Mittwoch, 18 April 2012 00:00

Nationalpark Stilfserjoch:Turbobeschleunigt Folgen des Klimawandels in der Land- und Forstwirtschaft

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Zeno, 12. April 2012

DSC_7233Im Dezember 2011 ist von der EURAC-Bozen der 1. Klimareport Südtirol publiziert worden. Die vorausgehende Forschung und Recherche sowie die Publikation der Ergebnisse sind das Ergebnis der Zusammenarbeit der Eurac-Institute „Angewandte Fernerkundung“, „Alpine Umwelt“,  „Regionalentwicklung und Standortmanagement“ und „Public Management“ mit verschiedenen Landesämtern der Autonomen Provinz Bozen Südtirol sowie mit Verbänden und Unternehmen.
In der Nummer 5/2012 dieser Zeitung, am 8. März d. J. erschienen, hatte ich über den Gletscherschwund und die Verknappung der Wasserreserven in Südtirol und im Alpenbogen als eine der augenfälligsten Folgen des Klimawandels berichtet.
In der heutigen Ausgabe möchte ich einige weitere absehbare Folgen des Klimawandels zusammenfassen.

Beschleunigung in den Alpen
Vorweg sei daran erinnert, dass die Alpen im weltweiten Vergleich besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. So fiel die Erwärmung im Alpenraum in den letzten 100 Jahren mit +2° C doppelt so hoch aus als im europäischen Durchschnitt.

Der Klimawandel findet auch in Südtirol statt
Die Wissenschaftler der EURAC haben anhand von unterschiedlichen Klimaszenarien berechnet, dass die Jahresdurchschnittstemperatur in Südtirol bis zum Jahre 2050 um mindestens +1,2°C im Falle von optimistischen Szenarien bis maximal +2,7°C im Falle von pessimistischeren Szenarien ansteigen wird.
Der Klimawandel wird Auswirkungen haben auf verschiedene Lebensbereiche und Wirtschaftssparten so auf: Umwelt und Gesellschaft, Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturgefahren, Tourismus, Gesundheit des Menschen.

DSC_5420Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt
Der Gehalt an Kohlendioxyd als Treibhausgas in der Erdatmosphäre steigt durch die menschlichen Aktivitäten kontinuierlich an und hat Auswirkungen auf das Klima:
•    Lufttemperatur steigt.
•    Geringere Mengen an Schneefall im Winter. Die Dauer der Schneebedeckung nimmt ab.
•    Permafrostböden tauen auf.
•    Die Häufigkeit von Steinschlag nimmt zu.
•    Die durch Verdunstung abgedampfte Wassermenge nimmt zu.
•    In der Niederschlagsverteilung über das Jahr wird weniger Wasser als bisher im Sommerhalbjahr und mehr im Winterhalbjahr und damit außerhalb der Vegetationszeit fallen.
•    Die Niederschlagsereignisse mit großer Regendichte nehmen zu, entsprechend häufen sich auch die Hochwasser-Ereignisse. Und es kommt verstärkt  zu Murabgängen.
•    Die natürliche Vegetation verändert sich in der Zusammensetzung der Arten.
•    Es kommt zu einer Verfrühung in der Phänologie der Pflanzen und zu einer Verlängerung der Wachstumsperiode.
•    Die Schäden an den Kultur- und Wildpflanzen durch Schädlinge und Trockenheit werden zunehmen.

DSC_5416Die Folgen des Klimawandels in der Landwirtschaft
•    Obst- und Weinbau werden in höheren Lagen möglich.
•    Austrieb, Blüte und Ernte rücken zeitlich um bis zu drei Wochen nach vorne.
•    Der Bedarf an künstlicher Bewässerung wird bei sinkendem Wasserangebot steigen. Das Konfliktpotential unter den verschiedenen Wassernutzern wird steigen.
•    In der Grünlandwirtschaft der Mähwiesen wird der Ertrag auf  der Fläche zunehmen, ebenso aber auch die Gefahr  von Trocken- und Dürreschäden, dort wo die Möglichkeit zur  Zusatzbewässerung fehlt.
•    Die Gefahr von Schädlingsbefall nimmt zu.
Die Folgen des Klimawandels in der Forstwirtschaft
•    Die Gefahr von direkten Trockenschäden oder indirekten Schäden durch Schädlingsbefall nimmt zu. Die Fichte ist mit 61 % Holzanteil am Waldaufbau die dominierende Baumart in den Südtiroler Wäldern. Und die Fichte ist gegen Trockenheit besonders anfällig.
•    Langfristig ist ein Anstieg der Baumgrenze möglich.

Wildtiere und Klimawandel
Beispiel Steinbock: In den letzten 10 Jahren hat der Anteil der Kitze mit einem Alter bis zu einem Jahr an der Gesamtpopulation von Steinwild im Nationalpark Stilfserjoch von 32 auf 17 % abgenommen! Der Rückgang ist nicht durch den Auftritt einer Krankheit oder Seuche bedingt. Im Nationalpark Gran Paradiso in Aosta und Piemont ist die Steinwildpopulation im gleichen Zeitraum von 4.500 auf 2.800 Individuen geschrumpft. Kanadische 033C1Wissenschaftler registrieren in den Bergen Nordamerikas ebenfalls ein verstärktes Verenden von Lämmern des Schneeschafes, ohne das eine Wildkrankheit grassiert.  Unsere bisherige Arbeitshypothese zur Erklärung des erhöhten Kitzsterbens beim Steinwild ist folgende: Der Austrieb der Pflanzen in den alpinen Rasengesellschaften oberhalb der Baumgrenze ist durch die Erderwärmung und den Klimawandel um bis zu drei Wochen nach vorne gerückt. Wenn die Steingeißen die Kitze setzen, hat das Gras als Nahrungsgrundlage für den reinen Pflanzenfresser Steinwild das Optimum seines Nährwertes bereits überschritten. Verringertes Nährstoffangebot in den Futterpflanzen bewirkt die Produktion von magerer Muttermilch. Und magere Muttermilch bedingt erhöhtes Kitzsterben.  Auswirkungen des Klimawandels auf die Großtiere gibt es also offenbar nicht nur in der  Polarregion, wo der Eisbär bei abschmelzendem Eis erfolgloser als bisher auf Robbenjagd geht, sondern auch vor unserer Haustür in den Bergen der Alpen.

Bildernachweis: Gianfranco Schieghi (1), Wolfgang Platter (3)

Nationalpark Stilfserjoch

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 3344 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 6-25

titel Vinschgerwind 5-25

titel vinschgerwind 4-25

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.