„Der gesamte Vinschgau soll als Trockenzone ausgewiesen werden“

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Werner Perkmann ist Bauer am Unterratschillhof und Obmann des Bodenverbesserungskonsortium St. Martin im Kofl Werner Perkmann ist Bauer am Unterratschillhof und Obmann des Bodenverbesserungskonsortium St. Martin im Kofl

St. Martin im Kofel/Vinschgau - Der Wassernutzungsplan ist auf Schiene. Viele Bauern sehen große Einschränkungen beim Beregnungswasser wegen der vorgeschriebenen Restwassermengen. Es soll mit der Ausweisung von Trockenzonen Ausnahmen geben. Der Vinschgerwind hat beim Bergbauer  Werner Perkmann nachgefragt.

Vinschgerwind: Herr Perkmann, der Wassernutzungsplan ist beschlossene Sache. Nun geht es noch darum, Trockenzonen im Lande zu definieren. Sie leben ausschließlich von der Bewirtschaftung des Unterratschillhofes auf St. Martin im Kofel. So wie es derzeit ausschaut, ist ihr Hof in einem Feuchtgebiet. Ist das so?

Werner Perkmann: (lacht) Der Unterratschillhof liegt mitten im Vinschger Sonnenberg auf 1300 Meter. Wir haben teilweise Temperaturen wie in der Talebene. Die Sonneneinstrahlung ist extrem. Die Trockenbewässerung auf unserem Hof geht 500 Jahre zurück. Wir haben ein Bächlein, welches bis zu 1,5 Sekundenliter Wasser schüttet. Laut derzeitigem Wassernutzungsplan müssten wir 2 Sekundenliter Restwasser abgeben. Wir könnten nicht einmal mehr den Garten bewässern. Die Beamten können in ihren Büros fein sitzen und den Zirkel schwingen, aber die wissen nicht einmal, wieviel Wasser unser Bächlein schüttet!

Vinschgerwind: : Sie sind Obmann des Bodenverbesserungskonsortiums St. Martin im Kofel und als solcher, Mitglied im Delegiertenrat des Landesverbandes der Konsortien. Was läuft da schief mit dem Wassernutzungsplan?

Werner Perkmann: In ganz Italien gibt es 600 eingetragene Gewässer, davon kommen 200 aus Südtirol. Bei uns ist jedes kleine Bächlein eingetragen und jedes soll Restwasser schütten. Das ist einfach absurd! Der Vinschgau ist eines der trockensten und niederschlagsärmsten Täler weit über den Alpenbogen hinaus. Und hier zwei mickrige Trockenzonen vorzusehen, das ist zum Lachen. Mir hat bis heute kein Beamter und kein Politiker erklärt, wie man in einem Trockengebiet ohne künstliche Bewässerung die Landwirtschaft aufrechterhalten kann.

Vinschgerwind: Wassersparen auch beim Beregnen ist an sich nichts Falsches.

Werner Perkmann: Der Grundgedanke ist falsch. Wir Bauern haben gelernt, im Einklang mit der Natur zu leben. Über 500 Jahre werden die Felder bewässert und in dieser Zeit kleine Wasserläufe trockengelegt. Das ist der Lauf der Natur. Die grünen Wiesen am Sonnenberg imponieren. Man kann aber auch sehen, dass die Höfe leben. Aber man sieht auch verlassene Höfe am Sonnenberg, weil sie ohne Wasser geblieben sind.

Vinschgerwind: Es gibt die Idee auf Basis einer EURAC-Studie von 2011 zwei Trockenzonen am Vinschger Sonnenberg auszuweisen. Eine am Laaser und eine am Kastelbeller Sonnenberg. Welche Trockenzonen gibt es Ihrer Meinung nach, etwa im Vinschgau?

Werner Perkmann: Mit 400 bis 600mm durchschnittlichen Niederschlag ist der gesamte Vinschgau Trockenzone. Wir sind das trockenste Gebiet. Ohne künstliche Bewässerung geht’s nicht, das haben schon unsere Vorfahren vor 800 Jahren verstanden und haben Waale gebaut. Das ist am Sonnenberg, genauso am Nördersberg und auch in der Talsohle. Wenn’s nicht regnet, dann muss bewässert werden.

Vinschgerwind: Es gibt ja wasserreiche Täler wie das Martelltal, da dürften die Trockenzonen keine Rolle spielen?

Werner Perkmann:: Dem ist nicht so! Der Marteller Sonnenberg ist genauso ein Gebiet, das vom Wasser nicht so gesegnet ist wie das restliche Tal. Dort sind die Bauern auf das Wasser des Saugbaches angewiesen, wobei es heute schon kaum mehr für die Trockenbewässerung reicht. Und dann verlangen unsere Beamten in Bozen, dass dort die Bauern das Wasser, das Sie schon 100erte Jahre für Trockenberegnung nutzten, Restwasser zu garantieren, das dann die Alperia bei Morter in den Stollen leitet, um im Kastelbeller Kraftwerk daraus Strom zu gewinnen. Das kann es einfach nicht sein. Das ist haarsträubend. So nicht, liebe Landesregierung.  Oder sollen morgen die Marteller Bauern vom Sonnenberg das Wasser von der Plima, mit „Kübl“ hinauftragen oder sogar mit einer neuen Leitung hinauf pumpen? Soll morgen das der neue grüne nachhaltige Umweltschutz sein?

Vinschgerwind: Sie sind mit der heutigen Politik unzufrieden?

Werner Perkmann: Ja! Dass die Beamten, uns als die größten Umweltsünder darstellen ist noch nachvollziehbar. Von der Berglandwirtschaft verstehen Sie gleichviel, wie eine Kuh vom Sonntag. Sie sitzen in einem fein klimatisierten Büro, wo Sie von der Sommerhitze und dem vielen Niederschlag im Vinschgau nichts mitbekommen. Aber dass unsere Landesregierung unter dem Deckmantel der Restwassermengen, uns Bergbauern das Wasser nehmen willl, um mehr Strom zu produzieren, ist einfach nur der Hammer. Liebe SVP, schämt euch dafür!

Vinschgerwind: Was ist Ihr Vorschlag an die Landesregierung?

Werner Perkmann: Mein Vorschlag ist ganz einfach: Der gesamte Vinschgau soll als Trockenzone eingetragen werden und alle Bäche unter 50 Sekundenliter sollen von den Restwassermengen befreit sein, ausgenommen jene für die Stromproduktion. 

Interview: Erwin Bernhart

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