Obwohl an diesem Tag der Wind falsch geweht habe, „spritzte“ der Bauer. Die Art und Weise wie er das tat, erzürnte den „Schlossherrn“ besonders. Nach einem kurzen Disput, der nicht zum Erfolg führte, ging er zum Gegenangriff über.
Wie vorgesehen, benachrichtigte er seinen Bürgermeister und forderte, der Gemeindepolizist möge eine Anzeige aufnehmen und das Vergehen dokumentieren. Helmut Fischer, BM von Latsch und selbst Obstbauer, musste ihm mitteilen, dass zu dieser frühen Stunde niemand im Dienst sei. Er empfahl Gluderer stattdessen, das Vergehen von den Carabinieri feststellen zu lassen.
Die vorgesehenen Beweisproben entnahm noch am selben Tag Markus Joos vom Bezirksamt für Landwirtschaft Schlanders. Sie sollten schließlich einen 500fach erhöhten Rückstandswert auf den Kräutern des Biobetriebes ergeben.
Der Latscher BM, der sich in weiser Voraussicht um die besondere Problematik der Abdrift speziell schulen hat lassen, war inzwischen auch zum Tatort geeilt. Er sprach mit den Beteiligten und sah sich auch die Videos der Überwachungskameras an. Auch Fischer bemängelte nun den Zeitpunkt und die unsachgemäße Art der Spritzung. Die Forderung des betreffenden Bauern, die Videos seien aus Gründen der Privacy nicht zulässig, lässt er nicht gelten. Stattdessen sei er froh um sie, weil sie die technischen Fehler des Landwirtes zeigen. Fischer meint dazu, der Bauer habe, gerade weil er es besonders gut gemeint habe, die schlimmsten Fehler gemacht. Zum ungünstigen Zeitpunkt der Spritzung merkt Fischer an, der betreffende Bauer sei durch einen Nebenerwerb am betreffenden Tag wahrscheinlich in Zeitnot geraten.
Der Bürgermeister von Latsch, dem als Landwirt in dieser Geschichte eine undankbare Rolle zufällt, erklärt sein weiteres Handeln mit den Worten: „Ich hätte nichts anderes tun können!“. Nachdem das Ergebnis der Proben feststand, ließ er dem Bauern einen Strafbescheid über 500 €uro zustellen. Dabei handle es sich um die kleinste gesetzlich vorgesehene Geldstrafe. Die Mindeststrafe von 250 €uro, so Fischer, müsse automatisch verdoppelt werden.
Fischer, seither regelmäßig mit dem Vorwurf konfrontiert, „der erste Bauer zu sein, der einen Bauern gestraft habe“, merkt an, sogar im Falle des sensiblen Kräuterschlössl sei ein Zusammenleben zwischen Biobetrieben und konventioneller Landwirtschaft möglich. Auch dessen Besitzer nennt die Zusammenarbeit mit einigen seiner Bauersnachbarn „vorbildlich“. Fischer meint abschließend, es brauche eben Zeit, bis alle Bauern die neuen Techniken der abdriftarmen Pestizidausbringung beherrschen. Auch habe der Bauernbund angeboten, im Falle von Beschwerden, die betreffenden Bauern eigens zu schulen. (jan)
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