Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Valentin, 14. Februar 2020
Der bevorstehende Frühling ist Balz- und Brutzeit für viele Vogelarten. Besonders bei den Haushühnern setzt der Bruttrieb oft zeitlich früh ein, wenn die Tageslänge wieder zunimmt und die Sonnenscheinstunden am Hühnerstall das Anschwellen der Eierstöcke in den Hennen aktivieren. Bei manchen nicht nur auf die Hochleistung von bis zu 320 Eiern pro Jahr gezüchteten Hühnerrassen wie beispielsweise den Chinesischen Seidenhühnern ist der Bruttrieb noch ausgeprägt.
Artgerechte Hühnerhaltung mit Freilauf und Scharrraum, fernab von engen Drahtkäfigen liegt im Trend. Eine steigende Zahl von Menschen, welche im ländlichen Raum über eine geeignete Grünfläche verfügen, halten Hühner und werden zu Selbstversorgern mit Hühnereiern und -fleisch. Hühner werden als Nutztiere und zum Hobby gehalten. Heute gibt es eine große Zahl von Hühnerrassen und Zuchtformen. Allein in Deutschland gibt es 182 standardmäßig erfasste und offiziell anerkannte Rassen.
Abstammung und Verbreitung
Das asiatische Bankivahuhn ist der Stammvater unseres Haushuhnes. Es wurde in seiner Heimat schon in sehr früher Zeit zum Haustier. Bereits im 14. oder 15. Jahrhundert vor Christus führte man Haushühner aus Indien nach China aus. Auch die alten Ägypter hielten Haushühner und ließen sie bereits künstlich erbrüten, was die Chinesen gleichfalls getan haben. Von Ägypten sind Haushühner auch bald in die südeuropäischen Länder gelangt. Im Alten Testament werden sie noch nicht erwähnt, in Griechenland gab es aber schon im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. Haushühner, und bei den Römern erfreuten sich die heiligen Hühner besonderer Verehrung. Auch zu den Germanen und Kelten kamen die Haushühner schon Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung. Nach Amerika gelangten sie mit den weißen Eroberern.
Weltweit gibt es ca. 8.700 Vogelarten, davon gehören 263 zu den Hühnern. Hühner sind Nestflüchter: Sie werden mit offenen Augen geboren, sind bei der Geburt bereits mit Daunen befiedert und laufen und fressen schon wenige Stunden nach dem Schlupf. Neben Naturbruten eignen sich die Haushühner deswegen auch gut für Kunstbruten im Inkubator und Aufzucht mit Ammenglucken. Haushühner können für das Naturverständnis von Kindern und die artgerechte Tierethik von uns Erwachsenen eine bedeutsame erzieherische Rolle spielen.
Biophilie
Die Biophilie ist die Liebe des Menschen zur Natur. Der Psychoanalytiker Erich Fromm hat 1964 diesen Begriff geprägt. Unlängst durfte ich auf Einladung für die Schülerinnen und Schüler der ersten Klassen an der Mittelschule Glurns einen Vortrag über Hühnervögel halten. Zum Vortrag habe ich meine handzahme Ammenglucke der Rasse Ayam Cemani mit 10 Küken mitgenommen, welche fünf Tage vorher geschlüpft waren. Die große Freude und Begeisterung der Schüler und Lehrpersonen waren für mich ein bestätigendes Erlebnis: Dass sich Kinder extrem für Tiere interessieren, ist so allgemeingegenwärtig, dass man kaum darüber nachdenkt. Der Wiener Verhaltensbiologe Prof. Kurt Kotrschal schreibt in seinem 2019 erschienene Buch „Mensch. Woher wir kommen, wer wir sind, wohin wir gehen“ zur Tierliebe von Kindern u.a. folgendes: „Ein Besuch in der Kinderabteilung jeder Buchhandlung lässt den Verdacht aufkommen, der große deutsche Biologe des 19. Jahrhunderts, Ernst Haeckel, habe recht mit seiner Vermutung, dass die Individualentwicklung in groben Zügen die stammesgeschichtlichen Entwicklung wiederholt. Es gibt nämlich kaum tierfreie Bücher für Kleinkinder, die gibt es in der Regel erst für ältere Kinder. … Der Büchermarkt bildet damit die regelhafte Entwicklung der mentalen Repräsentationen von Tieren vom Kleinkind bis zum Erwachsenen ab, den Wandel von Vorstellungen von Kindern während des Heranwachsens. Meist sind auch die ersten interpretierbaren Laute der über Einjährigen tierbezogen. ,Miau´ oder ,Wauwau´ stehen als erste Worte in starker Konkurrenz mit ,Mama´ und ,Tata´.“
Vom Wert des Erzählens
Die Hühnerbilder auf diesen Seiten mögen Müttern, Vätern, Großeltern ein Impuls zum Erzählen oder noch besser Erleben von Tieren sein. In Zeiten des rasant ablaufenden Artenschwundes wegen der Zerstörung, Veränderung, Verkleinerung, Verinselung von Lebensräumen für Wildtiere ist die Förderung einer schon in unseren Kleinkindern grundgelegten Werthaltung gegenüber den Pflanzen und Tieren ein sehr wertvoller erzieherischer Beitrag zur Universalie Biophilie und in Zukunft vielleicht ein Mosaikstein zu einer Überlebensstrategie.
Noch eine Bitte: Schaffen Sie sich Kumpantiere nur an, wenn sie diese auch artgerecht betreuen können und dauerhaft betreuen wollen!
Der Schlupfakt
Die Brutdauer von Haushühnern dauert 21 Tage. Die Bruttemperatur beträgt 37,9° C, die Luftfeuchtigkeit 60-70%. Am 19. Bruttag setzt beim Küken die Lungenatmung ein. Dann liegt sein Schnabel in der Luftblase am stumpfen Ende des Eies. Der Luftvorrat darin ist so klein, dass die Luftqualität durch den Sauerstoffverbrauch immer kleiner und der Kohlendioxidgehalt aus der Atmung immer größer wird. Das Küken reagiert darauf mit heftigen Bewegungen der Nackenmuskulatur und schlägt mit dem Eizahn am Oberschnabel ein Loch in die Eischale. Der Schlupf eines Vogels nach seiner extrauterinen Entwicklung im Ei (Säugetiere intrauterin) ist ein anstrengender mehrstündiger Kraftakt, der auch tödlich enden kann. Erst während der letzten Stunden der Brut saugen die Küken über den Nabel den Dotterrest in die Bauchhöhle ein und die Bauchdecke wächst zu.