelika Ploner

 

Vinschgerwind: Herr Brenner, Gratulation: Sie sind neu gewählter Bezirksobmann mit 77 von 89 möglichen Stimmen. Die Neuwahlen des Bezirksausschusses gingen kürzlich über die Bühne. Was haben Sie sich persönlich vorgenommen?
Fabian Brenner: Vielen Dank. Ich bin immer noch ein bisschen überrascht, aber auch stolz, dass ich bei der Wahl so viele Stimmen erhalten habe. Vor allem die zahlreiche Teilnahme von Seiten der Ortsgruppen an der Briefwahl und das sehr gute Wahlergebnis haben meine Entscheidung, das Amt des Bezirksobmannes anzunehmen, stark beeinflusst und erleichtert. Für das in mich gesetzte Vertrauen möchte ich mich bei all meinen Wählerinnen und Wählern herzlich bedanken. Natürlich gilt auch allen Ausschussmitgliedern, welche sich der neuen Aufgabe gestellt haben, meine Anerkennung und Dankbarkeit. Ich bin überzeugt, dass wir eine tolle, bunt gemischte und motivierte Truppe für den Bezirksausschuss und somit für die Vertretung aller Ortsgruppen im Vinschgau gefunden haben.
Meine persönlichen Ziele als Bezirksobmann sind z.B., dass wir es als Bezirksausschuss schaffen, unsere Ortsgruppen wieder näher zusammen zu führen, d.h. die Verknüpfungen untereinander zu stärken, evtl. gemeinsame Aktionen zu starten, Ausflüge organisieren, Kurse anbieten, wobei sich die Ortsgruppen besser kennenlernen können und die Anforderungen und Arbeit auf mehreren Schultern verteilt werden können. Allgemein ist mir in den letzten Jahren die ständige Kritik an der Bauernschaft ein Dorn im Auge. Ich möchte gemeinsam mit meinem Ausschuss die Bauernjugend bzw. junge Bauern, aber auch den Beruf des Landwirts wieder so weit als möglich in ein besseres Licht rücken. Ich habe seit meiner Schulzeit immer wieder beobachten können, wie Kinder und Jugendliche, welche von der Landwirtschaft begeistert sind, zum Teil gehänselt und geärgert wurden und somit ihre Freude und Leidenschaft verloren gingen. Viele junge Menschen brauchen in solchen Zeiten eine Gemeinschaft und einen Rückhalt zur Stärkung ihrer Begeisterung und Leidenschaft. Dabei sehe ich die Bauernjugend als ideale Organisation, welche sowohl junge Landwirte, als auch Freunde der Landwirtschaft näher zusammenbringen und diese in ihrem Tun bestärken kann. Ich wünsche mir, dass wir als Bezirksausschuss ein noch stärkeres Bindeglied zwischen dem Dachverband Südtiroler Bauernbund, der Landesorganisation Bauernjugend und den einzelnen Ortsgruppen werden können.

Vinschgerwind: Frau Rainalter: Sie sind mit 73 von 89 möglichen Stimmen zur Bezirksleiterin gewählt worden. Ihre Ziele?
Anna Rainalter: Für das Vereinsleben konnte ich mich schon immer begeistern und motivieren. Mir ist das Weitergeben von Tradition und Brauchtum in einer modernen und zukunftsorientierten Gesellschaft sehr wichtig. Der rege Austausch, in einer geselligen Runde und der gute Zusammenhalt der Bauernjugend liegt mir sehr am Herzen.

Vinschgerwind: Wie würden Sie die Landwirtschaft im Vinschgau beschreiben?
Fabian Brenner: Meiner Meinung nach spielt im Vinschgau vor allem der Anbau von Sonderkulturen im Tal, die Grünlandwirtschaft in den Hang- und Berggebieten und die traditionelle Almwirtschaft eine bedeutende Rolle. Der Vinschgau ist fast weltweit bekannt für seine hervorragenden landwirtschaftlichen Produkte und Erzeugnisse. Es gibt aber sehr große Unterschiede wegen der verschiedenen Höhenlagen, der Beschaffenheit des Geländes, der verschiedenen Betriebsgrößen, aber auch oftmals wegen der geringen Niederschlagsmengen oder auch wegen der verschiedenen Auflagen z.B. im Nationalpark Stilfserjoch. Sehr viele Betriebe über 1.000m sind von der Milchwirtschaft abhängig und sind meist nur im Zu- oder Nebenerwerb überlebensfähig. Daher überlegen sich immer mehr junge Menschen, ob sie doppelt arbeiten sollen um einmal leben zu können, oder ob sie einen anderen beruflichen Weg einschlagen und der Landwirtschaft den Rücken zukehren sollen. Viele Familien im Vinschgau, aber auch im restlichen Südtirol, nehmen trotz geringer Wertschöpfung viele Arbeitsstunden für den Erhalt von Kulturgrund, von landwirtschaftlichen Flächen und Gebäuden auf sich. Dafür sollte den Bauern zumindest eine gewisse Wertschätzung entgegengebracht werden.
Im Vinschgau ist leider ein Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe und der genutzten Fläche zu verzeichnen. Meiner Meinung nach bedarf es einer generellen Weiterentwicklung der Landwirtschaft und es könnte noch vermehrt das Besetzen von Nischen angestrebt werden. Begrüßenswert ist, dass in den letzten Jahren der Urlaub auf dem Bauernhof einen bedeutsamen Aufschwung erlebt hat und sicherlich noch ausbaufähig ist. In den Tallagen können glücklicherweise viele Landwirte vom qualitativ hochwertigen Obstanbau im Vollerwerb leben. Für mich als Viehbauer ist es sehr erfreulich, dass die Almwirtschaft im Vinschgau immer noch eine so bedeutende Rolle spielt. Durch die Bestoßung der Almen mit Vieh wird ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt der Landschaft und Tradition geleistet. Generell ist auch sehr positiv, dass es im Vinschgau viele Beschäftigte in der Landwirtschaft gibt.

Vinschgerwind: Vinschgaus Landwirtschaft braucht....
Anna Rainalter: ...junge, motivierte Leute, die mit Leidenschaft die bereits bestehenden Traditionen weiterleben.

Vinschgerwind: Sie wohnen auf einem Bergbauernhof in Stilfs – ist es möglich die Anliegen von Tal und Berg, von Obst- und Bergbauern unter einen Hut zu bringen?
Fabian Brenner: Genau, ich wohne auf dem Trushof in der Gemeinde Stilfs auf 1260m und bewirtschafte dort gemeinsam mit meinen Eltern unseren Familienbetrieb mit Tierhaltung und einem Gastbetrieb. Ich bin leidenschaftlicher Viehbauer und stehe offen und ehrlich dazu. Genauso sehr bin ich aber auch ein Verfechter der Artenvielfalt und der Produktvielfalt. Damit will ich sagen, dass es im Vinschgau zum Glück nicht nur „Rindviecher“ gibt, sondern auch verschiedene Obst- und Beerensorten, den Weinanbau, den Gemüse- und Getreideanbau und vieles mehr.

Vinschgerwind: Frau Rainalter, aus der Sicht von Junglandwirten: Was läuft gut? Was weniger?
Anna Rainalter: Die Landwirtschaft in Südtirol ist sehr gut aufgestellt, aufgrund der guten Fachschulen bildet sich die junge Generation gut aus. Ihnen ist bewusst, dass sie Traditionen weiterführen sollen, besonders Höfe, die über Generationen aufgebaut worden sind, werden mit Verantwortung und Stolz übernommen.

Eine unternehmerische Tätigkeit ist wie immer mit verschiedenen Risiken behaftet. Somit sind viele auf ein Zusatzeinkommen außerhalb der Landwirtschaft angewiesen. Immer mehr Bauernfamilien können demnach nicht alleine von der Landwirtschaft leben, sondern müssen noch einer anderen beruflichen Tätigkeit nachgehen. Jedoch sollte man die Risiken überschaubar halten, indem man in der Landwirtschaft auf mehrere Standbeine setzt und sich nicht nur auf einen Weg konzentriert. So zum Beispiel zusätzlich zu der Landwirtschaft noch Urlaub auf dem Bauernhof anbietet, oder sich auf ein Nischenprodukt konzentriert.

Vinschgerwind: Wie sieht der Bauernhof von morgen aus?
Fabian Brenner: Der Bauernhof von morgen ist bunt, vielfältig und entwickelt sich ständig weiter. Vieles hängt leider Gottes mit der Pandemie Covid-19 zusammen. Nach der derzeitigen Krise könnte in Zukunft vor allem der Urlaub auf dem Bauernhof stark gefragt sein. Wünschenswerterweise haben einige Betriebe trotz oder gerade durch Corona den Mut und hoffentlich auch noch die Mittel um neue Wege einzuschlagen, Sanierungen und Umbauten zu tätigen und in Nischen zu investieren. Ich persönlich wünsche mir, dass alte Traditionen erhalten bleiben, bereits fast Vergessenes wieder neu aufgegriffen werden kann und Neues entdeckt wird. Blumenwiesen, Getreidefelder, Weidetiere am Radweg usw. würden nicht nur dem Tourismus, sondern auch den Bewohnern in der Talsohle vom Vinschgau sicherlich gut tun.

Vinschgerwind: Wird es ein Höfesterben am Berg und eine Digitalisierung und Industrialisierung im Tal geben?
Fabian Brenner: Ich finde, dass eine bestimmte Digitalisierung schon seit längerer Zeit voranschreitet. Dies nicht nur im Tal bei den „Mittel- und Großbetrieben“, sondern auch auf den meisten Bergbauernhöfen und bis in jedes Tal hinein. Und das ist auch ein Stück weit gut so. Ein gewisser Fortschritt und die Entwicklungsfähigkeit ist mehr denn je zum Muss geworden und sollte auch von den älteren Generationen als Chance gesehen werden. Wer hätte sich z.B. vor 10 Jahren gedacht, dass der Bergbauer heute elektronische Rechnungen verschickt, seine Produkte fast nur noch auf verschiedenen Internet-Plattformen anbietet oder Aktuelles über die sogenannten sozialen Medien teilt. Es gab und gibt leider immer noch das Höfesterben, da oft die Wirtschaftlichkeit fehlt, es keine Nachkommen gibt oder diese andere Wege einschlagen wollen. In meinen Augen ist es sehr wichtig, dass die älteren Generationen bzw. Hofübergeber nicht den Fehler machen, zu lange auf den Besitz des Hofes zu beharren. Es sollte ein Miteinander sein, wobei die Nachkommen mitreden, mitentscheiden und selber Verantwortung übernehmen sollen und dürfen. Leider gibt es bei uns im Vinschgau und darüber hinaus zu viele Höfe mit über 70jährigen Bauern, welche teils den richtigen Zeitpunkt der Hofübergabe verpasst haben. Es ist nur verständlich, dass das „Kind“ mit 40 Jahren, welches sich bereits eine Existenz aufgebaut hat, nicht mehr sein Leben total umkrempelt, damit ein relativ ertragsarmer Hof weitergeführt werden kann. Genauso muss aber auch die junge Generation Ratschläge annehmen, die Hilfe wertschätzen und auf Anliegen eingehen, um das bestmögliche Miteinander zu erreichen. Vielleicht bringt die Coronazeit eine neue Denkweise, damit nicht jeder kleine Stall und Stadel Opfer einer neuen Ferienhütte wird und es vielleicht in Zukunft auch wieder ein Luxus sein kann, selber einige Tiere halten zu können und ein Stück weit Selbstversorger sein zu dürfen. Die Industrialisierung wird nichtsdestotrotz voranschreiten und viele Sachen ablösen bzw. einige „alte-Zeiten-Romantiker“ einholen, was mit dem richtigen Maß und Ziel gut ist.
Anna Rainalter: Die zunehmende, teure Mechanisierung der Landwirtschaft und die steigende Anforderung der Marktpartner zwingen die Landwirte und Landwirtinnen, sich zu spezialisieren. Sie wachsen, spezialisieren sich, besetzen Nischen, integrieren die Verarbeitung und den Verkauf. Die jungen Bauern sind gut ausgebildet, sie arrangieren sich mit den neuen Rahmenbedingungen, suchen und finden ihren individuellen Weg.

Vinschgerwind: Herr Brenner: Wie viele Ortgruppen hat die Südtiroler Bauernjugend im Vinschgau? Wie schwierig ist es Leute hierfür zu motivieren und zu gewinnen?
Fabian Brenner: Die SBJ hat im Vinschgau 27 Ortsgruppen, welche von Reschen bis nach Kastelbell reichen. Die Suche nach neuen Mitgliedern, vor allem für einen Ausschuss, gestaltet sich schon seit einigen Jahren immer schwieriger. Dies betrifft aber nicht nur die Bauernjugend, sondern allgemein alle Vereine im Dorfleben. Leider ist zu erkennen, dass sehr viele junge Menschen sich für keinen Verein wirklich interessieren bzw. aktiver Teil davon werden möchten. Sobald es darum geht, eine gewisse Verantwortung zu übernehmen, sind vielfach bei zu vielen Vereinen dieselben Personen gefragt. Auch in unserem Bezirksausschuss sind einige dabei, welche im eigenen Dorf schon bei mehreren Vereinen aktiv sind, ja sogar im Ausschuss oder in einer Führungsrolle stehen. Ich bin mir sicher, dass es für Vereine und für uns alle auch wieder bessere Zeiten geben wird.

Vinschgerwind: Was brauchen junge Landwirtinnen und Landwirte? Was wünschen sich junge Menschen in der
Landwirtschaft?
Fabian Brenner: Junge Landwirtinnen und Landwirte brauchen Vertrauen, Geduld, Angebote zur Weiterbildung und Weiterentwicklung, Hilfestellungen und ein Grundmaß an Respekt und Wertschätzung von Seiten der restlichen Bevölkerung. Kritik ist in Ordnung, jedoch sollte nicht alles und jeder in der Landwirtschaft angeprangert und kritisiert werden. Momentan ist es fast schon modern, über jeden Bauer mit einem Güllefass oder einem Spritzpanzen herzuziehen und das Schlimmste zu denken bzw. sogar öffentlich zu verbreiten. Jedem Menschen tut Zuspruch gut, so auch den Junglandwirten. Oftmals reicht ein „gut machst du das“, um das Selbstbewusstsein eines jungen Menschen zu stärken und seine Freude wieder zu erwecken. Ich als Junglandwirt mit Viehhaltung wünsche mir vor allem, dass der Lebensmittelkonsum bewusster wird, dass es selbstverständlich wird, dass man Fleisch, Milch usw. vom Metzger oder Bauern von nebenan kauft, die regionalen Kreisläufe gestärkt werden und dass es ein Miteinander von Produzenten und Konsumenten gibt.

Interview: Magdalena Dietl Sapelza

 

Vinschgerwind: Herr Pobitzer, Sie sind Vizeobmann der Genossenschaft „Bergmilch Südtirol“. Die derzeitige Coronakrise setzt auch dem Milchmarkt zu. Können die Vinschger Bauern die Milch noch ohne Sorgen nach Bozen schicken?
Alfred Pobitzer: Noch können sie das. Die Milch wird täglich abgeholt. (lacht). Noch ist der Absatz da. Doch das volle Potential kann derzeit wegen der Krise nicht voll ausgeschöpft werden. Der Einbruch im Tourismussektor ist deutlich zu spüren. Und auch der einheimische Konsum ist leider grundsätzlich rückläufig.

Vinschgerwind: Kann der Auszahlungspreis (rund 50 Cent für konventionell produzierte Milch, rund 60 Cent für Heumilch und rund 70 Cent für Biomilch) beibehalten werden?
Alfred Pobitzer: Das ist schwierig zu sagen. Das hängt davon ab, wie sich alles entwickelt, wie schnell die Krise überwunden wird. Man muss auch bedenken, dass die Bergmilch vor der Krise notwendige und wichtige Investitionen getätigt hat, die es abzubezahlen gilt.

Vinschgerwind: Durch die Veredelung der Milch konnte die Bergmilch im Laufe der vergangenen Jahre immer größere Wertschöpfung erreichen. Wie läuft diese Schiene derzeit?
Alfred Pobitzer: Zum Glück haben wir auf Veredelung gesetzt, die mehr Wertschöpfung bringt. Allerdings mussten wir wegen der derzeitigen Absatzschwäche Einbußen hinnehmen. Derzeit sind wir gezwungen, die Milch einen Tages in der Woche als Versandmilch an Großhändler abzugeben, was natürlich mit Verlusten verbunden ist.

Vinschgerwind: Die Nachfrage nach authentischen und ehrlichen Produkten steigt. Wie reagiert die Bergmilch auf diese Nachfrage?
Alfred Pobitzer: Wir versuchen seit längerem zu reagieren. Wir bieten beispielsweise bereits silofreie Heumilch und Biomilch an – Nischenprodukte, die sehr gut angenommen werden und auch einen höheren Auszahlungspreis erwirtschaften.

Vinschgerwind: Heumilch und Biomilch gewinnen also immer mehr an Bedeutung. Auch Almmilch steht zur Diskussion – eine Chance für den Milchabsatz der Zukunft?
Alfred Pobitzer: Mit dem Angebot von Heumilch und Biomilch ist die Bergmilch auf dem richtigen Weg. Denn mir ist bewusst, dass man im kleinstrukturierten Berggebiet langfristig nur mit Qualität punkten kann und nicht mit Menge. Allerdings sind viele Bauern skeptisch, auch weil sie aus Platzgründen nicht auf Silofutter verzichten können. Als wichtigen Bestandteil der Berglandwirtschaft sehe ich die Almwirtschaft und auch die Almmilch. Diese könnte die Angebotspalette der Bergmilch bereichern und das Ansehen der Bergmilch steigern.

Vinschgerwind: Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten hinterfragen die Tierhaltung. Wie müsste die Milchwirtschaft im Vinschgau darauf reagieren?
Alfred Pobitzer: Wir müssen uns auf diesem Gebiet weiterentwickeln, auch wenn es auf den kleinstrukturierten Höfen im Berggebiet oft schwierig ist. Es wird einiges auf uns zukommen. Denn es könnte schon bald Zertifizierungen geben, auf die wir reagieren müssen. Wir von der Bergmilch sind aber stets bemüht, verträgliche Lösungen für alle zu suchen und zu finden.

Vinschgerwind: Könnte eine „Bioregion Obervinschgau“ zukunftsweisend für die Milchwirtschaft sein?
Alfred Pobitzer: Das ist eine schwierige aber auch immer wiederkehrende Frage, mit der sich alle Landwirtschaftssparten auseinandersetzen müssten. Eine Bioregion wäre sicher eine Option für die Zukunft, wenn auch sehr komplex in der Umsetzung. Bio-Milchbauern haben wegen der vielen kleinen Parzellen immer wieder Probleme wegen der Abdrift.

Vinschgerwind: Wie ist der Kontakt zu den anderen Milchhöfen?
Alfred Pobitzer: Jeder Milchhof ist für sein Betriebsergebnis seinen Mitgliedern gegenüber verantwortlich. Jeder mahlt mit seinen Mühlen. Zusammengearbeitet wird natürlich nur, wenn es für beide Seiten von Vorteil ist. Bedenklich stimmt mich, wenn günstigere Milch zugekauft wird, um den eigenen Profit zu erhöhen und mit einem besseren Auszahlungspreis zu glänzen. Eine doch kurzsichtige Strategie, wie ich meine, die zum Bumerang werden könnte. Wer mit Milchprodukten aus dem Berggebiet wirbt, sollte auch Milch aus dem Bergebiet verarbeiten und nicht Milch aus der Poebene oder aus Deutschland.

Thomas Kofler, Jahrgang 1981, wohnhaft in Latsch,
hatte schon in seiner Kindheit großes Interesse an Bienen.

von Peter Tscholl

„Die Bienen haben mich schon seit meiner frühen Jugend fasziniert. Als ich noch mit meinen Eltern spazieren ging und wir an einem Bienenstand vorbeikamen, habe ich die Bienen immer beobachtet. Gedanken Imker zu werden, machte ich mir damals aber noch keine“.
Studiert hat Thomas Kofler internationale Wirtschaft in Innsbruck. Zur Imkerei kam er durch ein Schlüsselerlebnis: „Auf einem Schleiser Kirchtag erzählte mir der Bruder eines Studienkollegen die ganze Nacht hindurch von seinen Bienen. Er konnte mich derart begeistern, dass ich schon am nächsten Tag beschloss, Imker zu werden“. Thomas meldete sich beim Imkerverein Latsch an und besuchte 2009 den Imkerkurs, um für seine zukünftige Arbeit gut vorbereitet zu sein. Seine Imkerei s36 Kofler Thomas1ist mit den Jahren ständig gewachsen und bald spielte er mit dem Gedanken, sich damit ein zweites Standbein zu verschaffen. „Anfangs wurde ich noch belächelt, als ich von einem Geschäft zum anderen ging, um meinen Honig anzubieten. Es war schwierig und manchmal habe ich mir ernsthaft überlegt aufzuhören. Trotz vieler Rückschläge habe ich aber immer weiter gemacht. Meine Mutter Erika und meine Frau Franzi haben mich ermutigt und unterstützt“.

Mit seiner Imkerei versucht Thomas höchste Qualität zu erzeugen. „Die Qualität des Honigs fängt schon mit der Bienenpflege an“ sagt er. „Die Bienenvölker müssen sich in einem optimalen Ambiente entwickeln können. Nur wenn immer genügend Futterangebot vorhanden ist, Pollen und Nektar, können sich die Bienen zu gesunden und starken Völkern entwickeln. Deswegen ist man heute gezwungen mit den Bienen zu wandern. Früher war es noch möglich, die Bienen das ganze Jahr über am selben Standort zu belassen. Für die Bienen gab es immer etwas zu finden, das Angebot war zeitlich versetzt. Da heute fast nur noch Monokulturen bestehen, gibt es zur Zeit der Apfelblüte zwar Futter in Hülle und Fülle, danach aber wird es schwierig“.

s36 Kofler Thomas2„Was mir besonders an meiner Arbeit gefällt, ist die Vielfältigkeit. Ich bin Wissenschaftler, wenn ich Zuchtauslese betreibe, bin Tischler beim Herstellen von Beuten, bin Imker, wenn ich bei den Bienen bin und schließlich noch Geschäftsmann, wenn es um neue Absatzmärkte geht“.

Was Thomas Kofler heute mit seiner Imkerei in Latsch anbieten kann, lässt sich sehen. Neben Honig gibt es noch eine Reihe von Bienenprodukten, welche mit Wachs, Propolis und Bienengift hergestellt werden:

- Bienengiftsalbe mit Arnika und Beinwell
- Propolis-Tropfen
- Propolis-Salbe
- Propolis-Handcreme
- Brustbalsam für Kinder
- Lippenbalsam mit Manuka Öl.
Honig ist das Bienenprodukt mit der ältesten medizinischen Tradition. Die wohltätige Wirkung von Honig ist schon seit der Antike bekannt. Honig ist
„Wohltat für die Leber“ und „Hafer für das Herz“. Für Geschwächte und Alternde kann Honig mit seinen vielen Inhaltsstoffen von gesundheitlichem Nutzen sein.
Die therapeutische Wirkung von Propolis und Bienengift ist inzwischen auch wissenschaftlich nachgewiesen.
Bienengift gilt als „natürlicher Entzündungshemmer“ und Propolis als das „natürliche Antibiotikum“. Propolis wirkt antibakteriell, antiviral und antifungizid. Es wird in Tropfen- und in Salbenform angeboten.
Propolis-Tropfen werden von Thomas Kofler in der eigenen Imkerei in Latsch hergestellt. Weil gewisse Substanzen im Propolis nur wasserlöslich sind, wird zu einer 25%igen Propolislösung in 65%igem Alkohol auch etwas Wasser hinzugefügt. Damit können sich alle Substanzen, die in Propolis enthalten sind, herauslösen. Die Tropfen können entweder eingenommen oder direkt angewand werden.
Dieselbe Lösung wir auch für die Herstellung der Propolis-Salbe verwendet. Salben sind etwas dicker als Cremen, da sie mehr Wachs enthalten. Cremen enthalten weniger Fett, ziehen dafür schneller ein und wirken schneller.
Der Lippenbalsam ist eine Kombination aus Propolis, Bienenwachs, Ringelblumen und Manuka Öl. Das Öl wird aus den Blättern der Manukapflanze, einer Südseepflanze, gewonnen. Seine Wirkung gegen Herpesbildung, soll in wissenschaftlichen Studien bewiesen worden sein.

Imker haben heute eine große Aufgabe zu bewältigen und müssen mit verschiedenen Schwierigkeiten zurechtkommen. „Da mit der Natur gearbeitet wird, geht es nicht immer so, wie man gerne möchte. Man muss flexibel sein, sich auf Naturereignisse einstellen. Die Imkerei ist kein einfacher Job und fordert dich ständig. Gewisse Arbeiten sind zu tun und müssen gemacht werden, auch wenn der Erfolg manchmal ausbleibt“ sagt Kofler.

All das kann aber die Freude an der Arbeit mit den Bienen nicht trüben. „Wenn ich zu meinen Bienen gehe, freue ich mich wie ein Kind. Ein Bienenvolk ist wie ein Überraschungsei. Wenn ich die Beute öffne, bin ich immer gespannt, was drin ist“ sagt Thomas mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Bleibt nur noch zu wünschen, dass ihm diese Freude noch lange erhalten bleibt. Denn ohne Imker, die gerne bei ihren Bienen sind und mit Freude daran arbeiten, hat unsere Carnica Biene keine guten Aussichten zu überleben.

Welche Sorten haben im Vinschgau Zukunftspotential? Welche Sorten sind bereits versuchsmäßig im Anbau? Und welche Sorten sind die Top Neuheiten? Der Vinschgerwind konnte Walter Guerra und Gerold Frank vom Versuchszentrum Laimburg für einen Gastbeitrag gewinnen. Der Pomologe Guerra wurde 2018 in Venedig für den italienischen Obst- und Gemüsebau ausgezeichnet.

Gerold Frank, Walter Guerra, Versuchszentrum Laimburg

In den 90er Jahren sind vom Versuchszentrum Laimburg im Vinschgau die ersten Sortenneuheiten beim Apfel in einem Feld in der Ebene, dem sogenannten „Leaser“, am Rande der Etsch in Latsch ausgepflanzt und geprüft worden.
2005 folgte aufgrund der Ausweisung einer Wohnbauzone ein Standortwechsel der Versuchsfläche.
Es wurde eine Hanglage Richtung Tarsch ausgewählt, die sogenannte „Ackerwiesen“ (700 m ü. M.). Auf einer Fläche von ca. 1,5 ha werden sowohl Versuche im integrierten als auch im ökologischen Anbau durchgeführt. Auf zwei Drittel der Fläche befindet sich die Sortenprüfung der sogenannten “Teststufe 1”. Die restlichen 0,5 ha werden für spezifische Anbauversuche zu verschiedenen Düngevarianten, Einsaaten, u.a. im biologischen Anbau genutzt.

 

Aufnahmeprüfung Sortenneuheiten
In der Teststufe 1 stehen zurzeit 285 neue Sorten und 101 Klone von verschiedenen Sorten mit jeweils 5 Bäumen in Prüfung. Davon stammen 97 Sorten aus dem eigenen Züchtungsprogramm des Versuchszentrums Laimburg. Die weiteren Apfelsorten wurden aus diversen Züchtungsprogrammen aus aller Welt gewonnen. Im Durchschnitt dauert eine Testung in der ersten Phase fünf bis sieben Jahre. Die Sorten werden auf ihre Anbau- und Qualitätseigenschaften hin geprüft. Der Fokus dieser Testphase liegt vor allem in der Begutachtung der inneren und äußeren Fruchtqualität sowie der Lagerfähigkeit. Im Laufe der Vegetation werden verschiedene Erhebungen im Feld durchgeführt: Auswertungen zu Phänologie (Blühdaten), Wuchscharakter, Anfälligkeit auf verschiedene Krankheiten und Schädlinge. In der Erntezeit erfolgt bei den jeweiligen Sorten eine wöchentliche Reifebeurteilung, um den optimalen Erntetermin zu bestimmen. Bei der Ernte werden im Feld die Ertragsleistung und besondere Auffälligkeiten, z.B. physiologische Störungen wie Frucht- oder Blattflecken oder vorzeitiger Fruchtfall, festgehalten. Die Früchte werden am Versuchszentrum Laimburg sortiert, eingelagert und in bestimmten zeitlichen Abständen zur Verkostung und zur Analyse ausgelagert. Es erfolgt dabei die Kontrolle der äußeren Qualität wie Attraktivität, Fruchtform, Ausfärbung und Fruchtschalenbeschaffenheit. Mit einer destruktiven Messmethode werden Festigkeit, Zucker- und Säuregehalt der einzelnen Muster analysiert. Die Ergebnisse aller Erhebungen werden in einer Datenbank gesammelt und über mehrere Jahre hinweg lässt sich aus der Summe von Daten und Beobachtungen ein Sortenprofil erstellen.

Nur wenige Sorten kommen in höhere Prüfstufe
Entsprechen die Qualitätseigenschaften der Sorten den Anforderungen, wird die erste Testphase in die sogenannte „Teststufe 2” erweitert. In dieser zweiten Phase werden pro Sorte 50 bis ca. 500 Bäume ausgepflanzt.
Es ist besonders wichtig, Sorten in verschiedenen Höhenlagen zu testen, weil sie im Hinblick auf bestimmte Merkmale wie Ausfärbung, Fruchtgröße, Geschmack u.a. sehr unterschiedlich reagieren können.
Im Vinschgau verfügt der Agrarbetrieb Laimburg über eine weitere größere Anbaufläche, in der auch Versuche durchgeführt werden. Das höher gelegene Testfeld liegt in Schluderns (900 m ü. M.). Weiters erfolgt die Sortenprüfung in Teststufe 2 im vom Sortenerneuerungskonsortium SK Südtirol koordinierten Versuchsfeld in Tschars (500 m ü. M.) und des öfteren auch in Privatbetrieben.
An den Standorten der Versuchsfelder werden spezifische Versuche zum Anbau- und Lagerverhalten, sowie gezielte Erhebungen zu deren Anfälligkeiten gegenüber Krankheiten und Schädlingen in Kombination mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmittelstrategien durchgeführt. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit steigen die Anforderungen an die Sorten. Immer mehr im Vordergrund stehen Sorten, welche Resistenzen aufweisen und robust gegenüber verschiedenen Krankheiten und Schädlingen (z.B. Schorf und Mehltau) sind. Die Sorte Bonita ist beispielsweise ein schorfresistenter Apfel. Weitere schorfresistente Sorten, die vom Versuchszentrum Laimburg getestet wurden und bereits angebaut werden, sind SQ 159 mit der Marke Natyra® und die rotfleischige Sorte R 201 – Kissabel®.
Die Teststufe 2 erfolgt in Zusammenarbeit zwischen Versuchszentrum Laimburg, Sortenerneuerungskonsortium SK Südtirol, dem Südtiroler Beratungsring (SBR) und dem Verband s32 Foto 2 Sortenbegehung im Versuchsfeld in Tschars 2019der Vinschgauer Produzenten für Obst und Gemüse (VI.P). Neben den technischen Versuchsdaten und Erfahrungen sind das Sorteninnovationsmanagement, das heißt die Kontakte und Vernetzungen zu den jeweiligen Sorteninhabern grundlegend, um bereits bestehendes Know-how zu nutzen und spezifische Probleme der Sortenneuheit unter heimischen Anbaubedingungen gezielter zu untersuchen. Die Zusammenarbeit ermöglicht die Sicherung von exklusiven Sortenrechten zu den sogenannten „Clubsorten“.

 

Endspurt Sorten vor Markteinführung
Es folgen Anpflanzungsprogramme, welche in einer dritten Teststufe durchgeführt werden. Bei privaten Betrieben in unterschiedlichen Höhenlagen werden größere Sortenblöcke mit bis zu einigen tausend Bäumen der neuen Sorten ausgepflanzt. Durch die hohe Baumanzahl können größere Mengen an Äpfeln produziert und Konsumententests durchgeführt werden. Weitere Versuche und Beobachtungen werden an diesen Standorten gemacht, bis die Sorten schlussendlich alle Prüfungen bestanden haben. In den letzten fünf Jahren sind etliche Sorten und Klone in die Sortenempfehlungsliste der VI.P aufgenommen und als „Clubsorten“ in den Markt eingeführt worden.
Zu den vor einigen Jahren eingeführten Clubsorten zählen Scilate - Envy®, Shinano Gold - yello®, Nicoter - Kanzi®, Ambrosia und die resistenten Sorten R 201 - Kissabell® (Rotfleischig), Bonita, SQ 159 – Natyra®. Mit den beiden jüngsten Sortenneuheiten erweitert sich das Sortiment für nahezu alle Anbaulagen im Vinschgau.

 

Top Neuheiten
Die erst kürzlich lancierten Sorten entstanden aus amerikanischen Züchtungsprogrammen in Washington State und Minnesota. Es handelt sich um WA 38 mit dem Markennamen Cosmic Crisp® (Bild links) und um die Sorte Minneiska mit dem Markenamen Sweetango® (Bild rechts). Bis s32 Cosmic sweet2022 werden nach Anbauprogramm der VI.P rund 170 ha WA 38 und 50 ha Minneiska im Vinschgau im Anbau stehen. Trotz kürzerer Testphase als üblich sind nach Einschätzung der Experten beide Sorten vielversprechend. Die geschmacklichen Besonderheiten sind die feine Textur in Kombination mit der hohen Saftigkeit und Knackigkeit. WA 38 reift in mittleren Lagen ca. eine Woche nach Golden Delicious (Ende September). Der optimale Anbau dieser Sorte ist aus heutiger Sicht in fast allen Lagen im Vinschgau empfehlenswert, auch auf über 900 m Meereshöhe. Die Sorte Minneiska ist vor allem für mittlere und höher gelegene Anbaulagen geeignet. Der Reifezeitpunkt ist mit zehn Tagen vor Gala sehr früh angesiedelt, was bedeutet, dass in hohen Lagen wie z.B. in Schluderns etwa Ende August geerntet wird. Die bessere Fruchtausfärbung kann bei dieser Sorte in hohen Lagen große Vorteile bringen.

Der Weg von der ursprünglichen Bestäubung bis zur Markteinführung einer Sorte ist sehr zeitaufwendig und arbeitsintensiv. Nur das Zusammenspiel verschiedener Fachleute der unterschiedlichen Institutionen der Obstwirtschaft ermöglicht eine innovative, zukunftsweisende und nachhaltige Entwicklung und Einführung neuer Apfelsorten.

Dienstag, 16 März 2021 15:30

Spezial-Landwirtschaft: Die VIP in Zahlen

Die VIP als Arbeitgeber, die Produktion, das Ernteverzeichnis, das geführt wird und nicht zuletzt die VIP, als Exporteur. Wir haben in Latsch, dem Sitz der VIP, um Zahlenmaterial gefragt, um grafisch einen Eindruck vermitteln zu können. Dort ist man der Anfrage gerne nachgekommen.

von Angelika Ploner und Alena Lamprecht
in Zusammenarbeit mit der VIP

s30 vip2

Geboren ist Karl Grasser am 23.12.1923 in Kortsch. Er war der älteste von sechs Kindern in einer bäuerlichen Familie. Schon früh entwickelte sich bei Karl die Freude am Malen und Schnitzen. „Mein Vater hat schon immer Schafe geschnitzt“ erzählt er. Mit 16 Jahren verliert Karl seine Mutter. „Sie war eine seelengute Frau, sie war für mich alles“. Als 19jähriger musste Karl Grasser in den Krieg ziehen. „Es war der 5. Jänner 1943. Wir kamen als Nachfüllung hinauf ins Narva Gebiet, ungf. 35 km vor Leningrad“. Karl gehörte der 5. Gebirgsdivision an. Schon im November 1943 wurde er mit der s26 torsoletzten Kompanie von Leningrad nach Süditalien versetzt. „Am Hl. Abend, ich war gerade 20 Jahre und einen Tag alt, musste ich in Stellung gehen, von 23 bis 2 Uhr morgens. Gottseidank waren wir in einem toten Winkel, wer weiß, wie es sonst ausgegangen wäre. Damals habe ich mir geschworen, wenn ich noch einmal nach Hause komme, werde ich nie wieder am Hl. Abend von zu Hause weg gehen“.
Am 30.12.1943 wurde Karl vor Monte Cassino zweimal verletzt. Es waren Verletzungen am Fuss, Arm und Schulter. „Im Divisionslazarett kam ein Soldat auf mich zu und fragte mich im Vinschger Dialekt: „Wieder a Londsmonn! Hosch an Wunsch?“ „Bitte heimschreiben!“ sagte ich nur. Darauf ging er weg, kam mit einem Blatt Papier wieder, setzte sich neben Karl und schrieb den Brief. Es war Josef Patscheider, er hatte 1940 in Reschen seine Primiz gehalten und wurde dann nach Süditalien versetzt.
s26 Karl druckTrotz der schweren Verletzungen im Krieg und der damit körperlichen Beeinträchtigung ging Karl von 1951 bis 1955 nach Wien an die Akademie der Bildenden Künste und studierte Bildhauerei. Seine Lehrer waren neben Hans Andre und Herbert Boeckl auch der aus Meran gebürtige Franz Santifaller.
Zurück nach Kortsch begann Karl mit seinem bildhauerischen Schaffen. „Plastik, das ist Ehrlichkeit. Da kann man nicht schwindeln. Da muss es das erste Mal schon passen. Es ist nicht wie bei einem Maler, der mit dem Pinsel immer noch drüber streichen kann.“ Am liebsten arbeitete Karl mit Holz und Bronze.
s26 karl druckenEines seiner ersten plastischen Werke war das Holzrelief des Hl. Kosmas und Damian in der Krankenhauskapelle in Schlanders (1958). Eines seiner letzten Werke war das Bronzerelief am Portal der Pfarrkirche in St. Pauls (2007). Darauf ist Karl besonders stolz. „Ich würde mir wünschen, dass das Portal in St. Pauls alle Zeiten übersteht“ sagt er.

Neben seinen plastischen Werken schuf Karl mehr als 500 Holzschnitte.
Holzschnitte gingen nur nebenbei, „waren nur Nebenerwerb“ sagt Karl. Aber mit der Zeit beherrschte er die Technik so gut, dass ihm keiner im Land das Wasser reichen konnte. Sogar Heiner Gschwendt soll gesagt haben: „Den Holzschnitt können wir ruhig dem Grasser überlassen!“.

1980 wurde Karl Grasser mit dem Verdienstkreuz des Landes Tirol geehrt. 1993 wurde er anlässlich seines 70. Geburtstages mit der Goldenen Verdienstmedaille der Marktgemeinde Schlanders ausgezeichnet. 2008 wurde ihm der Walther-von-der-Vogelweide-Preis verliehen.

Karl Grasser ist es gelungen mit seiner Kunst zu berühren. Seine Kunst ist echt, ehrlich und authentisch. Was er gemacht hat, hat er auch gelebt. Er selbst sagte einmal: „Ich habe versucht mein ganzes Leben lang ehrlich für die Kunst zu leben und vor allem dem Glauben zu dienen. Als Künstler sah ich meinen Auftrag darin, den Menschen etwas mitzuteilen. Meine Kunst soll die Menschen ansprechen. Der Mensch soll durch meine Kunst Halt bekommen, Kraft holen und Freude haben“. Und er fügte noch hinzu: „Ich habe für‘s Volk gearbeitet, auch für‘s einfache Volk. Zu meiner Kunst soll auch der einfache Mensch einen Zugang finden. Deshalb habe ich Bauernhöfe gemalt, Dinge aus dem alltäglichen Leben, Dinge die jeder verstehen kann“.

„Glücklich wer im Glauben und in der Kunst noch Stärkung findet“. Das ist das Credo im Leben des Karl Grasser. Im Glauben und in der Kunst findet er selber immer wieder die Kraft, alles zu ertragen und weiter zu machen.

s26 grasser tschollIm Februar 2019 erlitt Karl einen Wirbelbruch. Ihm geht es zwar recht gut, aber seitdem ist er körperlich stark beeinträchtigt. Er geht zwar nicht mehr in seine geliebte Werkstatt aber jeden Tag geht er ein paar Schritte vor dem Haus spazieren. Karl freut sich wenn er sein Urenkelkind Hugo sieht oder wenn jemand zu Besuch kommt. Auch liest er immer noch viel und gerne und manchmal zeichnet er in seinen Zeichenblock, der auf dem Stubentisch immer bereit liegt.

Was Karl im hohen Alter immer noch auszeichnet ist sein Gerechtigkeitssinn. Er hatte immer schon eine soziale Ader. Es beschäftigt ihn heute noch, wenn Menschen ungerecht behandelt werden. Er hat ein Gespür für Menschen, denen es schlecht geht und leidet mit ihnen.
Auf die Frage, ob er Angst vor dem Tod hätte, antwortete er: „ Nein, wenn man ein ehrliches Leben geführt hat, braucht man vor dem Tod keine Angst zu haben.“

Peter Tscholl

Montag, 15 März 2021 13:53

Ach du liebe Jugend!!

Vinschgau - Mit einer Aussendung weist der Geschäftsführer des Jugenddienstes Obervinschgau Tobias Stecher auf ein zeitloses Phänomen hin, dass gerade jetzt in der Corona-Zeit Konjunktur zu haben scheint: dem Generationenkonflikt. Laut der Fachdienststelle für Jugendarbeit bringt die derzeitige Corona-Situation den Generationenkonflikt mit seiner Stigmatisierung auf einen neuen Höhepunkt. Junge Menschen dürfen nicht im Dorf unterwegs sein; Junge Menschen dürfen sich nicht mit Freunden treffen; Junge Menschen sind unsolidarisch und halten sich nicht an die Regeln. Vorurteile und Benachteiligungen gegenüber jungen Menschen sind derzeit oft weitreichend und sogar diskriminierend. Herabwürdigende Blicke und das Unverständnis gegenüber jungen Menschen gibt ihnen aber oft das Gefühl „nicht ernst genommen“ zu werden. Aber im Gegensatz zur Jugend dürfen Erwachsene zur Arbeit gehen, selbst entscheiden wem sie treffen und ob sie die Regeln einhalten. Über sie urteilt niemand. Die Corona-Krise ist für Niemanden einfach, den Sündenbock bei der Jugend zu suchen, ist jedoch nicht gerecht. Junge Menschen fällt das Dach zuhause auf den Kopf, sie brauchen Raum und Platz um sich selbst kennen zu lernen. Junge Menschen müssen sich ausprobieren, Grenzen überschreiten und dafür Verantwortung übernehmen, spielen und feiern, träumen und trauern. Die Aussendung appelliert daher an die Erwachsenen die Bedürfnisse junger Menschen ernst zu nehmen und sie nicht pauschal zu verurteilen. Eine Erinnerung an die eigene Jugendzeit kann dabei hilfreich sein. (lu)

Montag, 15 März 2021 13:53

Viele Tätigkeiten trotz Corona

Schlanders/Elki Mitgliederversammlung - Bei der Mitgliederversammlung vom Eltern-Kind-Zentrum Schlanders (Elki) über die Videokonferenzplattform Zoom am 4. März konnte der Vorstand mit der Präsidentin Kunhilde von Marsoner trotz Corona auf eine vielfältige und recht bunte Tätigkeit zurückblicken. Ab Anfang März war das Elki geschlossen, aber zu Jahresbeginn, im Sommer und teilweise im Herbst konnten viele geplante Treffen und Kurse unter den strengen Coronabedingungen durchgeführt werden. Es gab 34 „Offene Treffs“ mit insgesamt 245 Kindern in Kleingruppen. Es gibt die Krabbelgruppe, Zwergengruppe und die Spielgruppe Hand in Hand mit Kindern von 2-4 Jahren. Diese werden von Freiwilligen bzw. von den Mitarbeiterinnen Linde Oester, Elisabeth Schweigl, Simone Wieser und Karin Lamprecht betreut und begleitet. Das Projekt FAMILY SUPPORT, eine Initiative vom Land zur praktischen Unterstützung nach der Geburt, wird vor allem von Elisabeth Schweigl betreut und soll auch auf den Obervinschgau ausgedehnt werden. Erfreulicherweise ist es auch gelungen 13 Freiwillige für dieses Projekt zu gewinnen. Sabine Stefani betreute die Facebook Seite, gestaltete den Veranstaltungskalender und das Programmheft, macht Übersetzungen und führte auch Kurse durch. Bei den verschiedenen Kursen beteiligten sich 189 Personen. Insgesamt wurden 510 ehrenamtliche Arbeitsstunden durchgeführt. Bei den Kursen und Treffen wurde gespielt, vorgelesen, gesungen, getanzt, gebastelt, Brot gebacken, die Natur entdeckt, Steine bemalt und Yoga gemacht. Sara Passler vom Südtiroler Netzwerk der Eltern-Kind-Zentren bestätigte dem Elki Schlanders, dass ein ambitioniertes und vielfältiges Programm durchgeführt wird. In Grußworten meldeten sich auch verschiedene Ehrengäste: Monika Wielander (Gemeindereferentin), Manuela Ortler (Leiterin der Bereiche Kinder und Jugendliche in der Bezirksgemeinschaft), Ivan Runggatscher (VKE Schlanders), Rosmarie Santer (Bildungsausschuss) und Ghazali Youness (Verein für Kommunikation). Carmen Januth moderierte die Mitgliederversammlung. (hzg)

Montag, 15 März 2021 13:52

Jugend: Jugendtreff Tschengls

Der Jugendtreff in Tschengls ist seit 2004 geöffnet und befindet sich in der Sportzone von Tschengls. Vom Eingangsbereich aus kommt man direkt in den offen und hell gehaltenen Aufenthaltsraum, welcher mittels Schiebetür in zwei separate Bereiche geteilt werden kann. Außerdem ist der Treff mit einer kleinen Kochnische, einen Budel mit Barhockern und zwei Toiletten ausgestattet. Das Goldstück des Treffs ist mit Sicherheit die Terrasse, die zum Zusammensitzen einlädt.

Leider wurde der Treff sowohl durch die monatelange Nichtbenützung aufgrund der Bestimmungen bezüglich Corona, als auch durch mutwillige Verschmutzungen und Zerstörungen ehemaliger Besucher*innen, stark in Mitleidenschaft gezogen.

Nach mehreren Besichtigungen seitens der Bürgermeisterin Verena Tröger, der Vizebürgermeisterin und zuständigen Jugendreferentin Franziska Riedl und der Gemeindearbeiter für die Bestandsaufnahme der Mängel, wurde die Durchführung der nötigen Reparaturarbeiten genehmigt.

Die Arbeiten sind nun weitgehend abgeschlossen und auch einige Neuanschaffungen konnten getätigt werden. Um nur das Wichtigste zu nennen: Schränke und Schubladen sind wieder intakt, das Eingangstürschloss wurde ausgetauscht, die Küche erhielt eine neue Herdplatte, die Mädchentoilette wurde erneut mit einer Tür ausgestattet und eine neue Sitzgarnitur mit Tisch und zwei Bänken für die Terrasse angekauft.

Zurzeit ist der Jugendtreff für alle Jugendliche ab 11 Jahren am Freitag von 18.00 bis 19.30 Uhr und am Samstag von 19.00 bis 20.30 Uhr geöffnet. Für weitere Fragen und Anliegen steht die Jugendarbeiterin Ellen Schuster unter der Tel. 328 558 8131 gerne zur Verfügung. Aktuelle Infos zu Öffnungszeiten usw. finden sich auch auf Facebook (JA Ellen Schuster) und auf Instagram (ja_ellenschuster).

Montag, 15 März 2021 13:51

Jugend: Jung sein in Zeiten der Pandemie

Stell dir vor, du bist 12 Jahre alt...
Du verbringst deinen Tag damit vor einem Bildschirm zu sitzen, in die Gesichter deiner Lehrpersonen zu starren. Im Hintergrund deine Mutter am Handy, sie versucht eine Möglichkeit zu finden, dein kleines Geschwisterchen irgendwo unter zu bringen, um arbeiten gehen zu können. Fußballtraining ist gestrichen, deine Freunde darfst du auch nicht sehen.

Stell dir vor, du bist 15 Jahre alt...
Deine Eltern nerven, die Lehre nervt, die Schule nervt. Alles ist Scheiße. Du versuchst heraus zu finden, wer du bist und was dir gefällt. Du verliebst dich. Du wirst enttäuscht und verliebst dich neu. Du bräuchtest jemanden zum Reden, jemanden, der das gleiche erlebt. Niemanden aus deiner Familie. Du bräuchtest deine Freunde.

Stell dir vor, du bist gerade volljährig geworden...
Endlich 18. Du hast so lange darauf gewartet, planst deine Fete schon lange. Du willst mit dem Führerschein beginnen, die Fahrstunden werden immer wieder verschoben. Du möchtest ausgehen, mit Freunden feiern, dich austesten. Du willst dem Türsteher deinen Ausweis hinhalten, mit einem Grinsen im Gesicht. Du hast keinen Bock mehr auf Bier in einem kalten Keller, zu hoffen, nicht erwischt zu werden.

Stell dir vor, du bist Anfang 20...
Bist gerade von zuhause ausgezogen, willst deine Unabhängigkeit. Das Geld ist knapp. Mal darfst du zur Arbeit, mal nicht. Deine Vorgesetzten wissen nicht, wie es weitergeht. Aufträge fehlen, Personal muss eingespart werden. Du machst dir Sorgen, fragst dich, wie deine Zukunft aussehen soll.

Immer wieder höre ich den Satz „als wir noch jung waren, das waren noch Zeiten“, meistens, wenn sich Erwachsene mit Freunden von früher darüber unterhalten, was sie denn alles miteinander erlebt und gesehen haben. Wehmütig wird der vergangenen Jugend gedacht, fast nachgetrauert. Schöne Momente, lustige Momente, spannende und aufregende Momente, aber auch blöde und ernste Momente.
Ich wünsche auch der Jugend von heute, dass sie trotz der schwierigen Zeit, später einmal mit dem gleichen Gesichtsausdruck an ihre jungen Jahre zurückdenken kann. So wie es auch wir machen.

Sylvia Pinggera, Jugendarbeiterin


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