Die Vinschger Marille größte Leidtragende der Frühjahrsfröste

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Von der Blüte bis zur Ernte bleibt die Vinschger Marille eine empfindliche und sensible Frucht Von der Blüte bis zur Ernte bleibt die Vinschger Marille eine empfindliche und sensible Frucht

Vinschgau

von Christine Weithaler

Heuer reduzierten die frühe Blüte und das kalte, regnerische Wetter sowie die Fröste zur Blütezeit die Erntemenge der Original Vinschger Marille stark. Anstatt der 150 bis 200 Tonnen der letzten Jahre können die Bauern nur 30-40 Tonnen der Original Vinschger Marille pflücken. Das entspricht lediglich 30% einer normalen Ernte. Für die Bergmarillen (Goldrich und Orangered) wird eine Ernte von 110 Tonnen erwartet, ein Rückgang von 10%. Hoffend auf ein stabiles und trockenes Wetter während der Ernte, rechnen die Genossenschaften mit einer guten Qualität. Die Haupternte beginnt Mitte Juli und endet Mitte August. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit ist die Original Vinschger Marille in diesem Jahr nur in den Detailgeschäften der Vinschger Genossenschaften erhältlich und es werden keine Reservierungen angenommen. Zum Fest - Marmor&Marillen am 03.-04.08. in Laas wird VIP mit den Bergmarillen, sowie mit zum Zeitpunkt des Festes verfügbaren saisonalen Produkten präsent sein. Jedoch wird es kein Verkauf der Original Vinschger Marille geben, so Kurt Ratschiller, Vertriebsleiter VIP.

„So wenig Original Vinschger Marillen weiß ich noch nie“, sagt Roland Platzgummer, Bauer am Schlanderser Nördersberg, „viele fallen jetzt noch vor der Ernte.“
Die Vinschger Marille ist eine schwierige, launische Frucht. Von der Blüte, im Wachstum bis hin zum Pflücken, ist man erst der sicheren Ernte gewiss, wenn die Marille veredelt ist.

Die Blüte der Marille ist nach oben hin leicht geöffnet, dadurch kann Flüssigkeit in den Hohlraum eindringen. Sinkt die Temperatur ab, gefriert die Flüssigkeit und die Blüte wird sozusagen gesprengt. So kann eine Frostberegnung, wie bei der Apfelblüte, nur experimentell eingesetzt werden.Der Frost ist nicht nur in der Blütezeit gefährlich. Die Zellen der Frucht speichern Wasser, welches bei kalten Temperaturen gefrieren kann. Je größer die Frucht desto anfälliger ist sie für den Frost. Ausschlaggebend ist die Dauer der Kälte. Es können auch nur leichte langanhaltende Minusgrade die Marille schädigen und sie fällt folglich ab.
Die Vinschger Marille befruchtet sich selbst. Pollen und Stempel befinden sich in einer Blüte. Das ist eine Besonderheit. Es genügt ein Windhauch. Aber nicht nur deshalb ist Wind in der Blütenzeit von Vorteil. Die Luftzirkulation ist anders, die Temperatur schwankt weniger, die Luftfeuchtigkeit ist relativ nieder, die Luft ist trockener und somit sinkt die Frostgefahr. Die anderen Sorten benötigen Pollen von außen um den Stempel in der Blüte zu bestäuben, sie werden z.B. durch Bienen fremdbefruchtet.

Ist der Baum der Vinschger Marille ausreichend mit Nährstoffen versorgt, reguliert er die Fruchtmenge selbst. Das heißt, er lässt so viele Früchte fallen, bis er eine Anzahl trägt die er bis zur Ernte hin versorgen kann. Ist er unterversorgt fehlt diese intelligente natürliche Ausdüngung. Die neuen Marillensorten haben diese Fähigkeit nicht. Sie behalten die Früchte die sie tragen, auch wenn der Baum dadurch eingeht. Abhilfe schafft da eine händische Ausdüngung.

Die Ernte ist jedes Jahr eine Herausforderung. Bei Schönwetter reift die Vinschger Marille schnell nach, platzt bei Regen relativ schnell auf und fällt leicht zu Boden. Dafür ist sie resistenter gegen Krankheiten wie die neuen Sorten. Der unverkennbare Geschmack der Vinschger Marille entwickelt sich erst im letzten Stadium der Reife. „Man müsste sie fangen wenn sie fällt“ so der Bauer: „das wäre der ideale Zeitpunkt für Reife und Qualität“. Sie braucht kurze Verkaufswege. Der Großteil der Kunden achtet auf eine schöne Farbe und Form, auf die Makellosigkeit, Größe der Frucht und den Preis. Dort punkten die neuen Sorten. Auch in der Ernte. Diese reifen nach dem Pflücken noch nach und können länger gelagert werden.

Das erste Halbjahr ist arbeitsintensiver. Ein weiterer Arbeitsschritt ist der Baumschnitt im Frühjahr vor der Blüte oder nach der Ernte. Ausschlaggebend ist ob man den Baum eng und schlank, oder nieder mit breitgefächerter Krone halten will. Abzusehen ist, wie der heurige Ernteausfall sich auf das Wachstum der Bäume auswirkt. Der Baum hat einen Energieüberschuss, investiert diesen in Äste und Triebe. Der nachfolgende Schnitt will wohl bedacht sein damit der Wachstum nicht im Wuchern ausartet.

Die Vinschger Marille ist sehr anfällig für äußere Einflüsse. Ein einzelnes Gewitter kann die gesamte Ernte zerstören. Die Marille erlaubt keine Fehler in der Handhabung bei der Ernte und Weiterverarbeitung zu Marmelade, Sirup, Schnaps, Likör uvm. So brauche es das ganze Jahr die Aufmerksamkeit und Pflege des Bauern, der Bäuerin und die Wertschätzung dessen seitens der Konsument:innen.

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