Spezial-Bauen&Sanieren: Wohnen ist ein Recht, kein Geschäftsmodell

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„Initiative Drususkaserne“ hinterfragt den aktuellen Bebauungsplan des Kasernenareals in Schlanders

von „Initiative Drususkaserne“

Spätestens seit das Areal der ehemaligen Kaserne „Drusus“ in Schlanders 2013 von der Gemeinde erworben wurde (Kaufpreis etwa 2Mio. € für 3 ha), beschäftigt sich die Schlanderser Gemeindeverwaltung intensiv mit der Frage: Was tun mit diesem nun verfügbaren Areal, das in bester Lage zwischen der Fraktion Kortsch und dem Dorfkern, und in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs liegt? Um diese Frage zu beantworten, wurde 2011 zunächst ein Bürgerbeteiligungsprozess eingeläutet, d.h. Bürgerinnen und Bürger konnten aktiv Ideen in den Workshops vorbringen und diese in Gruppen ausarbeiten, auch Fragebögen an die Bevölkerung kamen zum Einsatz. 2017 beauftragte die Gemeindeverwaltung die DeA GmbH aus Rom, welche die internationale Ausschreibung der Gemeinde gewonnen hatte, mit der Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie. Die Studie wurde im Herbst 2018 dem damals amtierenden s36_Palazzina-Comando_Erich-GasserGemeinderat vorgestellt: Sie sieht allem voran den Abriss von drei der vier Gebäudekomplexe, welche das Exerzierfeld umrahmen, sowie die Terrassierung des Geländes vor.
Das derzeit im Gemeindebesitz befindliche Gelände soll in drei Phasen von je fünf Jahren Schritt für Schritt an private Investoren veräußert werden, um Wohnraum und Gewerbegebiet zu schaffen. Ein verschwindend kleiner Teil der Fläche soll in öffentlicher Hand bleiben und in einen Park bzw. „Boulevard“ umgestaltet werden. Im Rahmen der Gemeinderatssitzung vom 18. November 2021 wurde der Plan (einsehbar auf der Website der Gemeinde) für diese öffentlichen Flächen vorgestellt. Nun, am 18. Januar, hat der Gemeindeausschuss den Beschluss gefasst, die erste der drei Phasen zur Veräußerung des Areals an Investoren einzuleiten. Doch gibt es eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, welche sich intensiv mit dem Projekt beschäftigt hat, und einige kritische Fragen stellt.

 

Leistbares Wohnen
Leistbares Wohnen und Nachhaltigkeit? Was steckt hinter diesen Schlagworten des Durchführungsplanes?
Das Thema, welches den Südtirolerinnen und Südtirolern mehr denn je unter den Nägeln brennt, ist sicher das Leistbare Wohnen. Als Lösungsansatz werden derzeit meist nur der soziale und der geförderte Wohnbau, bzw. Wohnbau für Ansässige und mit Preisdeckelung, vom Land vorgesehen. Diese werden zum Teil so kostengünstig und komfortabel als möglich, aber oft nicht unter ökologischen Aspekten realisiert. Die Gemeindeverwaltung sieht vor, dass neben dem geförderten und dem sozialen Wohnbau ein neues Konzept, das Leistbare Wohnen, im Kasernenareal umgesetzt wird. Für dieses propagierte Leistbare Wohnen gibt es derzeit noch kein klares Konzept oder definierte Richtlinien. Die Landesregierung arbeitet zwar an einem entsprechenden Gesetzesentwurf, jedoch ist eine Veräußerung des Areals an private Investoren unter diesen Umständen sehr problematisch. Sollten die Wohnungen mit Preisdeckelung nur zum Verkauf stehen, und nicht dem Mietmarkt zugeführt werden, entgeht sehr vielen Menschen wieder die Hoffnung auf bezahlbaren Wohnraum.

 

Nachhaltigkeit
Ein weiterer Punkt ist der Nachhaltigkeitsaspekt des Plans. So soll ein „autofreies“ Quartier entstehen. Doch ist ein Quartier tatsächlich autofrei, wenn Autos nur in die vorgesehenen Tiefgaragen verschoben werden, sich also ebenso im Quartier befinden, aber eben unterirdisch?
Wie nachhaltig ist ein Plan, der den Abriss von Gebäuden vorsieht, die aus hiesigen Materialien gebaut wurden? So bestehen die Kasernengebäude aus bis zu 60 cm dicken Mauern, gebaut aus Steinen des Schlanderser Sonnenbergs, die mühsam von Ansässigen transportiert wurden. Eine der Fassaden der Gebäude (jenem Richtung Bahnhofsallee) wurde mit kostbarem hiesigen Marmor geziert. Diese Materialien verleihen dem Ort eine besondere Qualität und eine einmalige Authentizität, die nun aber leider vom Abriss bedroht wird.

s36_Palazzina-Tagliamento-esterna_Caterina-LarucciaNachhaltigkeit“ in modernen Bauprozessen
Wenn es ums Thema nachhaltiges und energieeffizientes Bauen geht, dann ist in Südtirol die KlimaHaus Agentur das anerkannte Kompetenzzentrum, welches seit 2002 eine Reihe von Standards und verschiedene Gebäudezertifizierungen entwickelt hat. Doch wie bei allen hoch komplexen Themen, ist es schwierig diese auf ein reines Zertifikat zu reduzieren.
Um wirklich von nachhaltigem Bauen sprechen zu können, müssen wir den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes betrachten. So ist es nicht zielführend, nur die Energie während der Lebensdauer einzusparen, auch die sogenannte graue Energie gilt es zu reduzieren, d.h. jene Energie, welche benötigt wird, um Materialien zu gewinnen – bis hin zum Transport und Einbau der verschiedenen Gebäudeteile und schlussendlich bis zur Entsorgung. Nicht umsonst wird Zement, welcher für die Betonherstellung benötigt wird, als leiser Klimakiller bezeichnet. Die weltweite Zementproduktion verursacht geschätzt 8 % der globalen CO2-Emissionen. Dies ist nur ein Beispiel von vielen.
Auch bei der Entsorgung können viele Materialien signifikante ökologische Probleme bereiten. Steinwolle kann z.B. weder sinnvoll recycelt noch verbrannt werden und landet am Ende seines Lebenszyklus als Sondermüll in entsprechenden Endlagern.
Die Entwicklung einer dynamischen Baukultur, die die sich häufig verändernden Familiensituationen und Bedürfnisse von wechselnden Generationen berücksichtigt, muss Ziel jeder Bauentwicklung in den Gemeinden sein, ebenso wie die Umwandlung von Leerstand in Nutzraum mit Erhalt von bestehenden Freiflächen.

 

Fazit
Wie nachhaltig kann es unter oben erklärten heutigen Baubedingungen sein, alte, mit lokalen Materialien errichtete Gebäude, mit solchen zu ersetzen, welche mit sehr schwer entsorgbaren Materialien aus allen Erdteilen erbaut werden?
Das Areal der Drususkaserne bietet sicherlich eine große Chance, viele Lösungsansätze auf die Herausforderungen unserer Zeit zu liefern, aber genauso viele Möglichkeiten Wege zu gehen, welche für einige Wenige wirtschaftliche Vorteile bringen, aber nicht zu Ende gedacht wurden. Die „Initiative Drususkaserne“ möchte daher alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Schlanders dazu motivieren, sich zu informieren, Bedarf und Bedürfnisse aufzuzeigen, Anregungen und Kritiken mitzuteilen, gerne an die Mailadresse der Initiative:
idrukas@gmail.com

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