Im heutigen Beitrag fasse ich einige Angaben zur Wiederansiedlung des Bartgeiers in den Alpen, aber auch zu Situation seines Bestandes in Europa zusammen.
Die Reproduktion in der Natur in den Alpen
Im abgelaufenen Jahr 2014 sind im Alpenbogen 31 territoriale Bartgeier-Paare erfasst worden. Von diesen haben 24 gebrütet und aus diesen Bruten sind insgesamt 19 Junggeier flügge geworden. Die Reproduktionsrate von 0,61 Jungen pro Paar (19 von 31) ist hoch, die Mortalitätsrate niedrig.
Die Gesamtzahl der in der Natur seit dem Jahre 1997 erbrüteten und ausgeflogenen Junggeier beträgt insgesamt 128, die Gesamtzahl der im Zeitraum 1986-2014 aus Zuchten im Gehege freigelassenen Jungen liegt bei 204 Vögeln.
Die Aufzucht in Zoos und Zuchtstationen
Für das Wiederansiedlungsprojekt Bartgeier stehen 153 Vögel in 38 Zoos und 5 Aufzuchtstationen zur Verfügung. Was den Bruterfolg aus Gehege-Zuchten betrifft, war das Jahr 2014 ein atypisches Jahr: 37 Bartgeierweibchen haben 51 Eier gelegt, aus denen aber nur 17 Jungvögel geschlüpft sind. 13 davon sind flügge geworden. Wegen des geringen Schlupferfolges konnten 2014 nur 9 Jungvögel für Freilassungen zur Verfügung gestellt werden. 4 Jungvögel wurden in den Alpen, 2 im Grand Causses in Frankreich und 3 im spanischen Andalusien freigelassen.
Der Zustand der anderen Bartgeier-Populationen in Europa
In den Pyrenäen gibt es eine Bartgeier-Population in gutem und gesundem Zustand. Im spanischen Anteil der Gebirgskette steigt die Anzahl der eierlegenden Brutpaare kontinuierlich, im französischen Teil der Pyrenäen hingegen zögerlich. Insgesamt sind in den Pyrenäen 176 Bartgeier-Territorien bekannt, in denen 2014 43 Jungvögel flügge geworden sind.
Andalusien: 30 Jahre nach dem Aussterben des Bartgeiers in Andalusien sind 2014 erstmals wieder Kopulationen von verpaarten Bartgeiern beobachtet worden.
Kreta: Die Population auf der griechischen Insel wächst erfreulicherweise. Auf Kreta sind 13 Territorien bekannt, 6 davon mit nur einem adulten Vogel. Im Berichtsjahr sind 5 Jungvögel flügger geworden.
Korsika: Hier ist die Situation sehr kritisch. 2014 wurden weitere Territorien aufgegeben und nur ein Jungvogel kam zum Ausfliegen. Die Gefahr der Inzucht ist sehr hoch, weshalb für das Jahr 2016 Freilassungen von Junggeiern aus Zoozuchten ins Auge gefasst werden.
Marokko: Auch in Marokko gibt es noch einen kleinen Bestand freilebender Bartgeier. Deren Beobachtung ist aber wegen der gebirgigen Geländemorphologie erschwert. 2 – 3 Territorien von Bartgeiern konnten ausfindig gemacht werden.
Die Bartgeier in den Zentralalpen
Die Zahl der Brutpaare nimmt weiter zu: Waren es 2012 9 und im Jahre 2013 11 Paare, stieg deren Anzahl im Jahr 2014 auf 13 bekannte Paare. 6 dieser 13 Paare brüteten im italienischen Teil der Zentralalpen, 7 in Graubünden. Die 10 eiablegenden Paare haben 2014 8 Jungvögel zum Ausfliegen gebracht.
Insgesamt waren im Zeitraum 1998 – 2014 84 Bruten zu verzeichnen; 57 Jungvögel sind flügge geworden (35 davon im italienischen Teil der Zentralalpen und 22 im Schweizer Kanton Graubünden). Die Reproduktionsrate ist mit 0,68 hoch, was auf eine gute Eignung des Lebensraumes und ein gutes Nahrungsangebot hinweist.
Blei und Dichlophenac
Alle Geierarten sind Aasfresser. Im Feld verbliebene Aufbrüche von erlegten Wildtieren können bei der Verwendung von bleihaltiger Munition bei der Jagd Bleisplitter enthalten. Nimmt ein Bartgeier wiederholt Aufbrüche von Wildtieren auf, kann es zur Anreicherung von Blei in der Leber und in anderen Organen des Körpers kommen, welche der Entgiftung dienen. In der Fachsprache wird diese Anreicherung als Bioakkumulation bezeichnet. Blei ist ein Nervengift, welches zu Lähmungen, zu Flugunfähigkeit und bei stärkerer Anreicherung zum Tod der Geier führt. Die Verwendung von Jagdmunition auf Kupferbasis anstelle von Bleimunition ist ein Beitrag zum Schutz der Geier. Es ist lobenswert, dass sich über 50% der Jäger in den Jagdrevieren Latsch, Schlanders und Laas entschieden haben, bei der Jagd blei-freie Munition zu verwenden.
Dichlophenac ist ein Entzündungshemmer. Der Wirkstoff wird in verschiedenen Ländern in der Veterinärmedizin zur Behandlung von Rindern eingesetzt. Es gilt heute als gesichertes Wissen, dass Dichlophenac für die Geier als Aasfresser in Abhängigkeit von der aufgenommenen Dosis schädliche bis letale Folgen hat. So sind an der Südabdachung des Himalaya die Populationen verschiedener Geierarten (Mönchsgeier, Gänsegeier, Bartgeier u.a.) stark eingebrochen, nachdem das Medikament Dichlophenac als Entzündungshemmer bei Rindern im Reisanbau eingesetzt wird und, weil die Kuh als heilig gilt ihr Fleisch aus religiöser Überzeugung nicht verzehrt wird, die Tierkadaver im Freiland verbleiben und Dichlophenac in die Nahrungskette kommt.
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