Man muss differenzieren zwischen roten Sorten und Golden Delicous, aber auch zwischen den Qualitäten, welche von den Produzenten angeliefert worden sind.
Ich spreche vom Golden Delicious...
Auch beim Golden liegen Sie daneben, denn wie im restlichen Vinschgau liegen die Preise in der ALPE trotz Hagel um die 30 €-Cent. Dazu muss man wissen, dass einige Genossenschaften im Vinschgau von relativ starkem Hagelschlag betroffen waren, in der ALPE hatten wir 2014 insgesamt 40 Prozent Hagelware. Hagelware hat einen niedrigeren Durchschnittspreis, allerdings erhält der Produzent, sofern er seine Produktionsmengen versichert hat, von der Versicherung einen entsprechenden Ausgleich. Im Nichthagel-Bereich liegen die Durchschnittspreise bei knapp 32 €-Cent. Der Preis hängt stark von der jeweiligen Klassifizierung unserer Produzenten ab. Qualitätsware liegt über dem Schnitt, bis über 38 €-Cent. Aber nur über Ziffern reden macht keinen Sinn. Wir haben alle miteinander von Anfang an die ganze Saison über versucht, für unsere Mitglieder unter den sehr widrigen und negativen Rahmenbedingungen die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen und wir haben bei unseren Informationsveranstaltungen auch immer wieder darüber informiert, dass es beim Golden in dieser Saison die 30 €-Centmarke zu erreichen gilt.
Mit welchen Schwierigkeiten hatte man in der Vermarktung zu kämpfen?
Mehrere wichtige Faktoren haben die Vermarktung beeinflusst. Erstens die Europäische Rekordernte 2014. Zweitens: Der russische Importstopp für Obst und Gemüse aus den EU-Ländern. Vor allem Polen drückte zu Beginn der Saison verstärkt auf den europäischen Markt, nachdem Russland die 70.000 Waggon der letzten Jahre nicht mehr aufnehmen wollte. Und drittens: Die stark gestiegenen italienischen Produktionsmengen, wobei der wichtigste Mitbewerber im Goldensegment - Melinda - eine Rekordernte erzielt hat. Melinda produziert normalerweise rund 36.000 Waggon und brachte letztes Jahr 42.000 Waggon auf den Markt. Melinda ist Marktleader auf dem italienischen Markt. Aufgrund der großen Produktionsmengen war Melinda die ganze Saison über mit sehr aggressiven Preisen am Markt präsent.
Zurück zu den Auszahlungspreisen. 35 Jahre Alpe - herzlichen Glückwunsch übrigens - eine sehr gute Ernte 2014 und trotzdem Katerstimmung. Wie gestalten sich die Preise bei den roten Sorten?
Es gibt keinen Grund zum Feiern, wir haben 25 Jahre gefeiert und werden dann vielleicht wieder die 50 Jahre feiern. Sie sprechen von Katerstimmung. Ich bin der Meinung, dass ein Großteil unserer Mitglieder sich ihrer Rolle als Unternehmer bewusst sind. Dass nicht lediglich ein Jahr für die Entwicklung ihres Betriebes entscheidend ist, sondern dass auch sie - wie jeder andere Unternehmer - eine mittelfristige Planung über Kosten und Erlöse machen, d.h. bei den Erlösen einen mehrjährigen Schnitt anwenden müssen. Und wir hoffen ja alle, dass die Preise wieder ansteigen. Das Preisniveau war dieses Jahr bei den roten Sorten höher als beim Golden. Aufgrund der guten Voraussetzungen in den hohen Lagen einen qualitativ hochwertigen Golden zu produzieren und in Ermangelung neuer roter Sorten, mit denen die Goldenmengen kompensiert werden können, hat die Sorte Golden im Einzugsgebiet der ALPE auch weiterhin positive Perspektiven. Allerdings müssen wir uns den Herausforderungen der Zukunft stellen und unser Sortiment weiter mit roten Sorten ergänzen.
Welche rote Sorte wurde am besten verkauft?
Bei den Sorten Gala und Red Delicious konnten verhältnismäßig gute Preise erzielt werden, so wie auch bei der Sorte Pinova. Gerade Pinova ist eine interessante Sorte für hohe Lagen, da sie auch hier sehr gute Erträge bringt. Der Auszahlungspreis liegt über 45 €-Cent. Viel versprechen wir uns von der Clubsorte Kanzi und auch von der Sorte Ambrosia, ebenfalls eine Clubsorte, für die die VI.P gemeinsam mit dem privaten Partner Rivoira aus dem Piemont die Exklusivität für Europa hat.
Die Auszahlungspreise für die Biobauern sind doppelt so hoch...
Die Preisschere der Bio-Produktion geht dieses Jahr im Verhältnis zur Integrierten Produktion sicherlich weiter auseinander und die Auszahlungspreise sind entsprechend höher. Allerdings muss in diesem Zusammenhang festgehalten werden, dass wir beim Bio-Markt immer noch von einem Nischenmarkt sprechen. Bei europaweit steigenden Produktionsmengen werden sich die Preise nach den allgemein gültigen Marktregeln entsprechend an das Angebot anpassen, das heißt im Regelfall tendenziell sinken.
Welche neuen Märkte will man sich in Zukunft erschließen?
Aufgrund des hohen Angebotsdrucks auf den europäischen Märkten wird die Erschließung neuer Märkte immer wichtiger. Vor allem im nordafrikanischen und arabischen Raum konnten in den letzten Jahren Marktanteile aufgebaut werden, mittlerweile werden bereits rund 16 Prozent der Vinschger Äpfel in Nordafrika verkauft. Ein weiterer Markt mit großem Potential ist Indien. Indien wird wie Russland über From, der gemeinsamen Exportorganisation von VOG, Melinda, La Trentina und VI.P bearbeitet. Vinschger Äpfel sind heuer auch in Indien konsumiert worden. Das ist natürlich mit neuen Herausforderungen verbunden: Die Äpfel müssen eine sehr gute Haltbarkeit aufweisen und dürfen nicht zu reif geerntet werden, weil es immer längere Transportwege zu berücksichtigen gilt.
Die Zukunft der Vinschger Äpfel liegt in krisengeschüttelten Gebieten?
Vinschger Äpfel werden in über 40 Ländern der Welt verkauft, wobei Europa noch immer den Hauptanteil ausmacht. Es müssen aber verstärkt Märkte mit Potential außerhalb Europas aufgebaut werden und das sind Märkte, in denen auch ein bestimmtes politisches Risiko besteht. Lybien befindet sich im Bürgerkrieg und in Ägypten ist nicht sicher, wie lange die derzeitige Stabilität durch das Militär aufrecht erhalten werden kann.
Und es kommen neue Anforderungen auf die Produzenten zu?
Ja, durch diese neuen Märkte und durch die immer längeren Transportwege werden mit Sicherheit neue Anforderungen auf die Produzenten zukommen. Vor allem auch die Sortenthematik wird dadurch aktueller denn je, da in diesen neuen Märkten vorwiegend rote Sorten gefragt sind.
Wird eine Systemanalyse notwendig?
Das ist ein sehr hochgegriffener Begriff. Systemanalyse würde ich dahingehend interpretieren, dass wir unsere Systeme laufend analysieren. Wir hinterfragen uns laufend als Genossenschaft und versuchen, uns an die sich immer schneller ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Dies gilt auch für die Erzeugerorganisation VI.P, wobei für diese Ebene der Ansprechpartner die VI.P-Führung ist. Aber meiner persönlichen Meinung nach sind wir in diesen turbulenten Zeiten gut aufgestellt, dies zeigen auch die Ergebnisse in anderen Anbaugebieten national und international.
Das VI.P 3 Konzept wurde 2007 eingeführt. Alle Genossenschaften haben das Vermarktungskonzept bedingungslos gut geheißen. Nur eine mit Vorbehalt : Die ALPE mit der OVEG im Schlepptau. Welche Bedenken hatte man damals?
Der Vorbehalt kam vom Vorstand und von den Mitgliedern. Die Bedenken waren, dass der Golden Delicious aus den hohen Lagen benachteiligt werden könnte und dass die Befugnisse der Genossenschaft an die Zentrale delegiert werden müssen. Der Golden in den hohen Lagen ist der Qualitätsgolden mit den roten Backen und man hatte einfach die Sorge, dass das Image und die guten Erlöse neutralisiert werden könnten. Damals hat man vielleicht noch nicht die gravierenden Veränderungen der Märkte und den Druck, der sich auf den traditionellen Märkten immer stärker aufgebaut hat, gesehen.
Was sagen die Mitglieder heute?
Es gibt zwar auch heute noch einzelne Mitglieder, die das VI.P 3-Konzept in Frage stellen. Aber eine überwiegende Mehrheit sagt: Es war der richtige Weg. Man kann als einzelne Genossenschaft am Markt nicht bestehen.
Wie hat sich die Rolle des Geschäftsführers seit VI.P 3 verändert?
Der Geschäftsführer heute steht täglich im engen Kontakt zu den Mitgliedern und ist als Geschäftsfeldleiter auch für den Verkauf verantwortlich. Ich bin zum Beispiel für das Geschäftsfeld Grossisten Italien Nord/Mitte verantwortlich, darüber hinaus für das Geschäftsfeld Gemüse und das Geschäftsfeld Kirschen. Jeder meiner Geschäftsführerkollegen hat sein klar definiertes Geschäftsfeld zu verantworten. Wir haben seit VI.P 3 also ein Mischsystem zwischen Geschäftsführer und Geschäftsfeldleiter. Wir haben einerseits die Aufgabe, den Betrieb, die eigene Genossenschaft zu führen und sind gleichzeitig auch verantwortlich für den Verkauf für die Gemeinschaft.
In das Produkt Kirsche setzt man große Hoffnungen.
Die Kirsche hat ein sehr großes Zukunftspotential. Der größte Kirschenproduzent in Europa ist neben Italien und Deutschland die Türkei. Wir produzieren unsere Kirschen in einem interessanten Zeitfenster, wir sind nämlich von Mitte Juli bis Mitte August auf dem Markt präsent und besetzen damit eine Nische. Die türkische bzw. die Konkurrenz aus den anderen europäischen Ländern haben ein niedrigeres Preisniveau, aber unsere italienischen Handelspartner bevorzugen das nationale Produkt und davon profitieren wir erheblich.
Was bekommt ein Produzent für einen Kilogramm Kirschen?
Da gibt es keinen fixen Preis. Im Schnitt liegen wir zwischen 3,80 und 4,80 Euro für gute Ware. Das ist wie bei den Äpfeln. Für die gute Ware bekommt der Produzent mehr, für schlechtere Qualitäten bekommt er weniger.
Wieviel Hektar Kirschenanlagen gibt es momentan im Vinschgau?
Die Produktionsfläche liegt derzeit bei rund 45 Hektar. Das Anbaugebiet erstreckt sich mittlerweile über den gesamten Vinschgau, die Hauptanbaugebiete sind im Martelltal, auf den Sonnenhängen von Tanas, in Tschengls und im oberen Vinschgau. In den hohen Lagen ist der Kirschenanbau ein zweites Standbein zur traditionellen Viehhaltung. Kirschenanbau ist ein sehr interessanter Bereich und weiter im Aufbau begriffen, allerdings gilt es zu bedenken, dass eine Kirschenanlage sehr kostenintensiv ist. Die Anlagen müssen zum Schutz gegen Hagel und gegen Regen abgedeckt werden. Zusätzlich haben auch wir das Problem der Kirschessigfliege. Der beste Schutz gegen dieses existenzbedrohende Insekt ist die Einhausung der Anlagen mit einem feinmaschigen Netz. Die Investitionskosten für einen Hektar liegen um die 80.000 Euro. Wie bei allen Produkten braucht es auch Know How und Fleiß der Produzenten, entsprechende produktionstechnische Ausbildung und Kenntnisse, aber auch viel Mühe und Fleiß.
Wo liegen die Erntemengen?
Wir liegen momentan bei 400 Tonnen und gehen im nächsten Jahr in Richtung 600 Tonnen. Die mittelfristige Planung liegt bei 1.000 Tonnen.
Die ALPE – ein Steckbrief. Mitglieder, Hektar, Ernte...
1980 gegründet, 178 Mitglieder, 70 Mitarbeiter. 17 Jahre Kooperation mit der OVEG bis zum 31.07.2014. Wir haben einen kleinen Beitrag geleistet, dass sich der Obstbau im Einzugsgebiet der OVEG entwickelt hat. In den 17 Jahren hat sich sehr viel getan, sei es bei den Konsumenten, als auch bei den Genossenschaften. Seit dem 1. August 2014 arbeitet die OVEG selbständig. Aufgrund der Reduktion der Verarbeitungsmengen mussten wir uns an die neuen Rahmenbedingungen anpassen. Wir haben ein Organisationsentwicklungsprojekt erarbeitet und umgesetzt. Natürlich haben wir auch Personal abbauen müssen, in Zusammenarbeit mit der OVEG konnte aber eine Lösung gefunden werden, dass niemand ohne Arbeitsplatz geblieben ist. Das war uns wichtig, denn wir sind uns unserer sozialen Verantwortung sehr wohl bewusst.
Und was die Ernte betrifft?
Wir als ALPE rechnen heuer mit knapp 4.000 Waggon Obst und Gemüse. Das Gemüse ist mengenmäßig im Rückgang begriffen. Der Vinschgau ist der größte Produzent von Sommerblumenkohl in Italien. Unsere Zielsetzung ist es, auch weiterhin Marktführer zu bleiben. Hierfür müssen wir die derzeitigen Mengen halten bzw. wieder ausbauen. Ein Auszahlungspreis von 45 -50 €-Cent pro Kilo Blumenkohl ist ein Preis, der verhältnismäßig gute Erträge gewährleistet, zumal die Investitionskosten bei Gemüse relativ niedrig sind. Die heutigen Obstproduzenten von Schlanders aufwärts haben sich den Obstbau zu einem guten Teil mit den Erlösen aus dem Blumenkohl finanziert. Deswegen wundere ich mich, dass im Obervinschgau nicht größeres Interesse für den Anbau von Blumenkohl vorhanden ist.
Sind die Obervinschger Bauern beratungsresistent?
Das kann ich nicht beurteilen, aber ich sehe im Anbau von Blumenkohl gute Möglichkeiten, die Betriebe im oberen Vinschgau mit einem tragbaren finanziellen Risiko in Richtung Obstbau zu entwickeln. Auch für uns als Vermarkter wäre es wichtig, die derzeitigen Mengen zu halten bzw. weiter auszubauen. Je niedriger die Erntemengen sind, desto weniger Kontinuität haben wir und das kann ein großer Wettbewerbsnachteil werden. Positiv sehe ich hingegen die Entwicklung in Martell, der Blumenkohl-Zuwachs kompensiert uns zum Teil den Mengenrückgang in den anderen Anbaugebieten.
Ein Blick in die Zukunft: Welche Investitionen stehen an?
Die nächsten Schritte werden die Erneuerung der Sortiermaschine, die Weiterentwicklung der Verpackungsanlagen und die weitere Aufstockung der Lagerkapazitäten sein.
Ein Hochregallager?
Wir haben bereits seit zwei Jahren ein vollautomatisches Hochregallager, in dem wir die für den Versand abgepackte Ware lagern. Wenn Sie die Hochregallager für sortierte Ware ansprechen, so ist dies derzeit für die ALPE kein Thema, da die obengenannten Investitionen Priorität haben.
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