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Dienstag, 26 September 2017 09:26

Jacques Guidon - Vielseitiger Künstler aus dem Unterengadin

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s36 Eva Guidon Wielander Jacques Guidon G. Bodini„Jacques Guidon ist ein großer Mann, nicht nur physisch, sondern auch als Mensch, als Künstler, Kritiker und Rätoromane“, so die Charakterisierung bei einer Ausstellungseröffnung im letzten Jahr zu seinem 85. Geburtstag. Seine Vorfahren stammen von den Hugenotten, den französischen Protestanten ab und haben sich im 18. Jahrhundert in Graubünden niedergelassen. Sein Großvater, der ebenfalls Jacques hieß, war Pastor.

1931 in Zernez geboren, verbrachte er die Kindheit auf einem Bauernhof. Die romanische Sprache, die Verbundenheit mit der Natur und die bescheidene Lebensweise haben ihn geprägt. Nach dem Studium war er bis zu seiner Pensionierung 30 Jahre lang Primar- und Sekundarlehrer. Sein ganzes Leben lang aber war er Maler, Zeichner, Bildhauer, Schriftsteller, Satiriker, Lyriker, Karikaturist, Übersetzer, Theaterautor, Zeitungsmacher und Erwachsenenbildner. Er engagiert sich für die kulturellen und sprachlichen Minderheiten, ist ein Kämpfer gegen das Profitdenken und ein leidenschaftlicher Hüter und Wahrer der engadinischen und bündnerischen Landschaft. Als Künstler ist er vielseitig begabt und hat ein umfangreiches künstlerisches Werk geschaffen. Als Künstlerpersönlichkeit ist er hochgebildet, weitgereist und weltgewandt, ein stiller, nachdenklicher und hochsensibler Mensch. Guidon ist einerseits ein Ruheloser, ein Mann von unübersehbarer physischer und stimmlicher Präsenz, ein Streiter im öffentlichen Raum, andererseits ein Suchender, ein Zweifler und Grübler, der sich in sein Atelier zurückzieht, um dort seine leuchtenden, ausdruckstarken Bilder zu malen oder zu schreiben. Bei der heurigen Herbstausstellung auf Schloss Kastelbell sind vor allem Bilder, aber auch Zeichnungen und Grafiken zu sehen. Guidon bezeichnet sich als Autodidakt. Er besuchte viele Malkurse, auch Vorlesungen in Kunstgeschichte und Zeichnen in Zürich und war Gaststudent an der Kunstakademie in München. Die Neugierde und das Interesse an der modernen Kunst führten ihn nach Paris, New York, in die USA, nach Mexiko und Kanada. Prägend war vor allem seine Begegnung mit der Kunst von Augusto Giacometti, Paul Cézanne und Pablo Picasso. Malen ist für Guidon eine Suche nach dem Ursprünglichen, nach inneren Wirklichkeiten und Befindlichkeiten, eine Suche nach dem Archaischen, dem Unterbewussten, dem Geheimnisvollen. Malen ist ein impulsiver, ein kreativer Prozess, ein ritueller, tranceartiger Akt. Guidon malt, knetet, spachtelt und modelliert. So entstehen wuchtige Bilder, energetische Kraftfelder, Farbflüsse, gewaltige Strudel oder kreisende Bewegungen. Es entstehen Farbakkorde: Schwarz mit dunklem Blau, ein flammendes Rot, ein strahlendes Blau oder ein leuchtendes Gelb. Es sind gegenstandslose Bilder, Seelenlandschaften, abstrakte, emotionale und metaphysische Welten. Oft verwendet er große Formate, um dort seine Balken, seine Streifen aufzutragen, die das Verklammerte, das Verblockte, das Massige zum Ausdruck bringen. Es sind kraftstrotzende Bilder mit sanften Pinselstrichen, das leuchtende Gelb, welches das Sinnliche, das Heitere, das Sakrale verkörpert, es sind aber auch schwermütige Bilder mit dicken schwarzen Strichen. Schwarz, Weiß, Gelb, Rot und Blau sind seine Lieblingsfarben und dominieren seine Bilder. Es sind Landschaftsbilder, Seelenbilder, Spiegelbilder seiner Innenwelt. Sie strahlen Ruhe, Gelassenheit und Zufriedenheit aus, aber auch Bewegungen, Aufschreie und Kampfrufe. Es sind Meditationsbilder mit einem schwarzen, dunklen Grundton, der durch Rot, Blau und Gelb belebt wird. Es sind Bilder der Lebensfreude, aber auch der Wut, Trauer und Melancholie.
Heinrich Zoderer

s36 Guidon 1Im Schloss Kastelbell ist vor allem der Maler und Zeichner Jacques Guidon zu sehen. Ausgestellt sind auch einige Aphorismen aus seinem Buch „Quergedanken“ Hier ein paar weitere Aphorismen:
Warum bekommt die Wissenschaft Geld, um etwas herauszufinden, was allen klar ist?
Er arbeitet und arbeitet und lebt so nebenbei.
Der Halbgebildete hat immer eine Antwort. Der Gebildete sucht sie.
Glauben ist einfacher als denken. So glauben viele Menschen, dass sie denken.

 

s36 Guidon 2Seine Denkmuster nehmen in seinem Gehirn einen so großen Platz ein, dass sie das Denken verhindern.
Nicht alles, was die sogenannte Vernunft gebietet, ist notgedrungen auch vernünftig.
Fragen tauchen auf, Antworten vielfach unter.
Fortschritt ist nur dann ein Fortschritt, wenn sein Ziel ethisch ist.
Denkmal – denk mal!
Die moderne Menschheit ist ins Netz der Vernetzung gegangen.
Es werden viele Fragen bloß gestellt, um bloßzustellen.
Es gibt Menschen, die ihre Masken gegen ihr Gesicht ausspielen.

 

Schloss Kastelbell
Herbstausstellung 2017
Jacques Guidon, geb. 1931wohnhaft in Zernez
Bilder, Zeichnungen, Aquarelle, Grafiken
24.09. – 31.10.2017
Di - Sa 14 - 18 Uhr; Sonn- und Feiertage 11-18 Uhr

Weitere Fotos auf der Fotogalerie:

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