Musik, Tanz, Malerei, Bildhauerei, Theater und Dichtung sind wichtige menschliche Ausdrucksformen. „Treffpunkt Kunst – Bezirksgemeinschaft Vinschgau“, so nennt sich das Wohnheim für Menschen mit psychischer Erkrankung in Schlanders. Die kreativ-künstlerische Arbeit ist eine wichtige Tätigkeit im Wohnheim. Und auch eine Möglichkeit an die Öffentlichkeit zu gehen, damit sich die Öffentlichkeit mit der Befindlichkeit des Menschen auseinandersetzt, mit dem Wertvollsten und Kostbarsten des Menschen: der Seele, der Psyche. Am Samstag, den 28. November wurde das Projekt „Schriftrolle“ vorgestellt und gestartet. Im Wohnheim für Menschen mit psychischer Erkrankung am Bahnhof in Schlanders gab es ein großes Fest mit Lesungen, Musik, Ansprachen und Köstlichkeiten aus dem Suppentopf. Hinter dem Rednerpult stand eine Leinwand mit vielen Bildern der Bewohner des Wohnheimes und sozusagen als Motto für den Tag der offenen Tür ein Spruch des berühmten Künstlers Pablo Picasso:
„Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele“
Bernadetta Höllrigl, Professorin am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Mals stellte eine Umfrage ihrer Schüler zur Psyche vor. Psyche heißt auf Griechisch auch Schmetterling, steht auf einem Plakat. „Um psychisch gesund zu bleiben, muss jeder Mensch seinen individuellen Weg finden“ und „Psyche mocht es Wesen fa an Menschen aus“, steht auf anderen Plakaten. Verena Perwanger, die Primarin des psychiatrischen Dienstes, beschrieb das Wesen der Seele. Sie ist ein weites Meer mit vielen Zuflüssen, mit verschiedenen Strömungen, steilen und flachen Ufern, mit Klippen und einem unsichtbaren Meeresgrund. Dort gibt es spitzige Felsen oder einen flachen Untergrund. Verschiedenen Inseln ragen aus dem Meer heraus. Dort können wir uns entspannen und Lasten abgeben. Es sind Rettungsinseln, einige auch Illusionsinseln. Auf dem Meer treiben Schiffe umher, es gibt Stürme und windstille Orte. Neben solchen Ansprachen gab es schwungvolle Musik von Ten Strings Project und eine theatralische Lesung von Lene Morgenstern, der bekannten Poetry-Slammerin. „Wie kann man seine Wunden und Bruchstellen wieder zu gesunden Welten wellen und alle seine Stimmungsbilder so bemalen, dass in den Seelenräumen niemand weint“, das war nur eine ihrer vielen Fragen und Gedanken. Nachdenklich waren auch die Texte von Albin Kapeller, der im Wohnheim lebt, die Gedichte von Martin Achmüller, von Hermine Thaler und die Gedanken des Kulturwirtes Karl Perfler zum Thema Heimat in mir.
Die Schriftrolle – Entwurf eines Logbuchs der menschlichen Psyche
Roman Altstätter, der Leiter des Wohnheimes und Karin Tschurtschenthaler, die Direktorin der Sozialdienste, stellten das Projekt Schriftrolle vor. Bevor die ersten Bücher erschienen, gab es Schriftrollen. Die ältesten sind 6.000 Jahre alt. Seit dieser Zeit haben Menschen ihre Gebete, Bitten und Klagen, ihre Wünsche und Hoffnungen, ihre Lieder und Gedichte, ihre Lebenserfahrungen und Ideen aufgeschrieben. 18 Monate soll diese Schriftrolle von Ort zu Ort wandern und in Museen, im Krankenhaus, in Gasthäusern, auf Märkten und Festen verschiedene Menschen einladen, auf der 50 Meter langen Papierrolle ihre Gedanken, Erfahrungen und Wünsche aufzuschreiben, so wie die Seefahrer ihre Erlebnisse in einem Logbuch aufgezeichnet haben.
Heinrich Zoderer
Die verlorengegangene Seele von Albin Kapeller
Die Seele suchte ich, meine Seele,
doch ich konnte sie nicht mehr finden.
Ich suchte sie überall.
In anderen Menschen, Tieren, Bäumen, Sträuchern suchte ich mein Ich, meine Identität.
Verzweifelt suchte ich mich.
Meine Seele ist mir auf den Weg in die Fremde verlorengegangen.
Wo ist denn meine Seele, mein Ich, wo ich mich spüre, wo ich mich fühle?
Ich wusste keinen Rat, suchte sie bei den Eltern.
Aber auch dort konnte ich sie nicht finden, die verlorengegangene Seele.
Ängste breiteten sich in mir aus.
Angst nie mehr meine Seele zu spüren, sie zu finden.
Keine Seele, keinen Sinn.
Ich gab auf, alles war vorbei.
Ich ruhte mich aus, ruhte mich aus, ruhte mich aus, schaute zurück, reflektierte.
Die richtige Therapie, Kontakt zu liebevollen Menschen.
Tröstende, ermutigende, aufbauende Worte.
Begann zu arbeiten und zu beten, in mich zu gehen.
Ballast über Bord zu werfen.
Da ein göttlicher Funke, ein Lächeln.
Wärme durchströmt meinen Körper.
Wieder Sinn im Leben.
Ja, die Seele, da ist sie wieder.
Ein Weinen aus Freude.
Die Weisheit der Märchen als Quelle der Kraft,
von der Märchenkassette Nikolaus B. Enkelmann
vorgelesen von Albin Kapeller
Ein alter Indianer hatte zum ersten Mal in seinem Leben die Gelegenheit in einem Auto zu fahren.
Es gefiel ihm die schnelle Fahrt.
Doch bald überkam ein Geschwindigkeitsrausch und er bat seinem Fahrer immer schneller, immer schneller zu fahren.
An Bächen, an Bäumen, an Menschen, an Geschehnissen, an Ortschaften vorbei.
Es war ein wildes Sausen.
„Stopp“ sagte er auf einmal.
Der Fahrer hielt an und der alte Indianer stieg aus dem Auto.
Er ging um das Auto herum und legte sich mitten auf die Straße hinter das Auto.
Der Fahrer fragte den alten Indianer erstaunt: „Was machen Sie da“?
„Wir sind so schnell gefahren, sagte er, dass meine Seele nicht folgen konnte. Ich bleibe jetzt solange liegen, bis sie mich wieder eingeholt hat.“
Durch die Nacht von Martin Achmüller
Aus dem Buch: Wenn der Regenbogen langsam müde wird…..
Das Leben hat mir Angst gemacht –
Ich bin auf dem Weg durch die Nacht:
Ein langer Weg, den ich gehen muss,
Schritt für Schritt,
bis zum Schluss,
und keiner geht mit…..
Wenn die Angst von mir weicht,
ist mein Ziel erreicht.
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