Zwei Jahre später heiratete Maria Katharinas Vater seine Schwägerin Karolina. „Gschaug hobmsi schun af mir, obr ohne Muaterlieb aufwochsen, sel isch hort.“ Vor allem ihre Ziehmutter und Tante hatte Maria Katharina nirgends sicher. Grund war wohl das Versprechen, das sie ihrer Mutter auf dem Sterbebett gegeben hatte, gut für das Kind zu sorgen und es zu hüten. Mit sechs Jahren ist dann auch für die Maria-Trina die Schulzeit angebrochen. „Es isch zwor olz walsch gwesn, obr i hon mir it hort toun ban learnen und die Zeignis sein guat gwesn.“ Die Lehrerin war nicht schlecht zu den Kindern. Sie lehrte ihnen das Stricken und Nähen und auch ein Kochkurs war einmal Teil des Unterrichts. Nach der Schule hieß es im Haus, auf dem Feld und im Stall zupacken. „Kaum dassa hosch grietn kennt, hosch ibroll zui gmiast.“ Als Einzelkind waren die Arbeitsstunden oft langwierig und einsam. Zum Spielen rannte die Maria-Trina oft zu den Nachbarn, die viele Kinder hatten und genoss jede Minute, die sie dort verbringen durfte. Besonders streng war das Heranschaffen des Trinkwassers für Mensch und Tier bei jeder Witterung, jahrein jahraus. Und immer war sie dabei mit ihren Eltern alleine. „In Winter hots nor koasn dreschn, weil ba dr Kelt di Kearn besser ausi sein, die Woll verorbatn und Hoor-auswirken. Blochn, grommlan und hachlen, entwedr für Grob- oder Kluagleinen.“ Nachdem sie die Volksschule beendet hatte, schickte ihre Ziehmutter sie zum Deutsch lernen ins Kloster Müstair. Unterkunft und Verpflegung bekam die Maria-Trina während dieser Zeit bei ihrer Patin, die in Müstair lebte. Wieder in Laatsch, holte sie der Lehrer zum Singen auf den Kirchenchor. „I hon gearn gsungen und ma isch fa dr Hoam amol aweck in a Gemeinschoft inni kemman.“ Aber nach der Singprobe musste die Maria-Trina schnell nach Hause gehen und oft wartete ihre Mutter auf sie. „Di Muater hot gmoant es kannt gach oaner mitgean und mit mir ounbandlen.“ Aber mit der Zeit konnte sie es auch nicht mehr verhindern und Alois Blaas, vulgo „Matscherle Lois“ trat in ihr Leben. „Ma hot sich kennenglernt, obr nor hot dr Lois in Kriag gmiast.“ Doch die beiden blieben sich trotz Kriegswirren treu und traten am 22. Juni 1946 in Laatsch vor den Traualtar. Nacheinander brachte die „Matscherle Maria-Trina“ 5 Buben und 3 Mädchen zur Welt. Alois arbeitete neben der Landwirtschaft beim Enel in Mals. „Earsch wenni mit ihm gsogg honn, sou long du ba der Bande oubm bisch, binni mit der Orbat wieder alloan, hotr sich nochr fir dr Londwirtschoft entschiedn.“ Jetzt hatte sie nicht nur die Arbeit, sondern auch die „Stub voll Kinder“ zu versorgen. 1968 bezog die Familie, das jüngste Kind war mittlerweile vier Jahre alt, ihr neu errichtetes Haus. Eine besonders harte Zeit war für die Maria-Trina auch jene, in der ihr Mann das Amt des Fraktionsvorstehers inne hatte. „Wegn jedn Gwagg und Ounliegn hotr zfuaß oder mitn Radl af Mols gmiaßt gean. Obr die Haustier hot er nimmer leicht gfundn.“ Viel zu gerne verblieb der Lois im Gasthaus beim Kartenspiel. „Wenns a richti spat isch gwortn, fir die Kinder hot er olm epas mit brocht. Und mir hot er gmoant jedsmol mit an Engalotti besänftign zu kennen.“ Aber das Donnerwetter blieb nicht aus. „Zearsch honin die Levitn glesn und nochher honi fa Zourn in Engalotti gessn.“ Geändert hat sich trotzdem nicht viel. „Haint war jede ondere Frau schun long aweck“, meint die Maria-Trina. „Obr ma hot sich ban Oltor epas versprochen.“ Und als schließlich der Lois das Amt des Vorstehers abgeben wollte, wurde er vom Pfarrer noch einmal gebettelt, es zu übernehmen. „Nor hot dr Pforrer in Unfriedn in Haus inni brocht, wegn seine Gloggn.“ Am 40. Hochzeitstag, 1986, ist der Lois nach kurzer Krankheit verstorben. Die Landwirtschaft hat Sohn Ignaz übernommen. Doch für die „Matscherle Muatr“ gibt es auch heute noch viel zu tun. Ihr Arbeitstag beginnt täglich um 6 Uhr. Kochen und Waschen sowie andere Tätigkeiten im Haushalt werden von ihr noch selbst verrichtet. „Noch an Raschterle Numitog weart di Zeitung glesn, a bisl Fernseh gschaug und gstrickt.“ Fehlen darf natürlich auch nicht das tägliche Kartenspiel mit ihrer Tochter Genoveva und ihrem Mann am Abend, wenn die beiden anderen Kinder Monika und Ignaz die Stallarbeit verrichten. „I donk in Hergott olla Tog dassi nu aufstean und epas orbatn konn. Ratscherei und Roschtarei hots ba mir nia gebm.“ Deswegen „schupft“ sie ihre Leute auch heute noch hin und wieder zu einer Arbeit an. „Deis isch ba mir asou drin.“ Seit fast 91 Jahren.
Andreas Paulmichl
Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau