Günther Fritz: Selbstverständlich, zumal ich seit meiner Geburt zwischen historischen und denkmalgeschützten Bauten aufgewachsen bin, und weil mir die mittelalterliche Stadt Glurns als Ensemble sehr am Herzen liegt.
Sie leben in einem sanierten alten Bürgerhaus in der Stadmitte. Wie fühlen Sie sich in Ihren historischen vier Wänden?
Ich persönlich fühle mich sehr wohl in meinem Geburtshaus. Das ist immerhin schon 500 Jahre alt. Das Haus hat im Laufe der Jahrhunderte einen eigenen Charakter gebildet, mit Gewölben, Gängen, Ecken und Kanten, die in einem Neubau nie vorkommen. Und inmitten eines Ortskernes zu leben, hat seine Vorteile. Ich empfinde es als Vorteil, nahe am Ortsgeschehen zu sein. Das ist sehr reizvoll für mich. Wenn wir Veranstaltungen in der Stadt haben, bin ich immer mitten im Geschehen. Man hat kurze Wege.
In der Stadt Glurns und darüber hinaus tragen einige sanierte Altbauten ihre Handschrift. Auf welche sind sie besonders stolz?
Da fällt mir ein Haus im Zentrum von Glurns ein. Das war eines meiner ersten Werke. Und da haben wir stark mit dem Denkmalamt zusammen gearbeitet. Was mir bei dem Haus rückblickend gut gefällt und was gut gelungen ist, das ist die Kombination zwischen alter und neuer Substanz.
Wie gesagt, bei Altbausanierungen muss man unterscheiden: reden wir von einer Sanierung eines Gebäudes, das 50 Jahre alt ist, oder von einem das 300 Jahre alt ist. Prinzipiell bin ich mit allen meinen Projekten zufrieden.
Welche Herausforderungen sind bei einem denkmalgeschützten Haus zu meistern?
Altbausanierung in Verbindung mit dem Denkmalamt ist, wie ein bekannter Professor kürzlich gesagt hat, die Königsdisziplin bei Sanierungen, weil es darum geht, wertvolle historischen Bausubstanz zu erhalten und mit Gefühl und Respekt an die Sache heranzugehen. Viele Leute schimpfen oft über das Landesdenkmalamt. Aber ich glaube, dass die Verantwortlichen in den letzten Jahren den Zeitgeist erkannt haben. Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass das Landesdenkmalamt sehr kooperativ geworden ist und versteht, dass Leute, die eine historische Substanz sanieren wollen, ein „Zuckerle“ brauchen. Natürlich darf man nicht hergehen und wertvolle Elemente, wie Gewölbe und dergleichen zerstören. Man muss mit Respekt und Liebe zum Detail umbauen und anbauen. Diese Philosophie muss immer ins Konzept einfließen.
Kleine Fenster, dunkle Winkel - wie bekommt man Licht in die Räume?
Dunkle Räume und kleine Fenster, das zählt zu den größten Bedenken und Sorgen der Bauherren. Und es ist dann die Aufgabe des Architekten, mit der Planung Licht einzufangen. Mein Anspruch ist einen maximalen Wohlfühl -Charakter durch Einfall von Tageslicht zu kreieren. Und ich muss sagen, es ist in Verbindung mit dem Denkmalamt schon oft gelungen, Lichtöffnungen zu finden, die effektiv auch was bringen und dem Gesamtbild nicht schaden.
Zum Beispiel?
Ein Beispiel, das ich schnell im Kopf habe ist das Haus, das ich vorhin angesprochen habe. In Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt haben wir es geschafft, an der Nordfassade mehrere Fenster zu bauen, die über zwei Meter hoch sind. Und das ist für das Ambiente phänomenal. Wie gesagt, das Landesdenkmalamt ist sehr kooperativ. Aber eines möchte ich dazu auch sagen: Man darf nicht Raubbau betreiben und auf Teufel komm raus herum basteln. Es gilt nach wie vor, schlüssige Argumente für kleine Veränderungen zu liefern und nachzuweisen, wie effektiv das Ganze ist.
Die Herausforderungen an den Architekten und an die Bauherren?
Da möchte ich nochmals unterscheiden zwischen denkmalgeschützter Substanz und Sanierung eines nicht denkmalgeschützten Hauses. Die Vorgaben sind bei letzterem etwas anders. Es ist einfacher. Doch man muss auch hier mit Respekt an die Sache herangehen. Die Herausforderung beim Umbau ist, dass man an bestehende Situationen gebunden ist. Mit Kreativität und Mut muss man probieren, behutsam in Bestehendes einzugreifen und Neues zu schaffen. Reizvoll bei Sanierungen ist generell, eine gelungene Symbiose zwischen Alt und Neu zu finden. Wobei man vom Grundsatz her sagen kann, sanieren heißt nicht, ich mache beziehungsweise belasse alles genau so wie es ist. Ein Jahrhunderte altes Haus ist im Laufe seiner langen Geschichte immer wieder verändert worden. Die historischen Häuser tragen alle die Handschriften der Menschen aus mehrerer Epochen. Deshalb kann man heutzutage – immer in Respekt vor dem Bestehenden - im gesunden Verhältnis einen neuen modernen Stil dazu bauen.
Wie überzeugen Sie einen Bauherren, eine Bauherrin ein nicht denkmalgeschütztes wertvolles Haus zu erhalten?
Das ist eine sehr knifflige Frage. Primär muss man untersuchen, ob das Objekt, die Substanz erhaltenswert ist. Das hängt von bautechnischen oder dekorativen wertvollen Elementen ab. Man muss dem Bauherren den Wert der alten Substanz näher bringen und ihm das schmackhaft machen. Prinzipiell gilt, dass man einen Bauherren, eine Bauherrin von dem überzeugen muss, was Sinn macht. Mein Credo: Mit den Bauwilligen gemeinsam etwas kreieren und das in einer konstruktiven Auseinandersetzung. Und esfreut mich, wenn sie sich zur Sanierung entschließen. Ich zolle allen viel Respekt für den Mut, für die Energie und für die Liebe zur alten Substanz. Meinerseits bin ich bereit, mein Bestes zu geben.
Wie groß ist generell die Bereitschaft, alte Strukturen zu erhalten?
Die Bereitschaft der Bauherren ist in den vergangenen Jahren sehr gestiegen. Das war nicht immer so. Das Land Südtirol, oder auch die Medien haben in den vergangenen Jahrzehnten wenig Augenmerk auf die Sanierung der alten Bausubstanz gelegt. Deshalb sind sehr viele Neubausiedlungen entstanden. Und es war kaum noch Bereitschaft da, Altes zu sanieren. In den vergangenen paar Jahren haben sich Land, Medien und Gemeinden zum Glück wieder darauf besonnen, zurück in die Ortszentren zu gehen und durch entsprechende Förderungen alte Strukturen zu erhalten. Mitgeholfen haben mittlerweile auch die vielen Beispiele für gelungene Sanierungen in Ortskernen, die beweisen, dass dort bei geschickter Planung die Wohnqualität voll und ganz gegeben ist. Ich stelle fest, dass die Freude am restaurierten Objekt groß ist, wenn eine Transformation von der Vergangenheit in die Zukunft geglückt ist.
Altbausanierung und Wärmedämmung, wie lässt sich das verbinden?
Das ist ein großes Thema. Ich beziehe mich jetzt auf die denkmalgeschützten Gebäuden. Bei denen ist eine Außendämmung nicht machbar. Die Innendämmung ist baubiologisch ein sehr heikles Thema. Viele Anbieter preisen viele Produkte an und es gilt dann auszuwählen, was nicht immer einfach ist. Außerdem wechseln die Materialen wie zum Beispiel Klimahausputz, Dämmplatten immer wieder. Prinzipiell gilt die spezielle Situation zu überdenken und mit dem Techniker, mit dem Bauherrn und mit der Lieferfirma das passende System der Isolierung zu finden.
Altbausanierung und Klimahaus Standard?
Grundsätzlich muss ich ganz ehrlich sagen, dass die Klimahaus Agentur in Südtirol zu einer dominanten Institution aufgeblasen worden ist. Der Grundgedanke vom Klimahaus ist sicher sehr gut, denn es geht darum Energieverluste zu reduzieren beziehungsweise zu vermeiden. Aber in der penetranten Art und Weise wie die Agentur die Sache derzeit vorantreibt, bewirbt und in Gesetzen verankert, ist es eine Zumutung für die geplagten Bauherren. Wir sind in den vergangenen Jahren fast halbjährlich mit neuen Vorgaben überrascht worden und plagen uns damit herum. Ich wiederhole jedoch noch einmal: Vom Grundgedanken bin ich überzeugt. Bei denkmalgeschützten Altbausanierungen hat die Klimahausagentur zum Glück erkannt, dass es nicht möglich ist, diesen Wahn zu betreiben und deshalb sind vorläufig die Bestimmungen akzeptabel, machbar und tragbar. Man muss eine Verbesserung vorher – nachher nachweisen können. Das genügt derzeit. Die Sanierung eines Altbaus jüngeren Datums fällt teilweise unter die neuen Bestimmungen. Und dann wird es kompliziert.
Welches historische Gebäude würden sie gerne sanieren?
Was mich speziell reizen würde, wäre eine Burg, die ich für Wohnzwecke umbauen könnte, so wie es einer meiner Architekten Vorbilder, Werner Tscholl, schon gemacht hat. Das wäre mein Traum.
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